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Akten und Briefe zur Kirchenpolitik Herzog Georgs von Sachsen. Vierter Band: 1535–1539 


Herausgegeben von Heiko Jadatz und Christian Winter, Böhlau Verlag, Köln/Weimar/Wien 2012, 808 Seiten, Festeinband


Das Editionsvorhaben »Akten und Briefe zur Kirchenpolitik Herzog Georgs von Sachsen« konnte zum Jahresende 2012 mit dem Erscheinen des 4. Bandes erfolgreich abgeschlossen worden. Die ersten beiden Bände der Edition, welche die Jahre von 1517 bis 1527 zum Inhalt haben, wurden durch Felician Geß bereits 1905 und 1917 herausgegeben. Seit 2005 wurde im Akademievorhaben »Quellen und Forschungen zur sächsischen Geschichte« durch Heiko Jadatz und Christian Winter am Abschluss des Werkes gearbeitet. 2010 erschien Band 3, der die Quellen der Jahre 1528 bis 1534 ediert. Der abschließende 4. Band für die Jahre 1535 bis zum Tod Herzog Georgs 1539 umfasst ca. 1 500 Dokumente aus 29 Archiven und Bibliotheken in Deutschland, Österreich, Italien und dem Vatikan.


Wie für nur wenige andere Fürsten der Frühen Neuzeit liegt damit für Herzog Georg eine umfangreiche Aktenedition vor. Diese Materialbasis ermöglicht es, die gegen die Reformation gerichtete Kirchenpolitik eines der wichtigsten Reichsfürsten in allen Stadien detailliert nachzuvollziehen. Die im anzuzeigenden Band aufbereitete letzte Phase der Kirchenpolitik Georgs zwischen 1535 und seinem Tod am 17. April 1539 ist gekennzeichnet von seinem erbitterten, doch letztlich erfolglosen Kampf gegen jede reformatorische Äußerung im ­albertinischen Herzogtum. So befahl der Herzog im April 1535 dem Rat zu Mittweida, gegen Bürger einzuschreiten, die zu Ostern nicht kommuniziert hatten. 73 Personen wurden schließlich ausgewiesen. In Leipzig gab es Bestrebungen, die 1532/33 Ausgewiesenen zurückkehren zu lassen, was der Herzog ablehnte. Außerdem versuchte Georg, das Studium Leipziger Bürgersöhne in Wittenberg zu unterbinden. Vom Kampf gegen die evangelische Bewegung geprägt waren die herzoglichen Anordnungen für die Begräbnisse an die Räte zu Annaberg und Chemnitz. Aktive Versuche des Herzogs zu Reformmaßnahmen gab es lediglich noch im Bereich der Klöster. Doch nach den weithin erfolglosen Anstrengungen zur Klostervisitation im albertinischen Sachsen 1535 und 1537 musste Georg 1538 auch auf diesem Gebiet das Scheitern seiner Bemühungen hinnehmen. Georg konnte schließlich nicht verhindern, dass in seiner unmittelbaren Umgebung das alte Kirchenwesen versank und die Reformation um sich griff. Demgegenüber traten die Reformimpulse weitgehend in den Hintergrund. Das allgemeine Konzil, in dem Georg das alleinige Heilmittel zur Beilegung der kirchlichen Konflikte sah, kam – trotz der Einberufungen nach Mantua 1537 und Vicenza 1538 – zu seinen Lebzeiten nicht zustande.


Der Band bietet zudem wichtiges Material zur Einführung der Reformation 1537 im Wittum von Georgs Schwiegertochter Elisabeth, das die Städte Rochlitz, Mittweida und Geithain umfasste, sowie im Landesteil seines Bruders Herzog Heinrich. Dieser hatte zu Neujahr 1537 in seinen Ämtern Freiberg und Wolkenstein die Reformation eingeführt.


Im Januar 1539 fand – angeblich ohne Georgs Wissen – das zweite Leipziger Religionsgespräch mit Vertretern beider sächsischer Häuser und Hessens statt. Als Hauptkraft auf albertinischer Seite ist der Rat Georg von Karlowitz anzusehen. Unabhängig von Herzog Georg und zum Teil hinter seinem Rücken suchten Landstände und Räte nach Möglichkeiten, der verbreiteten proreformatorischen Stimmung im Land entgegenzukommen, ohne die Reformation nach kursächsisch-hessischem Muster einführen zu müssen. Erwogen wurde, einige Forderungen der Reformation (besonders die Communio sub utraque, auch die Priesterehe) zu gewähren, damit sich nach Georgs Tod eine Einführung der Reformation erübrige. Aus den weiteren Verhandlungen ging ein von den herzoglichen Räten Georg von Breitenbach und Ludwig Fachs verfasstes Bedenken hervor, das die Grundlage für eine päpstliche Dispens zum Abendmahl bilden sollte.


Die fortschreitende evangelische Bewegung im Herzogtum, der Übertritt seines Bruders Heinrich sowie seiner Schwiegertochter Elisabeth zur Reformation und nicht zuletzt die ernüchternden Ergebnisse der Klostervisitationen trugen wohl dazu bei, das Georgs starre religionspolitische Haltung am Ende erste Risse bekam. Wohl in die Vorbereitung auf das für 1538 nach Vicenza ­einberufene Konzil gehört Georgs Consilium zur Reform von Kirche und Laien­stand, das sich höchst kritisch mit dem Zustand von Kurie und ­Episkopat, aber auch der weltlichen Macht auseinandersetzt und einschneidende Änderungen fordert. Es enthält erstaunlich entgegenkommende Aussagen zum Abendmahl oder zu Klosteraustritten. Doch mit der Regierungsübernahme Herzog Heinrichs wurden auch diese Überlegungen obsolet.


Im Mittelpunkt des reichspolitischen Handelns Herzog Georgs stand die Vorbereitung und Gründung des Nürnberger Bundes im Juni 1538. Dabei wirkte Georg vor allem mit König Ferdinand, dem Bruder Karls V., sowie mit Kardinal Albrecht von Brandenburg und Herzog Heinrich d. J. von Braunschweig-Wolfenbüttel zusammen. Das Bündnis altgläubiger Fürsten, die das Vordringen der Reformation in ihre Territorien unterbinden wollten, blieb jedoch klein und konnte sich nicht zu einem einflussreichen Faktor im Reich entwickeln.


Einen weiteren thematischen Schwerpunkt bildet der fortgesetzte Konflikt zwischen Albertinern und Ernestinern, so etwa um die von Herzog Georg verweigerte Belehnung der Familie von Hopfgarten, die sich der Reformation angeschlossen hatte. Innenpolitisch waren die letzten Regierungsjahre Georgs von dessen Bemühungen um eine Nachfolge gekennzeichnet, die den konfessionellen Stand im albertinischen Herzogtum sichern sollte. Nach dem Tod seines ältesten Sohnes Johann 1537 versuchte Georg, die Regierungsnachfolge durch den jüngeren Sohn Friedrich zu sichern und die Zweifel an dessen Regierungsfähigkeit zu entkräften. Doch Friedrichs Tod am 26. Februar 1539 zerstörte Georgs Pläne zur Regelung seiner Nachfolge endgültig. Auch der Versuch, eine Verweigerung der böhmischen Lehen durch König Ferdinand ins Gespräch zu bringen, falls Georgs Nachfolger das Land nicht beim alten Glauben lassen würde, liefen ins Leere. Georg konnte die Erbfolge durch seinen inzwischen evangelischen Bruder Heinrich nicht verhindern, unter dem 1539 die Reformation im albertinischen Sachsen einführt wurde.


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Heft 10 (2013)
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1867-7061

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