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Editorial

Das Thema »Versprechen in den Wissenschaften« als Schwerpunkt der Arbeit der Struktur-Kommission ›Wissenschaft und Werte‹ der Sächsischen Akademie der Wissenschaften, geleitet vom Kulturwissenschaftler und Zeithistoriker Hannes Siegrist, enthält selbst schon ein Versprechen. Implizit wird versprochen, die Rolle von Versprechungen im Wissenschaftsbetrieb zu erkennen, darzustellen und zu beurteilen. Zu denken ist als Beispiel an das Versprechen von Forschern an Geldgeber, von Wissenschaft als Institution an die Politik – als die ›Leitung‹ der Gesellschaft, in welcher die Wissenschaft ihre Rolle spielt –, und dann das Versprechen von beiden, Wissenschaft und Politik, an die Gesellschaft.


Wenn wir wüssten, wie wir diese impliziten oder expliziten Versprechen zu beurteilen haben, wenn wir wüssten, welche Versprechen zielführend und realistisch sind oder zu sein versprechen, welche vollmundig klingenden Versprechen uneinlösbar sind und nicht mehr sind als leere, nicht zielführende, Reden, dann, ja dann könnte man zielgerichtete Wissenschaftspolitik betreiben. Dann wäre vielleicht in der Tat ein Riesenproblem der politischen Wissenschaftsplanung und der wissenschaftlichen Politikberatung gelöst. Es gehört zum Realismus im Umgang mit unseren eigenen Fähigkeiten und Institutionen, dass wir lernen, hier bescheiden zu werden. Wir müssen dazu einsehen, dass eine klare und scharfe Unterscheidung zwischen vernünftigen institutionellen Ordnungen mit vielversprechenden Folgen gemeinsamen Handelns und leeren, bloß viel versprechenden Werbe-Reden vorab zumeist nicht möglich ist.


Die Texte von Hannes Siegrist und Peter Kunzmann zeigen eben das Prekäre des Versprechens in den Wissenschaften auf thematisch allgemeine bzw. besondere Weise. Die Zwischenrufe zur Hochschulpolitik von Cornelius Weiss, Pirmin Stekeler-Weithofer und Hans-Werner Fischer-Elfert weisen aus aktuellem Anlass die institutionellen Probleme auf und die Schwierigkeiten der Unterscheidung zwischen verantwortlicher Zielprojektierung und orientierungslosem Humbug. 


Außerdem sind in dieser Ausgabe der Denkströme einige Beiträge zur Bedeutung von Ort und Region für das Verständnis von Entwicklungsprozessen und damit ganz allgemein zum ›spatial turn‹ versammelt. Hierzu gehört immer auch die Arbeit der Kommission für Landeskunde, geleitet von Karl Mannsfeld und Bernhard Müller. Themen sind zum Beispiel Altern, Wohnen, Umwelt. Besonders in den Fokus rücken dabei die Regionen und die Städte: Friedrich Lengers Blick zurück in das 19. Jahrhundert zeigt etwa, wie Städteplaner und -bauer den ­infrastrukturellen Problemen begegneten, die mit dem rasanten Wachstum der europäischen Großstädte einhergingen. Heutige Stadtplaner stehen teilweise vor ähnlichen Problemen, wie das besonders auch der Beitrag von Johannes Ringel, Katharina Koß und Franziska Wiese zeigt, aber unter anderen Vorzeichen, nämlich dem des demografischen Wandels, also von Migration und der Notwendigkeit einer nicht bloß altersgerechten, sondern alternssensiblen Infrastruktur (Bernhard Müller). Welche Maßnahmen heute notwendig und vermutlich zielführend sind, damit ein gutes genera­tionenübergreifendes Zusammenleben morgen möglich ist, diese und andere wichtige Fragen stellen sich die Mitglieder der Arbeitsgruppe ›Stadtentwicklung‹ der Struktur-Kommission ›Landeskunde‹ der Sächsischen Akademie der Wissenschaften ins­gesamt.


Dieses Heft präsentiert darüber hinaus noch eine besondere Form von ›Bestandsaufnahme‹: Wolfgang Schenkluhn, Heiko Brandl und Ulrike Wendland widmen sich in ihren Beiträgen großen Inventarisierungsprojekten in Sachsen-Anhalt, mit besonderem Augenmerk auf den Magdeburger und Naumburger Dom. Alle drei machen deutlich, von welch enormer Bedeutung die Inventarisierung großer Denkmale ist, und stellen angesichts unumkehrbarer Sparzwänge in den Landesdenkmalämtern neue Arbeitsstrukturen und Finanzierungs­möglichkei­ten für derartige Großprojekte vor.


Nicht zuletzt sei hingewiesen auf die Untersuchung von Saskia Paul zur Entnazifizierung an der Sächsischen Akademie der Wissenschaften vor ihrer Wiedereröffnung am 1. Juli 1948.


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Heft 12 (2014)
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ISSN:
1867-7061

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