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»einen Bau …, der nicht von großen Sprachanlagen 
der Nation zeugt«


Die Klassifikation des Ägyptischen in der vergleichenden Sprachwissenschaft des 19. Jahrhunderts


1. Prospekt


In der Vorgeschichte des Aufbruchs der ägyptischen Sprachwissenschaft, den man als »école de Berlin« apostrophiert,1 und von diesem weitgehend überschattet, liegt eine Phase des intensiven Austauschs zwischen früher Ägyptologie und vergleichender Sprachwissenschaft. Die Entzifferung der Hieroglyphen und die ersten erfolgreichen Versuche, altägyptische Texte zu lesen, weckten frühzeitig das Interesse vergleichender Sprachwissenschaftler, die Sprache Alt­ägyptens in die sich entwickelnden Systeme der genetischen und typologischen Sprachklassifikation2 zu integrieren. Dabei rangen sie mit einer Aporie: Obwohl die »weltgeschichtliche Rolle« der Ägypter nach Ausweis der längst bekannten materiellen Zeugnisse pharaonischer Kultur wie auch der biblischen und klassischen Quellen eine bedeutende gewesen sein musste, schien die Sprache der Ägypter einen denkbar primitiven Sprachbau aufzuweisen.


Der folgende Beitrag beleuchtet die typologische Klassifikation des Ägyptischen im sprachvergleichenden Diskurs des 19. Jahrhunderts seit Wilhelm von Humboldts (1767–1835) Akademieschriften der 1820er Jahre bis zu Franz Mistelis (1841–1903) Revision von Heymann Steinthals (1823–1899) Werk zur Sprachenklassifikation von 1893.3 Welchen Anblick bot Sprachwissenschaftlern im 19. Jahrhundert, die das Ägyptisch-Koptische auf dem Kenntnisstand der zeitgenössischen Ägyptologie analysierten, dessen Sprachbau? Warum sahen sie, was sie sahen? Wie interpretierten sie ihre Beobachtungen, und auf welchen Prämissen fußte ihre Hermeneutik? Am Fall eines einsamen Bestreiters einer communis opinio in der zeitgenössischen Sprachenklassifikation, des Göttinger Theologen und Orientalisten Heinrich Ewald (1803–1875), werden schließlich Denkspielräume sprachvergleichender Theoriebildung im 19. Jahrhundert ausgeleuchtet.


2. Das Ägyptische im Blickfeld der vergleichenden Sprachwissenschaft des 19. Jahrhunderts


2.1 Die Einführung des Ägyptischen ins Repertoire der vergleichenden Sprachwissenschaft


Die Einführung des Ägyptischen in den Diskurs der vergleichenden Sprachwissenschaft fand an der Berliner Akademie der Wissenschaften statt und lässt sich, wenn man will, auf den Tag datieren. Am 20. Mai 1824 hält Wilhelm von Humboldt seine Akademie-Rede Über die Buchstabenschrift und ihren Zusammenhang mit dem Sprachbau. In seiner Eingangshypothese formuliert Humboldt den Gedanken, dass die Erfindung oder Übernahme einer Buchstabenschrift »von dem Grade der Vollkommenheit der Sprache, und noch ­ursprünglicher, der Sprachanlagen jeder Nation abhienge«, um etwas später in einem rhetorischen Selbsteinwand einzuräumen: 


Auf Aegypten allein schien diese Vorstellungsart nicht recht zu passen. Denn die heutige Coptische Sprache beweist unläugbar, dass auch die Alt-Aegyptische ­einen Bau besass, der nicht von großen Sprachanlagen der Nation zeugt, und dennoch hat Aegypten nicht nur Buchstabenschrift besessen, sondern war sogar, nach keinesfalls verwerflichen Zeugnissen, die Wiege derselben.4

Dass Humboldt 1824 den Ägyptern eine Buchstabenschrift akkreditieren kann, verdankt er der Lettre à M. Dacier relative à l’alphabet des hiéroglyphes phonétiques par M. Champollion le jeune, die Ende 1822 in Paris erschienen war und ihm im Winter 1823/4, wie er schreibt,5 »glücklicherweise […] in die Hände« fiel. Bereits am 8. März 1824 hatte er mit einem Vortrag Ueber die phonetischen Hieroglyphen des Herrn Champollion des jüngern die philosophisch-historische Klasse der Akademie von jener spektakulären Errungenschaft seiner Zeit, der Hieroglyphenentzifferung, in Kenntnis gesetzt. Am 24. März des folgenden Jahres führt er in seiner Rede Über vier Aegyptische, löwenköpfige Bildsäulen in den hiesigen Königlichen Antikensammlungen dem Plenum der Akademie sein geglücktes hieroglyphisches Übersetzungsexperiment »à la Champollion« vor und heißt in feierlichen Worten Jean François Champollions (1790–1832) Methode als den Durchbruch willkommen, als der sie sich tatsächlich erweisen sollte: 


Ich lege daher gern hier das Bekenntniss ab, dass mir der von Herrn Champollion eingeschlagene Weg der einzig richtige scheint, dass ich die von ihm gegebenen Erklärungen […] für wahr und fest begründet halte, und dass ich die gewisse Hoffnung nähre, dass, wenn ihm vergönnt bleibt, diese Arbeiten eine Reihe von Jahren hindurch fortzusetzen, man ihm eine so sichere und vollständige Entzifferung der Hieroglyphen-Denkmale verdanken wird, als sie von Urkunden möglich ist, von denen, wie viele man auch besitzt, doch immer ein gewisser Theil […] unwiederbringlich verloren gegangen ist.6

Abb. 1: Wilhelm von Humboldt (1767–1835), Mitbegründer der vergleichenden Sprachwissenschaft im 19. Jahrhundert, führte nur zwei Jahre nach der Entzifferung der Hieroglyphen durch Champollion 1822 das Ägyptische in den Diskurs der Sprachvergleichung ein. Stahlstich um 1850 nach der Lithographie von Franz Krüger (um 1810). Quelle: Wilhelm von Humboldt (Moderne Klassiker. Deutsche Literaturgeschichte der neueren Zeit, Bd. 13), Kassel 1853.
 Abb. 1: Wilhelm von Humboldt (1767–1835), Mitbegründer der vergleichenden Sprachwissenschaft im 19. Jahrhundert, führte nur zwei Jahre nach der Entzifferung der Hieroglyphen durch Champollion 1822 das Ägyptische in den Diskurs der Sprachvergleichung ein. Stahlstich um 1850 nach der Lithographie von Franz Krüger (um 1810). Quelle: Wilhelm von Humboldt (Moderne Klassiker. Deutsche Literaturgeschichte der neueren Zeit, Bd. 13), Kassel 1853.


Dass es Wilhelm von Humboldt, der Vordenker und spiritus rector des vergleichenden Sprachstudiums,7 war, der das Ägyptische in den Sichtkreis der vergleichenden Sprachwissenschaft gezogen hatte, ist für die Rezeption des Ägyptischen durch die Sprachwissenschaftler der nachfolgenden Generation durchaus von Belang. Zudem war Humboldt maßgeblich daran beteiligt, den jungen Sprachwissenschaftler Richard Lepsius (1810–1884) auf das Studium des Ägyptischen zu lenken, welcher schließlich nicht nur zum ersten Berufsägyptologen, sondern auch zu einer zentralen Instanz im Austausch zwischen früher Ägyptologie und vergleichender Sprachwissenschaft avancierte.8 In seiner ersten Veröffentlichung als angehender Ägyptologe führt Lepsius 1836 die
 Neuerung im Repertoire des Sprachenvergleichs förmlich ein: »Ich freue mich, hierbei zuerst auf die koptische Sprache als von nicht geringem Interesse für die allgemeine Sprachenvergleichung aufmerksam machen zu können«.9

Abb. 2: Richard Lepsius (1810–1884) begann seine Karriere als vergleichender Sprachwissenschaftler, wurde aber von Christian Karl Josias von Bunsen und den Humboldt-Brüdern für die Ägyptologie gewonnen und 1847, von seiner Expedition nach Ägypten und Nubien zurückgekehrt, in Berlin auf den ersten Lehrstuhl für Ägyptologie berufen. Kupferstich von Alexander Alboth um 1850.
 Abb. 2: Richard Lepsius (1810–1884) begann seine Karriere als vergleichender Sprachwissenschaftler, wurde aber von Christian Karl Josias von Bunsen und den Humboldt-Brüdern für die Ägyptologie gewonnen und 1847, von seiner Expedition nach Ägypten und Nubien zurückgekehrt, in Berlin auf den ersten Lehrstuhl für Ägyptologie berufen. Kupferstich von Alexander Alboth um 1850.


2.2 Die Primitivität der ägyptischen Sprache


Wie stellte sich nun der Sprachbau des Ägyptischen dem vergleichenden Blick der Sprachwissenschaftler dar? 


Humboldts Charakterisierung der ägyptischen Sprache als »nicht von großen Sprachanlagen der Nation« zeugend ist nicht allein die früheste ihrer Art, es präludiert darin ein Urteil, das fast alle Sprachwissenschaftler des ­
19. Jahrhunderts teilen werden: Dass der Bau der ägyptischen Sprache eine Primitivität, eine nackte, steife Einfachheit10 an den Tag lege, die in auffälligem Kontrast stehe zur intellektuellen Kapazität ihrer Sprecher, wie sie sich etwa in der ursprünglichen Erfindung einer phonetischen Schrift (Humboldt) oder in der Rolle der Ägypter als einem der »weltgeschichtlichen Völker« (Steinthal) manifestiere. Noch ein halbes Jahrhundert später erwähnt Carl Abel (1837–1906) diesen Kontrast in umstandslos knapper Formulierung wie ein alt­bekanntes Faktum: »Wie alles Aegyptische, ist die koptische Sprache ihrer geschichtlichen Bedeutung wegen besonders kennenswerth. Sie ist ferner eine der primitivsten Sprachen, die eine Literatur besitzen […].«11

Die Indizien, auf denen dieses Urteil beruht, verstehen sich aus den zeitgenössischen Vorstellungen von komplexem Sprachbau und dessen Inbegriff, einigen indoeuropäischen Sprachen. Primitivität zeigt sich, nach den Parametern der morphologischen Klassifikation mit ihren seit 1808 von den Schlegel-Brüdern12 als Grundklassen definierten und auch von Humboldt13 verwendeten Begriffen – flektierend, agglutinierend, isolierend –, im Fehlen morphologischer Differenzierung im Bereich der Wort- und Satzbildung. So wird anhand weniger, zum Teil durch Zitationsketten tradierter Beispiele immer wieder darauf verwiesen, dass das Ägyptische nicht zwischen den grundsätzlichen Wortarten Substantiv, Verb und Adjektiv unterscheide, und es wird das Fehlen von Flexion bemängelt. So zitiert etwa Max Müller (1823–1900) in seinen Lectures on the Science of Language (1864) aus Josias von Bunsens (1791–1860) Unter­suchung über Aegyptens Stelle in der Weltgeschichte (1845): 


In Egyptian, as Bunsen states, there is no formal distinction between noun, verb, adjective, and particle, and a word like an‘h might mean life, to live, living, lively. […] I think it shows that there was a stage in the growth of language, in which that sharp distinction which we make between the different parts of speech had not yet been fixed, and when even that fundamental distinction between subject and predicate, on which all the parts of speech are based, had not yet been realized in its fulness, and had not yet received a corresponding outward expression.14

William Dwight Whitney (1827–1894) schreibt 1867 in Language and the Study of Language, ohne dies extra zu markieren, Steinthals Charakteristik der hauptsächlichsten Typen des Sprachbaues (1860) aus:


The Egyptian was a language of the utmost simplicity, or even poverty, of grammatical structure. Its roots – which […] are prevailingly, though not uniformly, monosyllabic – are also its words; neither noun nor verb, nor any other part of speech, has a characteristic form, or can be traced back to a simpler radical element, from which it comes by the addition of a formative element. Some roots, as in Chinese, are either verb, substantive, or adjective – thus, ankh, ›live, life, alive,‹ sekhi, ›write, a writing, writer‹15 – others are only verbs or only nouns. […] Mode and tense are, to a certain limited extent, signified by prefixed auxiliary words. But these pronominal endings, which, when added to the verb, indicate the subject (sometimes also the object), have likewise a possessive value, when appended to nouns: thus, ran-i is either ›I name‹ or ›my name;‹16 […] that is to say, there is no essential distinction formally made between a noun and a verb.«17

Gustav Salomon Oppert (1836–1908) zitiert 1879 in seiner Klassifikation der Sprachen wiederum von Bunsen und Müller: 


Originally the incoherently uttered word comprised within itself the different variations in meaning as represented later by the different forms of speech. This fact we observe in Old Egyptian, in Chinese, Burmese, and other languages, where e. g. »to live, life, alive, and a living being;« »great, to be great, and greatness;« »eye, sight, and to see« are expressed respectively by the same word or sound.18

Unter verschiedenen Gesichtspunkten wird das Ägyptische gerne in nächste Nachbarschaft mit dem Chinesischen gestellt. So wird es z. B. von Whitney, gleich dem Chinesischen, als monosyllabische Sprache identifiziert: »Its roots […] are prevailingly, though not uniformly, monosyllabic.«19 In den von ­Salomon Oppert zur Veranschaulichung der Wortbildungsmorphologie in unterschiedlichen Sprachen und Sprachklassen zusammengestellten Verwandtschafts-Bezeichnungen ist das Ägyptische wirklich mit lauter Einsilbern vertreten: Father – Ut, Mother – Mu, Boy – Si, Girl – Set, Son – Si, Daughter – Set, Brother – Sen, Sister – Sent.20

2.3 Die Unveränderlichkeit der ägyptischen Sprache


Obwohl die chronologischen Differenzen der verschiedenen Schriftarten des Ägyptischen, 


die alte Sprache in den Hieroglyphen; die demotische, welche uns seit dem siebenten Jahrhundert ante Chr. in schriftlichen Denkmälern vorliegt (nämlich in einer abgekürzten Hieroglyphen-Schrift mit vorwiegenden phonetischen Elementen); und endlich das sogenannte Koptisch, die Sprache der ägyptischen Christen, mit griechischen Buchstaben geschrieben,21

hinlänglich bekannt sind, wird die diachrone Veränderung der ägyptischen Sprache für nahezu insignifikant gehalten: Die in unterschiedlich alten Schriftformen notierten Texte sind linguistisch »nur in Bezug auf den Reichthum der Entfaltung verschieden; das Princip ihrer Formation ist in allen drei Perioden gleich«.22 Damit stellt das Ägyptische sich der Sprachwissenschaft des 19. Jahrhunderts als exzeptionell konservative Sprache dar:23

ihr morphologisches und noch mehr ihr physiologisches Princip ist zu allen Zeiten dasselbe gewesen. Die Sprache der Pyramidenerbauer ist principiell dieselbe, welche die Aegypter noch unter der Herrschaft der Araber gesprochen haben.24

Steinthal erklärt sich die Unveränderlichkeit des Ägyptischen aus dessen Sprachbau: Sein primitiver syntaktischer Mechanismus – die lose Verbindung kategorisch undifferenzierter, wurzelhafter Wörter mit einer geringen Anzahl der funktionell notwendigsten grammatischen Affixe – lasse die Strukturen phonetisch unverändert bestehen. Dies sei »wohl zu beachten und lehrt uns begreifen, wie das Koptische, welches doch noch das ganze Mittelalter hindurch lebte, auffallend wenig von der Sprache der ältesten Pyramiden-Erbauer abweicht«.25 Den tieferen Grund dafür findet Steinthal im 


conservative[n] Charakter, de[m] Mumien-Geist der Aegypter […], der schon ursprünglich seinen Conservatismus auf die Affixe derartig erstreckte, daß er ihre völlige Verschmelzung, ihr völliges Aufgehen im Worte nicht zuließ, sondern sie in einer gewissen Selbständigkeit erhielt.26

Ähnlich, doch lapidarer ist die Begründung, die William Dwight Whitney für dasselbe Phänomen anführt: »The differences are comparatively slight between the old Egyptian […] and the later Coptic, for the exceedingly simple structure of the language has saved it from the active operation of linguistic change.«27 Hatte Steinthal über den Zusammenhang zwischen Volksgeist, Prosodie und Veränderlichkeit spekuliert, so scheint Whitneys Begründung auf die in der Sprachwissenschaft des 19. Jahrhunderts verbreitete Annahme zu rekurrieren, dass Sprachwandel wesentlich Strukturverfall sei und unidirektional von komplexen zu primitiven Strukturen führe.28

2.4 Grammatisches Geschlecht als Klassifikationsmerkmal 


Das einzige Hoffnungszeichen einer höheren Formationsstufe, die das Ägyptische den enttäuschten Sprachwissenschaftlern bietet, ist die Existenz grammatischer Genera. Sie gilt als Proprium indoeuropäischer und semitischer Sprachen, begründet bei Steinthal den Status einer »Formsprache«29 (siehe Abschnitt 4.3) und wird für Lepsius 1863 ein Hauptkriterium seiner Klassifikation der afrikanischen Sprachen:


We combine with this first division [d. h., literary vs. illiterate languages] a ­second, referring to the use of grammatical gender. It is not accidental but very significant, that, as far as I know without any essential exception, only the most highly civi
lised races – the leading nations in the history of mankind – distinguish through­out the genders, and that the Gender-languages are the same as those, which ­scientifically by linguistic reasons may be proved as descending from one original Asiatic stock. The development of peculiar forms for the grammatical genders proves a comparatively higher consciousness of the two sexes; and the distinction not only of the masculine and feminine, as in the Semitic and Hamitic languages, but also of the feminine and neuter gender, exclusively expressed in the Japhetic branch, is only a further step in the same direction. The formation of genders has appeared to me so characteristic of the three principal branches, that I thought it […] a sufficient reason, to ascribe all the African non-semitic languages, which distinguish the genders, to the Hamitic branch, viz. – besides the old Egyptian and the Coptic – the Beja language of the Bishari (whose anchestors were the Ethiopians of Meroë), the Dankali, Somali, Galla and other neighbouring languages, al [sic] those of the Libyan tribes between the Egyptian Oases and the Canarian Islands, including the Hausa farther on to the south, and even the widely distant languages of the miserably reduced Hottentots and Bushmen, whose immigration into their actual seats is still a curious problem, considering the absolute diversity of their language from all their northern neighbours and at the same time its traces of a certain affinity with the Egyptian 
language.30

Den Forschungsstand referiert konzise William Dwight Whitney:


In the singular number of both articles and pronominal suffixes […] there is made a separation of gender, as masculine or feminine. This is a highly important feature in the structure of Hamitic speech [Lepsius 1863], and the one which gives it its best claim to the title of form-language. So far as it goes, it puts together the tongues of the family into one grand class along with the Indo-European and the Semitic […]. But, by its general character, the Egyptian is far enough from being entitled to rank with the Indo-European and Semitic languages, being, rather, but a single step above the Chinese […], and sometimes even less clear and free from ambiguity.31

3. Die empirischen Grundlagen der Klassifikation des Ägyptischen im 19. Jahrhundert


3.1 Das Ägyptisch der frühen Ägyptologie


Die vergleichende Sprachwissenschaft des 19. Jahrhunderts war durchaus auf der Höhe der zeitgenössischen ägyptischen Sprachforschung: Ihre Vorstellungen vom Bau der Sprache spiegeln die Vorstellungen wider, die ihre Gewährsleute, die Ägyptologen, vom Ägyptischen hatten. Die Grammatik des Ägyptischen basierte jahrzehntelang auf Champollions posthumer Grammaire égyptienne von 1836,32 in der Morphologie und Syntax neben der Beschreibung des Schriftsystems nur eine marginale Rolle spielen. Die Idee der Unveränderlichkeit der Ägyptischen Sprache, des »Mumien-Geist[s] der Ägypter«,33 geht direkt auf Champollion zurück, dem sie einst als effiziente Arbeitshypothese gedient hatte,34 und lässt sich bis in die 1870er Jahre hinein verfolgen, wenn Georg Ebers schreibt: 


Der Zeitraum, welcher zwischen den Jahren der Pyramidenerbauer und dem der koptischen Christen liegt, ist nun wahrscheinlich ein nicht viel kleinerer als derjenige, dessen das Deutsche bedurfte, um sich aus dem Sanscrit heraus zu entwickeln; und welchem Deutschen möchte es selbst bei voller Kenntnis des altindischen Alphabets glücken die Schriften der Brahmanen zu verstehen? Dennoch läßt sich bei der Sprache der Aegypter solch’ ein scheinbar unerhörter Vorgang als ein thatsächlich erfolgter nachweisen. Das Koptische hat sich von den ältesten Formen des Altägyptischen kaum weiter entfernt, als das Italienische vom Lateinischen.35

Die Erklärung, die Ebers für jenen »scheinbar unerhörte[n] Vorgang« der Suspendierung von Sprachwandel gibt, ist von den »junggrammatischen« Prinzipien seines Jenaer Kollegen August Schleicher (1821–1868) inspiriert:


[W]ir stehen hier keiner zufälligen, sondern einer nothwendigen Erscheinung gegenüber, wenn anders die besonders von Schleicher begründeten Gesetze wahr sind, daß erstens ein Volk seine Sprache um so weniger verändert, je fester es an ein und demselben Wohnsitze verharrt, und daß zweitens die Sprache eines Volkes, das in regem Verkehre mit andern Nationen lebt, mannigfaltigen Veränderungen leichter unterworfen ist als ein in vollkommener Abgeschlossenheit lebendes. Nun haben die Aegypter während der ganzen langen Dauer ihres historischen Lebens die gleichen Wohnsitze niemals verlassen und sich ferner auf ihrer Fruchtinsel, die zwischen der libyschen und arabischen Gebirgskette fest abgeschlossen daliegt wie eine Auster zwischen den Schaalen, mit vollem Bewußtsein jeder Berührung mit andern Völkern […] sorgsam erwehrt. So kommt es, daß das Koptische, obgleich es natürlich in vielen Punkten von den ältesten ägyptischen Sprachformen abweicht, immerhin die Grundsprache der Hieroglyphen genannt werden darf.36

Ebenfalls zu Beginn der 1870er Jahre finden wir in Gaston Masperos (1846–1916) Pionierarbeit über die Entwicklung der ägyptischen Konjugation noch dieselben Annahmen über die Undifferenziertheit der ägyptischen Wortbildung wie bei den vergleichenden Sprachwissenschaftlern:37

Au début de l’histoire, la langue égyptienne n’établit aucune différence entre le verbe et le nom. La racine, non susceptible de modification extérieure marque d’une manière générale une action ou une qualité que l’on applique à une personne ou à une chose par l’adjonction en préfixe ou en suffixe des pronoms personnels. […] mer-a action d’aimer + moi , n’est ni verbe ni substantif, mais selon sa position et le sens général de la phrase, il répond à notre verbe J’aime, ou bien à notre substantif Mon amour.38

Die Entwicklung der Konjugation stellt sich ihm als die langsame Entfaltung eines Sprachzustandes von größtmöglicher Primitivität dar, in dem mit knapper Not Gegenwart und Vergangenheit unterschieden werden können, »une extrême pénurie de temps et de modes, puisque temps et modes se réduisent à deux qui expriment d’une manière générale, le premier l’idée de l’action présente, la seconde l’idée de l’action passée.«39

3.2 Epistemologische Konsequenzen der frühen Phonologie 
des Ägyptischen 


Warum war es vor Adolf Ermans (1854–1937) Entdeckungen so schwer, diese Annahmen infrage zu stellen oder gar zu falsifizieren? Wohl deshalb, weil den frühen Ägyptologen die morphologische Dimension unterschiedlich voka­lisierter Formen entging: Die Ununterscheidbarkeit zwischen Verb und Nomen und zwischen unterschiedlichen Verbformen war ihnen durch die Evidenz desAugenscheins verbürgt. Dass ihnen aber die systematische Abwesenheit eines ganzen Stratums morphologischer Information in der konsonantischen Repräsentation der Hieroglyphenschrift nicht einmal als Möglichkeit in den Sinn kam, obwohl ja semitische Schriftsysteme mit reiner Konsonanten-Notation hinlänglich bekannt waren, liegt nun wahrscheinlich daran, dass keine Vokale vermisst wurden: Champollion hatte mehreren Zeichen, die tatsächlich konsonantische Phoneme repräsentieren – dem glottalen Stop Aleph [ʔ], dem gutturalen Frikativ Ajin [ʕ], den Glides y und wvokalische Lautwerte zugeordnet: ai – u. Mehr noch, Richard Lepsius, die unumstrittene Autorität auf dem Feld der ägyptischen Phonologie,40 korrigierte diesen Irrtum Champollions nicht. Dabei hatte bereits 1848 Edward Hincks (1792–1862) aus ägyptischen Lehnwortschreibungen kanaanäischer Worte auf den konsonantischen Lautwert dieser Zeichen geschlossen.41 Es ist frappant, sich zu vergegenwärtigen, wie gravierend sich wenige nicht einmal ganz falsche, lediglich ungenaue Annahmen über die ägyptische Phonologie auf das Gesamtverständnis der Sprache, ihrer Wortbildung und ihres Sprachbaus auswirkten:


  • Die Abwesenheit von Vokalen wurde nicht bemerkt: die Voraussetzung für die Annahme einer unterentwickelten Differenzierung in der Wortbildung und der morphologischen Armut der Konjugationen.

  • Weniger Konsonanten pro Wort wurden gezählt: die ›empirische‹ Basis für die Wahrnehmung des Ägyptischen als monosyllabische Sprache.

  • Der Typus der schwachen Radikale wurde nicht als solcher erkannt: Das gemeinsame Fundament der ägyptischen und semitischen Wortbildung blieb so in Gänze unerkannt. 


Die Überwindung dieser epistemologischen Sperre, das Verdienst Adolf Ermans, bezeichnet jene Epoche der ägyptischen Sprachforschung, die bis zum Tage als »Berliner Schule« der Ägyptologie apostrophiert wird. Es liegt freilich eine tiefe Ironie des Schicksals darin, dass Sprachwissenschaftlern, die nichts lieber und bereitwilliger gesehen hätten als ein komplex organisiertes, flektierendes Ägyptisch, die root-and-pattern-Morphologie des Ägyptischen mit seinen wurzelflektierenden Konjugationen verborgen blieb. Denn der Sprachbau des Ägyptischen, wie er sich den Sprachwissenschaftlern nun einmal darbot, enttäuschte sie nicht nur, er war ihnen bei ihrem Geschäft der Klassifikation der Sprachen ein systematisches Ärgernis, dessen Bewältigung theoretischen Aufwand erforderte, denn er lief ihren hermeneutischen Prämissen zuwider.


4. Die Klassifikation des Ägyptischen und ihre hermeneutischen Prämissen


4.1 Die ursprüngliche Ungleichheit der Sprachen


Wenn wir über die hermeneutischen Prämissen der Sprachenklassifikation des 19. Jahrhunderts sprechen, müssen wir mit dem Axiom der ursprüng­lichen Ungleichheit der Sprachen beginnen. Zugleich mit der Grundlegung der morphologischen Sprachenklassifikation durch Friedrich Schlegel (1808) und Wilhelm August Schlegel (1818) wurde eine intrinsische Hierarchie innerhalb der Sprachen installiert, welche sich nun nicht mehr als historisch-geografische Varianten einer grundsätzlich identischen geistigen Tätigkeit des Menschen, sondern als unveränderliche Funktionen von höher oder niedriger entwickelten Volksgeistern darstellten.42 Als Kontrastfolie diene hier das Wort Johann Christoph Adelungs (1732–1806) im ersten Band von Mithridates, der Sprach-Enzyklopädie der Aufklärung,43 wo es 1806 noch heißt: »Sehr unnütz ist daher der Streit über die Vorzüge einer Sprache vor der andern. Sie sind alle auf einerley Art angelegt, und auf Einen Grund gebauet; es kann daher aus einer jeden alles werden, was Zeit, Umstände und Cultur nur wollen.«44

Die Ungleichheit der Sprachen war also kein ererbtes Vorurteil, sondern grundierte den Diskurs mit der Virulenz einer zentralen Entdeckung der zeitgenössischen Sprachforschung neben anderen, ebenso wichtigen Entdeckungen, wie dem genetischen Zusammenhang der indoeuropäischen Sprachen. In diesem Punkt präsentiert sich Richard Lepsius bereits in seiner ersten Publikation 1834 auf der Höhe der Wissenschaft, wenn er schreibt: 


Hier können wir zuerst auf Sprachen, wie die Chinesische, auf ganze Sprachstämme, wie den Semitischen, weisen, die gleichsam zu früh gealtert sind und daher ihren sinnlichen Körper niemals bis zu der Vollkommenheit, wie unser Sprachstamm, ausgebildet haben: obgleich auch der Semitische Sprachstamm anerkannt auf eine uranfänglich gleiche Quelle, wie der unsrige, hinweist. […] so werden wir gedrungen, anzunehmen, dass ein ursprünglich gemeinschaftlicher und gleich unentwickelter Keim in der einen Richtung, der Indogermanischen, eine höhere, in der andern, der Semitischen, eine geringere Vollkommenheit erreicht habe.45

Der Unterschied zur Sprachphilosophie der Aufklärung (und in spezifischer Weise auch zu Humboldts Äußerungen zur Sprachdiversität)46 wird in der bei Steinthal mit Georg Wilhelm Friedrich Hegels (1770–1831) Geschichtsphilosophie unterfütterten Theoriegestalt polemisch pointiert: 


Damit ist die Voraussetzung der bisherigen philosophischen wie historischen Grammatik, daß allen Sprachen der Erde ein bestimmtes Kategorienschema zum Grunde läge und alle Verschiedenheit, vorzüglich von Seiten des Lautes rühre, völlig umgestoßen und ein neuer Standpunkt geschaffen, ein weltgeschichtlicher.47

Von diesem Standpunkt aus betrachtet, könne »nur dies die Aufgabe der Eintheilung der Sprachen sein, den in den verschiedenen Sprachen sich kund gebenden Fortschritt der allgemeinen Sprachidee darzulegen.«48 Die Klassen der typologischen Klassifikationssysteme entsprechen jetzt niederen und höheren Stufen des Fortschritts in puncto »Sprachidee«. Während die Unterschiede zwischen den höheren Rängen – den indoeuropäischen und semitischen Sprachen, dem Ägyptischen und dem, diesem in seiner Klassifikationsproblematik ähnlichen, Chinesischen – noch graduell sind, so tun sich zwischen den oberen und den niederen Rängen immer größere Klüfte auf, die sich zuletzt nur mehr mit drastischen Analogien charakterisieren lassen. So schreibt Steinthal über die unterste Klasse seines elfstufigen Klassifikationssystems von 1850, die »hinterindischen« (südostasiatischen) Sprachen: 


Sie entsprechen den Zoophyten in der Zoologie. Wie diese den Uebergang aus dem Pflanzenreiche in das Thierreich darstellen, so bilden diese Sprachen die Gränzen der menschlichen Rede und nähern sich der Stummheit der Geberdensprache. […] Diese Sprachen haben gar keinen Bau, wie die genannten Thiere kein gegliedertes Skelett. Sie bestehen aus lauter einsylbigen Wurzeln, und entsprechen so unter den Pflanzen den Pilzen und Algen. Ihr Satzbau ist ein Abbild des niedrigsten mechanischen Vorganges, des Falls. Ein Wort fällt auf das andere.49

Und in seinem Werk über die westafrikanischen Mandé-Sprachen verblüfft Steinthal sein Publikum mit der Vorstellung, 


daß es in der That Sprachen gibt, welche mit dem Kategorienschema der philosophischen Grammatiker keinen Berührungspunkt zeigen, und welche mit unseren höher organisirten indo-europäischen Sprachen rücksichtlich des innern Baues zu vergleichen so wenig möglich ist, als es angeht, ein Insect mit einem Säugethier zu vergleichen.50

Abb. 3: Heymann Steinthal (1823–1899), Sprachwissenschaftler, hegelia­nischer Philosoph, Herausgeber und Kommentator Humboldt’scher Werke zur Sprachwissenschaft und Mitbegründer der Völkerpsychologie, hatte in Berlin bei Richard Lepsius und Moritz Gotthilf Schwartze Ägyptisch und Koptisch studiert; seine Überlegungen zur Klassifikation des Ägyptischen waren in ihrer Zeit sehr einflussreich. Radierung von Hermann Struck um 1903, Jüdisches Museum Berlin, Schenkung von Daniel W. Stroock, Foto: Jens Ziehe. 
 Abb. 3: Heymann Steinthal (1823–1899), Sprachwissenschaftler, hegelia­nischer Philosoph, Herausgeber und Kommentator Humboldt’scher Werke zur Sprachwissenschaft und Mitbegründer der Völkerpsychologie, hatte in Berlin bei Richard Lepsius und Moritz Gotthilf Schwartze Ägyptisch und Koptisch studiert; seine Überlegungen zur Klassifikation des Ägyptischen waren in ihrer Zeit sehr einflussreich. Radierung von Hermann Struck um 1903, Jüdisches Museum Berlin, Schenkung von Daniel W. Stroock, Foto: Jens Ziehe. 


4.2 Genetische und Sprachbau-Klassifikation


Nach Wilhelm von Humboldts Vorstellung51 – und so erst wieder in der Sprachtypologie des 20. Jahrhunderts seit Georg von der Gabelentz (1840–1893)52 – beruhen die genetische Klassifikation (die Frage, zu welchem Sprachstamm, zu welcher Sprachfamilie eine Sprache gehört) und die typologische Charakterisierung (die Frage, wie Sprachen sich nach ihren konstruktiven Eigenschaften gruppieren lassen) von Sprachen auf gänzlich voneinander unabhängigen Ordnungsprinzipien. Eine Eigenart der Sprachklassifikation, wie sie seit den Schlegel-Brüdern von Sprachwissenschaftlern wie Franz Bopp (1791–1867), August Schleicher, August Friedrich Pott (1802–1887), Heymann Steinthal und anderen geübt wurde, ist dagegen die Koppelung von genetischer und Sprachbau-Typologie: Bestimmte Sprachbau-Typen sind mit bestimmen Sprachfamilien verbunden. Von dieser Koppelung des Bautyps an historisch-geografische Parameter war es nur ein kleiner Schritt zur Anbindung dieser Bautypen und ihrer genetischen Korrelate an die Klassifikation der sich entwickelnden biologischen Rassentheorie, zumal die Klassen teilweise identische Namen trugen, wie etwa »indogermanisch«, »semitisch«, »hamitisch«. Steinthal vollzog diesen Schritt in der zweiten Auflage seines Klassifikationswerks von 1860, wo das Ägyptische zusammen mit den semitischen und indoeuropäischen Sprachen den »Sprachen der kaukasischen Race« zugeordnet ist, die zugleich den Typus der »Formsprachen« konsti
tuieren.53

4.3. Das Konzept der »Formsprachen«


Wir kommen jetzt zu dem, was ich als systematisches Ärgernis bei der Klassifikation des Ägyptischen bezeichnet hatte. Dieses Ärgernis bestand darin, dass die vorfindliche Primitivität seines äußeren Baus nicht dem Rang in der Hierarchie der Sprachen und Völker entsprach, der dem Ägyptischen aus jener Perspektive angemessen erscheinen musste, die Steinthal den »weltgeschicht­lichen Standpunkt« nannte. 


Steinthal verwendet als theoretische Korrektive die in Rückgriff auf Begriffe Humboldts54 getroffene Unterscheidung zwischen »innerer Sprachform« und »äußerer Lautform« und das daraus deduzierte Konzeptder »Formsprachen« bzw. »formlosen Sprachen«.55

Das manifeste Kriterium des sonst nur vage definierten Begriffs der Formsprachen ist die Existenz von grammatischem Geschlecht, ein kategorischer Vorzug, der in den Augen der Sprachwissenschaftler »wahre Synthesis« und damit eine Vollkommenheit des sprachlichen Ausdrucks logischer Relationen garantiert, die den »formlosen Sprachen« schlechthin unerreichbar sei. Nicht immer sei der formsprachliche Entwicklungsgrad einer Sprache allerdings in ihrer »äußeren Lautform« ohne weiteres ablesbar. Wenn sich nämlich der »innere Trieb des Sprachsinnes« im artikulatorischen Körper der Sprache nicht »vollkommen abspiegelt«, weil »ihm ein schwaches Artikulationsvermögen die Lautmittel versagt«, so


wird er bei ursprünglich guter Anlage nicht mit voller Kraft wirken können […]. Er wird sich nothgedrungen mit unvollkommenen Lautgebilden begnügen müssen. Dann kann er aber nicht sein ganzes Wesen in seiner ganzen Tiefe und in voller Schärfe sich im Laute gegenständlich machen, wodurch er sich theilweise verliert und hier und da auf den Irrweg der formlosen Sprachen zurücksinkt. Der äußere Anschein wird solche Sprachen geradezu mit den untergeordneten zusammenbringen. Ein Beispiel hierzu wird uns die ägyptische Sprache liefern.56

In Ansehung seines formsprachlichen Charakters qualifiziert sich das Ägyptische, ungeachtet der niedrigen Entwicklungsstufe seiner äußeren Sprachform, für die höheren Ränge der Klassifikation:


Man hat die ägyptische Sprache völlig verkannt, wenn man sie mit den amerikanischen Sprachen oder gar dem Chinesischen zusammengestellt hat. Sie ist physiologisch hoch organisirt; nur sind freilich die Nominalverhältnisse mangelhaft ausgebildet, und vorzüglich zeigt sich eine schwache Articulationskraft verbunden mit einem für Wohllaut ganz unempfänglichen Gehör. Dadurch erhält der äußere Bau eine Aehnlichkeit mit den niedriger stehenden Sprachen. Aber wie das Chinesische dem Hinterindischen nicht gleich, sondern auf höherer Stufe parallel steht, so das Aegyptische etwa dem Türkischen.57

Der Sprachforscher, Hegelianer, Exeget Humboldts und Mitbegründer der Völkerpsychologie Heymann Steinthal58 ist eine zwar markante, aber nicht singuläre Erscheinung in der Entwicklung der vergleichenden Sprachwissenschaft des 19. Jahrhunderts. Seine Rezeption in der zeitgenössischen und späteren Sprachwissenschaft ist unterschiedlich beurteilt worden;59 aus unserer Untersuchung und für deren Thematik scheint seine Wirkung größer zu sein, als oftmals angenommen.60 
 


Ohne hier in die Breite gleich- und ähnlich lautender Ausführungen zum Ägyptischen gehen zu können, möchte ich zwei je in ihrer Art erhellende Zeugnisse anführen. Zum einen das des bereits mehrfach zitierten englischen Sprachwissenschaftlers William Dwight Whitney, dessen Vorlesungsreihen zur Sprachwissenschaft nicht nur in Großbritannien und den USA, sondern durch Übersetzungen ins Deutsche, Französische, Italienische und Niederländische in ganz Europa Verbreitung fanden.61

Whitney versteht es, das in den Ausführungen seines Konstrukteurs, des »beharrlichen Kompliziertsehers«62 Steinthal, recht voraussetzungsreiche Konzept der »Formsprachen« in entwaffnender Offenheit bar aller philosophischen Umständlichkeiten zu erklären: 


Many a tongue thus stands higher, or lower […], than its morphological character would naturally indicate. The Chinese is one of the most striking instances of such a discordance; […] nearly formless, in a morphological sense, it is nevertheless placed […] in [the] higher class of ›form languages,‹ […], as being a not unsuitable incorporation of clear logic thought«.63

Es ist zum anderen frappierend zu sehen, dass und wie Sprachwissenschaftler auch ohne das Konzept der »Formsprachen« zum selben Ergebnis gelangen konnten. Gustav Salomon Oppert kombinierte in seiner feingliedrigen Klassifikation von 1879 rein morphologische Kriterien – »physiological (vocal) characteristics« – mit einem Parameter, das er »psychological (mental) characteristics« oder kurz: »modes of thought« nannte.64 Dieses zweite Parameter scheidet alle Sprachen in zwei Klassen, »concrete languages« und »abstract languages«:


It is […] the object of this discourse to suggest a classification of languages, which, while admitting the importance of […] external marks, assigns to them only the part of characterizing the different dialects belonging to the various subdivisions by stating whether those languages are monosyllabic, agglutinative, inflectional, &c. The principal arrangement rests on the tendency displayed by a language in its peculiar mode of thought […], the manner in which the different categories as gender, number, space and time are treated in several dialects.65

Das Ägyptische, morphologisch als monosyllabische Sprache klassifiziert und damit auf der niedrigsten Stufe der physiologischen Charaktere stehend, wird dank seiner Klassifikation als »abstrakte Sprache« auf Rang drei der Gesamtwertung, direkt hinter die indoeuropäischen und semitischen Sprachen, katapultiert66 – faktisch durch denselben Effekt und mit demselben Resultat wie bei Steinthals Konzept der Formsprachen! 


In der Tat ist dieses Konzept der »Formsprachen« frühzeitig als allzu offensichtlich interessegeleitetes Theorem kritisiert worden. So schrieb schon 1901 Nikolaus Finck: 


Bekanntlich hat man auch das Ägyptische und Chinesische – trotz Anerkennug grosser Verschiedenheiten – mit ihnen [d. h. den indoeuropäischen und semitischen Sprachen] zur Klasse der Formsprachen zu vereinigen gesucht, wobei man jedoch ein kleines Kunststück wunschnachgiebiger Deutelei aufgeführt hat. Obwohl das Ägyptische kein subjektives Verb besitzt, obwohl Wurzel und Suffix nicht fest mit einander verschmolzen sind, soll es eine Formsprache sein. Denn ›Der Ägypter hat‹, wie Steinthal sagt, ›formal gedacht, und darum ist seine Sprache formal‹. Wer aber verbürgt uns dies? Und wenn er formal gedacht hat, was kümmert es den, der nur seine Sprache erforschen will? Das einzige Positive, was zu Gunsten der Formhaftigkeit angeführt wird, ist das mit überschwenglich beredten Worten gepriesene grammatische Geschlecht. Ganz abgesehen davon nun aber, dass nicht einzusehen ist, warum es von grösserer Bedeutung sein soll als andere Wertunterscheidungen […] ist ganz entschieden in Abrede zu stellen, dass nur mit ihm das Gesetz der Kongruenz und damit wahrhaftige Synthesis gegeben sei. […] Dass trotz den unverkennbaren Verschiedenheiten doch der Versuch unternommen worden ist, das Ägyptische und Chinesische dem Semitischen und Indogermanischen als gleichberechtigte Formsprachen an die Seite zu stellen, das erklärt sich nun wohl auch nur durch die Achtung vor zwei Kulturvölkern, die, wenn sie in formlosen Sprachen redeten, des Zusammenhangs zwischen Sprachvollendung und Geistesentwicklung zu spotten schienen.67

4.4 Das Konzept der weltgeschichtlichen Völker


Was Finck als »die Achtung vor zwei Kulturvölkern« identifiziert, hatte in der Tat eine tiefere, geschichtsphilosophische Grundierung: das Konzept der »weltgeschichtlichen Völker«, das im Diskurs der Sprachklassifikation des 
19. Jahr­hunderts teils implizit mitschwingt, teils als bewusste Entlehnung aus dem begrifflichen Arsenal der hegelschen Geschichtsphilosophie expliziert wird. Bei Steinthal, dem Hegelianer,68 deckt es sich rundweg mit seinem Konzept der »Formsprachen«, die er deshalb auch als »weltgeschichtliche Sprachen« bezeichnen kann: 


Hegel Steinthal
weltgeschichtliche Völker Formsprachen ≈ weltgeschichtliche Sprachen
geschichtslose Völker formlose Sprachen

Die von Hegel sogenannten »geschichtslosen Völker« sind dann folgerichtig die Sprecher der von Steinthal sogenannten »formlosen Sprachen«. Auf der Grenze zwischen beiden Typen steht das Chinesische:


Man findet unter den bisher genannten Völkern keines, dem wir eine höhere, weltgeschichtliche Bedeutung zuerkennen dürfen. Indem wir nun zu den Chinesen kommen, finden wir zum ersten Male ein gehaltvolles, folgerecht durchgeführtes Princip – die Macht der Form. Die chinesische Sprache scheidet Stoff und Form der Rede: das setzt eine Kluft zwischen sie und die vorgenannten, und nähert sie den weltgeschichtlichen Sprachen.69

Über das Ägyptische, die am niedrigsten entwickelte »Formsprache«, heißt es in der zweiten Auflage von Steinthals Klassifikationswerk von 1860, in der die Sprachklassen zugleich auch mit Völkerrassen identifiziert sind: 


Zur kaukasischen Race gehören die Aegypter, die semitischen und die sanskritischen Völker. Die Sprachen dieser drei Stämme fasse ich zusammen, insofern sie einen absoluten Gegensatz zu den Sprachen aller andern Völker bilden […]. Letztere haben wir als formlos kennen gelernt, als materiell, substantiell. Wir treten jetzt mit jenen Sprachen in die Sphäre der Form. Es sind die Sprachen der weltgeschichtlichen Völker; und diese ihre Bedeutung für die Entwickelung des menschlichen Geistes ist vorgebildet in ihrer Sprache, durch welche der Geist den unaufhörlichen Antrieb zur formalen Auffassung erhielt, d.h. durch welche sie gewöhnt wurden, nicht nur Inhalt und seine realen Verhältnisse zu erfassen, sondern ihn auch in geistig geschaffene, nur für den Geist geltende Formen zu gießen.70

5. Heinrich Ewald gegen die Sprachklassifikation 
seiner Zeit


Edward Saids (1935–2003) berüchtigtes Diktum: »It is therefore correct that ­every European, in what he could say about the Orient, was consequently a racist, an imperialist, and almost totally ethnocentric«71 postulierte einen großräumigen epistemologischen Bann, der es Wissenschaftlern im Europa des 19. Jahrhundert schlechthin verwehrte, anders als eurozentrisch und rassis­tisch über nichteuropäische Kulturen zu denken und zu urteilen. Diese allzu grobe Generalisierung ist bereits unter verschiedenen Gesichtspunkten kritisiert und relativiert worden,72 hat aber freilich einiges für sich,73 wie auch aus dem bis hierher Gesagten ohne Weiteres erhellt. Abschließend soll ein umso erstaunlicherer Fall von intellektueller Souveränität gegenüber dem latent hegemonialen Diskurs der zeitgenössischen Orientalistik vorgeführt werden, um die tatsächlichen Grenzen möglicher Denkspielräume aus
zuloten.


1861, während die vergleichende Sprachwissenschaft der Zeit ihren Schulterschluss mit der biologischen Rassentheorie vollzieht, veröffentlicht der Göttinger Theologe und Sprachwissenschaftler Heinrich Ewald (1803–1875) seine Akademieabhandlung über den bau der thatwörter im Koptischen. Ägyptologen wissen, dass hier erstmals der tiefgehende typologische Umbau der ägyptisch-koptischen Sprache von »synthetischen« zu »analytischen« Strukturen beschrieben worden ist.74 Was Ewald tatsächlich beschäftigte, war nicht allein die Veränderung im Sprachbau des Ägyptischen. Vielmehr wollte er am Beispiel eines im Ägyptischen gleichsam fossilisierten Prozesses fundamentale Faktoren – in Ewalds Diktion: »sprachmächte« – identifizieren, die generell der typologischen Veränderung von Sprachen zugrunde liegen, also, in modernen Begriffen gesprochen, Universalien und typologische Pfade des Sprachwandels. Dabei greift Ewald das Thema der Sprachdiversität auf und spricht en passant Gedanken aus, die der communis opinio seiner Zeit diametral entgegen
laufen:


Wie oft hat man gehört und hört noch immer eine sprache sei wie von ihrem ursprunge an und ihrem unwandelbaren wesen nach schöner als die andre, ein sprachstamm vollkommner und aller weiteren entwicklung fähiger als der andre, und die eine oder die andre sprache oder noch vielmehr der eine oder der andre sprachstamm verdiene den entschiedenen vorrang vor allen anderen. […] inderthat widersprechen sich die verschiedenen urtheile […] so grell dass schon darin eine genügende widerlegung dieser ganzen betrachtung liegen kann; noch weniger scheint es gut die eigene sprache oder doch den eignen sprachstamm vor 
allen andern zu loben und zb. das in unsern zeiten so oft gesagte zu billigen die Indo-Europäischen […] sprachen seien von vorne an die vollkommensten.75

Abb. 4: Heinrich Ewald (1803–1875), Theologe in Göttingen, wird heute noch als einer der ›Göttinger Sieben‹ und als Autor wichtiger hebraistischer und arabistischer Grammatiken und Editionen erinnert. Seine ihrer Zeit weit vorausblickenden Erkenntnisse zum typologischen Umbau des Ägyptischen und zur Klassifikation der Sprachen sind weitgehend unbekannt. Holzstich zu einem Nekrolog, in Leipziger Illustrirte Zeitung, Bd. 64, nº 1667, 12. Juni 1875.
 Abb. 4: Heinrich Ewald (1803–1875), Theologe in Göttingen, wird heute noch als einer der ›Göttinger Sieben‹ und als Autor wichtiger hebraistischer und arabistischer Grammatiken und Editionen erinnert. Seine ihrer Zeit weit vorausblickenden Erkenntnisse zum typologischen Umbau des Ägyptischen und zur Klassifikation der Sprachen sind weitgehend unbekannt. Holzstich zu einem Nekrolog, in Leipziger Illustrirte Zeitung, Bd. 64, nº 1667, 12. Juni 1875.


Ewalds Stoßseufzer über die Sprachklassifikation seiner Zeit signalisiert ein tiefergehendes Unbehagen. Im Weiteren nämlich hebt Ewald hellsichtig auf nichts Geringes als auf die politische Dimension – den »Orientalismus« avant la lettre! – jenes sprachwissenschaftlichen Lokalpatriotismus seiner Zeit ab:


Hätten solche vorstellungen irgend einen festen grund, so würden sich folgerungen daraus ergeben welche ebenso schwerwiegend als nach allen seiten hin traurig wären. Denn die sprache ist der nächste und entsprechendste und der […] unwandelbarste ausdruck des dem menschen eigenthümlichen geistes: wenn also ein volk oder ein ganzer völkerstamm wirklich von anfang an eine sprache wesentlich geringeren werthes hätte, so würde darin der deutlichste beweis der allgemein ­geringeren begabung eines solchen volkes liegen, und man wäre befugt es demgemäss zu behandeln; was aber hieraus weiter zu folgern wäre, bedarf hier kaum einer näheren erörterung.76

Solche Folgerungen sind nach Ewalds Überzeugung nun nicht allein ethisch verwerflich, vielmehr sind ihre sprachwissenschaftlichen Prämissen haltlos:


Allein unsre sprachwissenschaft ist heute schon weit genug entwickelt um alle solche vorstellungen auf ihr nichts zurückzuführen. Alle sprachen und sprachstämme stehen sich von vorne an in ihrer höchsten und zuletzt einzigen bedeutung als das mittel des vollkommenen klaren ausdruckes aller denkbaren gedanken des menschlichen geistes völlig gleich.77

So sehr dieses Statement an die gleichlautende Behauptung des Mithridates vom Anfang des Jahrhunderts anklingt, so ist es doch mehr als bloß die Restitution eines Postulats der vorromantischen Sprachwissenschaft, wie sich klar zeigt, wenn Ewald mit empirischen Belegen die »Vorzüge« afrikanischer Sprachen rühmt:


Bei der großen geschichtlichen mannichfaltigkeit […] kann nun ein sprachstamm oder eine einzelne sprache einzelne der mittel oder stoffe mit welchen alle zulezt denselben zweck erreichen wohl ebenmäßiger schöner und vollkommner anwenden als die andere […]: aber keine einzige vereinigt alle solche denkbare vorzüge in sich allein; und auch solche leicht verachtete sprachen wie die alten und neuen Afrikanischen haben in einzelnen dingen bedeutende vorzüge vor andern leicht weit höher geachteten.1(1welche vorzüge hat zb. das Ägyptische schon durch seinen höchst mannichfachen aber stets genauen und folgerichtigen ausdruck für dás was wir bei uns beständig nur durch und ausdrücken!)78

6. Ausblick


Der Professionalisierungsschub, den die Arbeiten Adolf Ermans79 für die linguistische Analyse des Ägyptischen bedeuteten,80 leitete zugleich das Ende der frühen sprachvergleichenden Rezeption des Ägyptischen ein. Die einzelsprachliche Philologie wurde zu unübersichtlich, als dass noch ohne Gefahr von Dilettantismus sprachvergleichende Generalisierungen riskiert werden konnten, zumal für das Ägyptische seit 1880 – dem Erscheinungsjahr der Koptischen Grammatik von Ludwig Stern (1846–1911) und der Neuaegyptischen Grammatik Adolf Ermans – nicht mehr eine einzige, primitive Sprache nahezu bar jeder Morphologie und Syntax, sondern drei, seit 1894 sogar vier durchaus komplexe Sprachstufen mit je unterschiedlichen und keineswegs primitiven Grammatiken zu berücksichtigen waren. So ist die 1893 erschienene, von Franz Misteli umfassend revidierte dritte Auflage von Steinthals Klassifikationswerk in ihren Ausführungen zum Ägyptischen bereits bei Erscheinen hoffnungslos veraltet gewesen.81

Es bliebe gleichwohl zu untersuchen, inwieweit ältere Annahmen über die Klassifikation des Ägyptischen, wiewohl innerhalb der fachinternenSprachforschungüberwunden, auf dem Transmissionsweg anthropologischer Diskurse virulent geblieben und als Katalysator rassentheoretischen Gedankengutes in der Ägyptologie des 20. Jahrhunderts wirksam geworden sind.82

  1. 1Zur »Berliner Schule« der Ägyptologie vgl. Thomas Gertzen, École de Berlin und Goldenes Zeitalter (1882–1914) der Ägyptologie als Wissenschaft. Das Lehrer-Schüler-Verhältnis von G. Ebers, A. Erman und K. Sethe, Berlin / New York 2013.

  2. 2Vgl. grundlegend Manfred Ringmacher, »Die Klassifizierung der Sprachen in der Mitte des 19. Jahrhunderts« und »Sprachtypologie und Ethnologie in Europa am Ende des 19. Jahrhunderts«, in Sylvain Auroux u. a. (Hg.), History of the Language Sciences. Geschichte der Sprachwissenschaften. Histoire des sciences du langage, Bd. 2 (HSK – Handbücher zur Sprach- und Kommunikationswissenschaft, Bd. 18.2), Berlin / New York 2001, S. 1427–1435 und 1436–1442.

  3. 3Vgl. auch Tonio Sebastian Richter, »Early Encounters: Egyptian-Coptic studies and comparative linguistics in the century from Schlegel to Finck«, in Eitan Grossman, Martin Haspelmath und Tonio Sebastian Richter (Hg.), Egyptian-Coptic linguistics in typological perspective (Empirical Approaches to Language Typology, Bd. 55), Berlin u. a. 2015, 
S. 3–68.

  4. 4Wilhelm von Humboldt, Über die Sprache. Reden vor der Akademie, hg. von Jürgen Trabant, Tübingen/Basel 1994, S. 99.

  5. 5Wilhelm von Humboldt an Friedrich Gottlieb Welcker, 22.5.1824: »Im vorigen Winter fing ich eine Arbeit über die verschiedenen Schriftarten an [Ueber den Zusammenhang der Schrift mit der Sprache], und hatte schon die hieroglyphischen nach der Art abgehandelt, wie man es bloß nach den alten Schriftstellern kann. Glücklicherweise fiel mir Champollion’s lettre à Mr. Dacier in die Hände, und ich sah voraus, dass von meiner Arbeit nichts zu brauchen sein würde, und die ganze Sache ganz anders stehe.« Zitiert nach Markus Messling, Pariser Orientlektüren: zu Wilhelm von Humboldts Theorie der Schrift. Nebst der Erstedition des Briefwechsels zwischen Wilhelm von Humboldt und Jean-François Champollion le jeune (1824–1827) (Humboldt-Studien), Paderborn u. a. 2008, 
S. 70.

  6. 6Wilhelm von Humboldt, »Über vier Aegyptische, löwenköpfige Bildsäulen in den hiesigen Königlichen Antikensammlungen«, in Abhandlungen der philosophischen Klasse der Königlichen Akademie der Wissenschaften zu Berlin 1825, Berlin 1828, S. 145–168, hier S. 146. Online: http://bibliothek.bbaw.de/bbaw/bibliothek-digital/digitalequellen/schriften/anzeige?band=07-abh/1825 (19.1.2016). Humboldts Hoffnung erfüllte sich nicht. Als er am 8.4.1835 starb, hatte er den dreiundzwanzig Jahre jüngeren Champollion bereits um drei Jahre überlebt. Seine Rezeption der Arbeiten Champollions und die Korrespondenz zwischen beiden ist in den letzten Jahren, vor allem von Markus Messling, eingehend erforscht worden: Markus Messling, »Bilderschrift und Schriftbilder. Jean-François Champollions anthropologisches Projekt zwischen historischem Partikularismus und zivilisatorischem Universalismus«, in Brigitte Jostes und Jürgen Trabant (Hg.), Historische Anthropologie der Sprache (Paragrana, Bd. 14/1), Berlin 2005, S. 153–180; ders., Pariser Orientlektüren (Fn. 5); ders., »Bild und Schrift. Wilhelm von Humboldts Kritik der Hieroglyphen«, in Ute Tintemann und Markus Messling (Hg.), »Der Mensch ist nur Mensch durch Sprache«. Zur Sprachlichkeit des Menschen, München 2009, S. 37–49; ders., »Duell in Rom. Das Ringen um die Hieroglyphe«, in Zeitschrift für Ideengeschichte 3/4 (2009) (Themenheft Kampfzone), S. 17–32; ders., »Wilhelm von Humboldt et Jean-François Champollion le jeune: Les hiéroglyphes et la culture européenne«, in Bénédicte Savoy und David Blankenstein (Hg.), Les frères Humboldt. L’Europe de l’esprit (Katalog der gleichnamigen Ausstellung im Observatoire de Paris), Paris 2014, S. 68–79; Denis
 Thouard, »Le déchiffrement de l’énigme. Humboldt, Champollion et la question de l’écriture«, in Historiographia Linguistica 36/2/3 (2009), S. 407–427.

  7. 7Zu Humboldts Projekt der Sprachvergleichung und seinen Wirkungen vgl. Jürgen Trabant, Traditionen Humboldts, Frankfurt a. M. 1990, S. 55–68.

  8. 8Hartmut Mehlitz, Richard Lepsius: Ägypten oder die Ordnung der Wissenschaft, Berlin 2010, S. 25–40.

  9. 9Richard Lepsius, »Über den Ursprung und die Verwandtschaft der Zahlwörter in der indogermanischen, semitischen und der koptischen Sprache«, in ders., Zwei sprachvergleichende Abhandlungen, Berlin 1836, S. 81–150, hier S. 85.

  10. 10Heymann Steinthal, Charakteristik der hauptsächlichsten Typen des Sprachbaues, Berlin 1860, S. 232: »Wie der Aegypter die gerade Linie, die reine mathematische Figur ­geschaffen hat, d. h. wie er zuerst rein im Geiste, abstract, abgesehen von dem, was die Wirklichkeit zeigt, ideal eine Form geschaffen hat: so zeigt sich auch in Bezug auf Sprache bei ihm zuerst Reinheit einer aus dem Geist heraus gebildeten grammatischen Form, wenn auch ohne Fülle, ohne Wohlklang, in nackter, steifer Einfachheit.«

  11. 11Carl Abel, Koptische Untersuchungen, Berlin 1876, S. 11 f.

  12. 12Friedrich Schlegel, Ueber die Sprache und Weisheit der Indier. Ein Beitrag zur Begründung der Alterthumskunde, Heidelberg 1808; August Wilhelm Schlegel, Observations sur la langue et la littérature provençales, Paris 1818.

  13. 13Zur Bedeutung dieser Kategorien bei Humboldt vgl. Trabant, Traditionen Humboldts (Fn. 7), S. 57 f.; zur früh einsetzenden Reduktion des humboldtschen Sprachdenkens auf die Etablierung dieser Kategorien vgl. Eugenio Coseriu, »Über die Sprachtypologie Wilhelm von Humboldts. Ein Beitrag zur Kritik der sprachwissenschaftlichen Überlieferung«, in Johannes Hösle (Hg.), Beiträge zur vergleichenden Literaturgeschichte. Festschrift für Kurt Wais zum 65. Geburtstag, Tübingen 1972, S. 107–135; ders., »Wilhelm Humboldt und die Sprachtypologie«, in Kennosuke Ezawa u. a. (Hg.), Linguistik jenseits des Strukturalismus: Akten des II. Ost-West-Kolloquiums Berlin 1998, Tübingen 2002, S. 21–47, und Manfred Ringmacher, Organismus der Sprachidee. H. Steinthals Weg von Humboldt zu Humboldt (Humboldt-Studien), Paderborn u. a. 1996, S. 7 f. und 129–139.

  14. 14Max Müller, Lectures on the Science of Language delivered at the Royal Institution of Great Britain in February, March, April, & May, 1863, London 1864, S. 84 f., mit Verweis auf Josias von Bunsen, Aegyptens Stelle in der Weltgeschichte. Geschichtliche Untersuchung in fünf Büchern, Bd. 1, Hamburg 1845, S. 324.

  15. 15Siehe Steinthal, Typen des Sprachbaues (Fn. 10), S. 233, erstes und letztes Beispiel.

  16. 16Siehe ebd., S. 239.

  17. 17William Dwight Whitney, Language and the Study of Language. Twelve Lectures on the Principles of Linguistic Science, London 1867, S. 342.

  18. 18Gustav Salomon Oppert, On the classification of languages, Madras/London 1879, S. 23, mit Verweis auf Josias von Bunsen, Egypt’s place in Universal History by Christ, Bd. 1, London 1848, S. 271 und auf Max Müller, Lectures on the Science of Language, 6. Aufl., Bd. 2, London 1871, S. 89.

  19. 19Whitney, Language and the Study of Language (Fn. 17), S. 342.

  20. 20Oppert, On the classification of languages 1879 (Fn. 18), Tabelle S. 136 f.

  21. 21Steinthal, Typen des Sprachbaues (Fn. 10), S. 232 f.

  22. 22Ebd., S. 233.

  23. 23Zur Frage der Beharrung des Ägyptischen vgl. Tonio Sebastian Richter, »›Zwischen der Epoche der Pyramidenerbauer und den Anfängen des Christenthums‹. Sprachwandel im ägyptischen Wortschatz und das Leipziger Projekt Database and Dictionary of Greek Loanwords in Coptic (DDGLC)«, in Denkströme. Journal der Sächsischen Akademie der Wissenschaften 11 (2013), S. 67–80, hier S. 67–69, http://www.denkstroeme.de/heft-11/s_67-80_richter (25.1.2016). Der Sprachwandel des ägyptischen Wortschatzes wird gegenwärtig im Akademienprojekt »Strukturen und Transformationen des Wortschatzes der ägyptischen Sprache. Text- und Wissenskultur im Alten Ägypten« der BBAW und SAW untersucht.

  24. 24Heymann Steinthal, Die Classification der Sprachen, dargestellt als die Entwickelung der Sprachidee, Berlin 1850, S. 77 f.

  25. 25Steinthal, Typen des Sprachbaues (Fn. 10), S. 234.

  26. 26Ebd.

  27. 27Whitney, Language and the Study of Language (Fn. 17), S. 341.

  28. 28Vgl. Ringmacher, Organismus der Sprachidee (Fn. 13), S. 112–118.

  29. 29Vgl. ebd., S. 172–175.

  30. 30Richard Lepsius, Standard Alphabet for Reducing Unwritten Languages and Foreign Graphic Systems to a Uniform Orthography in European Letters, 2. Aufl., London 1863, S. 89 f.

  31. 31Whitney, Language and the Study of Language (Fn. 17), S. 342 f.

  32. 32Jean François Champollion, Grammaire égyptienne, ou principes généraux de l’écriture sacrée égyptienne appliquée à la représentation de la langue parlée, Paris 1836. Das Koptische wurde zwar, dank der Überlieferung bekannter (namentlich biblischer) Texte, schon seit dem 17. Jahrhundert hinlänglich verstanden, doch die Morphosyntax der Sprache war vor Ludwig Sterns Koptischer Grammatik von 1880 kaum beschrieben worden.

  33. 33Steinthal, Typen des Sprachbaues (Fn. 10), S. 234.

  34. 34In Champollions Grammaire égyptienne ist das Hieroglyphen-Ägyptische als konservative, priesterliche Schriftsprache, das Koptische als Abbild gesprochener Sprache konzeptualisiert, vgl. Richter, Zwischen der Epoche der Pyramidenerbauer (Fn. 23), S. 67–69.

  35. 35Georg Ebers, Ueber das hieroglyphische Schriftsystem. Vortrag, gehalten im Saale des Gewandhauses zu Leipzig am 17. März 1871 (Sammlung gemeinverständlicher wissenschaftlicher Vorträge, VI. Serie, Heft 131), Berlin 1871, S. 10.

  36. 36Ebd., S. 10 f.

  37. 37Vgl. Richter, Zwischen der Epoche der Pyramidenerbauer (Fn. 23), S. 70 f.

  38. 38Gaston Maspero, Des formes de la conjugaison en égyptien antique, en démotique et en Copte (Bibliothèque de l’École des hautes études, Sciences historiques et philologiques, Bd. 6), Paris 1871, S. 121.

  39. 39Ebd., S. 1.

  40. 40Richard Lepsius, Lettre à M. le professeur H. Rosellini sur l’alphabet hiéroglyphique, Rom 1837, ders., Das allgemeine linguistische Alphabet. Grundsätze der Übertragung fremder Schriftsysteme und bisher noch ungeschriebener Sprachen in europäische Buchstaben, Leipzig 1855, ders., Standard Alphabet (Fn. 30).

  41. 41Edward Hincks, »An Attempt to ascertain the Number, Names, and Powers, of the Letters of the Hieroglyphic, or ancient Egyptian Alphabet; grounded on the Establishment of a new Principle in the Use of Phonetic Characters«, in The Transactions of the Royal Irish Academy 21 (1848), S. 132–232, hier S. 132 f. Dazu siehe Wolfgang Schenkel, Einführung in die altägyptische Sprachwissenschaft, Darmstadt 1990, S. 30 f. und 2008, S. 410 f.; vgl. auch John Ray, »Edward Hincks and the Progress of Egyptology«, in Kevin J. Cathcart (Hg.), The Edward Hincks Bicentenary Lectures, Dublin 1994, S. 58–74.

  42. 42Vgl. Jean Rousseau, »La classification des langues au début du XIXe siècle«, in Sylvain Auroux u. a. (Hg.), History of the Language Sciences. Geschichte der Sprachwissenschaften. Histoire des sciences du langage, Bd. 2 (HSK – Handbücher zur Sprach- und Kommunikationswissenschaft, Bd. 18.2), Berlin / New York 2001, S. 1414–1426; Jochen Bär, »August Wilhelm Schlegels Unterscheidung des ›synthetischen‹ und des ›analytischen‹ Sprachbaus: Pionierleistung der Sprachtypologie oder sprachphilosophisch-literaturkritische Reminiszenz?«, in Historiographia Linguistica 29 (2002), S. 71–94; Jürgen Trabant, »Indien vs. Amerika«, in Philipp Krämer, Markus A. Lenz und Markus Messling (Hg.), Rassedenken in der Sprach- und Textreflexion. Kommentierte Grundlagentexte des langen 19. Jahrhunderts, Paderborn 2015, S. 27–45.

  43. 43Zu diesem Projekt vgl. Jürgen Trabant, »Mithridates in Berlin«, in Ute Tintemann und Jürgen Trabant (Hg.), Sprache und Sprachen in Berlin um 1800 (Berliner Klassik, Bd. 3), Hannover 2004, S. 141–159.

  44. 44Johann Christoph Adelung, Mithridates oder allgemeine Sprachenkunde, Bd. 1, Berlin 1806, S. XXV.

  45. 45Richard Lepsius, Paläographie als Mittel für die Sprachforschung, zunächst am Sanskrit nachgewiesen, Berlin 1834, S. 23.

  46. 46Zu Steinthals Vorwurf (z. B. in Classification der Sprachen (Fn. 24), S. 34–49), Humboldt sei aus theoriebedingten Vorurteilen vor der Konsequenz einer Sprachbau-Klassifikation, zumal einer deutlich wertenden, wie sie aus seinen eigenen Sprachstudien resultiere, zurückgeschreckt, vgl. auch Jürgen Trabant, »Ideelle Bezeichnung. Steinthals Humboldt-Kritik«, in Achim Eschbach und Jürgen Trabant (Hg.), History of Semiotics, Amsterdam/Philadelphia, S. 251–276 und Ringmacher, Organismus der Sprachidee (Fn. 13), S. 49–59; vgl. auch Trabant, Traditionen Humboldts (Fn. 7), S. 206–208 und S. 235–239.

  47. 47Steinthal, Classification der Sprachen (Fn. 24), S. 63.

  48. 48Ebd., S. 64 f.

  49. 49Ebd., S. 85 bzw. Steinthal, Typen des Sprachbaus (Fn. 10), S. 328.

  50. 50Heymann Steinthal, Die Mandé-Neger-Sprachen psychologisch und phonetisch betrachtet, Berlin 1867, S. VI.

  51. 51Die Typen »Flexion«, »Agglutination«, »Isolation« und »Einverleibung« werden von Humboldt bereits in seiner Akademie-Rede Ueber das Enstehen der grammatischen Formen von 1822 und dezidiert in der Einleitung zum Kawi-Werk Ueber die Verschiedenheit des menschlichen Sprachbaus (1836) überhaupt nicht als alternative Grundtypen einer Klassifikation von Sprachen anerkannt, sondern als Strukturmerkmale morpho-syntaktischer Operationen behandelt, die in Einzelsprachen prävalent vertreten, aber nebeneinander wirksam sein können und die der Verwandlung aus- und ineinander im Sprachwandel unterworfen sind. Wilhelm von Humboldt kritisierte in diesem Punkt immer wieder die Klassifikationsschemata der Schlegel-Brüder: Jürgen Trabant, »Gedächtnis und Schrift: Zu Humboldts Grammatologie«, in KODIKAS/CODE. Ars Semeiotica. An international Journal of Semiotics 9/3–4 (1986), S. 293–315, ders., Traditionen Humboldts (Fn. 7), S. 126–128 und ders. (Hg.), Humboldt, Über die Sprache (Fn. 4), S. 243–247; vgl. auch Markus Messling, »Wilhelm von Humboldt and the ›Orient‹. On Edward W. Said’s remarks on Humboldt’s Orientalist studies«, in Language Sciences 30/5 (2008) (Themenheft The History of Linguistics, hg. v. Christopher M. Hutton und Hans G. Wolf), S. 482–498.

  52. 52Georg von der Gabelentz, Die Sprachwissenschaft. Ihre Aufgaben, Methoden und bisherigen Ergebnisse, Leipzig 1891; ders., »Hypologie [=Typologie] der Sprachen, eine neue Aufgabe der Linguistik«, in Indogermanistische Forschungen 4 (1894), S. 1–7; so auch Nikolaus Finck, Die Haupttypen des Sprachbaus (Aus Natur und Geisteswelt, Bd. 268), Leipzig 1910 und die moderne Sprachtypologie seit Joseph Greenberg (1915–2001).
  53. 53Steinthal, Typen des Sprachbaus (Fn. 10), S. 231–241.

  54. 54Vgl. Tilman Borsche, »Die innere Form der Sprache. Betrachtungen zu einem Mythos der Humboldt-Herme(neu)tik«, in Hans Werner Scharf (Hg.), Wilhelm von Humboldts Sprachdenken. Symposion zum 150. Todestag, Essen 1971, S. 47–65; Donatella Di Cesare, »›Innere Sprachform‹: Humboldts Grenzbegriff, Steinthals Begriffsgrenze«, in Historiographica Linguistica 23 (1996), S. 321–346.

  55. 55Steinthal, Classification der Sprachen (Fn. 24), S. 76 f. Zu »innerem Sprachsinn« und »innerer Sprachform« vgl. Ringmacher, Organismus der Sprachidee (Fn. 13), S. 103–105 und Mario Barba, »Lautform, innere Sprachform, Form der Sprachen. Il problema della comparazione e classificazione delle lingue in Heymann Steinthal«, in Tullio De Mauro und Lia Formigari (Hg.), Leibniz, Humboldt, and the Origins of Comparativism (Studies in the History of Language Sciences, Bd. 49), Amsterdam 1990, S. 263–280.

  56. 56Steinthal, Classification der Sprachen (Fn. 24), S. 76 f.
  57. 57Ebd., S. 90 bzw. Steinthal, Typen des Sprachbaus (Fn. 10), S. 330.


  58. 58Zu Steinthal vgl. Ringmacher, Organismus der Sprachidee (Fn. 13); Hartwig Wiedebach und Annette Winkelmann (Hg.), Chajim H. Steinthal. Sprachwissenschaftler und Philosoph im 19. Jahrhundert / Linguist and Philosopher in the 19th Century (Studies in European Judaism, Bd. 4), Leiden/Boston/Köln 2002.
  59. 59Vgl. Ringmacher, Organismus der Sprachidee (Fn. 13), S. 1–14 und 198–213. Zur generellen Wirkmächtigkeit der deutschen Orientalistik im europäischen Diskurs des 19. Jahrhunderts vgl. Felix Wiedemann, Art. »Orientalismus« (Version 1.0), in Docupedia-Zeitgeschichte. Begriffe, Methoden und Debatten der zeithistorischen Forschung, 19.4.2012, http://docupedia.de/zg/Orientalismus?oldid=106462 (1.2.2016).

  60. 60Steinthal hatte in Berlin bei Richard Lepsius und Moritz Gotthilf Schwartze (1802–1848) Ägyptisch und Koptisch gelernt und scheint deshalb, wie auf Seiten der Ägyptologie sein Lehrer Lepsius, für die hier behandelten Rezeptionsprozesse besonders einflussreich gewesen zu sein.
  61. 61Zu Whitney vgl. Stephen G. Alter, William Dwight Whitney and the Science of Language, Baltimore 2005.
  62. 62Ringmacher, Organismus der Sprachidee (Fn. 13), S. 213.
  63. 63Whitney, Language and the Study of Language (Fn. 17), S. 367.

  64. 64Level 1: »Physiological (vocal) Characteristics«: I. Monosyllabic, II. Incorporative, III. Euphonic, IV. Euphonic inflectional, V. Alliteral, VI. Agglutinative, VII. Agglutinative inflectional, VIII. Dissyllabic inflectional, IX. Inflectional synthetical, X. Inflectional ­analytical (vgl. Oppert, On the classification of languages 1879 (Fn. 18), S. 23–29 und 108; Oppert, On the classification of languages in comformity with ethnology, London 1883, Tafel S. 17); Level 2: »Psychological (mental) Characteristics«: I. »Concrete languages« (a. heterologous, b. homologous), II. »Abstract languages« (a.Digeneous languages – mit zwei grammatischen Geschlechtern, b.Trigeneous languages – mit drei grammatischen Geschlechtern) (vgl. ebd. (1879), S. 35–39, 68–92; ebd. (1883), Tafel S. 17; Oppert, »Die Verschiedenheit des Sprachencharakters und deren natürliche Ursache«, in Zeitschrift für Ethnologie 16 (1884), S. 1–16).
  65. 65Oppert, On the classification of languages 1879 (Fn. 18), S. 8 f.

  66. 66In ebd., S. 108 f. ist dem Ägyptischen (monosyllabisch/abstract-digeneous) horizontal das Chinesische (monosyllabisch/concrete), vertikal das Semitische (disyllabic inflectional/abstract-digeneous) benachbart. In den späteren Ausgaben von 1883 und 1884 stellt Oppert Hausa (euphonic inflectional/abstract-digenous) zwischen das Ägyptische und Semitische.

  67. 67Nikolaus Finck, Die Klassifikation der Sprachen, Marburg 1901, S. 20 f. und 23.
  68. 68Vgl. Ringmacher, Organismus der Sprachidee (Fn. 13), S. 95–97.

  69. 69Steinthal, Classification der Sprachen (Fn. 24), S. 88 f.
  70. 70Steinthal, Typen des Sprachbaues (Fn. 10), S. 231 f.
  71. 71Edward Said, Orientalism [1978], London 2003, S. 204.

  72. 72Vgl. die konzise Übersicht zur Orientalismus-Debatte von Wiedemann, Orientalismus (Fn. 59); vgl. auch Messling, Wilhelm von Humboldt and the ›Orient‹ (Fn. 51).
  73. 73Vgl. nur die jüngsten Erscheinungen: Ottmar Ette und Markus Messling (Hg.), Wort – Macht – Stamm. Rassismus und Determinismus in der Philologie (18./19. Jh.), Paderborn 2013; Krämer, Lenz und Messling (Hg.), Rassedenken in der Sprach- und Textreflexion (Fn. 42); Markus Messling, Gebeugter Geist. Rassismus und Erkenntnis in der modernen europäischen Philologie, Göttingen 2016 [i. Dr.].
  74. 74Vgl. Fritz Hintze, »Die Haupttendenzen der ägyptischen Sprachentwicklung«, in Zeitschrift für Phonetik und allgemeine Sprachwissenschaft 1/3 (1947), S. 85–108, hier bes. S. 96: »Diese Verhältnisse hatte schon der Göttinger Orientalist H. Ewald geahnt«; Richter, Early Encounters (Fn. 3), S. 34–40.


  75. 75Heinrich Ewald, »Abhandlung über den bau der thatwörter im Koptischen«, in Abhandlungen der Königlichen Gesellschaft der Wissenschaften in Göttingen 9 (1861), S. 157–219, http://gdz.sub.uni-goettingen.de/dms/load/img/?PID=GDZPPN002018918 (2.2.2016), hier S. 161.
  76. 76Ebd.

  77. 77Ebd.

  78. 78Ebd., S. 162.
  79. 79Zu Adolf Erman vgl. Thomas Gertzen, Jean Pierre Adolphe Erman und die Begründung der Ägyptologie als Wissenschaft (Jüdische Miniaturen, Bd. 180), Berlin 2015.
  80. 80Vgl. Helmut Satzinger, »Adolf Ermans Forschungen zu Grammatik und Sprache des Alten Ägypten«, in Bernd Ulrich Schipper (Hg.), Ägyptologie als Wissenschaft. Adolf Erman (1854–1937) in seiner Zeit, Berlin / New York 2006, S. 141–149; Richter, Early Encounters (Fn. 3), S. 41–47.
  81. 81Franz Misteli, Charakteristik der hauptsächlichsten Typen des Sprachbaus. Neubearbeitung des Werkes von Prof. H. Steinthal (1861), Berlin 1893; vgl. Richter, Early Encounters (Fn. 3), S. 48–49.
  82. 82Vgl. dazu neuerdings die tiefgründigen, Überraschendes zutage fördernden Arbeiten von Susanne Voss, »Der lange Arm des Nationalsozialismus. Zur Geschichte der Abteilung Kairo desDAI im ›Dritten Reich‹«, in Susanne Bickel u.a. (Hg.), Ägyptologen und Ägyptologien zwischen Kaiserreich und Gründung der beiden Deutschen Staaten (Zeitschrift für Ägyptische Sprache und Altertumskunde, Beiheft 1), Berlin 2013, S. 267–298; dies., »Wissenshintergründe – Die Ägyptologie als ›völkische‹ Wissenschaft vom Ersten Weltkrieg bis zum ›Dritten Reich‹ am Beispiel des Nachlasses Georg Steindorffs«, in Susanne Voss und Dietrich Raue (Hg.), Wissenshintergründe und Forschungstransfers am Beispiel des Ägyptologen Georg Steindorff (1861–1951) (Zeitschrift für Ägyptische Sprache und Altertumskunde, Beiheft 3), Berlin/New York [i. Dr.].
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Heft 16 (2016)
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