Editorial
In Zeiten, in denen verschiedene politische und gesellschaftliche Ansichten mehr und mehr zementiert statt konstruktiv diskutiert werden, in Zeiten, in denen Mauern nicht eingerissen, sondern neu errichtet werden sollen, ist es wichtiger denn je, dass die Akademien auf ihrem Gebiet den Gedanken des Miteinanders und des produktiven Diskurses vorleben. Dazu gehört es, Wissenschaftler verschiedenster Fachrichtungen zu regelmäßigem Meinungsaustausch zusammenzubringen, Methoden und Ergebnisse der Spezialforschung in einem größeren Kontext zu diskutieren und fächerübergreifende und auch gesellschaftlich relevante Lösungen zu entwickeln. Dies passiert an der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig keineswegs nur im engen Gelehrtenkreis, sondern auch in zahlreichen öffentlichen Veranstaltungen, die von Akademievorhaben oder Kommissionen, oft in Kooperation mit anderen Wissenschaftseinrichtungen im Einzugsgebiet der Akademie stattfinden.
Eine solche Veranstaltung war die Dresdner Vortragsreihe »Innovation«, in der die Sächsische Akademie der Wissenschaften zu Leipzig – unter Leitung des Akademievorhabens Klöster im Hochmittelalter: Innovationslabore europäischer Lebensentwürfe und Ordnungsmodelle – zusammen mit der Technischen Universität Dresden ein Jahr lang führende Wissenschaftler, Wissenschaftspolitiker und -organisatoren auf ihrem Gebiet eingeladen hatte, zu diesem höchst facettenreichen Thema Stellung zu beziehen. Die Ergebnisse der Vortragsreihe bilden den Schwerpunkt des vorliegenden Heftes. Ergänzt werden die Beiträge um einen Aufsatz, der an einem konkreten Beispiel – die Erfindung des Holzschliffpapiers im 19. Jahrhundert – zeigt, unter welch komplexen Bedingungen etwas Neues zu einer Innovation werden kann.
Zum Akademiegedanken gehört es auch, »theoriam cum praxi«, Theorie mit Praxis zu verbinden. Wie dieser Gedanke Form annehmen kann, haben mit großem Engagement die Mitarbeiter des Akademievorhabens Althochdeutsches Wörterbuch gezeigt. In ihrer knappen Freizeit haben sie mit der ihnen eigenen wissenschaftlichen Genauigkeit in unzähligen Arbeitsstunden im Hof der Akademie einen karolingischen Garten, den sogenannten Hortulus theodiscus angelegt. Über die Entstehung – von der Idee über die Konzeption und Umsetzung bis zur Eröffnung – sei hier berichtet.
Neben allem gesellschaftsrelevanten und öffentlichkeitswirksamen Engagement gilt es, immer wieder auch auf die Kernarbeit der Sächsischen Akademie der Wissenschaften hinzuweisen: wichtige Forschungsprojekte, die die Grundlagen für weitere Forschung schaffen – vor allem die geschichts-, literatur- und musikwissenschaftlichen Editionsprojekte. Über aktuelle Ergebnisse und neue Publikationen informieren einige Akademievorhaben im Berichtsteil des Heftes.