Band 10 der Gottschedkorrespondenz1 – Inhalt und Beobachtungen
Das Ehepaar Gottsched unternahm drei große Reisen. 1749 begab man sich nach Wien und genoss eine Audienz bei Maria Theresia und ihrer Familie, eine überaus seltene Auszeichnung für einen protestantischen Gelehrten. Gottsched veröffentlichte einen Reisebericht in lateinischer Sprache.2 1753 besuchte das Ehepaar die Residenzstadt Kassel, wo Gottscheds Bruder Johann Heinrich als Hofbeamter tätig war und eine Filialsozietät der von Gottsched in Leipzig unterhaltenen Gesellschaft der freyen Künste begründet wurde.3 Über den Reiseverlauf, der mit dem Besuch verschiedener Höfe und akademischer Gesellschaften verbunden war, kann man sich in den Briefen der Luise Adelgunde Victorie Gottsched, der Gottschedin, informieren, die schon im 18. Jahrhundert veröffentlicht wurden.4 Im Sommer 1744 reisten die Gottscheds über Danzig und mehrere Orte Ostpreußens nach Königsberg. Über diese Reise wird man am besten in dem seit August 2016 vorliegenden Band 10 unserer Briefausgabe unterrichtet.5 Im Folgenden sollen einige inhaltliche Aspekte dieses Bandes oder der Beziehung Gottscheds zu Königsberg vorgestellt werden. Zugleich kommen anhand dieser Beispiele Schwerpunktthemen des Briefwechsels einerseits und des Wirkens Gottscheds überhaupt zur Sprache.
Dass die Reise 1744 zustande kam, war kein Zufall. In diesem Jahr stand der 200. Gründungstag der Königsberger Universität an und dieses Ereignis sollte mit einer Festveranstaltung begangen werden. Gottscheds Anteilnahme war in seiner Biografie begründet. Der Sohn des Pfarrers von Juditten bei Königsberg hatte, bis dato vom Vater unterwiesen, im 15. Lebensjahr sein Studium an der Albertina aufgenommen und konnte die akademischen Hürden souverän bewältigen.6 Er wäre wahrscheinlich an der Königsberger Universität zu Amt und Würden gelangt, wenn ihn nicht zu Beginn des Jahres 1724 die begründete Sorge, wegen seiner Körpergröße in die Leibgarde des Soldatenkönigs gepresst zu werden, zur Flucht aus Königsberg bewogen hätte. Dieser unfreiwillige Abgang hat das Verhältnis zur Heimat nicht getrübt. Ganz im Gegenteil. Er bewahrte eine lebenslange Anhänglichkeit an seine Herkunftsregion und schon als junger Mann versuchte Gottsched über diese eigentümliche Neigung Klarheit zu gewinnen und Rechenschaft abzulegen.
»Ich weiß nicht«, notierte er, »was es vor eine innerliche Regung ist, die uns antreibet von einem gewissen Stücke des Erdbodens so gerne was gutes zu sagen, und solches andern Leuten glaublich zu machen. Wir sind in der That, so wenig an das eine, als an das andre Land angewachsen. Keine Provintz gehört uns mehr zu, als die andre, und ein Weiser erkennet die gantze Welt vor sein Vaterland. Doch allem Ansehen nach, ist es ein heimlicher Ehrgeitz, der uns allen ohne Unterscheid anklebet. Es scheinet doch zum wenigsten, als wenn von demjenigen Guten, das von der Landschafft, darinnen wir gebohren und erzogen worden, gesaget wird, auch uns selber ein gewisser Theil zugehörete. Daher glauben wir, daß die Verächter unsers Vaterlandes uns selbst verachten wollen, und daß hingegen diejenigen, die unsre Geburt=Stadt rühmen, auch von uns selbst eine gute Meinung hegen.«7
Als Vernunftwesen – Weiser – ist der Mensch Teilhaber an der einen und allgemeinen Vernunft und keinen weiteren Bestimmungen unterworfen. Gottsched folgt hier einem Vernunftbegriff, der auch seine ästhetische Auffassung kennzeichnet. Demzufolge ist das Schöne und Richtige von allgemeingültigen Gesetzen bestimmt und unabhängig von zeitlichen, räumlichen oder klimatischen Bedingungen;8 es ist überhistorisch gültig. In moralischer Hinsicht ist der Weltbürger dem allgemeinen Besten in abstrakter Weise verpflichtet.
Die andere Seite, die aus Herkunft und geburtsmäßiger Zugehörigkeit resultierende Anhänglichkeit, wird nicht mit der unumstößlichen Geltung des Vernünftigen proklamiert. »Wir glauben«, schrieb Gottsched, und »es scheint«, dass Aussagen über unsere Region, Stadt und was auch immer auch uns betreffen. Aber diese verbale Einschränkung stellt den beschriebenen Sachverhalt selbst nicht in Frage. Im Gegenteil: Lebenspraktisch beansprucht dieser unhintergehbare Hang zur Identifizierung sein Recht. Die Verteidigung der Herkunftsdimension wird als Akt der Selbstbehauptung deklariert. Das Zitat steht vor einer Ausgabe von Gedichten seines Königsberger Lehrers Johann Valentin Pietsch und Gottsched begründete damit, warum ihm die Bekanntgabe und Würdigung dieser Gedichte wichtig war. Auch in den folgenden Jahren und Jahrzehnten trat er als kultureller Anwalt Königsbergs in Erscheinung. Er plante eine Ausgabe preußischer Dichter,9 lenkte die Aufmerksamkeit auf den Königsberger Dichter Simon Dach,10 forderte die Würdigung verdienter Königsberger Professoren (Gottsched, Briefwechsel 9, S. 302 f.), regte Zeitungsgründungen in Königsberg an11 und berichtete in seinen Zeitschriften minutiös über das Königsberger akademische Leben.12
Dieselbe Denkfigur einer in Wert- oder Geringschätzung verbundenen Mithaftung oder Mitbetroffenheit liegt Gottscheds Aussagen über den Wert deutscher Kulturleistungen zugrunde. Wann immer den Deutschen geringschätzig ein Mangel an Esprit, Kultur und sprachlicher Finesse nachgesagt wurde, reagierte Gottsched empfindlich bis grob, indem er seinerseits mit Stereotypen über oberflächliche Franzosen oder wollüstige Italiener operierte. Der Grund: Durch Geburt und Herkunft war er der deutschen Sprachgemeinschaft verhaftet13 und jede abfällige Bemerkung über die Unzulänglichkeit der deutschen Sprache, Literatur oder der Deutschen schlechthin betraf ihn selbst. Einschlägige Aussagen, vor allem französischen Ursprungs, waren ihm geläufig. Er kam immer darauf zurück, und ließ lebenslang kaum eine Gelegenheit aus, eine Gegenrechnung aufzumachen und die kulturelle Leistungsfähigkeit der Deutschen zu betonen, ob es den Buchdruck, die Kupferstichkunst, die mittelalterliche Literatur oder die Anzahl deutschsprachiger Dramen betraf, um nur einiges zu nennen. Die Verteidigung der ineinander verschränkt vorgestellten eigenen und nationalen Ehre gehörte zweifellos zu den starken Antriebskräften für Gottscheds wissenschaftlich-literarisches Schaffen. Dabei ist in Rechnung zu stellen, dass weniger eine nationale Überheblichkeit zum Ausdruck kommt, als vielmehr das Bemühen, neben dem territorialstaatlichen Partikularismus, neben der geläufigen ständischen Isolierung eine neue, eben die Ordnung der Nation zunächst einmal zu etablieren und eine neue, bürgerlich definierte Verantwortungsgemeinschaft herzustellen.
Um auf Königsberg zurückzukommen: Die Verbindung zur Heimatstadt ist auch eine Konstante der Gottschedkorrespondenz. Gleichwohl ist eine eigentümliche Entwicklung zu beobachten. Die unmittelbar nach dem Eintreffen in Leipzig bestehende Verbindung zu Lehrern, Förderern und Studienfreunden, die ihn noch mit Brüderchen anreden durften,14 verlor allmählich an Intensität. Dagegen gewannen Korrespondenzen an Profil, die stärker sachbezogen waren, wenngleich auch hier die Verbundenheit und Gottscheds Heimatliebe beschworen wurden. Man wandte sich jedoch an ihn, um seine mittlerweile einflussreiche Position im Medienzentrum Leipzig in Anspruch zu nehmen, und in dieser Beziehung war Gottsched eher das, was damals als Gönner bezeichnet wurde. Um es an einigen Beispielen zu zeigen:
Martin Knutzen, bekannt als der prägende Königsberger Lehrer Immanuel Kants,15 schickte Gottsched die meisten seiner Veröffentlichungen, philosophisch-theologischen ebenso wie naturwissenschaftlichen Inhalts, zu. Mit Berufung auf Gottscheds Liebe zu Heimat und Landsleuten16 bat er um Bekanntmachung in den einschlägigen Rezensionsorganen, den Neuen Zeitungen von gelehrten Sachen und den Deutschen Acta eruditorum, die im gesamten deutschsprachigen Raum gelesen wurden, und in den lateinischen Acta eruditorum, die europaweit verbreitet waren. Gottsched erfüllte Knutzens Bitten und dieser beteuerte, dass wissenschaftliche Ergebnisse aus dem entlegenen Königsberg nur dank der über die Leipziger Medien erreichten Publizität in größerem Maßstab wahrgenommen würden.17
Als der Königsberger Historiker Christian Heinrich Gütther einen Verleger suchte, der sein Buch über den ersten preußischen König Friedrich I. veröffentlichen könnte, hatte er wenig Zutrauen zu den lokalen Branchenvertretern und wandte sich an Gottsched.18 Dessen besondere Beziehung zum Leipziger Verleger Bernhard Christoph Breitkopf war bekannt. Gottsched hatte mit seinen Büchern zum raschen Gedeihen des Unternehmens beigetragen, und im Gegenzug durfte er seit dessen Fertigstellung 1736/38 in dem Breitkopfschen Haus zum goldenen Bären wohnen.19 Diese und weitere Verbindungen Gottscheds zu den Unternehmen der Buch- und Verlagshauptstadt Deutschlands, die Leipzig zu Gottscheds Lebzeiten fraglos war, wurden häufig und von vielen Korrespondenten in Anspruch genommen. Gottsched konnte Breitkopf in der Tat für den Verlag des Güttherschen Werks gewinnen. Aber nach der Besetzung und Plünderung Sachsens durch das preußische Militär im Dezember 1745 trat Breitkopf verständlicherweise zurück. Die nächste Adresse war der Berliner Verleger Ambrosius Haude, mit dem Gottsched ebenfalls persönlich gut bekannt und in aufklärerischer Gesinnungsgemeinschaft eng verbunden war. Aber nach einem Edikt Friedrich II., das alle Veröffentlichungen über das Herrscherhaus strengster Zensur unterwarf, schickte auch Haude das Manuskript zurück, und zwar an Gottsched.20 Der bemühte sich unverdrossen weiter und dank seines Einsatzes und seiner Verbindungen konnte das Buch 1750 endlich erscheinen – in Breslau bei dem Verleger Johann Jakob Korn. Mit Bitten um Buchanzeigen und um Vermittlung von Rezensenten oder Verlegern wurde Gottsched nicht nur aus Königsberg, sondern aus allen Himmelsrichtungen und immer wieder konfrontiert.21
Gottsched unterhielt mehrere Korrespondenzen nach Königsberg. Unter diesen sticht jedoch eine hervor, sowohl was die Anzahl und den Umfang der Briefe als auch was die Intensität der Beziehung angeht. Es ist die mit dem Königsberger Rhetorikprofessor Cölestin Christian Flottwell. Dessen Verehrung Gottscheds trägt bisweilen Züge einer Apotheose. Aber auch Gottsched konnte an Flottwell schreiben: »Kein Mensch in der Welt hat soviel Geduld mit mir, als E. H. und zu niemandem habe ich ein größeres Vertrauen.« (Gottsched, Briefwechsel 10, S. 338 f.) Gegenstand der Briefe waren Stadt- und Universitätsinterna, private Belange, politische Stammtischgespräche oder die gemeinsame Abneigung gegen die Pietisten. In besonderer Weise stand Gottsched Pate für die von Flottwell 1741 gegründete Königsberger Deutsche Gesellschaft (Gottsched, Briefwechsel 9, S. 219). Das hatte gute Gründe. Gottsched war, wie es im einschlägigen Lexikonartikel heißt, »die zentrale Gründungsgestalt«22 dieser für das Aufklärungsjahrhundert charakteristischen neuen Sozietätsform. Die Deutschen Gesellschaften zeichnen sich in inhaltlicher Hinsicht durch die Pflege der deutschen Sprache unter verschiedensten Fragestellungen aus. Einige der Gesellschaften sorgten mit intensiver Veröffentlichungstätigkeit für Publizität.23 Organisatorisch war in ihnen die Bildungsschicht – Pfarrer, Lehrer, Professoren, Beamte, Studenten – also Personen mit einem hohen Ausstrahlungspotential vertreten. Aber auch Adlige und bisweilen sogar Frauen gehörten zu den Mitgliedern. Mit ihrem auf Austausch und wechselseitiger vernunftbasierter Kritik beruhenden Gesellschaftsleben zielten sie auf die Einübung selbständigen Denkens und eine Art demokratischer Kommunikationskultur. Wenn die öffentlichen Debatten über ästhetische Fragen als vorpolitische Form der bürgerlichen Öffentlichkeit verstanden werden, so kommt den Deutschen Gesellschaften in deren Genese eine nicht zu unterschätzende Bedeutung zu.
Die Leipziger Gesellschaft, Muster und Vorbild für alle späteren Gründungen, bestand schon vor Gottscheds Eintreffen. Aber erst durch ihn erhielt sie ihren anspruchsvollen Namen und ein Programm, das hochfliegender kaum sein konnte.24 Man orientierte sich an der Académie Française und reklamierte damit trotz verbaler Einschränkungen für sich eine ähnliche Bedeutung für den deutschsprachigen Raum wie sie der Académie für Frankreich zukam.25 Gegen den möglichen Vorwurf der Anmaßung behauptete man das Recht auf die Bezeichnung Deutsche Gesellschaft mit der Begründung, Leipzig sei Treffpunkt des gesamten Reiches – hier war an Medien, Verlagsort, Messe und Universität gedacht – und damit der ideale Ort für die Etablierung einer solchen Gesellschaft. Obwohl in Leipzig ansässig, wolle man keine Regionalsprachen bevorzugen. Schließlich biete man »allen Liebhabern der Deutschen Sprache« Einlass.26 Und in der Tat: Das Mitgliederverzeichnis weist eine große territoriale Vielfalt aus.27 Es wurde darauf hingewiesen, dass Gottsched mit seinen publizistischen Möglichkeiten eine einheitliche nationale bürgerliche Öffentlichkeit vorausgesetzt hat, die in dieser Form noch überhaupt nicht existent war, aber durch ihre performative Ansprache und die infolgedessen eintretenden Reaktionen in einem interaktiven Prozess Gestalt gewonnen hat.28 Die Leipziger Deutsche Gesellschaft war dank ihrer Offenheit während Gottscheds Zugehörigkeit ein idealer Resonanzraum für seine Bestrebungen. Trotz aller Bemühungen gelang es indes den Leipzigern nicht, in den Genuss einer landesherrlichen Privilegierung, d. h. einer staatlich abgesicherten Institutionalisierung zu gelangen. Die Bildung einer Zentralinstanz misslang, aber es entstanden in zahlreichen Universitäts- und anderen Städten weitere Deutsche Gesellschaften, die zwar nicht von Leipzig aus gesteuert, wohl aber in Anlehnung an die Leipziger Programmatik für die Ausbreitung des Ideengutes in der Fläche sorgten.29 Diese Breitenwirkung und damit der Beitrag zur Entstehung einer bürgerlichen Öffentlichkeit wird als eines der Unterscheidungsmerkmale zu den Sprachgesellschaften des 17. Jahrhunderts angesehen.30
Die Königsberger Deutsche Gesellschaft gehört in diesen Rahmen. Gottsched begrüßte deren Gründung, weil dadurch auch in Königsberg eine Deutsche Gesellschaft mit seiner Programmatik entstanden und Königsberg damit im Konzert der Deutschen Gesellschaften vertreten war. Die ihm von Flottwell zugewiesene Aufgabe als Beratungs- und Aufsichtsinstanz der Königsberger wie auch als Propagator ihres Wirkens nahm er durchaus ernst. Er warnte beispielsweise davor, in ihren Veröffentlichungen – zumeist Gelegenheitsgedichte auf verdiente Personen – nur Königsberger Belange zu behandeln (Gottsched, Briefwechsel 10, S. 517, Z. 5–8), und legte die Wahl dichterischer Themen nahe, denen er ein größeres spezifisches Gewicht zumaß. Was ihm vor Augen stand, wird an der Themenstellung deutlich, die Gottsched den Königsbergern als Auftragswerk für das Universitätsjubiläum nahelegte. Es sollte eine Lobrede oder ein Gedicht auf den Gründer der Königsberger Universität Herzog Albrecht von Brandenburg angefertigt werden (Gottsched, Briefwechsel 9, S. 220, 301, Erl. 7 u. ö.). Der Gegenstand war ihm derart wichtig, dass er, einer Praxis europäischer Akademien folgend, die während seines Seniorats auch in der Leipziger Deutschen Gesellschaft übernommen wurde,31 für das beste Werk einen Preis auslobte (Gottsched, Briefwechsel 9, S. 379). Es sollten sich möglichst viele Mitglieder der Königsberger Deutschen Gesellschaft angespornt fühlen und das preisgekrönte Werk sollte neben den anderen Versuchen deren Leistungsfähigkeit bei Gelegenheit der öffentlichkeitswirksamen Jubiläumsfeierlichkeiten demonstrieren.
Es war indes Flottwell, der bereits Jahre zuvor das Datum des Universitätsjubiläums ins Auge gefasst hatte und die Erwartung eines großen Festaktes mit der Hoffnung verband, »den gelehrten Gottsched mit seiner liebsten Freundin zu umbarmen« (Gottsched, Briefwechsel 8, S. 487, Z. 18). Im Laufe der Monate gewann der Plan Kontur. Mit der Genehmigung des Oberkonsistoriums als oberster Behörde (Gottsched, Briefwechsel 10, Nr. 38) trat das Ehepaar am 24. Mai 1744, einem Pfingstsonntag, seine Reise an. Von vornherein war nicht an eine geradlinige Fahrt von Poststation zu Poststation gedacht. Es gab auf der Wegstrecke mehrere Orte, in denen Freunde, Bekannte oder Familienangehörige lebten, die Besuchswünsche geltend machten (vgl. Gottsched, Briefwechsel 10, Nr. 26). Gottscheds Frau hatte seit der Hochzeit im April 1735 ihre Heimatstadt Danzig nicht wiedergesehen. Hier verweilte man mehrere Wochen, und auf der Weiterfahrt war die Gesellschaft um Gottscheds Schwägerin Johanna Concordia Kulmus erweitert, die in Königsberg mit Liebeshändeln für einige Turbulenzen sorgte und Flottwell in den folgenden Monaten zu anspielungsreichen Bemerkungen veranlasste. Dass auch der Sohn des Hauswirts der Gottscheds und nachmals berühmte Verleger Johann Gottlob Immanuel Breitkopf zur Reisegesellschaft gehörte, erfährt man eher zu fällig.32
Schon bald nach Reiseantritt erreichten Gottsched Nachrichten von der Eintrübung der Festlaune in Königsberg. Der König verweigerte die erwartete finanzielle Unterstützung des Jubiläums (Gottsched, Briefwechsel 10, Nr. 17), und als die Universität ihre Bitte erneut vortrug, erhielt sie eine schneidende Antwort. Ihr wurde ein Hang zu »pompeusen Vanitäten« unterstellt und nahegelegt, »mehr auf Studia, mores der Jugend als Ceremonien und Verschwendung« Wert zu legen (Gottsched, Briefwechsel 10, S. 136, Z. 15 f.). Gottsched trat der dadurch entstandenen Verzagtheit entgegen: »Wie? Können denn die Musen nicht vergnügt seyn, ohne die Götter dieser Erden? Das wäre ja eine ewige Schande!« (Gottsched, Briefwechsel 10, S. 128, Z. 16 f.) Die Erfahrung mangelnder obrigkeitlicher Unterstützung war ihm bekannt, hatte ihn aber nur umso mehr zu eigenen Leistungen stimuliert. Und auch hier riet er, statt mit Resignation mit Taten zu reagieren und den Universitätsgründer nicht zu vernachlässigen, den »Wohlthäter«, dessen »Nachfolger […] ihm gar nicht ähnlich sind« (Gottsched, Briefwechsel 10, S. 128, Z. 18 f.).
Wenig später erreichte ihn die Nachricht, dass das Jubiläum am 27. August begangen werden sollte, statt, wie ursprünglich angenommen, am 6. August. Damit war Gottscheds Urlaubsfrist überschritten, an eine Teilnahme an den Festveranstaltungen war nicht mehr zu denken. Gottsched reagierte pragmatisch und kündigte, noch immer in Danzig, an, den Juli in Königsberg zu verbringen. Allerdings wollte er sich nicht auf ein Ankunftsdatum festlegen, da noch weitere Verwandtenbesuche anstanden. Er riet deshalb dringend von einer »Einholung«, einer Art zeremonieller Begrüßung, vor den Toren der Stadt ab (Gottsched, Briefwechsel 10, S. 142). Nichtsdestotrotz nahmen Abgesandte der Deutschen Gesellschaft die Gottscheds in Empfang, und auch ein Begrüßungsgedicht wurde im Namen der Deutschen Gesellschaft veröffentlicht (Gottsched, Briefwechsel 10, S. 166). Von der Ehrerbietung, die damit zum Ausdruck gebracht werden sollte, abgesehen, gab es gute Gründe für die öffentliche Einholung. Gottscheds Besuch in Königsberg war in gewisser Weise ein Ereignis. Zumindest die akademische Prominenz dürfte über die Ankunft des namhaften Königsbergers im Bilde gewesen sein. Seine Korrespondenten sahen dem Besuch erwartungsvoll entgegen. Nur war das Verhältnis zwischen diesen Kontaktpersonen alles andere als einvernehmlich. Gütther hatte kurz nach Flottwell ebenfalls eine Sozietät gegründet, die sogenannte freie Gesellschaft. Ihre Organisationsform war wie die der Deutschen Gesellschaft am Leipziger Vorbild orientiert.33 Die Konkurrenz zu Flottwells Gesellschaft war unvermeidlich. Auch Knutzen und Flottwell waren in wechselseitiger Abneigung verbunden, wie die Briefe an Gottsched verraten. Die Partei, die Gottsched sichtbar an sich binden konnte, hatte damit einen Prestigegewinn und einen Punktsieg über die Konkurrenten erzielt. Diesen Sieg trugen Flottwell und seine Getreuen durch ihre Fürsorge davon. Sie war nicht auf den Empfang beschränkt, Gottsched besuchte während seines Aufenthalts mehrere Sitzungen der Gesellschaft und ließ sich dort feiern. Der Briefwechsel mit Knutzen hingegen brach nach dem Besuch Königsbergs ab.34 Die Huldigung durch die Deutsche Gesellschaft dürfte darüber hinaus auch ein kompensatorischer Akt gewesen sein. Gottsched hatte, wie erwähnt, einen Preis auf die Würdigung des Universitätsgründers ausgesetzt. Flottwells Briefe vermittelten eine Zeit lang den Eindruck, dass zielstrebig gearbeitet würde (vgl. Gottsched, Briefwechsel 9, S. 220 f., 418 f.). Kurz vor Gottscheds Eintreffen aber war von Schwierigkeiten bei der Behandlung des Themas die Rede (Gottsched, Briefwechsel 10, S. 38) und schließlich schrieb Flottwell, »daß ich und viele redliche Preüßen, über der Freude Ew. Magnificentz zu umbarmen, vergeßen werden, den Albrecht in seinem Staube zu küßen« (Gottsched, Briefwechsel 10, S. 131, Z. 4 f.). Statt Leistung wird Willkommensfreude angekündigt. In gewisser Weise war der gesamte Plan gescheitert. Eine große Feier entfiel ohnehin. Die Terminverschiebung machte eine Teilnahme Gottscheds auch am reduzierten Festprogramm unmöglich. Und das erhoffte literarische Schmuckstück zum Jubiläum lag auch nicht vor. Dennoch gibt es kein Zeichen von Enttäuschung. Wenn Flottwell und die Deutsche Gesellschaft auch das erwartete Werk schuldig blieben, so taten sie alles, um den Aufenthalt so inhaltsvoll wie möglich zu gestalten. Gottsched wurde in den Veranstaltungen der Deutschen Gesellschaft gefeiert. Flottwell organisierte ein reiches Besuchsprogramm, das in vornehme Häuser in und um Königsberg führte. Dort wurden Gottsched und seine Muse mit Respekt und Liebenswürdigkeit empfangen. Flottwell begleitete die Gottscheds auf dem Rückweg bis nach Elbing, dem heute in Polen gelegenen Elbląg, immerhin mehr als 100 Kilometer Luftlinie. Von dort aus reiste man zu Schiff nach Danzig. Die Abschiedsbriefe aller Beteiligten waren euphorisch. Gottsched versicherte, er habe »eine erneuerte und verstärkte Liebe gegen mein Vaterland, und eine wahre Hochachtung gegen den guten Theil meiner werthesten Landsleute mitgenommen«. (Gottsched, Briefwechsel 10, S. 185, Z. 12 f.)
Allerdings war damit die Angelegenheit nicht beendet. Denn hier in Danzig nahm Gottsched selbst in die Hand, was er von anderen erwartet hatte – einmal mehr zeigt er sich als Mann der Tat, wo andere in Ankündigungen verharren. Gottsched schrieb ein Gedicht auf das Universitätsjubiläum, in dem die hohe Zahl berühmter Absolventen ebenso zur Sprache kam wie die gewünschte Würdigung des Universitätsgründers Herzog Albrecht.
»O Albrecht« heißt es dort, »Du machst, daß Preußen nicht den klügsten Völkern weichet,/ Und hebst in Deinem Volk den neuen Zeitpunkt an;/ Du schaffst, daß Königsberg den besten Schulen gleichet,/ Und daß, wer hier gelernt, auch Fremde lehren kann.«35 Gemeint ist unter anderem Gottsched selbst, der mit seinem Königsberger Rüstzeug in Leipzig Karriere machen konnte.
Die Verse sind für das oft problematisierte und als Byzantinismus kritisierte Verhältnis Gottscheds zu fürstlichen Personen und Widmungsempfängern symptomatisch. Gottsched huldigt mit allen Registern, aber in der Regel wurden dabei die Qualitäten gewürdigt, die wissenschaftspolitisch von Belang waren. Seine Reverenzen an die Fürstengunst, sein Werben um die Aufmerksamkeit des Adels und adlige Beteiligung an seinen Unternehmungen ist in der Regel bei fragloser Anerkennung der Machtverhältnisse kulturpolitisch motiviert. Diese Ausrichtung ist im vorliegenden Jubiläumsgedicht mit einer zeitkritischen und ins Politische reichenden Pointe vorgetragen worden.
»O möcht Euch, Theureste! Ein neuer Albrecht schützen,/ Der Wissenschaft und Kunst so väterlich gepflanzt!/ So würd auch Euer Fleiß weit mehr dem Staate nützen,/ Den mehr Minervens Schild, als Schwert und Wall umschanzt.«36
Gottsched wünschte einen wissenschaftsfreundlichen Herrscher wie Albrecht, da die künstlerische und wissenschaftliche Blüte – Minervens Schild – einem Staat nützlicher sei und sein Gedeihen mehr fördere als das Schwert. Damit wurde der Universitätsgründer Albrecht als Vorbild und als Gegenbild zum zeitgenössischen preußischen Herrscher Friedrich II. hingestellt, der 1740 kurz nach Regierungsantritt mit fadenscheinigen Argumenten in Schlesien eingefallen war und das Reich mit Krieg überzogen hatte, und meinte, auf diesem Wege seinem Staat, also Brandenburg-Preußen zu nützen.
Dass man mit dieser Lesart die Verse nicht überinterpretiert, zeigt die unmittelbare Reaktion. Gottsched hatte das Gedicht in Danzig vollendet und wollte es dort drucken lassen. Der Drucker musste ihm versprechen, die Schrift ohne die erforderliche Zensur zu drucken (Gottsched, Briefwechsel 10, S. 213 f.). Dazu muss man wissen, dass Gottsched in Leipzig selbst für die Zensur von Druckwerken zuständig37 und folglich mit der Bedeutungsschwere der Zensurpraxis vertraut war. Den Drucker befiel, wie Gottsched schrieb, »ein unzeitiger Scrupel« (Gottsched, Briefwechsel 10, S. 214, Z. 1). Er legte das Gedicht dem Zensurbeamten vor. Dieser, offenbar unsicher, konsultierte den regierenden Bürgermeister, der den Druck wegen der genannten Verse verbot. Gottscheds Reaktion soll mit seinen eigenen Worten wiedergegeben werden, weil sie eine fast anarchische Seite des sonst so obrigkeitsfrommen Gottsched zum Vorschein bringen:
»Das verdroß mich nun dergestalt, daß ich auf Mittel dachte, diesen tyrannischen Pedanten zum Possen meinen Zweck doch zu erreichen. Ich ließ mir den Buchdrucker von der Altstadt holen, der von diesem allem nichts wußte, und dieser druckte mein Schreiben auf meine Kosten in 24 Stunden: so daß sich die Abdrücke meines Gedichtes zugleich mit der Zeitung« – der Nachricht des Gedichtverbots – »vom Rathhause in der Stadt ausbreiteten.« (Gottsched, Briefwechsel 10, S. 214 f.)
Das Wort vom »tyrannischen Pedanten« verdeutlicht allerdings auch, dass die Maßnahme gegen das Druckverbot nicht als Affront gegen eine ordnungspolitische Instanz, sondern als persönliche Auseinandersetzung mit einem Zensor verstanden wurde, der seine Kontrollbefugnisse in Gottscheds Sicht unverhältnismäßig zur Geltung brachte. Dies wirft ein Licht auf Gottscheds Zensurverständnis und -praxis: Er selbst nutzte seine Zensurbefugnis gelegentlich in diesem Sinne als Instrument, indem er die Veröffentlichungen philosophischer Gegenpositionen zu verhindern versuchte.38
In Königsberg jedenfalls wurde das Gedicht nach der Korrektur einiger inhaltlicher Versehen Gottscheds mitsamt den beanstandeten Versen gedruckt, obwohl das Gerücht umlief, das Gedicht enthalte satirische Äußerungen über die Regierung (Gottsched, Briefwechsel 10, S. 236 f.). Gottsched erfuhr über den Umgang mit seinem Gedicht, über dessen Aufnahme und über die Königsberger Veranstaltungen zum Universitätsjubiläum, als er längst wieder in Leipzig war. Königsberg sah er nicht wieder. Die Verbindung in seine alte Heimat indes blieb über das Commercium epistolicum bis an sein Lebensende bestehen.
- 1Johann Christoph Gottsched, Briefwechsel unter Einschluß des Briefwechsels von Luise Adelgunde Victorie Gottsched. Historisch-kritische Ausgabe, im Auftrage der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig hg. von Detlef Döring (†) und Manfred Rudersdorf, Band 10: März 1744 – September 1745, hg. und bearb. von Detlef Döring (†), Franziska Menzel, Rüdiger Otto und Michael Schlott unter Mitarbeit von Caroline Köhler, Berlin/Boston 2016. Für den Nachweis aus diesem und weiteren Bänden des Briefwechsels werden im Folgenden jeweils nur Band- und Seitenzahl angegeben.
- 2Gottsched, Singularia Vindobonensia Nuper A. MDCCL. D. XII. Mens. Februar. Oratione Solemni In Auditorio Philosophor. Lipsiensi Celebrata … Praemittitur Prolusio Academica, Leipzig 1750; vgl. auch Barbara Stollberg-Rilinger, Maria Theresia, München 2017, S. 320–327, 342.
- 3Zur Gesellschaft der freyen Künste und ihren Tochtergesellschaften vgl. Riccarda Henkel, Die Gesellschaft der freyen Künste zu Leipzig. Eine »Gottschedsche« Sozietät als Beispiel des aufklärerischen Wissenschaftsdiskurses, Leipzig 2014.
- 4Dorothea Henriette von Runckel (Hg.), Briefe der Frau Louise Adelgunde Victorie Gottsched gebohrne Kulmus, 3 Bände, Dresden 1771–1772, Band 2, S. 120–145. Die Briefe dieser Ausgabe wurden neu veröffentlicht und kommentiert: Inka Kording (Hg.), Louise Gottsched – »Mit der Feder in der Hand«. Briefe aus den Jahren 1730–1762, Darmstadt 1999, vgl. Nr. 122–127, S. 185–194.
- 5Der Briefwechsel mit Cölestin Christian Flottwell lag teilweise bereits gedruckt vor in Gottlieb Krause, Gottsched und Flottwell, die Begründer der Deutschen Gesellschaft in Königsberg. Festschrift zur Erinnerung an das 150jährige Bestehen der Königlichen Deutschen Gesellschaft zu Königsberg in Preußen, Leipzig 1893. Die Briefe Gottscheds an Flottwell sind – auch in der Wiedergabe unseres Bandes – nur in Gestalt dieser Ausgabe überliefert. Der Herausgeber konnte sie dem Archiv der Königsberger Deutschen Gesellschaft entnehmen, das im Zweiten Weltkrieg vernichtet wurde bzw. abhanden kam. Anders als in dieser Ausgabe werden Flottwells Briefe in unserem Band vollzählig und vollständig, darüber hinaus auch weitere die Reise und den Aufenthalt in Königsberg berührende Schreiben mitgeteilt. Zum Überblick über weitere Schwerpunkte, Briefthemen und Korrespondenten des Bandes 10 vgl. die »Einleitung«, S. XIII–LIV.
- 6Über die Frühzeit vgl. Johannes Reicke, Zu Johann Christoph Gottsched’s Lehrjahren auf der Königsberger Universität, Königsberg 1892 (auch in Altpreußische Monatsschrift 29 [1892], S. 70–150); Bernhart Jähnig, »Die Umwelt von Johann Christoph Gottscheds Kindheit und Jugend im Pfarrhaus zu Juditten bei Königsberg«, in Joseph Kohnen (Hg.), Königsberger Beiträge. Von Gottsched bis Schenkendorf, Frankfurt a. M. u. a. 2002, S. 1–16.
- 7Gottsched, »Geneigter Leser« [Vorrede], in Johann Valentin Pietsch, Gesamlete poetische Schrifften, hg. von Johann Christoph Gottsched, Leipzig 1725, nicht paginiert.
- 8Nach der Klimatheorie, die seit der Antike und in der Neuzeit in bevorzugter Weise seit der Querelle des Anciens et des Modernes und noch in Montesquieus Geist der Gesetze und andern Werken des 18. Jahrhunderts Geltung beanspruchte, bestimmen klimatische Voraussetzungen die geistig-kulturelle Entwicklung eines Volks und seiner Individuen. Den Deutschen und anderen Nordvölkern wurde in diesem Kontext die Fähigkeit zu subtilen Gedanken und schöngeistigen Werken abgesprochen; vgl. z. B. Ruth Florack, Tiefsinnige Deutsche, frivole Franzosen. Nationale Stereotype in deutscher und französischer Literatur, Stuttgart 2001, S. 567–583; Gonthier-Louis Fink, »De Bouhours à Herder. La théorie française des climats et sa réception Outre-Rhin«, in Recherches germaniques 15 (1985), S. 3–62, über Gottsched S. 31. Gottsched war ein entschiedener Gegner dieser Auffassung, indem er jedem Individuum und jedem Volk das gleiche Potential zusprach, dessen Entwicklung vom Bildungsangebot abhängig sei. Dies kommt z. B. in folgenden Versen zum Ausdruck: »Die Thorheit mißt den Witz nach Süden oder Norden:/ Wenn ist die Wissenschaft der Sonne Werk geworden?/ … Wer bindet nun den Geist an Boden und Gestirn?/ Ein jedes Land erzeugt, so Seele als Gehirn./ Die Lehre reißt ein Volk aus grober Einfalt Stricken;/ Durch Schulen muß man es der Barbarey entrücken./ Wo diese zeitig blühn, und Fleiß Belohnung findt,/ Da bleibt das dümmste Volk kein Menschenalter blind; Da wächst auch Geist und Witz, und trägt gelehrte Früchte« Gottsched, Gedichte, Darinn sowohl seine neuesten, als viele bisher ungedruckte Stücke enthalten sind, Leipzig 1751, Band 2, S. 568.
- 9Die Briefstellen zu dieser nicht ins Werk gesetzten Sammlung sind in der Rubrik »Unveröffentliche Werke« Gottscheds aufgeführt: Gottsched, Briefwechsel 1, S. 568, 2, S. 685 und 10, S. 714. Zu den Gründen für den Abbruch der Bemühungen vgl. Anett Lütteken, »Die Vertheidigung vieler großen Dichter alter und neuer Zeiten: zum Anthologieverständnis Gottscheds«, in German life and letters 70 (2017), S. 22–39, 29 f.
- 10Vgl. die Stellenhinweise in Gottsched, Briefwechsel 2, S. 139 f., Erl. 9.
- 11Cölestin Christian Flottwell meldete bei der Zusendung eines Belegexemplars, er sei »in Absicht der unseres Orts einzuführenden gelehrten Zeitungen nicht ungehorsahm oder nachläßig gewesen« (Gottsched, Briefwechsel 9, S. 109, Z. 28 f.) und deutete damit an, dass das Unternehmen auf eine Anregung Gottscheds zurückgeht.
- 12Vgl. z. B. Neuer Büchersaal 2/1 (1746), S. 277−288; 2/4 (1746), S. 383 f.; 4/5 (1747), S. 479 f.; 6/1 (1748), S. 93–96 und 6/2 (1748), S. 188–192.
- 13Vgl. das entwaffnend offene Eingeständnis seiner Ohnmacht, anders als in deutscher Sprache zu kommunizieren, in 1, S. 52 f. und dazu Rüdiger Otto, Leibniz, Gottsched und die deutsche Kulturnation, Hannover 2012, S. 17 f.
- 14So Johann Georg Bock, vgl. Gottsched, Briefwechsel 1, Nr. 26 und weitere Briefe dieses Bandes. Nicht allein zu Bock, der sich wegen poetologischer Differenzen mit Gottsched entzweite (vgl. Gustav Waniek, Gottsched und die deutsche Litteratur seiner Zeit, Leipzig 1897, S. 295 f. und 355 f.), auch zu Michael Lilienthal oder Daniel Heinrich Arnold brach die Verbindung ab.
- 15Vgl. Hans-Joachim Waschkies, Physik und Physikotheologie des jungen Kant. Die Vorgeschichte seiner Allgemeinen Naturgeschichte und Theorie des Himmels, Amsterdam 1987.
- 16In Gottscheds Reaktion auf seine erste Zuschrift erkannte Knutzen »ut amorem in patriam ac conterraneos Tuos, sic et favorem erga me«. Gottsched, Briefwechsel 8, S. 31 f. Ähnliche Äußerungen finden sich auch in seinen weiteren Briefen.
- 17»Latuisset forsan semper, cum qvæ nos scribimus in hoc terrarum angulo paucis innotescant, nisi eorum commendatione subleventur, qvi in vestra luce versantur.« Gottsched, Briefwechsel 8, S. 33, Z. 6–8.
- 18Die Verlagsangelegenheit wurde schon im ersten Brief Gütthers vom August 1743 (Gottsched, Briefwechsel 9, Nr. 128) behandelt und blieb über Jahre das zentrale Thema dieser Korrespondenz.
- 19Vgl. Oskar von Hase, Breitkopf & Härtel, Band 1, Wiesbaden 1968, S. 67 f.
- 20Die Rücksendung erfolgte am 8. November 1746, der Brief wird im 12. Band gedruckt.
- 21Vgl. Detlef Döring, »Johann Christoph Gottsched – Vermittler zwischen Autoren und Verlegern im Leipzig der 1. Hälfte des 18. Jahrhunderts«, inLeipziger Jahrbuch zur Buchgeschichte 16 (2007), S. 245–264.
- 22Wolfgang Hardtwig, Art. »Deutsche Gesellschaften«, in Enzyklopädie der Neuzeit 2 (2005), Sp. 936–938, 936.
- 23Corinna Fricke, »Die Deutschen Gesellschaften des 18. Jahrhunderts – ein Forschungsdesiderat«, in Klaus D. Dutz (Hg.), Sprachwissenschaft im 18. Jahrhundert, Münster 1993, S. 77–98, 88, zu den Themen vgl. die Systematisierung S. 89–93.
- 24Zur Leipziger Gesellschaft vgl. Detlef Döring, Die Geschichte der Deutschen Gesellschaft in Leipzig. Von der Gründung bis in die ersten Jahres des Seniorats Johann Christoph Gottscheds, Tübingen 2002; Übersicht über die Forschungssituation: Fricke, Die Deutschen Gesellschaften (Fn. 23). Zu den Deutschen Gesellschaften im Rahmen der Sozietätsgeschichte der Aufklärung bzw. im Prozess der Nationbildung vgl. Richard van Dülmen, Die Gesellschaft der Aufklärer. Zur bürgerlichen Emanzipation und aufklärerischen Kultur in Deutschland, Frankfurt a. M. 1996, S. 48–54; Wolfgang Hardtwig, »Vom Elitebewußtsein zur Massenbewegung. Frühformen des Nationalismus in Deutschland 1500–1840«, in Wolfgang Hardtwig, Nationalismus und Bürgerkultur in Deutschland 1500–1914, Göttingen 1994, S. 34–54, 44 f.
- 25Johann Christoph Gottsched, Nachricht von der Deutschen Gesellschaft zu Leipzig, Bis auf das Jahr 1731. fortgesetzt, Leipzig 1731, S. 28.
- 26Ebd., S. 31.
- 27Vgl. Ernst Kroker, »Mitgliederverzeichnis von 1697–1741«, in Mittheilungen der Deutschen Gesellschaft zur Erforschung Vaterländischer Sprache und Alterthümer in Leipzig 9/2 (1902), S. 42–57.
- 28Daniel Fulda, »Die Erschaffung der Nation als Literaturgesellschaft. Zu einer meist übergangenen Leistung des Publizisten Gottsched«, in Denkströme 4 (2010), S. 12–29.
- 29Vgl. die Tabelle bei van Dülmen, Die Gesellschaft der Aufklärer (Fn. 24), S. 151 f.; Fricke, Die Deutschen Gesellschaften (Fn. 23), S. 78, 92.
- 30Vgl. Fricke, Die Deutschen Gesellschaften (Fn. 23), S. 82.
- 31Vgl. Detlef Döring, »Die Deutsche Gesellschaft zu Leipzig und die von ihr vergebenen Auszeichnungen für Poesie und Beredsamkeit 1728–1738. Ein frühes deutsches Beispiel der Auslobung akademischer Preisfragen«, in Karlheinz Blaschke und Detlef Döring (Hg.), Universitäten und Wissenschaften im mitteldeutschen Raum in der Frühen Neuzeit. Ehrenkolloquium zum 80. Geburtstag von Günter Mühlpfordt, Stuttgart/Leipzig 2004, S. 187–225.
- 32Vgl. Gottsched, Briefwechsel 10, Nr. 81, Erl. 5. In der Literatur über Breitkopf gibt es keine Hinweise auf diese Reise.
- 33Vgl. Gottsched, Briefwechsel 9, Nr. 149. Über die freie Gesellschaft vgl. Konrad Philipp Dieffenbach, »Geschichte der ehemaligen freien Gesellschaft zu Königsberg in Preußen von ihrem Ursprung an bis zu ihrer Vereinigung mit der Königl. Deutschen Gesellschaft 1743–1788«, in Preußisches Archiv 5 (1794), S. 130–143.
- 34Auch in Knutzens Briefen an Leonhard Euler aus diesem Zeitraum kommt die Störung zur Sprache; vgl. Adolf P. Juškevič u. a. (Hg.), Leonhardi Euleri Commercium Epistolicum. Descriptio Commercii Epistolici, Basel 1975, S. 206, Nr. 1197 f.
- 35Gottsched, Gedichte (Fn. 8), S. 590.
- 36Ebd., S. 592.
- 37In der philosophischen Fakultät hatte jeder Professor »das Censurrecht über alle in die zu seiner Professur gehörenden Wissenschaft einschlagenden Schriften«. Friedrich Gottlob Leonhardi, Geschichte und Beschreibung der Kreis- und Handelsstadt Leipzig nebst der umliegenden Gegend, Leipzig 1799, S. 319.
- 38Vgl. Rüdiger Otto, »Gottscheds Leibniz«, in Friedrich Beiderbeck und Stephan Waldhoff (Hg.), Pluralität der Perspektiven und Einheit der Wahrheit im Werk von G. W. Leibniz. Beiträge zu seinem philosophischen, theologischen und politischen Denken, Berlin 2011, S. 191–263, 211 f.