Johann Wolfgang Goethe. Briefe. Historisch-kritische Ausgabe
In Verbindung mit der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig und der Mainzer Akademie der Wissenschaften und der Literatur im Auftrag der Klassik Stiftung Weimar / Goethe- und Schiller-Archiv herausgegeben von Georg Kurscheidt, Norbert Oellers und Elke Richter
Band 8 I. 20. Juni 1788 – Ende 1790. Texte.
Herausgegeben von Volker Giel und Norbert Oellers unter Mitarbeit von Yvonne Pietsch. De Gruyter, Berlin/Boston 2017, XXIX + 365 Seiten, 26 Abbildungen, Festeinband
Band 8 II. 20. Juni 1788 – Ende 1790. Kommentar.
Herausgegeben von Volker Giel und Norbert Oellers unter Mitarbeit von Gerhard Müller und Yvonne Pietsch. De Gruyter, Berlin/Boston 2017, LXI + 739 Seiten, Festeinband
Das seit 2015 von den Wissenschaftsakademien in Leipzig und Mainz sowie der Klassik Stiftung Weimar getragene Langzeitprojekt »PROPYLÄEN. Forschungsplattform zu Goethes Biographica« hat die wissenschaftliche Neuedition und die digitale Vernetzung sowohl der Briefe von und an Goethe, seiner Tagebücher als auch der Dokumentenreihe »Begegnungen und Gespräche« zum Ziel. Ende 2017 erschien im Rahmen des Projekts mit Band 8 der inzwischen sechste Doppelband (Text und Kommentar) der historisch-kritischen Ausgabe »Goethes Briefe«. Er umfasst den Zeitraum von Goethes Rückkehr aus Italien im Juni 1788 bis zum Ende des Jahres 1790. Zuvor waren schon die Bände 1 bis 3 (2008, 2009, 2014) sowie 6 und 7 (2010 und 2012) erschienen, welche die Briefe aus den Jahren 1764 bis 1779 und 1785 bis Mitte 1788 enthalten. Fünf weitere Bände sind derzeit in Arbeit bzw. teilweise bereits kurz vor der Fertig stellung.
Der vorliegende Band (GB 8 I) enthält alle 228 heute noch überlieferten Briefe, die Goethe nach seiner Rückkehr aus Italien (im Juni 1788) bis Ende 1790 geschrieben hat, außerdem drei Konzepte, sieben amtliche Schriften, einen unechten Brief sowie drei Nachträge zu früheren Bänden. Die Originale der Handschriften stammen dabei aus über 30 verschiedenen Archiven, Institutionen und aus Privatbesitz weltweit. Ihre Zusammenführung sowie die buchstaben- und satzzeichengetreue Darbietung nach der Originalhandschrift ist das Kernanliegen der Briefausgabe, mit der erstmals eine philologisch gesicherte Textgrundlage für die wissenschaftliche Arbeit in der Zukunft geschaffen ist. Darüber hinaus ergänzen zusätzlich überlieferte Konzepte im Anhang die Originalhandschriften bzw. treten ebenso wie Drucke an deren Stelle, wenn sie nicht überliefert sind. Ein Variantenapparat unmittelbar unter dem Textkorpus dokumentiert Eingriffe und Verbesserungen im Schreibprozess Goethes. Ferner werden alle Briefe, die nicht überliefert, aber erschließbar sind, über die entsprechenden Quellennachweise in einem gesonderten Teil nachgewiesen. Für den Zeitraum des Bandes konnten so nicht weniger als 398 erschlossene Briefe ermittelt und damit erstmals ein annähernd vollständiger Gesamtüberblick über Goethes Korrespondenzen der Zeit sichtbar gemacht werden.
Die Briefe dokumentieren wesentliche Tätigkeiten, Begegnungen und Ereignisse, die für Goethe in dieser Zeit bestimmend waren, darunter den Abschluss seiner achtbändigen, von Göschen verlegten »Schriften«-Ausgabe, seine rege Tätigkeit im Geheimen Consilium, die zweite Italienreise im Frühjahr 1790, nicht zuletzt den endgültigen Bruch mit der langjährigen engen Vertrauten Charlotte von Stein und den Beginn des Zusammenlebens mit Christiane Vulpius sowie die Geburt des Sohnes August. Unter den poetischen Werken nahm das Schauspiel »Torquato Tasso«, das erst im Herbst 1789 zu Ende gebracht wurde, Goethe besonders intensiv in Anspruch. Zur gleichen Zeit entstanden die ersten seiner »Römischen Elegien«, wenig später, während des Aufenthaltes in Venedig, die ersten »Venetianischen Epigramme«. Über die Entstehung dieser Werke geben die hier versammelten Briefe ebenso Aufschluss wie über Goethes naturwissenschaftliche Arbeiten, die in der Veröffentlichung des »Versuchs die Metamorphose der Pflanzen zu erklären« (1790) ihren ersten Höhepunkt fanden. Unter den dienstlichen Geschäften Goethes nahmen in den Jahren 1788–1790 die Bemühungen um den Erhalt des Ilmenauer Bergbaus und die Beratungen in der Schlossbaukommission die meiste Zeit in Anspruch. Halb dienstlich, halb privat waren seine schließlich erfolgreichen Bemühungen, Johann Gottfried Herders Annahme eines Rufes an die Universität Göttingen zu verhindern.
Im umfänglichen Kommentarteil (GB 8 II) werden die Briefe Goethes aus dem Zeitraum erstmals umfassend wissenschaftlich kommentiert. Dies geschieht vor allem dadurch, dass die in den Briefen angesprochenen Themen und Sachverhalte über eine weitreichende Auswertung des historischen Quellenmaterials im Goethe-Nachlass des Goethe- und Schiller Archivs, den Nachlässen anderer Personen oder überlieferter Akten des amtlichen Bereichs für den Nutzer aufbereitet, erklärt und in Zusammenhang gerückt werden. Über die Unterstützung durch ein stringentes Verweissystem entsteht so ein breitgefächertes, sich gegenseitig stützendes Netz der Information und Erklärung relevanter biographischer Fakten und Zusammenhänge sowie damit zugleich ein wichtiger Fundus für weiterführende Arbeiten der Goetheforschung und angrenzender Gebiete. Des Weiteren gehören aber auch Begriffs- und Sacherklärungen, Erläuterungen von biographischen und historischen Details, die Identifikation von Personen und der Nachweis von Zitaten zu den Aufgaben des Kommentars.
In besonderer Weise widmet sich die Kommentierung dabei der Persönlichkeit des Adressaten und dessen Beziehung zu Goethe. Auf diesen Aspekt gehen u. a. übergreifende Erläuterungen ein, die sich auf den Brief als Ganzes beziehen, ebenso zusammenfassende Überblickskommentare, die über den Einzelbrief hinaus und im Zusammenhang mit dem ersten Brief Goethes an den jeweiligen Empfänger die Gesamtkorrespondenz mit einem Adressaten beleuchten. Einen anderen Schwerpunkt bildet die Neudatierung von über 70 bisher nicht, unvollständig oder falsch datierten Briefen des Bandes, zu der erstmals durchgängig auch eine umfassende Begründung gegeben wird. Selbstverständlich werden in dem Band auch grundsätzliche editionsphilologische Anforderungen, wie die Mitteilung der Überlieferungsverhältnisse und die Zusammenstellung von Varianten, falls die Handschrift eines Briefes nicht bekannt ist, erfüllt. Ein erläuterndes Register erleichtert den Zugang zu Personen und Werken.