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Der edle Palmenbaum und die kritische Mühle

Die Fruchtbringende Gesellschaft als Netzwerk höfisch-adeliger Wissenskultur der frühen Neuzeit

»Sieh an: ein früher Purist steckt also in ihm [dem Teutschen Michel], womöglich jüngstes Mitglied der Fruchtbringenden Gesellschaft, der Deutschgesinnten Genossenschaft oder der Aufrichtigen Tannengesellschaft. Jedenfalls einer, dem das Saubere am Herzen lag, und somit ganz eindeutig einer von uns – kurzum die geglückte und seit ihrer amtlich nachweisbaren Existenz unsterbliche Verbindung von Erzengel und Tölpel […]«1

In dem oben angeführten Zitat bringt der Erzähler Gerhard Köpf in seinem Roman Die Strecke die Fruchtbringende Gesellschaft (FG)2 ins Spiel, um seine Kritik an ihrem vermeintlichen pedantischen Purismus im Grunde in eine Kritik am ,faschistischen Reinheitswahn‹ (Elfriede Jelinek) zu überführen. Dabei bedient er ein in der Vergangenheit eifrig bestricktes, von ihm durchaus sympathisch befochtenes, tatsächlich aber völlig einseitiges und in die Irre führendes Vorurteil, das in der FG eine puristische, xenophobe Vereinigung zur Rettung der deutschen Sprache vor ›Überfremdung‹3 und damit das Gegenteil einer Gesellschaft abkonterfeite, die, zumindest in ihren ersten Jahrzehnten, Bestandteil der europäischen Kultur-Avantgarde war und das Fremde gerade zum Muster nahm – wie schon im Sinnbild des universal nützlichen Palmbaums und der Gesellschaftsdevise ‚Alles zu Nutzen‹. Wiederholt wurde jüngst darauf aufmerksam gemacht, dass die FG in ihrer Blütezeit vermocht habe, »die kulturelle Borniertheit, die verrufene Provinzialität und lokale Isolation der deutschen Literatur ein gutes Stück zu überwinden«.4 Freilich haben bereits zeitgenössische Darstellungen der FG, der Teutsche Palmbaum (1647) von Carl Gustav von Hille (FG 302) und v. a. der Neu-Sprossende Teutsche Palmbaum (1668) von Georg Neumark (FG 605)5 die »Idee der Parität als Assoziationsgrundsatz der Fruchtbringenden Gesellschaft zugunsten einer Rehierarchisierung« aufgegeben6 und aufgrund ihrer die Rezeption der FG prägenden Rolle ein Stück weit dazu beigetragen, die ursprünglichen Ziele und die tatsächliche Wirksamkeit der FG durch zeremonielle Überhöhung und puristische Sprachideologie zu verdunkeln, was sich seinerseits gewandelten historischen Bedingungen im großen Umfeld der Herrschaftsverdichtung im sich herausbildenden absolutistischen Verwaltungsstaat verdankte. Indessen wurde jenes Zerrbild fruchtbringerischer ›Sprachpuristerey‹ von der jüngeren Forschung gründlich abgedankt. Doch wenn die FG nicht die ›Sprach(reinigungs)gesellschaft‹ war, als die sie seit 1824 mit Otto Schulz galt7, was war sie dann? Eine »spielfreudige Vereinigung« von ebenso beflissenen wie sympathisch-harmlosen »Sprachverrückten«?8 Vielleicht gar nicht so weit entfernt von einem »aristokratischen Club«, dessen Mehrheit »mehr auf einen gemüthlichen Kneipconvent« ausgewesen sei, als »auf eine gesetzgebende Versammlung für Sprache und Litteratur«?9 Eine Vereinigung, deren hoher Anteil von »illiterati« ihren Programmentwurf zur Verbesserung von Sitten und Landessprache zu einem personell »ungedeckten Anspruch« werden ließ, die aber auch in ihren »ursprünglich politischen Bestrebungen« scheiterte und stattdessen kompensatorisch in den Sprach(helden)krieg zog?10 Oder ist die FG als eine deutsche Renaissance-Akademie nach italienischen Vorbildern anzusehen, die die politisch-sozialen Führungsschichten unter partiellem Einschluss der Gelehrten in einer »freieren, den eigenen Zielen ohne territoriale, ständische, konfessionelle oder politische Beschränkung dienenden Assoziation« versammeln wollte?11 War sie ein »spiritueller Bund«, der sich um das Köthener Gesellschaftsbuch12 wie um die Bundeslade versammelte und sich mit dem nachträglich behaupteten Gründungsjahr 1617 in die 100-jährige Tradition der Reformation und mit dem 24. 8. möglicherweise sogar in die religiös und politisch bedeutsame Nähe des an diesem Tag gefeierten Apostels Bartholomäus und der Bartholomäusnacht stellte?13 War sie gar »symbolisches Zentrum eines antihabsburgischen Militärbündnisses«,14 ideologischer »Überbau « zur politisch-militärischen Mobilisierung protestantischer Reichsstände im Kampf »gegen die kaiserlich-katholische Hegemonie«?15

Abb. 1: Palmenimprese der Fruchtbringenden Gesellschaft. Aus: Der Fruchtbringenden Gesellschft Vorhaben / Nahmen / Gemählde Und Wörter (Köthen 1629/30). Nach Conermann I (s. Fn. 11). Abb. 1: Palmenimprese der Fruchtbringenden Gesellschaft. Aus: Der Fruchtbringenden Gesellschft Vorhaben / Nahmen / Gemählde Und Wörter (Köthen 1629/30). Nach Conermann I (s. Fn. 11).

Schwierige (Be)Gründung der Fruchtbringenden Gesellschaft

Der Frühneuzeithistoriker Georg Schmidt sah durch vermeintliche chronologische Unstimmigkeiten das offiziell konfirmierte Gründungsdatum des 24. 8. 1617 und den Gründungsbericht überhaupt in Frage gestellt.16 Seine Argumentation gründete sich im weiteren Verlauf auf die soziale und politisch- konfessionelle Zusammensetzung der frühen FG und eine beobachtete Divergenz von programmatischem Anspruch und nachweisbarer Leistung. Demnach hätten »gerade die hochadeligen Fruchtbringer […] nur partiell dem proklamierten Ideal höfischer Tugend, höherer Geselligkeit und der Förderung der deutschen Muttersprache« entsprochen. Die Mehrheit von ihnen habe sich stattdessen »als hohe Offiziere im Kampf gegen den Kaiser und seine Verbündeten « profiliert, nicht zuletzt die Weimarer Herzöge selbst.17 An der Einsicht, dass »bekanntere Dichter oder Sprachwissenschaftler« in der Gesellschaft nur »eine verschwindende Minderheit« waren und »zudem erst spät rezipiert« wurden, »daß auch bei intensivster Suche nach jedem Gelegenheitsgedicht viele Mitglieder weder literarisch noch sprachfördernd tätig geworden sind«, führe letztlich kein Weg vorbei.18 Die »vielen adeligen Offiziere und Kriegskommissare, die sich im Kampf gegen die kaiserlich-katholische Kriegsmacht auszeichneten, literarisch oder sprachverbessernd aber kaum hervortraten«, ließen »Ursprung und Funktion dieser höfischen Sozietät nicht im literarisch-sprachwissenschaftlichen Milieu vermuten«, sondern stärker als bisher vermutet in einem Geflecht von »politischen Motiven und militärischen Aktivitäten«.19 Tatsächlich sei die FG »nicht 1617, sondern erst 1622 im Kontext protestantischer Bündnisbemühungen« – der 1622 von Hz. Wilhelm IV. von Sachsen-Weimar (FG 5) propagierte »Teutsche Friedbund« als Militärbündnis der Protestanten20 – institutionalisiert worden und habe zuvor »allenfalls als informeller Zirkel bestanden.«21 Der FG oblag es, »›deutsche‹ Werte und Einstellungen« – »die Teutsche Freyheit«, »das Teutsche Vertrauen« usw.22 – zu vermitteln, »für deren Verwirklichung der ›Teutsche Friedbund‹ gegen die kaiserlich-katholische Hegemonie kämpfen sollte.«23 Zwar scheiterten die Bündnispläne schnell, doch sei jetzt der FG umso nachdrücklicher die Funktion eines Sammelbeckens »des politisch motivierten Widerstandes« zugekommen.24 In den späten 30er und 40er Jahren sei dann »ständische Exklusivität weniger wichtig geworden«: Mit dem Tode Herzog Bernhards von Sachsen-Weimar (FG 30) erlosch das letzte militärische Engagement der Ernestiner. Weder Weimar noch Anhalt wollten oder konnten fortan militärisch aktiv eingreifen, daher konnte die Standesschranke fallen und es »durften auch ›bürgerliche‹ Sprachwissenschaftler und Dichter« Mitglieder werden.25 Damit habe sich »unmerklich« die Zielsetzung der FG verändert und »publizistische Öffentlichkeitsarbeit« einen neuen Schwerpunkt gebildet zwecks sozialer Verbreiterung des Widerstandes gegen den Prager Frieden, um das »drohende katholisch dominierte monarchische System zu blockieren«.26

Die Anziehungskraft dieser Thesen besteht zweifellos darin, dem veralteten, zu engen Begriff der »Sprachgesellschaft« ein ausgreifenderes Verständnis der FG entgegenzusetzen, die Gesellschaft und dabei v. a. ihre reichs- und kulturpatriotischen Bestrebungen in der Realgeschichte des Dreißigjährigen Krieges zu verankern und das fruchtbringerische Tugend- und Sprachprogramm zutreffend in die Bemühung einzuordnen, die konfessionellen Spaltungen durch eine »Verpflichtung auf säkulare Werte und Tugenden«, auf eine »Integrationsutopie von Eintracht und Einigkeit in der deutschen Nation« zu überwinden.27 Diese Sichtweise hat aber auch ihren Preis. Zunächst führt die Ausrichtung der FG auf die dominante Vermittlung nationaler Werte zur Ausblendung des in seiner Intensität frappierenden Kulturtransfers in Alteuropa28, den gerade auch die FG ausstellt. Hier droht eine Marginalisierung des von Klaus Conermann zu Recht betonten europäischen Horizonts der FG und ihrer Einbettung in jene große (vulgär)humanistische Bewegung seit dem frühen 15. Jahrhundert, die die verschiedensten Organisationsformen vom informellen Gesprächszirkel über Gelehrten-Zusammenschlüsse bis zur regulierten, fürstlich oder zentralstaatlich geförderten Akademie hervorbrachte, die dennoch insgesamt als »Akademiebewegung« aufzufassen ist, sofern die Vereinigungen ein Minimum an Organisation, Kontinuität und symbolischer Repräsentanz aufweisen.29 Tatsächlich scheint mir die Betonung nationaler Werte erst später, nach dem Prager Frieden 1635, in der fruchtbringerischen Publizistik eine auffällige Rolle zu spielen, und sie wendet sich dabei nicht nur gegen das Haus Habsburg, sondern auch gegen das usurpatorische Auftreten der auswärtigen Mächte in Deutschland. 30 Ein markantes Beispiel dafür stellt der sprachkundige, als Übersetzer (Sallust, Malvezzi) und Mathematiker hervorgetretene ehemalige schwedische Obrist Wilhelm v. Kalcheim gen. Lohausen (FG 172), zuletzt Stadtkommandant von Rostock, dar. Er war 1635 das Sprachrohr derjenigen deutschen Offiziere in schwedischem Dienst, die ihre durch den Prager Frieden diktierte Dienstaufkündigung mit aufrichtigen Loyalitätsbekundungen entschuldigten und versicherten, einen auch für Schweden ehrenvollen und gerechten Universalfrieden befördern zu wollen. Dann aber scheint er doch zur Reichspartei gestanden zu haben: Im April 1638 warnte »W. v. Lohausen« aus Rostock den ksl. Generalissimus Matthias Gallas, ein schwedischer Angriff drohe von der See her, und bat um Gegenmaßnahmen.31 Zudem sind für die Frühzeit der FG Quellenverluste in Rechnung zu stellen, da die ältesten Korrespondenzenndnote-43" class="EndNoteSource" href="#endnote-content-43" title="Klickh gar nicht konsequent gesammelt wurden und die Überlieferung im eigenen FGArchiv, dem sog. ›Erzschrein‹, bis auf zwei frühere Stücke erst 1637, dann aber sogleich kräftig, einsetzt. Der heute noch im Historischen Museum in Köthen erhaltene Köthener Erzschrein32 ist auch insofern unvollständig, als ganze Akten im Landeshauptarchiv Dessau wie Abt. Köthen A9a Nr. 167 ausschließlich genuin fruchtbringerische Quellen bergen und mit Sicherheit dem ursprünglichen Erzschrein angehörten. Über Umfang, Art und Inhalt der einstigen fruchtbringerischen Korrespondenzen kann also, besonders in den ersten zwei Jahrzehnten ihres Bestehens, nur spekuliert werden. Die Frage nach den frühen FG-Aktivitäten darf daher nicht zu eilfertig im Sinne eines uneingelösten Versprechens beantwortet werden.

Dass die FG nicht wie Pallas Athene fertig gebildet und in blanker Wehr dem Haupt des Zeus entsprang und bei ihrer Gründung 1617 ein förmliches Gründungsdokument aufsetzte, sondern erst 1622 im Kurtzen Bericht eine knappe programmatisch-satzungsmäßige Auskunft über sich veröffentlichte, mag ihren darin enthaltenen Gründungsbericht zwar Zweifeln aussetzen. Soll diesem zufolge der Gründungsanlass eine Trauerversammlung im Hause Weimar (nach dem Tod der Herzogin Dorothea Maria) gewesen sein,33 so steht außer Frage, dass Fürst Ludwig von Anhalt-Köthen (FG 2), Mitbegründer und bis 1650 spiritus rector der FG, zwar nicht an der Beisetzung seiner Schwester am 5. 8. 1617 teilnehmen, aber im Laufe des Monats einen verspäteten Kondolenzbesuch in Weimar abstatten konnte, der in der Tat den Rahmen für die FG-Gründung auf Burg Hornstein abgegeben haben könnte.34 Zudem heißt es im Kurtzen Bericht nicht umsonst, mit der FG habe man eine den »Academien, die in frembden Landen/ beydes zu erhaltung guten vertrawens/ erbawung wolanstendiger Sitten/ als nützlicher außübung jedes Volcks LandsSprachen/ auffgerichtet«, vergleichbare Institution in Deutschland anstellen wollen, und zwar explizit »anfangs in der enge«, also bewusst zunächst in kleinem Maßstab, grundsätzlich jedoch so, dass der freiwillige Beitritt einem jeden »liebhaber aller Erbarkeit/ Tugend und Höfligkeit/ vornemblich aber des Vaterlands« offen stehe.35 Dass die unbestreitbar kleine, nicht umgehend an die Öffentlichkeit getretene Gruppe als »allenfalls […] informeller Zirkel« ihren Status einer höfischen Gesellschaft mit angestrebtem Akademie-Charakter erst 1622, weil dann ›institutionalisiert‹, gewonnen haben soll und somit der Gründungsbericht zu falsifizieren sei, kann anhand der aufgeführten Indizien nicht recht überzeugen. Auch festere Verkehrsformen, ein eigener FG-Briefstil, die Verfahren gegenseitiger Werkkritik usw. haben sich erst allmählich herausgebildet. Der Kurtze Bericht erschien 1622, nachdem eine Zahl von rund 50 Mitgliedern, also eine gewisse Konsolidierung erreicht war, zusammen mit dem frühesten, noch listenförmigen Gesellschaftsbuch, das die ersten 52 Mitglieder – ausnahmslos Fürsten und Adelige, die meisten Adeligen dabei in politischen oder höfischen Funktionen und bereits aus dem »weiteren deutschsprachig-evangelischen Raum«36 – mit ihren Initialen und Impresen knapp zusammenstellte.37 Allerdings mag der ›verspätete‹ öffentliche Auftritt auch mit den sich zuspitzenden ›böhmischen Händeln‹ und dem beginnenden Großen Krieg zusammenhängen: Die Gründungsdynastien der FG, die Anhaltiner und die Ernestiner, wurzelten unbestritten in den Kreisen der protestantischen Union, die sich 1608 gegen habsburgisches ›Dominat‹ und katholische Gegenreformation in Stellung gebracht hatte. Da zudem vom Frühjahr 1618 bis zum Landesverweis des Reformpädagogen Wolfgang Ratke im Juni 1620, ja darüber hinaus bis zur Kündigung der Unternehmung durch die Ernestiner 1622 ein gemeinsam in Köthen und Weimar aufgelegtes ehrgeiziges, Kräfte bindendes ratichianisches Schulbildungsprojekt durch- und bis 1624 noch allein in Köthen weitergeführt wurde, mag auch dies zur Erklärung beitragen, warum die FG in ihren ersten fünf Jahren kaum öffentlich in Erscheinung trat, auch wenn jenes Schulprojekt keine Unternehmung der FG war, sondern man sich in der Umsetzung professioneller, reformpädagogisch aufgeschlossener Gelehrter bediente.38 Allen in Köthen verlegten und gedruckten Schriften zur ratichianischen Schulreform war übrigens das aufklärerische Motto Wolfgang Ratkes »Ratio vicit, vetustas cessit« vorangestellt39 und gewisse Berührungspunkte mit der FG sind nicht von der Hand zu weisen. »Zu Cöthen«, schrieb der ›Projektmitarbeiter‹ Martin Trost im Juni 1618 erfreut, sei nichts weniger als »ein allgemeiner Ratichianischer Grammaticalischer Reichstag« ausgeschrieben.40 Im Gründungsbericht der FG von 1622 wurde zudem als Gründungsmotiv der FG auch die »anreitzung der löblichen Jugend« angegeben, ebenso schlug der in die anhaltische Prinzenerziehung involvierte und schon 1613 mit einem Gutachten zum gesamtanhaltinischen Gymnasium Zerbst beauftragte Peter von Sebottendorf (FG 57) im Juli 1630 vor, die künftige »Verbesserung des Schul-Wercks« mithilfe von Beiträgen der FG-Mitglieder zu finanzieren.41 Insgesamt bleibt doch die Frage, warum die FG, wäre sie das Sammelbecken des politischen Widerstands der Protestanten gegen Wien, Rom und Madrid gewesen, in den einschlägigen Quellen keine Spur einer solchen politischen Instrumentalisierung, eines Netzwerkes der politisch-ideologischen Selbstbehauptung der protestantischen Reichsstände hinterlassen hat, nicht in anhaltinischen oder ernestinischen, nicht in schwedischen Quellen, trotz des angestrengten Bemühens Oxenstiernas um ein allgemeinprotestantisches Corpus Evangelicorum, das 1633 mit dem Heilbronner Bund nur die vier oberdeutschen Reichskreise erfasste, sich aber nicht auf die ›fruchtbringenden‹ Kernterritorien Nord- und Mitteldeutschlands, sprich den nieder- und den obersächsischen Reichskreis auszudehnen vermochte. Stattdessen sehen wir den (seit 1624) kaisertreuen Fürst Christian II. von Anhalt- Bernburg (FG 51), der sich zu dieser Zeit auch an Übersetzungen Dantes, Giovan Battista Guarinis u. a. versuchte42, am 8. 10. 1623 aus Padua versichern, die Übersendung weiterer Exemplare des von Fürst Ludwig aus dem Französischen ins Italienische übersetzten Cabinet des saintes affections der Marie Le Gendre Dame de Rivery werde »amplificare o aumentare la fama della lodevole compagnia fruttifera Tedesca«.43 Dies zeigt, wie auch schon Fürst Christians überschwengliches Lob des Tacitisten und Satirikers Traiano Boccalini (1556–1613) in einem Brief an Fürst Ludwig, d. d. Amberg 4. 1. 161744, die starke Attraktion, die die moderne italienische Bildung auf jene beiden anhaltinischen Fruchtbringer ausübte,45 die mit Tobias Hübner (FG 25) und Diederich von dem Werder (FG 31) die stärksten Impulse in die frühe FG trugen.

Hofkultur und Adels-Leitbilder

»wie vornemlich zweine Staffeln der Erhöhung des Adels sich finden/ als die Begreiffung guter Wissenschafft/ und die Ubung der Waffen«.46

»Eine vorgeschlagene Academiam für Junge Fürsten in literis et armis anzustellen«.47

»… Conveniunt Terno, ô Heros, tibi Jure Caballi, Es celebris Phoebi & Martis & Artis Eques48

Die eigentliche Erklärung für das rein wissenschaftsgeschichtlich schwer zu fassende Erscheinungsbild der FG liegt nun in der Tat im soziokulturellen Profil der FG, die sich zwar an die ständeübergreifenden städtischen Akademien Italiens im 16. Jahrhundert anlehnte, sich wie diese die Pflege der Sitten, einer in Konversations- und Verhaltenskunst anspruchsvollen Geselligkeit und der Landessprache auferlegte, dabei aber in Herkunft, Sozialisation und ›Habitus‹ ihrer Mitglieder eine adelig-höfische Gesellschaft war, trotz der prinzipiellen Offenheit für Bürgerliche, speziell bürgerliche Gelehrte, und der Gleichberechtigung des Schwert- und Geistesadels. Diese Offenheit, die auch die geringe Marge bürgerlicher Mitglieder nicht in Frage stellt, ist v. a. von Fürst Ludwig gegen alle Versuche adeliger Abschottung verteidigt worden.49 War die FG mitgliedersoziologisch bis 1650 zu rund 94 % eine Gesellschaft von Adeligen50, dann nicht weil oder sofern diese Offiziere waren. Zwar gehörte das Kriegshandwerk nach wie vor zum Selbstverständnis, Ethos und zur gelebten Praxis des Adels.51 So war das höhere Offizierskorps gleich welcher Partei im 30-jährigen Krieg durchweg adelig, sogar ganz überwiegend geburtsadelig.52 Der jahrhundertealte Prioritätenstreit zwischen arma und litterae, den noch der adelige Cervantes, wenn auch »in fiktionalem Kontext«, zugunsten der Waffen beschied53, blieb bis ins 18. Jahrhundert hinein zumeist im Sinne eines Komplementärideals von arte et marte ausgeglichen. In der ›Statuskonkurrenz‹ der Adels- und der Gelehrtenwelt sahen Gelehrte wie Martin Opitz (FG 200) durch Wissenschaften und Künste verbürgte Aufstiegschancen, wenn Opitz etwa den Fürsten empfahl, »Gelährte/ Krigserfahrne/ vnd Kunstreiche Leute in jhren Höfen« aufzunehmen und zu unterhalten.54 Doch erscheint das arte et marte- Prinzip nicht nur als Verteilung von Ansprüchen und Kompetenzen auf Ritter und Gelehrte, sondern in der frühen Neuzeit als Vollkommenheitsideal auch innerhalb des Adels- und des Fürstenstandes selbst, denen die gestiegene Bedeutung ziviler Qualifikationen, die Unentbehrlichkeit von wissenschaftlicher und kultureller Bildung (»non solum armis«), die Aufwertung ihres Geburtsadels durch Tugend, Bildung und kulturelle Kompetenz längst bewusst war.55 Die FG ist Ausdruck und Motor eben jener neuen Leitbilder der ›Herrschaftselite‹, die sich sowohl »gegen gelehrt-zünftige Monopolansprüche bzw. scholastisch- akademische Traditionen einerseits«, wie »gegen altfeudale Lebens- und Wertvorstellungen andererseits« herausbildeten und Rang und Würde des Adels mindestens ebenbürtig an einen zivilen Tugendbegriff banden.56 Dieser aber war als christianisierte Fassung der altrömischen Virtus nicht »selbstgenügsam « oder »privatistisch« verfasst, sondern grundsätzlich auf das Gemeinwesen und eine »politisch-soziale Utilität« ausgerichtet.57 Diese Ausrichtung frühneuzeitlich-adeliger Tugend prägte auch die fruchtbringerische Devise ›Alles zu Nutzen‹, bevor sich in der absolutistischen Herrschaftskonzeption und ihrer Theorie der Staatsräson der politische Nutzen, in der bürgerlichen Spätaufklärung das soziale oder wirtschaftliche Nutzenkalkül vom Begriff der Tugend zu lösen begannen.

Selbst kriegserfahren, bevor er als Gesandter der Kurie in den geistlichen Stand übertrat, ließ der mantuanische Graf Baldesar Castiglione in seinem berühmten Hofmannsspiegel den veronesischen Grafen Ludovico di Canossa die Meinung vertreten, der vollendete Hofmann müsse sehr wohl auch in den Wissenschaften (»le lettre«) gebildet sein, jedoch als Zierde seines Hauptberufs, des Waffenhandwerks (»(principal) profession dell’arme«). Im Laufe des Gesprächs gibt er in dieser Priorität ein wenig nach, ohne sie doch förmlich zurückzunehmen: Für niemanden mehr als für einen Kriegsmann schicke es sich, gebildet zu sein. Beim Hofmann müsse daher beides miteinander verbunden sein und sich gegenseitig stützen; in einen Streit über die Suprematie eines von beiden jedoch will er sich nicht einlassen.58 Selbst Fürst Ludwig, der nie ein militärisches Kommando geführt hat – in seiner Lebenszeit tat das nur der Bernburger Zweig der Anhaltiner (und, als zweite Gründungsdynastie der FG, das Haus Weimar) –, wird in einem Sonett Georg Rodolf Weckherlins als Herr des Schwertes und der Feder besungen:

  • 1. »Fürst Ludwig/ dich allein kan ich dem weisen Got/ Der die pfeil vnd die leyr gebrauchen kan/ gleich finden: Dan du mit einem Helm kanst dein haupt in kriegs noht/ In Ruh mit einem Crantz (stehts khün vnd klug) vmbbinden.
  • 5. Auch bist du taugenlich allein durch dein gebot Zu dem streit oder lieb die hertzen zu entzünden; Ja du kanst/ wie du wilst/ die leut/ den feind/ den tod Durch deines munds/ schwerts/ hand/ sprach/ streich/ schrifft überwinden.
  • 9. Darumb des himmels gnad/ der deine sehl vnd hand Wolt mit so grossem schatz freygebig-reichlich zieren/ Will daß du stehest auch jetz für das Vatterland. Ja/ Er will (wie sehr auch der freyheit feind stoltzieren) Daß die freyheit noch soll durch dein wehrt vnd verstand/ Vnd mit jhr auch dein ruhm für vnd für triumfieren.«59

Die FG war adelig-höfische Sozialisationsinstanz, nicht sofern sie als Sammelbecken der Kriegshandwerker fungierte – ihr Vorhaben sei »auf die Deutsche sprache und löbliche tugenden, nicht aber auf Ritterliche thaten alleine gerichtet, wiewohl auch solche nicht ausgeschlossen«, wie Fürst Ludwig am 18. 1. 1648 in einem Brief an den adelsstolzen Rudolph von Dietrichstein (FG 481) schrieb,60 – sondern sofern sie den neuen Adelstypus des in den renaissance-typischen ›studia humanitatis‹ sowie in der Jurisprudenz durch Privatunterricht und Universitätsstudien gebildeten, in Ämtern und Geschäften kundigen und versierten, in Gesellschaft gewandten, in Rat und Tat diskreten, urteilsfähigen und dabei in christlichen Tugenden beständigen Cavaliers und Gentilhomme aufgriff, anstrebte und repräsentierte. »Wan die vermehrung vnserer Fruchtbringenden Geselschaft dergestalt fortfähret,« schrieb Diederich von dem Werder an Fürst Ludwig am 5. 5. 1645, »So wird in Kurtzem ein gantz Regiment ohne Werbegeld vnd Musterplatz aufgebracht, vnd darzu ohne Kosten vnd sonder beschwerung des armen Mannes vnterhalten.«61 Hier wird doch offenbar eine Alternative zum militärischen Korps formuliert, und zwar von einem erfahrenen Offizier, der als Gesandter zu den Kriegsparteien oft genug die »beschwerung « der Bevölkerung durch Kriegslasten abzuwenden versuchte,62 und zugleich von einem vollendeten Vertreter des arte et marte-Ideals. Wir werden darauf zurückkommen. Hier genügt uns der Hinweis auf die Vorrede Fürst Ludwigs und Werders in ihrer sprachlich-metrisch überarbeiteten Neuausgabe der Ersten und Anderen Woche (1640), einer vordem in zwei Teilen 1622 und 1631 erschienenen Übersetzung der Sepmaines des Guillaume de Saluste sieur Du Bartas durch Tobias Hübner:

»Der Edle Bartas hat das lob/ daß er die grausamkeit der Kriegeswaffen/ unter welchen er von Kind auf erzogen/ durch den fleiß/ den er auf diese seine Wochen gewendet/ also gemeßiget/ daß er unter den Frantzösischen Poeten als der fürnemesten einer die näheste stelle nach dem Ronsard erhalten. Wie es denn in dem gantzen Wercke wohl zu verwundern/ daß in einem Menschen/ welcher sonst die gantze zeit seines lebens unter dem getümmel des Krieges zugebracht/ hat sein können/ nicht alleine eine so fürtreffliche wissenschafft der Göttlichen und menschlichen dinge/ und alles was unter der Sonnen geschicht: sondern eine so bequeme geschickligkeit/ solches alles mit einer so herrlichen zierligkeit und durchdringenden anmuhtigkeit fürzustellen und zu beschreiben.«63

Welches Kriterium liegt denn dem hartnäckigen Urteil zugrunde, literarischsprachliche Interessen und Aktivitäten seien auch beim besten Willen in der FG bis 1639, als endlich (bürgerliche) »Sprachwissenschaftler und Dichter« (s. o.) aufgenommen wurden, kaum auszumachen? Das Kriterium einer den gelehrten Standards der Zeit entsprechenden, sich ihrer professionellen Formen, Methoden und Medien bedienenden und ihre Ergebnisse in die Öffentlichkeit tragenden literarischen und wissenschaftlichen Nomenklatur, also die Arbeits- und Verkehrsformen der humanistischen respublica litteraria, wenn nicht gar solche späterer Epochen.64 In diesem Zusammenhang ist nicht entscheidend, dass der bislang edierte Briefwechsel eine Fülle von sprachlich-literarischen, auch gelehrten Ambitionen, Vorhaben und erbrachten Leistungen durchaus bereits vor 1639 dokumentiert und darüber hinaus von vielen adeligen Fruchtbringern freilich meist nicht veröffentlichte Übersetzungen, Dichtungen, Studien u. a. Texte bezeugt sind. Entscheidend ist, dass jenes Kriterium die FG und ihre adelig-höfischen Verkehrsformen verfehlt, weil sie im engeren Sinne keine ›gelehrte Gesellschaft‹ (wie die späteren wissenschaftlichen Akademien und Vereinigungen) war. Sie repräsentiert vielmehr eine im Europa der frühen Neuzeit anzutreffende, aristokratisch geprägte Wissens-, Verhaltensund Geselligkeitskultur. Der Konversation und mit ihr der Rhetorik kommt darin ein überragender, ein ›Metastatus‹ zu. In dieser Kultur wird das Konversationswissen dem Bücherwissen konfrontiert, eine Alternative, die der Humanismus auch in seiner eigenen Dialogtheorie, etwa bei Leonardo Bruni (um 1369–1444) so nicht gekannt hatte.65 Die FG beerbt, wie die Renaissance- Akademien und später die Salons jene in der Romania ausgebildeten höfischen Verkehrsformen, in denen außerhalb des Wissenschaftsbetriebes der Universitäten »privates Wissen in gesellschaftliche Konversation übersetzt« wurde.66 Und auch die Frauen, die in der höfischen Konversationskunst von Castiglione bis zu den galanten Salons eine überragende Rolle spielten, waren von Einfluss innerhalb der FG, wenn auch unterhalb der förmlichen Akzeptanz als Mitglieder, außerhalb in Parallelgründungen, dem reformierten weiblichen Orden La Noble Académie des Loyales, von Fürst Christians I. von Anhalt-Bernburg (FG 26) Gemahlin Anna 1617 gegründet, der Tugendlichen Gesellschaft, die von Fürst Ludwigs Schwester, Gräfin Anna Sophia von Schwarzburg-Rudolstadt 1619 ins Leben gerufen wurde, oder der astrealischen Schäfergesellschaft der Académie des Parfaits Amants (v. a. in Dessau). Wir können dem hier nicht näher nachgehen,67 doch lehnte sich die FG in ihren Anliegen der Pflege ›löblicher‹ Tugenden und Sitten, einer in Konversations- und Verhaltenskunst anspruchsvollen Geselligkeit sowie der Volkssprache unmittelbar an die italienischen Akademien des 16. Jahrhunderts an, v. a. an die 1583 gegründete Accademia della Crusca in Florenz sowie an die ständeübergreifende Conversazione civile Stefano Guazzos als einer umfassenden Lehre gesellschaftlichen Umgangs.68 Dessen Schriften siedeln sich alle im Umfeld der Accademia degli Illustrati in Casale (Monferrato) an, deren Mitglied er war. Was wollte die FG nach Ausweis ihres Kurtzen Berichts von 1622? Sie wollte in der Nachahmung »unterschiedener Academien, die in frembden Landen/ beydes zuerhaltung guten vertrawens/ erbawung wolanstendiger Sitten/ als nützlicher außübung jedes Volcks LandsSprachen« die Möglichkeit eröffnen, dass ein jeder »liebhaber aller Erbarkeit/ Tugend und Höfligkeit/ vornemblich aber des Vaterlands«69 sich freiwillig darin vergesellschaften könne. Das erste Ziel liegt demnach in dieser communitas oder consortio selbst: dass sich nämlich jedes Mitglied »nütz- und ergetzlich bezeigen/ und also überall handeln solle/ bey Zusammenkünfften gütig/ frölig/ lustig und erträglich in worten und wercken sein« soll.

Als zweites Ziel erscheint dann die Pflege der Hochdeutschen Sprache, ihrer »besten außsprache im reden/ alß der reinesten art im schreiben und Reimen-dichten«.70

Wenn demnach der erste Punkt der fruchtbringerischen Zielsetzung, die Ausbildung und Pflege einer anspruchsvollen höfisch-höflichen Gesittung und Geselligkeit in den Zusammenhang der normsetzenden romanischen Vorbilder gebracht wird, der cortegiania (Castiglione), onestà (Della Casa), der honnêteté (Montaigne, Faret), der conversazione civile (Guazzo), der ganzen vielgesichtigen ›trattatistica sul comportamento‹, und wenn dann der erste Punkt im fruchtbringerischen Programmentwurf des Kurtzen Berichts nicht nur als Mittel zum Zweck, sondern selbst bereits als Ziel und Zweck des Zusammenschlusses wahrgenommen wird, in den sich der zweite Programmpunkt, die Ausbildung und Pflege einer auf den verschiedensten Ebenen kommunikationstauglichen, regulierten Muttersprache und einer den Anschluss an die antiken und modernen Muster findenden, eleganten und elaborierten volkssprachigen Literatur, einbettete, dann erscheinen das Fehlen der »gesellschaftlich typisierten Erscheinungsformen und Erkenntnismerkmale« der Literatur71, einer professionell-universitären Gelehrsamkeit oder einer in späteren Akademien und gelehrten Gesellschaften entwickelten programmatischen, organisatorischen und institutionellen Matrix weniger befremdlich und anstößig. Insgesamt darf ja als ein Kennzeichen vormoderner Gesellschaften eine vergleichsweise geringe zentrale und durch eigens bestellte besondere Apparate bewerkstelligte Organisation gelten. Stattdessen erfolgte »die Integration des Gemeinwesens in einem hohen Maße durch Interaktion, d. h. durch persönliche Kommunikation unter Anwesenden«, was wiederum die große Bedeutung symbolisch expressiver Handlungen erklärt, die ihren Sinn in sich selbst tragen und die soziale Ordnung vor jeder rational-diskursiven Begründung festigen.72 Zwar blieb die FG auf den Briefwechsel angewiesen, doch wenn ein konsensuales Element den politischen Strukturen der vor- und frühabsolutistischen Landesherrschaft (nicht zuletzt in Köthen73) mit ihrem auf ständische Zustimmung angewiesenen Regiment74 wesentlich inhärent war, dann verstehen wir vielleicht auch den relativ geringen Regulierungsgrad, die fehlende ›Geschäftsordnung‹, den Mangel an fixierten Arbeitsplänen etc. in der FG ein wenig besser. Ohne die »epistemische Autorität«75 der hochliteralen (bürgerlichen) Gelehrtenwelt, geprägt von nicht systematischen, sondern eher »kasuistischen Wissensordnungen« und einer verwendungspraktischen Beurteilungskompetenz von Fall zu Fall76, wäre einer solchen Vereinigung aufs Ganze gesehen wohl kaum mehr als der Status des Defizitären zu konzedieren. 77 Für die Fürsten und adeligen Politici aber, die Ständevertreter, Hof-, Regierungs-, Kammerräte usw., die wir so zahlreich in der FG antreffen, sind die Akkumulation historisch-literarischen Wissens und die Bildung von Geschmack (als vorbegriffliches sozio-ästhetisches ›iudicium‹)78 auch deshalb so wichtig, weil Geschichte und Literatur ein Reservoir an Fallbeispielen bereitstellen, die das Allgemeine im Individuellen, im Status des Besonderen, zeigen, der memoria anheimstellen, das Urteilsvermögen schulen und auf situationsbezogene Applikation warten.79 Die Frage der Relevanz, richtigen Beurteilung und angemessenen Entscheidung von Fällen, Gegebenheiten und Situationen, die Frage klugen Verhaltens, richtiger ›Prozess-Steuerung‹ und beherrschter ›Funktionslogiken‹ inmitten kontingenter Verhältnisse und perspektivisch-relativer Wahrheiten, war denn auch ein wichtiges Thema der politischen Traktat- und Ratgeberliteratur im weiteren Verlauf des 17. Jahrhunderts. Sie sollte im Laufe der Zeit das auf der ciceronianischen ›consociatio hominum‹ und der Konversation beruhende Hofmannsmodell eines Castiglione ablösen.80

»Es ist nicht gnug/ daß man die dinge allein verstehe/ wenn man zu einem vortrefflichen Mann werden soll/ sondern man muß auch davon zu vrtheilen vnd zu vnterscheiden wissen.«81

Es unterscheidet den »huomo valente«82 mit seinem ,Weltwissen‹ vom Stubengelehrten (,Bücherwissen‹), dass er nicht nur Wissen erworben, produziert und ausgetauscht hat, sondern dieses in den verschiedensten Situationen spontan adäquat anwenden, sprich sinnvoll differenzieren, urteilen, entscheiden und handeln kann.83 Wir haben hier nichts anderes als jene »discrezione« vor uns, die uns bei Castiglione, della Casa und Guazzo begegnet.84 Wir erhalten also ein ganz anderes Bild, wenn wir der FG nicht mehr in ihrem vermeintlichen Zurückbleiben hinter gutgemeinten, aber letztlich unzureichend realisierten Zielen den sprachlich-literarischen oder wissenschaftlichen Kredit entziehen, sondern sie im Scopus einer höfisch-adligen Wissens-, Verhaltens- und Geselligkeitskultur wahrnehmen, die sich in einem soziokulturellen Raum eigener Prägung bewegte, in dem die ritterlich-militärischen Traditionen noch selbstverständlich geübt wurden, gleichzeitig humanistische sowie schon modernere, auf Anwendung, Gegenwartsbezug und Praxis bezogene Bildungsinhalte und Sozialisationsmuster, eigene höfische Bildungseinrichtungen und -verfahren wie Ritterakademien, Hofschulen, auch Labore, Observatorien, Natur- und Kunstkabinette, Bibliotheken, Kavalierstouren usw. die Szene prägten.

Diese humanistisch akkulturierte höfische Gesellschaft pflegte eine eigene Sprache, genauer gesagt ein eigenes Sprachideal: die Rede, das Gespräch, dentDialog, die weltläufige, von Grobianismen wie von Künstelei (affettazione) und Pedanterie freie, ungezwungene, anmutige Konversation, die auch das Vorbild für die freilich regelmäßiger und überlegter einzurichtende Schriftsprache abgab und i. A. die bevorzugten Gattungen adeliger Prosa präfigurierte: Memoiren, Autobiographien, Reflexionen, Essays, Aphorismen.85 Diese Sprache sollte klar, natürlich und anmutig sein:

»E quando poi parlerá di cosa oscura o difficile, voglio che e con le parole e con le sentenzie ben distinte esplichi sottilmente la intenzion sua, ed ogni ambiguita faccia chiara e piana con un certo modo diligente senza molestia.«86

Auch della Casa sah das so, beim geselligen Plaudern wie bei ernsteren Gesprächen sollen die Worte eindeutig und klar sein, auf dass jeder in der Gesellschaft sie versteht, dabei aber auch wohlgesetzt und wohlklingend, keineswegs aufgebläht (»pomposo«) oder in künstlicher Umstellung und Verdrehung, »come molti hanno usanza di fare per leggiadria«, wie es sich viele angewöhnt haben, um elegant zu wirken.87 Zur Zeit und innerhalb der FG scheint der Begriff des Subtilen – denken wir auch an den »dottore Sottile/ Dr. Subtilis« in della Casas Galateo und an della Casas Empfehlung, weder nichtige und niedrige, noch zu subtile Gesprächsthemen zu wählen88 – die pedantisch-weltferne Tendenz von feiner Unterscheidung hin zur gelehrten Haarspalterei auszuprägen. Für viele herbeizuziehende Beispiele soll hier Fürst Ludwigs Bekenntnis gegenüber Martin Opitz angeführt werden, nachdem er dessen Psalter-Dichtung Vers für Vers kritisch durchgesehen hatte. Opitz möge ja nicht denken, »das aus sonderlichem fursatz zu wiedersprechen, oder zu griebeln [grübeln] dergleichen erinnerungen geschehen, sondern viellmehr darumb das so viell immer muglich man desto reiner und fruchtbarlicher reden möge«.89 Zu den väterlichen Ermahnungen Fürst Augusts von Anhalt-Plötzkau (FG 46) an seinen jungen Neffen Christian II. (FG 51) gehörte auch der Rat, allzu gelehrte Theologen zu meiden, sie brächten »gar zu subtile fragen auf die bahn, welche die ungelehrten verführen theten, denn vnser ingenium wäre nicht fähig, so hohe Sachen Zu begreifen, und darüber müße man in puncto praedestinationis auch nicht Zu weit gehen.«90 Die nach Opitz zweite deutsche Poetik, diese an Umfang und Ausarbeitungsgrad erheblich übertreffend, war der erstmals 1640 erschienene Deutsche Helikon von Philipp von Zesen (FG 521; Der Wohlsetzende). Dessen dritte Auflage von 1649 begrüßte Diederich von dem Werder als »ein sehr wohl und tiefsinnig ausgeführtes werck, desgleichen wohl in keiner Sprache, geschweige dan in unserer deutschen, zufinden: Es ist aber darbeneben so subtil, das auch die, der Deutschen Poeterey, erfahrnen solches kaum begreifen, viel weniger die unwissenden etwas draus werden lernen können. Meiner meinung nach jedoch, Sol dieses den Wohlsetzenden in seiner vorgenommenen arbeit nicht stutzig machen, dieweil er dardurch die gantze volkommene Deutsche Poeterey in ihre regeln bringt, also, das nichts, und zwar gar nichts, bey dem haubtwerck zuerinnern sein wird.«91

Damit war Zesens Poetik anerkannt, nicht aber seine extrem puristische Lexik und seine eigenmächtige Rechtschreibung. »Caesius hat viel sachen alzu subtil und spitzig gesetzet, die sich so nicht wollen einfädeln lassen.«92 Übertriebenes »klügeln« und »ungewöhnliche neuerung«93, Schulfüchserei und präjudizierliche Innovation, kritisierte auch der anhaltische Gesamtrat Martin Milagius (FG 315) an Zesen. Ungebrochen blieb das geduldige Vertrauen in den Diskurs: Im dialogischen Abwägen der Argumente »durch mancherley unterschiedenes vernünftiges erwegen wird endlich die warheit desto klärer erhellen.«94

Kehren wir noch einmal zu unserem Cortegiano und seiner Sprache zurück, die nicht nur gelehrte »subtilitates« scheut. Leider sei, so der Graf Canossa, ein gekünstelter, unverständlicher Sprachstil in Mode gekommen, »senza aver rispetto che tutti i boni antichi biasmano le parole rifutate dalla consuetudine. La qual[e consuetudine] voi, al parer mio, non conoscete bene; […] La bona consuetudine adunque del parlare credo io che nasca dagli omini che hanno ingegno e che con la dottrina ed esperienzia s’hanno guadagnato il bon giudicio, e con quello concorrono e consentono ad accettar le parole che lor paion bone, le quali si conoscono per un certo giudicio naturale e non per arte o regula alcuna. Non sapete voi che le figure del parlare, le quai dànno tanta grazia e splendor alla orazione, tutto sono abusioni delle regule grammaticali, ma accettate e confirmate dalla usanza, perché, senza poterne render altra ragione, piaceno ed al senso proprio dell’orecchia par che portino suavità e dolcezza?«95

Der gute Sprachgebrauch ist der der adelig-höfischen Bildungs- und Führungsschicht, der Vulgarismen ebenso abstößt wie affektierte Künstelei und »lehrhafte und gelehrte Überfrachtung«.96 Was wir hier vorfinden, ist nicht nur als die sprachnormierende Bedeutung des guten Sprachgebrauchs aus der antiken Rhetorik mit ihrem Leitbild der puritas sermonis bekannt. Für die Vermeidung idiomatischer Fehler und die Sicherung der sermo purus gab es etwa bei Quintilian vier Orientierungshilfen: die ratio (Analogie), die vetustas (Tradition), die auctoritas (anerkannte Autoritäten) und die consuetudo (Sprachgebrauch oder -gewohnheit): Letztere war von den vieren die wichtigste und zuverlässigste Leitlinie, verstanden aber als Sprachgebrauch der Bildungs- und Führungsschichten, als »consensum eruditorum, sicut vivendi consensum bonorum«.97 Was uns bei Castiglione begegnet, treffen wir auch in der FG an. Wenn »deß Pövelvolcks untüchtiges Schwätzen« ebenso wenig verbindlich, wie die ungegründeten Neuerungen übertriebener »Wortgrübler« tauglich zu verbesserter Sprachrichtigkeit / puritas sind, welcher Sprachgebrauch ist dann normierungsfähig? Es ist jener »gute Gebrauch« der nach Georg Philipp Harsdörffer (FG 368) »von verständigen Leuten/ mit kunstgründigen Vrsachen gehandhabt und bekräfftiget wird/ und dieser Gebrauch ist der rechte Sprachmeister/ dem man in Schreiben und Reden sicherlich folgen soll«. Es ist jener gute Gebrauch »die Art zu reden unter verständigen Leuten bey Hofe/ und die Art zu schreiben/ wie solche in den teutschen Cantzleyen heunt zu Tag gewonlich ist.«98

Der skeptische Realist Montaigne (1533–1592), dem französischen Landadel entstammend, klassisch-humanistisch gebildet und doch das Kriegshandwerk »ganz selbstverständlich« als seinen Hauptberuf ansehend99, verkörpert einen Autortypus, der sich durch eine »systematisch-unsystematische Selbst- und Fremdbeobachtung«, durch eine »der mündlichen Unterhaltung vergleichbare Spontaneität« auszeichnet, und nicht zuletzt darin erwies sich »der adlige Dilettant aus dem Périgord des 16. Jahrhunderts« als »besonders modern«.100 Cicero, der die Gesellschaft aus der Konversation begründete und in De officiis soziale Tugend und praktische Weisheit der gelehrten theoretischen Erkenntnis überordnete, ist hier ein wichtiger Stichwortgeber der Epoche. 101 Die Hofleute und Prinzenerzieher Caspar von Teutleben (FG 1), Peter von Sebottendorf (FG 57) und Franz von Trotha (FG 246) etwa haben uns kein einziges selbständiges gedrucktes Werk hinterlassen, sie waren aber hochgebildet, galten als außerordentlich eloquent und wurden, jedenfalls Teutleben und Trotha, von ihren Zeitgenossen als deutsche ›Cicero‹ gefeiert.102 Die Proben ihres Wissens und Könnens haben sie also kaum oder gar nicht in den Zirkulationen der respublica litteraria abgelegt, sondern in der komplexen Welt der landesherrlichen und ständischen Dienste, Ämter, Geschäfte, und das hieß im 30-jährigen Krieg oft genug: eines nicht enden wollenden ›Krisenmanagements‹. Auch die von ihnen repräsentierte Hofberedsamkeit stieß sich von der akademischen Schulrhetorik ab, vermied es, zu elaboriert, spitzfindig oder weitläufig zu erscheinen, hielt sich in ihrer sorgsamen, ordentlichen und kalkulierten Redepragmatik an die mündliche Konversation, existierte aber auch außerhalb des Literaturbetriebes: Die vielen zu mannigfachen politischen oder zeremoniellen Anlässen vorgetragenen Reden wurden oft nicht einmal verschriftlicht, geschweige gedruckt und archiviert, aber dennoch sorgfältig disponiert und griffen auf Anthologien klassischer Reden zurück.103

Gewiss müssen Diskrepanzen zwischen adeligem Anspruch und Wirklichkeit grundsätzlich in Rechnung gestellt werden; gewiss lassen sich die soziokulturellen Paradigmen der Romania, auch die in Italien damals längst untergegangenen Verhältnisse an Castigliones idealem Hof von Urbino nicht ohne Weiteres auf die Verhältnisse an protestantischen deutschen Höfen im 30-jährigen Krieg übertragen. Doch waren es gerade die kleinen Höfe und die Adelssitze in ganz Europa, die die Bücher vom Cortegiano aufgriffen und rezipierten, dabei auch ›entkurialisierten‹, wozu schließlich Stefano Guazzo beitrug, indem er das höfische Konversations- und Verhaltensideal Castigliones ausweitete auf eine überständische »conversazione civile«, wie sie v. a. in den italienischen Akademien geübt wurde.104 Damit war – abzulesen auch im Programmentwurf des Kurtzen Berichts mit seiner proklamierten ständeübergreifenden Offenheit der FG für jeden »liebhaber aller Erbarkeit/ Tugend und Höfligkeit/ vornemblich aber des Vaterlands« und abzulesen an der Anciennitätsregel und der Impresenpraxis, die den sozialen Stand der Mitglieder symbolisch ausblendeten – die höfische Konversations- und Verhaltenskultur weniger ein Sonderprivileg des Adels als ein kultureller Habitus, der als Empfehlung und Nukleus in die naturrechtlich verstandene Gesamtgesellschaft ausstrahlte und wirkte.105 Auch der Gelehrtenstand brach immer wieder Pedanterie und Verkrustung auf: wie einst die Humanisten gegen den scholastischen Lehrbetrieb, so die Späthumanisten und Modernen gegen die klassischen Humanisten, um sich neuen Leitbildern von Zivilität, ›gentility‹ und honnêteté aufzuschließen, dabei eigene, teilweise ritualisierte Spielformen entwickelnd, »par la dérision de la fausse science et de la pédanterie«.106 Daher verbietet es sich, die Differenz der höfisch-adligen und der professionell-gelehrten Wissenskulturen zu einer strikten Opposition zu verhärten. Fürst Ludwigs Moderation der seit 1638 intensiv geführten fruchtbringerischen Sprachdebatte, in der zwei konkurrierende, theoretisch an sich unvereinbare sprachtheoretische Grundkonzeptionen gegeneinander antraten, zeigt, in welch hohem Maße er darin das dialogisch-konsensuale Element gewahrt und verteidigt hat, auch gegen z. T. schwer versöhnliche Polemiken unter den Beteiligten, namentlich bei Justus Georg Schottelius (FG 397).107 Mehr noch: In dem Dissens zwischen den Anomalisten und Analogisten bezogen Fürst Ludwig und sein Hofmilieu den anomalistischen Standpunkt des in Zweifelsfällen durchaus normsetzenden Sprachgebrauchs und der Gewohnheit, während die (bürgerlichen) Gelehrten eher den analogistischen Standpunkt einer idealsprachlichen grammatischen ›Grundrichtigkeit‹ vertraten.108 »Le forze della usanza sono grandissime, come io dissi, et voglionsi havere per legge in simili affari« – »Die Kräfte der Gewohnheit sind äußerst groß, wie ich bereits sagte, und gelten in ähnlichen Fällen wie Gesetze«, so statuierte es della Casa im Galateo.109 So wie Bräuche und Sitten nicht unserem freien Willen entspringen oder dem bewussten Urteil folgen, sondern vom hier gesetzgebenden Gebrauch prädisponiert werden, so begrüßt und verabschiedet man sich nicht »come la ragione ma come l’usanza vuole che tu faccia, et non come si soleva o si doveva fare, ma come si fa« – es ist nicht wichtig, wie man es sich wünscht oder tun zu müssen glaubt, sondern wie man es eben macht.110 Im komplexen Gebiet der menschlichen Sitten und Verhaltensweisen reiche es nicht, Regeln zu beherrschen, man braucht Praxis (»l’usanza«) und Erfahrung »in molti et molti anni«. Man richte sich auf diesem Gebiet danach, »come si fa et non come è bene di fare: et vuolsi più tosto errare con gli altri in questi sì fatti costumi, che far bene tu solo« – also danach, wie es üblich ist und nicht danach, ob es gut ist: »Manchmal ist es besser, sich inn/ ob er durch seyn beyspiel andere/ in was stande und beru zu haben.«111

Die adligen Mitglieder der FG, als »honnêtes gens« und nicht »gens de métier« eben Profis der Nicht-Professionalität112, »Spezialisten der Nichtspezialisierung «113, gehörten nicht der Gelehrtenrepublik an, so wie der Adel überhaupt nur in wenigen Ausnahmefällen der Gelehrtenelite angehörte. 114 Die respublica litteraria rekrutierte sich aus dem Bürgertum und blieb auf besoldete Stellungen vorzugsweise an den höheren Schulen angewiesen, was für die adeligen Kavaliere und gentilhommes nicht in Frage kam.115 Die adligen Fruchtbringer weihten sich auch nicht professionell dem Musendienst auf dem Parnass. Sie sind hier wie dort interessierte Laien, nicht virtuosi, sondern dilettanti, Amateure, mit einem Bildungsanspruch, der sich weder spezialisieren, noch (beruflich-kommerziell) professionalisieren, noch der Systematik akademisch-gelehrter Wissenschaft folgen will. Zwanglosigkeit (sans contrainte; d’Urfé), Anmut (grazia), Lieblichkeit (dolcezza), Zierlichkeit (elegantia), gesundes Urteil (bon giudicio), gesunder Menschenverstand (sano intelletto), ein nobles understatement, Kunst als Natur und Anstrengung als Vergnügen erscheinen zu lassen (sprezzatura), Zurückhaltung und Schicklichkeit (discretezza) u. dgl. m. sind begriffliche Verhaltens-Leitbilder des Renaissance- Adels, die wir auch bei dem kulturell noch aufholenden protestantischen Adel Deutschlands und in der FG wiederfinden. Noch innerhalb der Gattung der Gesprächsspiele treffen wir bei dem Patrizier Georg Philipp Harsdörffer und seinen italienischen und französischen Vorbildern auf eine unterhaltende »Divulgierung« des intellektuellen Wissens, sofern nicht eine Schulmeinung orthodox vertreten, sondern verschiedene Meinungen innerhalb einer breiten Themenpalette aufeinander treffen und sich vermitteln, deren Adressat primär ein adelig-gehobenes Publikum ist. Für »Tiefgelehrte« habe er seine Frauenzimmer- Gesprächspiele jedenfalls nicht aufgesetzt, beschied sich Harsdörffer kurz nach seiner Aufnahme in die FG in einem Schreiben »An die [Fruchtbringende] Gesellschaft«; vielmehr habe er die »studirende Jugend« zu »nützlicher Verstandübung« und zur Ausübung der Muttersprache anregen wollen.116 Die Gesprächsspiele des 1652 geadelten Philipp von Zesen hingegen erscheinen sowohl in ihrer unsymmetrisch-autoritären und dogmatischen Anlage viel stärker unter dem Aspekt gelehrter Wissensdidaxe, die auf ein bürgerliches Publikum zielt.117

Die FG war keine Gelehrtengesellschaft, sondern repräsentierte wesentlich das höfisch-adelige Milieu. FG-Mitglieder des hohen Reichsadels wie Fürst Ludwig, Landgraf Moritz (»der Gelehrte«) von Hessen-Kassel (FG 80) oder Herzog August d. J. von Braunschweig-Wolfenbüttel (FG 227) galten ihren Zeitgenossen aber als hochgelehrt und trugen dazu bei, beide Bildungsmilieus in der FG zu vermitteln, eine der bedeutenden Leistungen dieser Gesellschaft. Hz. August etwa übte sich viele Jahre an den Hohen Schulen in Rostock, Tübingen und Straßburg »in alle dem, was von Wissenschaften, Sprachen und Künsten, auch Ritterlichen Exercitiis zu seinem Zweck dienen konte«, studierte »fleißig, aber seinem hohen Stande gemäß«.118 »Es ist wahr«, lässt Johannes Lassenius den aufgeschlossenenen Adeligen Don Fiorentino gegen seinen ignoranten Standesgenossen Don Vanno sagen, »die vom Adel dörffen allezeit nicht darum studiren/ daß sie sich damit ernähren/ allein sie müssen darum studiren/ daß sie unter sich selbsten und einem unvernünfftigen Thier einen Unterscheid machen/ daß sie ihr Gemüth selbst erfrischen/ und ergetzen/ […] ihrem allgemeinen Vatterland dienen mögen« und als »Seulen deß Landes« Nutzen stiften.119 Nicht eine strikte Opposition, wohl aber die Differenz der Wissenskulturen wird auch an dem Dichter, Obristen und anhaltischen Ständevertreter Diederich von dem Werder deutlich, dessen Tasso-Übersetzung von Gelehrten und poetae docti wie Martin Opitz und seinen Freunden anerkannt und gepriesen wurde. Selbst er entgeht nicht der Kritik der ›Schule‹ am Amateur, gegen Regeln der Grammatik, Prosodie und Metrik verstoßen zu haben, verbunden mit dem Seufzer, wenn er nur besser an den griechischen und lateinischen Klassikern geschult wäre: »si ad Graecorum & Latinorum prudentiam melius eßet eruditum120 Umgekehrt gab der gebildete Adel den kritischen Stachelball zurück und ließ die bürgerlichen Gelehrten, die »hommes des lettres« seine standesgemäße Privilegierung auch als habituelle Überlegenheit der »gens du monde« fühlen, etwa wenn der adelige fruchtbringerische ›Reimmeister‹ Tobias Hübner (FG 25) Martin Opitz eigene Dichtungen zu Ritterspielen und Festaufzügen u. a. mit den Worten zusandte: »… ne cum vulgo crederes, literis cum ocreis minùs convenire«.121 Im Ideal des »honnête homme« als einem universal ausgerichteten, an sozialer und politischer Praxis orientierten, kunstsinnig- weltmännischen Persönlichkeits- und Bildungskonzept spiegelt sich die höfisch-adelige Kultur des 17. Jahrhunderts.122 Schon die Praxis, Druckwerke unter dem Gesellschaftsnamen (den ein jedes FG-Mitglied mitsamt einer persönlichen Imprese führte), teilweise als Gemeinschaftsarbeit zu veröffentlichen123, dürfte nicht nur der Repräsentation der FG, nicht nur der Inszenierung der Gruppe, sondern auch der adeligen Verweigerung individueller ›Vermarktung‹ und Professionalisierung gehorchen.124 Wer so veröffentlicht, tut dies ohne nominellen, subjektzentrierten Geltungs- oder Originalitäts- Anspruch. Professionelle Literarizität stellte in diesem Typus literarischen Lebens und gebildeter Geselligkeit i. d. R. keine Norm dar. Eben deshalb waren die zahlreichen vermeintlichen »illiterati« im Netzwerk der FG keineswegs fehl am Platze oder bedeutungslos. »Und wiewol des Unverenderlichen thun«, hören wir Fürst Christian II. von Anhalt-Bernburg (in der FG: »Der Unveränderliche «) über seine Drelincourt-Übersetzung von 1641 sagen, »eigentlich nicht ist/ bücher zu schreiben/ so ist er doch gleichwol nicht der erste/ in seinem stande/ der solches gethan«, und zwar u. a. in der Absicht, »zu versuchen/ ob erisputation <span class="TextItalic">De Regalibus</sffe sie auch seind/ zu dergleichen Lehr- und Trostschriften aufmuntern könte.«125 Eines seiner Vorbilder darin ist der »vornehme Frantzösische Rittersmann/ der Herr von Pleßis Mornay «, welcher der ganzen Christenheit »durch gewaltige lehrreiche Schriften zu dienen/ und dadurch die ehre Gottes zu befördern sich gar nicht geschämet « habe.126 Wie sein Bernburger Neffe Christian hat auch Fürst Ludwig keine einzige seiner Übersetzungen, keines seiner Werke, nicht einmal seiner Widmungsgedichte unter seinem Namen veröffentlicht. Das trifft zwar nicht auf alle publizierenden fürstlichen und adeligen FG-Genossen zu (eine Ausnahme finden wir z. B. in Wilhelm von Kalcheim gen. Lohausen [s. o.]), doch in der Frühzeit der FG etwa auch auf Hz. August d. J. von Braunschweig-Wolfenbüttel, Lgf. Wilhelm V. von Hessen-Kassel (FG 65), Burggraf Christoph zu Dohna (FG 20), Tobias Hübner, Rudolf von Dieskau (FG 155) oder, mit Einschränkungen, Diederich von dem Werder, später auf Autoren wie Wilhelm Heinrich von Freyberg (FG 439), Freiherr Wolf Helmhard von Hohberg (FG 580) oder Johann Wilhelm von Stubenberg (FG 500). Der idealisierte soziale Ort der FG, ihr ›Wissens-Raum‹, war nicht die Studierstube, nicht der Vorlesungssaal der Hohen Schule, auch nicht der Salon, sondern, v. a. anfangs, die vom rituellen Trinkgefäß des ›Ölbergers‹ geweihte Tafelrunde, der mit den Wappen und Impresen der FG-Mitglieder geschmückte Schlosssaal, in dem neue Bildungsinhalte und Verhaltenskonzepte mit altritterlichen Idealen konvergierten.

Vielleicht helfen einige Fallbeispiele, das in der FG vertretene Hof- und Adelsmilieu so in den Blick zu bekommen, dass sein Selbstverständnis und kultureller Anspruch weder über- noch unterschätzt werden. Einer, der sein Glück bei den Waffen suchte und dem ›Kriegswesen folgte‹, war der jüngere Bruder Cuno Ordomars von Bodenhausen (FG 69), Bodo (FG 152), im Rang Obristlieutenant, als er 1635 aus dem kursächsischen Heer ausschied. Über sein unspektakuläres Leben unterrichtet ein Epicedium Gabriel Voigtländers, ansonsten ist nichts von ihm auf uns gekommen, kein akademischer Qualifikationsnachweis, kein Beitrag zur deutschen Sprache und Literatur. Ein »illiteratus « ist er dennoch nicht gewesen, nachdem er an den Universitäten Jena, Wittenberg, Leipzig und in Frankreich studiert hatte. Immerhin attestierte ihm Augustus Buchner, »bonis literis incubuit, ut qui eas non scholæ, sed vitæ & prudentiæ discebat«.127 Cuno Ordomar wiederum, enger Freund, Nachbar und Kollege Diederichs von dem Werder im anhaltischen Ständeausschuss, war fürstlich-anhaltischer Landrat und eng in Landesherrschaft und -politik verwoben. Er galt seinen Zeitgenossen als »weltweiser/ gelehrter wohlgereister von Adel«128. Und doch birgt nur eine kleine briefliche Gichtsatire eine Probe seiner literarischen Bildung und seines poetischen Witzes.129 Selbst dem Obersten Dam Vitzthum von Eckstädt (FG 312), der als Kommandant der kursächsischen Garnison in Magdeburg die kontributionspflichtigen Anhaltiner auf manche Probe stellte, wurde bescheinigt, einen »tapfern, vndt sehr discreten cavaglier« abgegeben zu haben.130

Von Fürst Johann Casimir von Anhalt-Dessau (FG 10) legen lateinische Schulreden De officio Principis, im Knabenalter gemeinsam mit Bruder Friedrich Moritz (1600–1610) und Vetter Christian II. von Anhalt-Bernburg 1610 an der Universität Genf und dem Gymnasium illustre zu Zerbst gehalten, Zeugnis über die Art fürstlich-adeliger Studien an Hohen Schulen ab, die für gewöhnlich nicht mit einem akademischen Grad abgeschlossen wurden. Später waren es Johann Casimir und seine Familie, bei denen ein Philipp von Zesen Schutz und Förderung fand.131 Was für ein Bild können wir uns von Cuno von Alvensleben (FG 98) machen? Er war erzstift-magdeburgischer Domherr, später Senior des Domkapitels, viele Jahre in Anspruch genommen von den Wirrnissen im Stift, vornehmlich bei der Wahl und Bestätigung des Erzbischofs bzw. Administrators. Er starb im März 1638, betrauert als »ein gelehrter, wol bewanderter wackerer edelmann«.132 Ähnlich lautet die Würdigung Graf Ottos V. von Holstein-Schaumburg (FG 198) aus Anlass einer falschen Todesnachricht 1636: »Zeitung daß der iunge Graf Otto von Schaumburgk, der Letzte seines Stammes vndt Nahmens, ein feiner wackerer wolerzogener herr, mitt todt abgangen. Er ist der Reformirten Religion zugethan, vndt Meines Bruders [Friedrich von Anhalt-Harzgerode; FG 62] camerade auf der Frantzösischen vndt Niederländischen rayse [1631] gar vertraẅlich gewesen«.133 Oder nehmen wir die im Anhaltischen und im Erzstift Magdeburg (Saalkreis) begüterte freiherrliche Familie von Krosigk, deren Mitglieder teils reformiert, teils lutherisch waren. Von den neun FG-Mitgliedern trat keines literarisch hervor. Die meisten aber hatten entweder fürstlich-anhaltische, kurbrandenburgische oder landständische politische Funktionen inne, waren auch militärisch aktiv, brachten aber ebenso ein akademisches Grundstudium an deutschen und ausländischen Hochschulen hinter sich. Gebhard Friedrich (FG 81) beispielsweise hatte »gäntzlich gewolt/ daß Er [sein Sohn Vollrad, FG 514]/ wie auch seine andere Brüder studieren/ und ihren Adel mit allerley Wissenschafften und guten Künsten zieren solten«. Der Unterricht begann privat durch Hauslehrer, bevor Vollrad in die Obhut des Rektors Christian Gueintz (FG 361) am Gymnasium zu Halle a. d. S. gegeben wurde. Dort hielt er eine Anerkennung findende öffentliche lateinische Rede und man bescheinigte ihm ein vortreffliches »ingenium«. Mit dem Tod des Vaters 1630 brach er seine Studien an der Universität Leipzig ab, um sich der väterlichen, teilweise vom kaiserlichen Restitutionsedikt gefährdeten Güter zu widmen und dann in eine militärische Karriere einzutreten, die ihn zum Rang eines Rittmeisters und Regimentskommandeurs führte, zunächst unter protestantischen Heerführern, nach dem Prager Frieden in einem kaiserlichen Korps unter Graf Melchior von Hatzfeld, mit dem er 1638 in der Schlacht bei Vlotho das schwache Aufgebot der kurpfälzischen Prinzen zersprengte. 1640 zog er sich aufgrund einer Verwundung aus dem Krieg zurück. Er soll fromm und interessiert gewesen sein, »aller Heucheley und Vnwahrheit feind/ dagegen der Wahrheit/ Auffrichtigkeit und Gerechtigkeit von Hertzen zugethan«, hilfsbereit und fürsorglich, ein kluger Ratgeber und »Hochverständiger von Adel«.134

Ein Sohn des fürstlich-anhaltischen Kammerrats, Hofmarschalls und Amtshauptmanns zu Dessau, (Albrecht) Christoph von Krosigk (FG 7), Heinrich Philibert (FG 341), legte 1638 an der Universität Jena eine juristische Disputation De Regalibusgkeitskultur verpflicur ab (Jena 1638).135 Mit einem Begleitbrief, d. d. Jena 23. 2. 1638, sandte er sie Fürst Johann Casimir von Anhalt-Dessau zu, um sich für eine fürstliche Dienststellung zu bewerben. In seinem Brief berief er sich zwar auf seine alte, vornehme, seit langem in fürstlicher Gnade stehende Familie, beeilte sich aber auch andere Qualifikationen anzuführen:

»je me suis efforcè de jetter en papier quelque mots de dispute [= die Disputatio] pour monstrer que je ne quitte pas le soing de m’acquerir les qualites requises à ceux qui aspirent à l’honneur de Vos services, Mais doubtant qu’une chose de si petite Valeur ne s’estimasse de personne, j’ay pris la hardiesse de luy apporter de lustre par l’ascription de Vostre nom tresillustre, & de Vous la dedier & consacrer tout ensemble.«136

Heinrich Philibert sollte 1639 nicht in Johann Casimirs Dienste treten, sondern wurde Kammerjunker und Rat Herzog Wilhelms IV. von Sachsen-Weimar.137 Ein anderer Sohn (Albrecht) Christophs, Georg Aribert (1617–1665; kein FGMitglied), ließ zwar von früh an »ein frey/ und freüdigs Gemüth« erkennen, zeigte aber auch, »daß er den Büchern und studieren/ eben nicht mit so gar grosser Emsigkeit obliegen können/ sein Gemüth auch stets auff Martialische Gedancken gerichtet gewesen«. Er diente in schwedischen, nach dem Prager Frieden in kursächsischen, niederländischen und schließlich hessischen Heeren und beendete als Hauptmann 1645 den Dienst, um sich der Bewirtschaftung seiner Güter zu widmen.138 Aus einem anderen, dem Hohenerxlebener Familienzweig stammte, wie der oben erwähnte Vollrad, auch Ludolph Lorenz von Krosigk (FG 607). Er genoss wie seine drei Brüder Privatunterricht, wechselte auf das Gymnasium Halle und die Universität Jena, begann dann eine wechselvolle und hochrangige militärische und politische Karriere, wobei er bis zum Ende des 30-jährigen Krieges wie sein Bruder Jacob Anton (1624–1704, kein FG-Mitglied) auf schwedischer Seite kämpfte, während die beiden älteren Brüder Vollrad und Matthias (FG 522) im kaiserlichen und Reichsheer standen. Als Dreizehnjähriger verfasste er ein etwas unbeholfen wirkendes deutsches Gedicht zur Hochzeit seiner Schwester Kunigunde im März 1640, und dies verdeutlicht freilich nicht mehr, als dass er sich dem zu bequemen suchte, was bei Castiglione zu einem vollendeten Hofmann gehört hatte, nicht nur eine solide Bildung in den Wissenschaften, sondern auch: »Sia versato nei poeti e non meno negli oratori ed istorici ed ancor esercitato nel scriver versi e prosa, massimamente in questa nostra lingua vulgare«.139 Auch Ludolph Lorenz von Krosigk wurde ein »weises Rathen/ Der Rede Witz und Zier/ der wache Fleiß in Thaten«, nachgerühmt, seine ausgeprägte und gelehrte »Eloqvenz und Beredsamkeit «. Seine Beratungskompetenz in Krieg und Frieden wurde als »verständig « und »hochvernünfftig«, seine Karriere als nicht nur der »Gunst«, sondern ebenso der »Kunst« entsprungen beurteilt140 – ein allseits geschätzter Mann »wegen seiner guten Conduite und angenehmen Conversation«.141

Den Adel neuen Typs scheint auch und besonders der oben bereits erwähnte Franz von Trotha (FG 246) repräsentiert zu haben, »ein feiner wolqualifizirter Mann, von gutem discurß.«142 Christian Gueintz rühmt 1639 in seinem dichterischen Nachruf auf den früh Verstorbenen:

»Ja der von Trohte war ein lebendig Exempel Der Teutschen Redligkeit/ der Weißheit heller Tempel/ Ein schöner AdelSitz von Tugend vnd von Kunst Beseliget/ beschenckt mit grosser Himmels Gunst: Der durch Beredsamkeit/ vnd mit gelehrten Leben Ein newes Gläntzen hat den grossen Ahnen geben.”143

Gueintz’ Kollege am Halleschen Gymnasium, Friedrich Cahlenus, sekundierte:

»Der Trothen hoher Ruhm/ der mit gelerthem Leben Ein newes gläntzen wird den grossen Ahnen geben […] Drümb hastu dir für Spot vnd Schande nie geschätzet Den Büchern hold zu sein/ hast deinen Sinn ergetzet Mit dem worüber offt ein Eltern-edler lacht/ Das doch der Edlen Zierd/ vnd einen Edeln macht! […] So war nun dein begier dich zu den Musen neigen Vnd auff dem Helicon Apollo dienst bezeigen/ Zu hegen deine Lust in Adelicher Zucht Zu wissen das/ was sonst ein Tugend-Edler sucht.”144

Sicherlich muss man bei diesen Zeugnissen die Gattungskonventionen von Funeralschriften, ihre Topik, Panegyrik, in Rechnung stellen. Und sicherlich gibt es FG-Mitglieder, von denen eine solche Einbettung in kulturelle Leitbilder oder kommunikative Netze überhaupt nicht erkennbar wird. Von Magnus Laurwaldt (FG 99) etwa oder Hans Andreas Kessler (von Kessel) (FG 171) sind nicht einmal die Lebensdaten bekannt, bei anderen wie etwa Hans Ernst aus dem Winckel (FG 15) fehlen gesicherte Nachweise ihres Tuns schon außerhalb, geschweige innerhalb der FG. Bei einem anderen Mitglied, Carol von Bose (FG 264), mag es schwerfallen, die Schul- und Kirchengründungen in seiner Herrschaft Netzschkau als kulturelle Gegenleistung mit seinen exorbitanten Kriegsgewinnen zu verrechnen. Es geht insgesamt nicht darum, die Rolle des Adels als politisch-soziale Elite der frühen Neuzeit zu idealisieren. Doch im Hinblick auf die FG müssen wir erkennen, dass viele der vermeintlich illiteraten Mitglieder im Sinne des geschilderten Laienhumanismus literarisch tätig oder kulturell gebildet und interessiert waren. Der nach Straßburg exilierte Graf Eberhard von Rappoltstein (FG 147), Büchersammler mit Neigung zur französischen Literatur (Montaigne, Saluste Du Bartas, La Noue, Scudery usw.), wurde allgemein als Förderer und Mäzen der Künste und Wissenschaften gesucht und gefeiert.145 Graf Friedrich Casimir von Ortenburg (FG 316) war künstlerisch gebildet und interessiert, hinterließ teilweise genrehafte Handzeichnungen und Aquarelle und entwarf mit der Holzdecke im Tafelsaal des Schlosses Alt-Ortenburg eine der schönsten Renaissance-Holzdecken Deutschlands.146 All dies sind nichts als Glieder in einer nahezu beliebig fortzusetzenden Kette.

Mit der Fruchtbringenden Gesellschaft hat sich das Milieu besonders bildungsinteressierter protestantischer Kreise um die Höfe in Anhalt, Weimar, Kassel, Wolfenbüttel usw. eine großräumig ausgreifende, grundsätzlich offene Form der Vergesellschaftung geschaffen, die sich der Pflege einer höfisch geprägten, aber ebenfalls grundsätzlich offenen Wissens-, Kommunikations- und Geselligkeitskultur verpflichtete und zweifellos zum Nachweis »moralischer und gesellschaftlicher Exzellenz«147 beigetragen hat. Literarische und gelehrte Resultate waren dabei erwünscht und sind ja immerhin bei einem Fünftel der von Fürst Ludwig aufgenommenen Mitglieder auch nachweisbar148, zwingend aber waren sie nicht. Wenn wir die schwierig auf einen bündigen Begriff zu bringende Fruchtbringende Gesellschaft als ein Netzwerk an den Schnittstellen der politischen und der gelehrten, der sozialen und mentalen Ordnungen149, wenn wir ihr Wirken vor dem Hintergrund einer Wissenskultur wie der hier geschilderten betrachten, dann erklärt sich, warum sich die Quellen dieser Gesellschaft nicht nur auf sprachlich-literarische Fragen beschränken, sondern in ihnen auch politische, diplomatische, militärische Nachrichten und Thematiken zur Sprache kommen. Die FG ging keineswegs wie die Hof- und Ritterorden im Dienst der herrschaftlichen Repräsentation und deren künstlerischer Performanz auf, sondern verfolgte gemeinsame, tendenziell überständische und überkonfessionelle Normen, Leitbilder und Kulturansprüche. Auf diese Weise ist es ihr ein Stück weit gelungen, unter der Devise Alles zu Nutzen »die Anforderungen der Welt wie der Schule«150 zu vermitteln. Der Palmbaum war die Chiffre für eine kooperierende Allgemeinheit, in der jedes Element, jedes Glied seinen Beitrag je nach Vermögen zum Nutzen aller beisteuert, und die Verpflichtung aufs Allgemeine ist denn auch das, was alle Mitgliederimpresen eint. Kommen wir zur ›Kritischen Mühle‹, dem zweiten wichtigen Sinnbild für die FG, so sehen wir sie als Mahlvorrichtung in der Imprese Caspars von Teutleben. Sie stellt nicht nur eine Huldigung an das Vorbild der FG, die Accademia della Crusca (Crusca, die Kleie) und ihr Sinnbild dar151, sie steht in der FG für den Prozess der Läuterung und Verfeinerung eines Ausgangsstoffes durch kunstvolle Bearbeitung, und zwar in Dialog und Kooperation, ablesbar nicht zuletzt in der von Fürst Ludwig unermüdlich moderierten gegenseitigen Werkkritik, wie sie die FG-Korrespondenzen vielfach bezeugen.

Abb. 2: Mühlenimprese Caspars von Teutleben (FG 1). Aus: A. a. o. (wie Abb. 1) Abb. 2: Mühlenimprese Caspars von Teutleben (FG 1). Aus: A. a. o. (wie Abb. 1)

Die Wirklichkeit der Fruchtbringenden Gesellschaft war komplex und hat viele Aspekte, die hier gar nicht zur Sprache kamen. Doch soll zum Schluss noch einmal das friedensstiftende Moment betont werden. Der Vergleich mit Montaignes Essais mag ein wenig übertrieben wirken, doch kann man durchaus das die Aristokraten verbindende Element darin ausmachen, das »nicht Dogma gegen Dogma« gestellt, sondern »die Struktur des Dogmatismus« unterlaufen wurde und vorläufige »Ersatzlösungen« und Partikularitäten akzeptiert wurden. 152 Dies musste nicht nur der Ansatz der fruchtbringerischen Politici nach dem Prager Frieden sein. In einer Periode immenser Sicherheitsverluste wollte die Fruchtbringende Gesellschaft die widerstreitenden konfessionellen und politischen Ansprüche und Positionen äquilibrieren, auch wenn ihre unbestreitbare Verankerung in der protestantischen Partei an den politischen Kon- und Subtexten ihres Wirkens deutlich abzulesen ist. Das Gestaltungs- und Befriedungswerk der FG hat sich aber nicht zufällig mit der Sprache verbunden. Nicht, weil mit dem Tod Hz. Bernhards v. Sachsen-Weimar im Sommer 1639 die militärischen Messen gesungen gewesen wären. 1639/40 kam ja von anderer Seite wieder Auftrieb in das protestantische Kriegswesen durch die erneute ›Conjunction‹ Braunschweig-Lüneburgs und Hessen-Kassels mit den Schweden im Frühjahr 1640. Sondern vielleicht gerade deshalb, weil das Prinzip Soziabilität durch Praxis und ›Ersatzlösung‹ grundsätzlich in der Sprache begegnet. Sie ist ein sich gleichfalls stets verschiebendes Ensemble von Elementen und Beziehungen, in dem sich Satzung und Willkür, anleitende Vernunft und ungesteuerte soziale Praxis, Gebot und Verstoß, Urteil und Widerspruch, das Allgemeine (langue) und das Individuelle (parole) beständig reiben. Und so war die konfliktträchtige, am Ende aber doch konsensual modulierte Sprachdebatte der späten 30er und 40er Jahre im Kleinen das, was alle Welt im Großen hoffte: Das Stiften von ›Gesellschaft‹, friedlichem sozialen Zusammenhang, von Vertrauen als Erwartungssicherheit. Doch das ist schon ein neues, mit der Fruchtbringenden Gesellschaft verbundenes großes Thema.

  1. 1Gerhard Köpf, Die Strecke. Roman, Frankfurt a. M. 1987, S. 343.
  2. 2Im Folgenden bedeuten die Sigle FG Fruchtbringende Gesellschaft und eine hinter der Sigle stehende Zahl die Mitgliedsnummer.
  3. 3Vgl. etwa Friedrich Wilhelm Barthold, Geschichte der Fruchtbringenden Gesellschaft. Sitten, Geschmacksbildung und schöne Redekünste deutscher Vornehmen vom Ende des XVI bis über die Mitte des XVII Jahrhunderts, Berlin 1848, S. 104, wo die FG wegen ihrer »kräftigen Abwehr gegen den Einfluß des Fremden in Sprache und Sitte« gefeiert wird.
  4. 4Wilhelm Kühlmann, »Sprachgesellschaften und nationale Utopien«, in Dieter Langewiesche und Georg Schmidt, Hg., Föderative Nation. Deutschlandkonzepte von der Reformation bis zum ersten Weltkrieg, München 2000, S. 245–264, hier S. 259. Vgl. Peter Bexte, » ,Die Welt ist wie Africa‹ – Harsdörffers Entwurf einer Entwicklungsgeschichte«, in Doris Gerstl, Hg., Georg Philipp Harsdörffer und die Künste, Nürnberg 2005, S. 39–49, hier S. 39 f. u. 47; Klaus Conermann, »Akademie, Kritik und Geschmack. Zur Spracharbeit der Fruchtbringenden Gesellschaft«, in Unsere Sprache. Beiträge zur Geschichte und Gegenwart der deutschen Sprache. Schriftenreihe der Neuen Fruchtbringenden Gesellschaft zu Köthen/ Anhalt 1 (2008), S. 17–52, hier S. 18 ff.; Ulrike Gleixner, »Sprachreform durch Übersetzen. Die Fruchtbringende Gesellschaft und ihre ,Verdeutschungsleistung‹ in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts«, in WerkstattGeschichte 48 (2008), S. 7–23, bes. S. 14 ff.
  5. 5Carl Gustav von Hille, Der Teutsche Palmbaum: Das ist / Lobschrift Von der hochlöblichen Fruchtbringenden Gesellschaft, Nürnberg 1647, Ndr. München 1970 (Die Fruchtbringende Gesellschaft. Quellen u. Dokumente in vier Bänden, hrsg. v. Martin Bircher, Bd. 2); Georg Neumark, Der Neu-Sprossende Teutsche Palmbaum. Oder Ausführlicher Bericht / Von der Hochlöblichen Fruchtbringenden Gesellschaft, Nürnberg, Weimar 1668, Ndr. München 1970 (dass., Bd. 3).
  6. 6Steffen Martus, Werkpolitik. Zur Literaturgeschichte kritischer Kommunikation vom 17. bis ins 20. Jahrhundert mit Studien zu Klopstock, Tieck, Goethe und George, Berlin, New York 2007, S. 78.
  7. 7Vgl. Conermann, »Akademie, Kritik und Geschmack« (s. Fn. 4), S. 17.
  8. 8Eva Demski, »Die Früchte des Palmbaums«, in Claudia Kleinbub, Katja Lorenz und Johannes Mangei, Hg., »Es nimmt der Augenblick, was Jahre geben«. Vom Wiederaufbau der Büchersammlung der Herzogin Anna Amalia Bibliothek, Göttingen 2007, S. 104–110, hier S. 105.
  9. 9Karl Borinski, Die Poetik der Renaissance und die Anfänge der litterarischen Kritik in Deutschland, Berlin 1886, S. 117.
  10. 10Nicola Kaminski, Ex Bello Ars oder Ursprung der »Deutschen Poeterey«, Heidelberg 2004, S. 83 u. 88.
  11. 11Klaus Conermann, »Die Fruchtbringende Gesellschaft und ihr Köthener Gesellschaftsbuch. Eine Einleitung«, in ders., Hg., Der Fruchtbringenden Gesellschaft geöffneter Erzschrein. Das Köthener Gesellschaftsbuch Fürst Ludwigs I. von Anhalt-Köthen 1617–1650, 3 Bde. Leipzig [zugleich: Weinheim] 1985, 2. Bd., S. 21–127, hier S. 42. Ausgabe künftig zit. als Conermann I–III. Vgl. Gabriele Ball, »Alles zu Nutzen – The Fruchtbringende Gesellschaft (1617–1680) as a German Renaissance Academy«, in Arjan van Dixhoorn, Susie Speakman Sutch, Hg., The Reach of the Republic of Letters. Literary and Learned Societies in Late Medieval and Early Modern Europe, Vol. 2, Leiden, Boston 2008, S. 389–422.
  12. 12Nachdruck des ersten Bandes des Köthener Gesellschaftsbuches inConermann I (s. Fn. 11).
  13. 13Klaus Manger, »Teutschhertziger Kulturpatriotismus in der Fruchtbringenden Gesellschaft«, in ders., Hg., Die Fruchtbringer – eine Teutschhertzige Gesellschaft, Heidelberg 2001, S. 79–104, hier S. 87 u. 97 ff.
  14. 14Kaminski (s. Fn. 10), S. 85.
  15. 15Georg Schmidt, »Die Anfänge der Fruchtbringenden Gesellschaft als politisch motivierte Sammlungsbewegung und höfische Akademie«, in Manger, Hg., Die Fruchtbringer (s. Fn. 13), S. 5–37, S. 21.
  16. 16Seine Dekonstruktion des Gründungsberichts erstmals in Georg Schmidt, »Die Fürsten von Anhalt – reformierte Konfessionalisierung und überkonfessionelle Einheitsbestrebungen? «, inReformation in Anhalt. Melanchthon – Fürst Georg III. Katalog zur Ausstellung der Anhaltischen Landesbücherei Dessau sowie Veröffentlichung der wissenschaftlichen Beiträge des Kolloquiums vom 5. September 1997 in Dessau, hg. Evangelische Landeskirche Anhalts, Dessau 1997, S. 66–76, hier S. 71; erneut u. a. in Schmidt, Anfänge (s. Fn. 15), S. 8 ff., 15 f. u. 21, und in Schmidt, »Kulturbedeutung, Musenhof und ›Land der Residenzen‹. Wie erzählt man die frühneuzeitliche Geschichte Thüringens«, in Matthias Werner, Hg., Im Spannungsfeld von Wissenschaft und Politik. 150 Jahre Landesgeschichtsforschung in Thüringen, Köln u. a. 2005, S. 343–376, hier S. 370.
  17. 17Schmidt, Fürsten von Anhalt (s. Fn. 16), S. 72. Der Gründungsort Weimar wurde nicht in Frage gestellt, s. ders., »Thüringen – ein Land der Residenzen?«, in Konrad Scheurmann und Jördis Frank, Hg., neu entdeckt. Thüringen – Land der Residenzen. 2. Thüringer Landesausstellung Schloß Sondershausen. 15. Mai–3. Oktober 2004, 2 Katalogbde. und 1 Essay-Bd., Mainz 2004, Essaybd., S. 43–51, hier S. 47.
  18. 18Schmidt, Anfänge (s. Fn. 15), S. 9 u. 7.
  19. 19Schmidt, Anfänge (s. Fn. 15), S. 14, 15 u. 7.
  20. 20Vgl. Klaus Conermann, Hg., Briefe der Fruchtbringenden Gesellschaft und Beilagen: Die Zeit Fürst Ludwigs von Anhalt-Köthen 1617–1650. 1. Bd.: 1617–1626, unter Mitarbeit von Dieter Merzbacher, Wolfenbüttel, Tübingen 1992, S. 20 f. u. 172 ff. (Die deutsche Akademie des 17. Jahrhunderts. Fruchtbringende Gesellschaft. Kritische Ausgabe der Briefe, Beilagen und Akademiearbeiten [Reihe I], Dokumente und Darstellungen [Reihe II]. Begr. von Martin Bircher und Klaus Conermann, im Auftrag der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig in Kooperation mit der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel hrsg. von Klaus Conermann, Abt. A: Köthen, Abt. B: Weimar, Abt. C: Halle. Tübingen 1991 ff.; Reihe I, Abt. A: Köthen, Bd. 1). Ausg. künftig zit. als DA.
  21. 21Schmidt, Anfänge (s. Fn. 15), S. 15, vgl. S. 20 u. 22 f.
  22. 22Neumark, Palmbaum (s. Fn. 5), S. 197. Vgl. Schmidt, Anfänge (s. Fn. 15), S. 37.
  23. 23Ebd., S. 21.
  24. 24Ebd., S. 28, vgl. S. 26 ff.
  25. 25Ebd., S. 13, vgl. S. 34 f.
  26. 26Ebd., S. 34 f.
  27. 27Ebd., S. 34.
  28. 28Vgl. Wolfgang Adam, »Bibliotheksgeschichte und Frühneuzeit-Forschung. Bilanz und Perspektiven am Beispiel des Nachlaßverzeichnisses von Fürst Ludwig von Anhalt- Köthen«, inEuphorion 102 (2008), S. 1–38, bes. S. 5. Hier auch der Befund einer ungewöhnlich hohen Marge französischer und italienischer Literatur in der Büchersammlung Fürst Ludwigs (S. 9 f.), der als Mitglied der Accademia della Crusca im Bildungshorizont Italiens und seiner Akademien stand. Die ersten Jahrzehnte der FG unter ihrem Oberhaupt Fürst Ludwig sind eindeutig von seiner Person und seinem anhaltischen Umfeld geprägt. Das Haus Weimar, von dem Schmidt die FG sehr stark denkt, spielt m. E. in den fruchtbringerischen Quellen bis 1650 eine herabgesetzte Rolle.
  29. 29Tibor Klaniczay, »Die Akademie als die Organisationsform der intellektuellen Elite in der Renaissance«, in August Buck und Tibor Klaniczay, Hg., Sozialgeschichtliche Fragestellungen in der Renaissanceforschung, Wiesbaden 1992, S. 1–15, hier S. 8; Conermann II (s. Fn. 11), S. 38 ff.; grundlegend in diesem Zusammenhang Klaus Conermann, »War die Fruchtbringende Gesellschaft eine Akademie? Über das Verhältnis der Fruchtbringenden Gesellschaft zu den italienischen Akademien«, in Martin Bircher und Ferdinand van Ingen, Hg., Sprachgesellschaften, Societäten, Dichtergruppen. Hamburg 1978, S. 103–130. Vgl. auch die einschlägigen Beiträge in Klaus Garber und Heinz Wissmann, Hg., Europäische Sozietätsbewegung und demokratische Tradition. Die europäischen Akademien der Frühen Neuzeit zwischen Frührenaissance und Spätaufklärung, unter Mitw. von Winfried Siebers, 2 Tl.bde. Tübingen 1996.
  30. 30Vgl. Andreas Herz und Gabriele Ball, »Friedenssehnsucht und Spracharbeit. Die Fruchtbringende Gesellschaft 1637–1638«, inMitteilungen des Vereins f. Anhaltische Landeskunde (MVAL) 17 (2008), S. 47–84, hier S. 52–62; Alexander Schmidt, Vaterlandsliebe und Religionskonflikt. Politische Diskurse im Alten Reich (1555–1648), Leiden, Boston 2007, S. 358 ff.
  31. 31Vgl. C. Hallendorf, Hg., Sverges Traktater med främmande Magter Jemte andra dit hörande Handlingar, Bd. 5/2: 1632–1645. Stockholm 1909, S. 325 ff.; Bohumil Badura u. a., Hg., Documenta Bohemica Bellum Tricennale Illustrantia, Bd. 6, Prag, Wien u. a. 1979, S. 233 Nr. 591.
  32. 32Historisches Museum f. Mittelanhalt (HM), Köthen: VS 544, 545, 546. Vgl. DA Reihe I, Abt. A: Köthen, Bd. 1 (s. Fn. 20), S. 20 u. 22.
  33. 33Zwar war im frühesten gedruckten Selbstzeugnis der Gesellschaft, demKurtzen Bericht der Fruchtbringenden Gesellschafft Zweck und Vorhaben (Köthen 1622), nur vom Gründungsjahr 1617 und dem Gründungsanlass einer Weimarer Trauerversammlung die Rede, jedoch erscheint das genaue Gründungsdatum seit 1628 in den Gesellschafts-Quellen. Der Kurtze Bericht in Fürst Ludwig von Anhalt-Köthen: Werke, 1. Bd. Hrsg. v. Klaus Conermann. Die ersten Gesellschaftsbücher der Fruchtbringenden Gesellschaft (1622, 1624 u. 1628). Johannis Baptistae Gelli Vornehmen Florentinischen Academici Anmutige Gespräch Capricci del Bottaio genandt (1619), Wolfenbüttel, Tübingen 1992, S. [7]–[10] (DA [s. Fn. 20] Reihe II, Abt. A: Köthen, Bd. 1). Vgl. Fn. 34.
  34. 34Dafür sah Schmidt, Anfänge (s. Fn. 15), S. 16, »keine weiteren Anhaltspunkte«. Vgl. ders., »Fürsten von Anhalt« (s. Fn. 16), S. 71. Zu F. Ludwigs verspätetem Trauerbesuch s. aber die Akten Thüring. Hauptstaatsarchiv Weimar: Fl. Haus A 558 u. 559. Quellenhinweise, die eine Bestätigung des offiziellen Gründungsberichts indizieren, in Andreas Herz und Gabriele Ball, »Eine deutsche Akademie im Spannungsfeld von Sprache, Kultur und Politik: Die Fruchtbringende Gesellschaft«, in neu entdeckt. Thüringen – Land der Residenzen (s. Fn. 17), Katalogbd. 1, S. 132–146, hier S. 138 Anm. 1; vgl. auch das kumulierte Sachregister, Lemma »Gesellschaftsgründung FG« zu der Ausgabe DA (s. Fn. 20) online über die Projekt-homepage abzurufen: www.saw-leipzig.de/ > Vorhaben > Fruchtbringende Gesellschaft > »Register«. Vgl. auch Frank Boblenz, »Legendenbildung oder Wirklichkeit? Vor 385 Jahren wurde in Weimar die Fruchtbringende Gesellschaft initiiert«, in Palmbaum. Literarisches Journal aus Thüringen 10 (2002), S. 162–170; Klaus Conermann, »Die Fruchtbringende Gesellschaft und das Fürstentum Anhalt«, in MVAL 16 (2007), S. 11–39, bes. S. 29.
  35. 35Kurtzer Bericht (s. Fn. 33), S. [8]. Auch Leibniz wünschte 1671 »die aufrichtung einer wiewohl anfangs kleinen, doch wohl gegründeten Societät oder Academi«. Zit. n. Klaus Conermann, Andreas Herz und Helwig Schmidt-Glintzer, »Die Fruchtbringende Gesellschaft. Gesellschaftsgedanke und Akademiebewegung«, in Detlef Döring und Kurt Nowak, Hg., Gelehrte Gesellschaften im mitteldeutschen Raum (1650–1820), Teil I, Stuttgart, Leipzig 2000, S. 19–38, hier S. 28 Anm. 26.
  36. 36Vgl. Conermann II, S. 38 und Conermann III, S. 5–56 (s. Fn. 11).
  37. 37Der Fruchtbringenden Gesellschafft Nahmen/ Gemählde/ und Wörter. (Köthen) 1622, in: DA Reihe II, Abt. A: Köthen, Bd. 1 (s. Fn. 33), S. [11]–[17]. Nehmen wir die im Januar 1652 in Schweinfurt von vier Ärzten gegründete heil- und naturkundlich ausgerichtete Academia Naturae Curiosorum, die spätere Leopoldina, so finden wir hier am Ende des Gründungsjahres 12, 1662 gerade 20 Mitglieder. Erst 1665 kam es mit dem kaiserlichen Privileg zu einem Aufschwung, verlor die Academia den Charakter einer privaten Vereinigung; 1670 erschien erstmals das eigene wissenschaftliche Periodikum, die Miscellanea Curiosa; 1671 erstmals eine Historia succincta et brevis Ortus et Progressus S. R. Imperii Academiae Naturae Curiosorum. Vgl. Rolf Winau, »Zur Frühgeschichte der Academia Naturae Curiosorum«, in Fritz Hartmann und Rudolf Vierhaus, Hg., Der Akademiegedanke im 17. und 18. Jahrhundert, Bremen, Wolfenbüttel 1977, S. 117–137. Denken wir an die Académie Française (*1635), so legte sie erstmals 1694 und bis heute in zahlreichen Neuausgaben ihr großes Wörterbuch der französischen Sprache vor. Mit ihrer Grammatik ließ sie noch länger, bis 1932, auf sich warten und dieser Versuch ist aufgrund sprachwissenschaftlicher Kritik bis heute singulär geblieben. Vgl. Dieter Cherubim und Ariane Walsdorf, Sprachkritik als Aufklärung. Die Deutsche Gesellschaft in Göttingen im 18. Jahrhundert, 2., verb. u. erw. Aufl., Göttingen 2005, S. 81.
  38. 38Vgl. dazu DA Reihe I, Abt. A: Köthen, Bd. 1 (s. Fn. 20), S. 16, 97 ff., 124 f. u. ö.; Klaus Conermann, »Die fürstliche Offizin zu Köthen. Druckerei, Verlagswesen und Buchhandel im Dienste des Ratichianismus und der Fruchtbringenden Gesellschaft (1618–1644/50)«, inWolfenbütteler Barock-Nachrichten 27 (1997), S. 121–178.
  39. 39Vgl. George Arthur Padley, Grammatical Theory in Western Europe 1500–1700, 2 Vols. London etc. 1985, I, S. 110 u. 116.
  40. 40Landeshauptarchiv Sachsen-Anhalt (LHA)/Dessau: Abt. Köthen C 18 Nr. 31, Bl. 149r–150v, hier zit. n. Uwe Kordes, Wolfgang Ratke (Ratichius, 1571–1635). Gesellschaft, Religiosität und Gelehrsamkeit im frühen 17. Jahrhundert, Heidelberg 1999, S. 81.
  41. 41S. Kurtzer Bericht (s. Fn. 33), S. [8]; Klaus Conermann, Hg., Briefe der Fruchtbringenden Gesellschaft und Beilagen: Die Zeit Fürst Ludwigs von Anhalt-Köthen 1617–1650. 3. Bd.: 1630–1636, unter Mitarb. von Gabriele Ball und Andreas Herz, Leipzig, Tübingen 2003, S. 247 ff. (DA [s. Fn. 20] Reihe I, Abt. A: Köthen, Bd. 3).
  42. 42Vgl. DA Reihe I, Abt. A: Köthen, Bd. 1 (s. Fn. 20), S. 225 ff. u. 455 ff.
  43. 43Ebd., S. 217.
  44. 44LHA Dessau: Abt. Köthen A 9a Nr. 30, Bl. 6rv u. 8rv.
  45. 45Auch für Fürst Ludwig ist das mehrfach herausgearbeitet worden. Neben den bereits zitierten Studien von Klaus Conermann verweise ich hier nur auf Gerhard Dünnhaupt, »Die Übersetzungen Fürst Ludwigs von Anhalt-Köthen«, inDaphnis 7 (1978), S. 513–529, bes. S. 514 ff.
  46. 46Michael Emmerling, BONUS MILES CHRISTI. Das ist/ Ein guter Streiter Christi […] Jn einer Christlichen Leichpredigt/ bey der Hoch-Adelichen […] Leichbestattung […] Herrn Adams von Pfuhlen/ Königlichen Schwedischen gewesenen General-Majors, (Eisleben 1659), Bl. L iij r.
  47. 47Titel einer im Nachlass Fürst Ludwigs aufgefundenen Handschrift. LHA Dessau: Abt. Köthen A 7a Nr. 3: Inventar des Nachlasses Fürst Ludwigs v. Anhalt-Köthen (1650), Bl. 277v.
  48. 48»So kommen, o Held, Dir mit dreifachem Recht die Pferde zusammen; Du bist der gerühmte Ritter desApolls, des Mars, der Kunst.« Friedrich Coeler in einem Gedicht auf Diederichs v. dem Werder Wappen, das insgesamt drei weiße Pferde mit roten Zäumen und Sätteln in blauem Feld, eines auch mit Pfauenwedel zeigt. Johann Christoff Beckmann, Historie des Fürstenthums Anhalt In Sieben Theilen verfasset, Zerbst 1710, VII, S. 291; vgl. Conermann I (s. Fn. 11), Bl. H ij v.
  49. 49Vgl. Conermann, »Akademie« (s. Fn. 29), S. 111 ff.; ders., Fürst Ludwig von Anhalt- Köthen (1579–1650). Die Fruchtbringende Gesellschaft. Zwei Aufsätze, Köthen 2002, S. 42 f.
  50. 50Vgl. Conermann, Herz, Schmidt-Glintzer (s. Fn. 35), S. 19 f.
  51. 51Vgl. dazu die frühneuzeitlichen Adelsspiegel, wie Cyriacus Spangenberg, Adels Spiegel: Historischer Ausführlicher Bericht/ Was Adel sey und heisse/ Woher er kome/ Wie mancherley er sey/ Vnd was denselben ziere vnd erhalte, 2 Tle. Schmalkalden 1591–94; ferner Klaus Bleeck, Jörn Garber, »Nobilitas. Standes- und Privilegienlegitimation in deutschen Adelstheorien des 16. u. 17. Jahrhunderts«, in Elger Blühm, Jörn Garber und Klaus Garber, Hg., Hof, Staat und Gesellschaft in der deutschen Literatur des 17. Jahrhunderts, Amsterdam 1982 (Daphnis, 11), S. 49–114, S. 62 ff.
  52. 52Vgl. Georg Schmidt, »Voraussetzung oder Legitimation? Kriegsdienst und Adel im Dreißigjährigen Krieg«, in Otto Gerhard Oexle und Werner Paravicini, Hg., Nobilitas. Funktion und Repräsentation des Adels in Alteuropa, Göttingen 1997, S. 431–451.
  53. 53August Buck, »Arma et Litterae« – Zur Geschichte eines Topos, Stuttgart 1992, S. 70; vgl. Dieter Lohmeyer, »Heinrich Rantzau und die Adelskultur der frühen Neuzeit«, in ders., Hg., Arte et Marte. Studien zur Adelskultur des Barockzeitalters in Schweden, Dänemark und Schleswig-Holstein, Neumünster 1978, S. 67–84, S. 71 ff.
  54. 54Martin Opitz im Register zu seiner Argenis-Übersetzung, Johann Barclayen Argenis Deutsch gemacht durch Martin Opitzen. Mit schönen Kupffer Figuren Nach dem Frantzösischen Exemplar Inn Verlegung Dauid Müllers Buchhändlers Inn Breßlaw 1626, in Martin Opitz, Gesammelte Werke. Kritische Ausgabe, hrsg. v. George Schulz-Behrend. Band III: Die Übersetzung von John Barclays Argenis, Teil 1–2, Stuttgart 1970, II, S. 625. Vgl. Georg Braungart, »Opitz und die höfische Welt«, in Thomas Borgstedt und Walter Schmitz, Hg., Martin Opitz (1597–1639). Nachahmungspoetik und Lebenswelt, Tübingen 2002, S. 31–37, hier S. 32; Martus, Werkpolitik (s. Fn. 6), S. 25.
  55. 55Buck, »Arma et Litterae« (s. Fn. 53), S. 68 ff.; vgl. auch Ronald G. Asch, »Ständische Stellung und Selbstverständnis des Adels im 17. u. 18. Jahrhundert«, in ders., Hg., Der europäische Adel im Ancien Régime. Von der Krise der ständischen Monarchie bis zur Revolution (ca. 1600–1789), Köln u. a. 2001, S. 3–45, hier S. 8 ff.; Jonathan Dewald, The European Nobility 1400–1800, Cambridge 1996, S. 150 ff.; Stephan Hoppe, »Fürstliche Höfe im Alten Reich als Knotenpunkte des Kunsttransfers am Beginn der Neuzeit. Überlegungen zur Methodik und einschlägige Beispiele«, in Thomas Fuchs und Sven Trakulhun, Hg., Das eine Europa und die Vielfalt der Kulturen. Kulturtransfer in Europa 1500–1850, Berlin 2003, S. 47–68, hier S. 59 ff.; Volker Sinemus, Poetik und Rhetorik im frühmodernen deutschen Staat. Sozialgeschichtliche Bedingungen des Normenwandels im 17. Jahrhundert, Göttingen 1978, S. 227.
  56. 56Wilhelm Kühlmann, Gelehrtenrepublik und Fürstenstaat. Entwicklung und Kritik des deutschen Späthumanismus in der Literatur des Barockzeitalters, Tübingen 1982, S. 349, vgl. S. 346 ff.
  57. 57Bleeck und Garber, »Nobilitas« (s. Fn. 51), S. 70 u. 71.
  58. 58Baldesar Castiglione, Il libro del Cortegiano [LC]. A cura di Walter Barberis, Torino 1998, I, XLIV u. XLVI (S. 96 u. 98); die (gekürzte) dt. Übersetzung, Baldesar Castiglione, Das Buch vom Hofmann, übersetzt und erläutert von Fritz Baumgart, mit einem Nachwort von Roger Willemsen, München 1986, S. 80–84.
  59. 59Georg Rodolf Weckherlin, Gaistliche vnd Weltliche Gedichte, Amsterdam 1648, S. 682 f.; S. Curt v. Faber du Faur, German Baroque Literature. A Catalogue of the Collection in the Yale University Library, 2 Bde., New Haven 1958; New Haven, London 1969, II, Nr. 164a, Microfilm-Edition. Ndr., in Hermann Fischer, Hg., Georg Rudolf Weckherlins Gedichte. 2. Bd., Tübingen 1895, S. 330 f. Fürst Ludwig wird hier mit dem Musengott Phoebus Apollo verglichen, dessen Pfeile seit je für die Sonnenstrahlen standen. Der Umstand, dass dieses Gedicht erst 1648 veröffentlicht wurde (und noch nicht in Weckherlins Sammlung Gaistliche vnd Weltliche Gedichte, Amsterdam 1641) erschienen war, muss nicht unbedingt auf eine späte Entstehungszeit deuten.
  60. 60Zit. n. Conermann, Zwei Aufsätze (s. Fn. 49), S. 41.
  61. 61Gottlieb Krause, Hg., Der Fruchtbringenden Gesellschaft ältester Ertzschrein. Briefe, Devisen u. anderweitige Schriftstücke, Leipzig 1855, Ndr. Hildesheim, New York 1973, S. 178. Künftig zit. als KE.
  62. 62Vgl. etwa seine Gesandtschaftsreisen zum schwedischen Generalfeldmarschall Johan Banér (FG 222) im Februar und zu Kurfürst Johann Georg I. von Sachsen im September 1639. S. Gottlieb Krause, Hg., Urkunden, Aktenstücke und Briefe zur Geschichte der Anhaltischen Lande und ihrer Fürsten unter dem Drucke des dreißigjährigen Krieges, 4. Bd., 1. Abt. Leipzig 1864, S. 402 ff. und 4. Bd., 2. Abt. Leipzig 1865, S. 2 ff. Ausgabe künftig zit. als KU.
  63. 63Die Erste und Andere Woche Wilhelms von Saluste Herren zu Bartas. […] Vor Jahren Aus dem Frantzösischen in wolgemessene deutsche Reime/ mit ebenmessigen endungen/ auch nicht mehr oder weniger Silben/ durch ein Mittglied der fruchtbringenden Gesellschafft gebracht und ausgangen. An ietzo aber Eines theils durch den Ubersetzer selbsten bey seinem leben/ als nach seinem tödlichen abgange durch andere beyder Sprachen kündige/ übersehen/ verbessert […] vermehret und von Neuen an den Tag gegeben, Cöthen 1640, S. 5 f. Vgl. DA Reihe I, Abt. A: Köthen, Bd. 3 (s. Fn. 42), S. 306 ff.
  64. 64Dazu Sebastian Neumeister und Conrad Wiedemann, Hg., Res Publica Litteraria. Die Institutionen der Gelehrsamkeit in der frühen Neuzeit, 2 Tle. Wiesbaden 1987; Marian Füssel, Gelehrtenkultur als symbolische Praxis. Rang, Ritual und Konflikt an der Universität der Frühen Neuzeit, Darmstadt 2006, S. 9, 11f., 20 f., 42 ff., 127 ff. u. ö.; Herbert Jaumann, Handbuch Gelehrtenkultur der frühen Neuzeit. Bd. 1: Bio-bibliographisches Repertorium, Berlin u. a. 2004, S. VIII f.; Helmut Zedelmaier und Martin Mulsow, Hg., Die Praktiken der Gelehrsamkeit in der frühen Neuzeit, Tübingen 2001, S. 1 ff.
  65. 65Manfred Hinz, Rhetorische Strategien des Hofmannes. Studien zu den italienischen Hofmannstraktaten des 16. und 17. Jahrhunderts, Stuttgart 1992, S. 335, vgl. S. 338; grundlegend auch Christoph Strosetzki, Konversation. Ein Kapitel gesellschaftlicher und literarischer Pragmatik im Frankreich des 17. Jahrhunderts, Frankfurt a. M. u. a. 1978, bes. S. 58 ff. u. 82 ff.
  66. 66Hinz, Rhetorische Strategien (s. Fn. 65), S. 25, 337 u. 366: »Die Akademie reproduziert die Struktur des Hofes, und der Hof erscheint als Akademie.« Vgl. für die FG grundsätzlich Conermann, »Akademie« (s. Fn. 29). Zur Abgrenzung der Akademie von anderen Zusammenschlüssen und Organisationsformen insbes. des Adels s. Klaus Conermann, »Die Tugendliche Gesellschaft und ihr Verhältnis zur Fruchtbringenden Gesellschaft. Sittenzucht, Gesellschaftsidee und Akademiegedanke zwischen Renaissance und Aufklärung «, in Daphnis 17 (1988), S. 514–626, hier S. 531 ff.
  67. 67Vgl. Klaus Conermann, Hg., Briefe der Fruchtbringenden Gesellschaft und Beilagen: Die Zeit Fürst Ludwigs von Anhalt-Köthen 1617–1650. 4. Bd.: 1637–1638, unter Mitarbeit von Gabriele Ball und Andreas Herz, Leipzig, Tübingen 2006, S. 278 (DA [s. Fn. 20] Reihe I, Abt. A: Köthen, Bd. 4) und das kumulierte Personenregister (s. Fn. 34) unter den angegebenen Sozietätsnamen.
  68. 68Fürst Ludwig hat sich intensiv mit Guazzo auseinandergesetzt, nach Ausweis des Inventars seines nachgelassenen Bücherbesitzes (s. Fn. 47) und seiner eigenen philologischen Arbeiten, etwa in den verschollenen Manuskripten derDialoghi Piacevoli. Auch Castigliones und della Casas Schriften fanden sich in seinem bzw. in fürstlich-bernburgischem Besitz. Vgl. Klaus Conermann, »Editionsdesiderate: Die Werke der Fürsten Ludwig und Christian II. von Anhalt im Kontext der Akademiearbeiten der Fruchtbringenden Gesellschaft«, in Hans-Gert-Roloff, Hg., Editionsdesiderate zur Frühen Neuzeit, Amsterdam, Atlanta/GA 1997 (Chloe, 24), S. 391–490, S. 394; Conermann II (s. Fn. 11), S. 35 f.; ders., »Akademie« (s. Fn. 29), S. 113 f. Vgl. Emilio Bonfatti, La »Civil Conversazione« in Germania. Letteratura del comportamento da Stefano Guazzo a Adolph Knigge 1574–1788, Udine 1979, S. 84 ff.; ferner Martin Bircher, »The Fruchtbringende Gesellschaft and Italy: Between Admiration and Imitation«, in The Fairest Flower. The Emergence of Linguistic National Consciousness in Renaissance Europe, Firenze 1985, S. 121–132; Harald Weinrich, »Die Accademia della Crusca als Lehrmeisterin der Sprachkultur in Deutschland«, in ders., Wege der Sprachkultur, Stuttgart 1985, S. 85–103.
  69. 69Kurtzer Bericht. DA Reihe II, Abt. A: Köthen, Bd. 1 (s. Fn. 33), S. [8].
  70. 70Ebd., S. [10].
  71. 71Edoardo Costadura, Der Edelmann am Schreibpult. Zum Selbstverständnis aristokratischer Literaten zwischen Renaissance und Revolution, Tübingen 2006, S. 24.
  72. 72Barbara Stollberg-Rilinger, »Symbolische Kommunikation in der Vormoderne. Begriffe – Thesen – Forschungsperspektiven«, inZeitschrift für Historische Forschung 31 (2004), S. 489–527, hier S. 514. Zur Rolle der Gewohnheiten in der FG, die nicht formal-konstitutionell fixiert waren, vgl. Andreas Herz, »Philipp von Zesen und die Fruchtbringende Gesellschaft«, in Maximilian Bergengruen und Dieter Martin, Hg., Philipp von Zesen. Wissen – Sprache – Literatur, Tübingen 2008, S. 181–208, hier S. 204.
  73. 73Vgl. Günther Hoppe, »Zur anhaltischen Behördengeschichte im frühen 17. Jahrhundert und zum ›persönlichen Regiment‹ des Fürsten Ludwig von Anhalt-Köthen in der Frühzeit seiner Regierung«, inMVAL 4 (1995), S. 113–142.
  74. 74Vgl. Wolfgang Mager, »Genossenschaft, Republikanismus und konsensgestütztes Ratsregiment. Zur Konzeptionalisierung der politischen Ordnung in der mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Stadt«, in Luise Schorn-Schütte, Hg., Aspekte der politischen Kommunikation im Europa des 16. und 17. Jahrhunderts. Politische Theologie – Res Publica- Verständnis – konsensgestützte Herrschaft, München 2004 (Historische Zeitschrift, Beihefte, NF 39), S. 13–122, hier S. 15 u. 90 ff. Zur jüngst anhaltendes Forschungsinteresse findenden frühneuzeitlichen Diskussion um die Mischverfassung, in Deutschland positiv bewertet bei Caspar Peucer (1525–1602), Henning Arnisäus (1575–1636), Johannes Limnaeus (1592–1663) u. a., vgl. Alois Riklin, Machtteilung. Geschichte der Mischverfassung, Darmstadt 2006, bes. S. 185 ff.
  75. 75Wolfgang Detel, »Wissenskulturen und epistemische Praktiken«, in Johannes Fried und Thomas Kailer, Hg., Wissenskulturen. Beiträge zu einem forschungsstrategischen Konzept, Berlin 2003, S. 119–132, hier S. 119.
  76. 76Vgl. Wolfgang Neuber, »Systematische und kasuistische Wissensordnungen. Mnemotechnische Prozesse im 17. Jahrhundert«, in Wolfgang Detel und Claus Zittel, Hg., Wissensideale und Wissenskulturen in der frühen Neuzeit, Berlin 2002, S. 185–196. Freilich hat der frühneuzeitliche Stand der Gelehrten in seinen Kommunikations-, Sozial- und Alltagsbezügen auch andere Gesichter gezeigt, burleske wie rohe, libertäre wie diskriminierende, selbstverschleiernde und auch ausgesprochen unhöfliche und abstoßende in der eigenen Karrierepolitik. Vgl. Martin Mulsow, Die unanständige Gelehrtenrepublik. Wissen, Libertinage und Kommunikation in der Frühen Neuzeit, Stuttgart, Weimar 2007, hier v. a. S. 68.
  77. 77Das trifft für Ansätze zu, die die FG oder ›Sprachgesellschaften‹ aus der normativen Perspektive der modernen wissenschaftlichen Akademien und der Aufklärung (Leibniz) beurteilen und verständlicherweise meist wenig mit deren fremdartiger ›Vorgeschichte‹ anfangen können. Vgl. etwa Ines Böger, »Ein seculum … da man zu Societäten Lust hat«. Darstellung und Analyse der Leibnizschen Sozietätspläne vor dem Hintergrund der europäischen Akademiebewegung im 17. und frühen 18. Jahrhundert, 2 Bde. München 1997, I, S. 43; auch Gerhard Kanthak, Der Akademiegedanke zwischen utopischem Entwurf und barocker Projektmacherei. Zur Geistesgeschichte der Akademiebewegung des 17. Jahrhunderts, Berlin 1987, S. 68, streift die FG nur kurz.
  78. 78Vgl. Conermann, »Akademie, Kritik und Geschmack« (s. Fn. 4), S. 45 ff.; Hans-Jürgen Gabler, Geschmack und Gesellschaft. Rhetorische und sozialgeschichtliche Aspekte der frühaufklärerischen Geschmackskategorie, Frankfurt a. M., Bern 1982, S. 44 ff., 123 ff. u. ö.
  79. 79Zur Bedeutung historischen Wissens für die frühneuzeitliche ›ruling class‹ vgl. Peter Burke, »Translating histories«, in Peter Burke und R. Po-Chia Hsia, Hg., Cultural Translation in Early Modern Europe, Cambridge 2007, S. 125–141, hier S. 131 ff.
  80. 80Vgl. Cornel Zwierlein, »Die Transformation der Lehren von Rat, Ratgeben und Ratgebern in Italien im Übergang vom Mittelalter zur Neuzeit«, in Erk Volkmar Heyen, Hg., Räte und Beamte in der Frühen Neuzeit. Lehren und Schriften, Baden-Baden 2007, S. 1–25, S. 3, 14 f.; Wolfgang E. J. Weber, »Dynastiesicherung und Staatsbildung. Die Entfaltung des frühmodernen Fürstenstaats«, in Wolfgang Weber, Hg., Der Fürst. Ideen und Wirklichkeiten in der europäischen Geschichte, Köln usw. 1998, S. 91–136, hier S. 109 u. 117 f.
  81. 81[Fürst Ludwig von Anhalt-Köthen, Übers.:]JOHANNIS BAPTISTÆ GELLI Vornehmen Florentinischen Academici Anmutige Gespräch Capricci del Bottaio genandt … Auß dem Jtaliänischen ins Teutsche gebracht, Cöthen 1619, in DA Reihe II, Abt. A: Köthen, Bd. 1 (s. Fn. 33), S. [173]–[474], hier S. [242]f.
  82. 82[Fürst Ludwig von Anhalt-Köthen, Hg.:]I CAPRICCI DEL BOTTAIO DI GIOVAN BATISTA GELLI ACCADEMICO FIRENTINO, [Köthen] 1619, in ebd., S. [115]–[170] (=Auszug), hier S. [139].
  83. 83Castiglione, LC (s. Fn. 58), VI (S. 126): »[…] e credo che basti in tutto questo dir che ’l cortegiano sia di bon giudicio, […] ed essendo cosi, penso che senza altri precetti debba poter usar quello che egli sa a tempo e con bona maniera«. Castiglione, Hofmann (s. Fn. 58), S. 111: »[…] ich glaube, es genügt, zu sagen, der Hofmann müsse ein gesundes Urteil haben, […]. Da dem so ist, muß er nach meiner Meinung ohne andere Vorschriften das, was er weiß, auf gute Art zur rechten Zeit anwenden können.«
  84. 84Castiglione, LC (s. Fn. 58), Anm. des Herausgebers in II, XIII (S. 138): »discrezione« als »il senso dell’opportunità«. Giovanni della Casa, Der Galateo. Traktat über die guten Sitten, hrsg. u. übers. v. Michael Rumpf. Heidelberg 21995, Abschnitt XII (S. 38): das Wasser der »discrezione«, abgeleitet von »discernimento«, d. i. Urteilsfähigkeit, Differenzierungsgabe. Ebd., Anm. 19 (S. 117 f.); vgl. dazu das Nachwort von Klaus Ley in Giovanni della Casa, Galateus. Das Büchlein von erbarn/ höflichen und holdseligen Sitten verdeutscht von Nathan Chytraeus 1597, hrsg. v. Klaus Ley, Tübingen 1984, S. 17*f.; Stefano Guazzo, la civil conversazione. A cura di Amedeo Quondam. 2 Bde. Ferrara 1993, I, S. 114, 116 ff.: »discretezza« als schickliche Angemessenheit; II, S. 228: »discrezione« als »una virtù sociale che deve formare il nostro comportamento nei confronto degli errori degli altri, come subito dopo meglio argomenterà«. Zum lateinischen discernere, unterscheiden, discretus, unterschieden, zitieren Faber/ Buchner Gerardus Johannes Vossius (De vitiis sermonis): Bei den Alten habe discretus nur eine passivische Bedeutung gehabt »ut discreta femina«; »Nunqvam verò activum pro eo, qvi rerum momenta discernit, qvomodo dicunt VIRUM DISCRETUM«. Basilii Fabri Sorani Thesaurus Eruditionis scholasticae: Sive Supellex Instructissima vocum, verborum, ac locutionum […] Cum adjunctâ plerisqve in locis interpretatione Germanicâ […] Per Augustum Buchnerum recensitus, emendatus ac suppletus, Leipzig, Frankfurt 1672, S. 486. Vgl. auch Hermann Paul, Deutsches Wörterbuch, 10., überarb. und erw. Aufl. von Helmut Henne, Heidrun Kämper und Georg Objartel, Tübingen 2002, S. 225.
  85. 85Vgl. Castiglione, LC (s. Fn. 58) I, XXXIV u. XXXV, S. 74 ff.; Costadura, Edelmann (s. Fn. 71), S. 11 f., 24 f.; Dieter Merzbacher, »Conversatio und Editio. Textkorrektur in der Fruchtbringenden Gesellschaft und editorische Wiedergabe aufgezeigt an zwei Texten Christoph von Dohnas (1582–1637)«, in Martin Stern, Hg., Textkonstitution bei mündlicher Überlieferung. Basler Editoren-Kolloquium 1990, unter Mitarbeit von Beatrice Grob u. a., Tübingen 1991, S. 35–51; Strosetzki, Konversation (s. Fn. 65), S. 129 ff.
  86. 86Castiglione, LC (s. Fn. 58) I, XXXIV, S. 74. Castiglione, Hofmann (s. Fn. 58), S. 66 f.: »Wenn er dann von etwas Dunklem oder Schwierigem redet, möchte ich, daß er seine Absicht mit recht klaren Worten und Gedanken scharfsinnig erklärt und jede Zweideutigkeit mit einem gewissen Eifer, ohne lästig zu fallen, eindeutig macht.«
  87. 87Giovanni della Casa, Galateo. A cura di Gennaro Barbarisi, Venezia 1991, S. 86: »Le parole così nel favellare disesto come negli altri ragionamenti vogliono esser chiare, sì che ciascuno della brigata le possa agevolmente intendere; et oltre a cìo belle sì per il suono loro sì per il significato«; S. 93: »Et le parole vogliono essere ordinate secondo che richiede l’uso del favellare comune, et non aviluppate et intralciate in qua e’n là come molti hanno usanza di fare per leggiadria«. Vgl. della Casa, Der Galateo (s. Fn. 84), S. 73 f. u. 82.
  88. 88della Casa, Galateo (s. Fn. 87), S. 84, vgl. S. 60; della Casa, Der Galateo (s. Fn. 84), S. 59, vgl. S. 34.
  89. 89Brief Fürst Ludwigs an Martin Opitz vom 18. 12. 1638, in DA Reihe I, Abt. A: Köthen, Bd. 4 (s. Fn. 67), S. 747.
  90. 90Gottlieb Krause, Hg., Tagebuch Christians des Jüngeren, Fürst zu Anhalt, Leipzig 1858, S. 108 f.; vgl. dazu Andreas Herz, » ,… ma fatale destinèe… ‹. Krisen- und Leidenserfahrungen Fürst Christians II. von Anhalt-Bernburg (1599–1656) in seinen Tagebüchern und anderen Zeit- und Lebensdokumenten«, in Johann Anselm Steiger, Hg. Passion, Affekt und Leidenschaft in der Frühen Neuzeit, Bd. 2, in Verb. mit Ralf Georg Bogner u. a. Wiesbaden 2005, S. 981–1035, hier S. 1000. Fürst Christian hinterließ ein imposantes Tagebuchwerk, das seinesgleichen sucht.
  91. 91Werder an Fürst Ludwig, 28. 4. 1649. HM Köthen: VS 544, Bl. 510r–512v (Konzept und Reinschrift), hier 511rv;KE (s. Fn. 61), S. 184 f.; Vgl. Herz, »Zesen« (s. Fn. 72), S. 189.
  92. 92Aus einer undatierten Stellungnahme Fürst Ludwigs oder der anhaltischen FGMitglieder zu einem ›Bedenken‹ Georg Philipp Harsdörffers (FG 368), vermutlich von 1643. HM Köthen: VS 545, Bl. 291r–292v;KE (s. Fn. 61), S. 325.
  93. 93Martin Milagius an Fürst Ludwig, Dessau 12. 5. 1649, HM Köthen: VS 545, Bl. 496r–497v;KE (s. Fn. 61), S. 425 f.
  94. 94Fürst Ludwig an Harsdörffer, 14. 10. 1643. HM Köthen: VS 545, Bl. 293r;KE (s. Fn. 61), S. 327.
  95. 95Castiglione, LC (s. Fn. 58) I, XXXV, S. 76 f. Castiglione, Hofmann (s. Fn. 58), S. 68: »[…] ohne dabei zu bedenken, daß alle guten alten Schriftsteller die vom Gebrauch abgelehnten Worte tadeln. Diesen Gebrauch kennt Ihr nach meiner Meinung nicht richtig. […] Der gute Sprachgebrauch also entsteht, glaube ich, bei den Menschen, die Verstand besitzen und sich durch Kenntnis und Erfahrung ein gesundes Urteil erworben haben und mit diesem dazu beitragen und darin einwilligen, diejenigen Worte anzunehmen, die ihnen als gut erscheinen und die man mit Hilfe eines gewissen natürlichen Urteils und nicht durch Kunst oder irgendeine Regel erkennt. Wißt ihr nicht, daß die Sprachbilder, die der Rede so viel Anmut und Pracht verleihen, alle Mißbräuche grammatikalischer Regeln darstellen, vom Gebrauch jedoch angenommen und bestätigt worden sind, weil sie, ohne daß man dafür einen anderen Grund anführen kann, gefallen und unserem Ohr lieblich und mild klingen?«
  96. 96Costadura, Edelmann (s. Fn. 71), S. 26.
  97. 97Zit. n. Heinrich Lausberg, Handbuch der literarischen Rhetorik. Eine Grundlegung der Literaturwissenschaft, München 1960, S. 256; vgl. Gerhard Härle, Reinheit der Sprache, des Herzens und des Leibes. Zur Wirkungsgeschichte des rhetorischen Begriffs puritas in Deutschland von der Reformation bis zur Aufklärung, Tübingen 1996, S. 8; J. Hafner und U. Kocher, Art. »Purismus«, in Gert Ueding, Hg., Historisches Wörterbuch der Rhetorik, Bd. 7, Darmstadt 2005, S. 485–501, hier S. 485 f.; Clemens Ottmers, Rhetorik, Stuttgart, Weimar 1996, S. 148 ff.
  98. 98(Georg Philipp Harsdörffer,)Der Teutsche SECRETARIUS: Das ist: Allen Cantzley- Studir- und Schreibstuben nützliches und fast nohtwendiges Formular- und Titularbuch, Nürnberg 1655, S. 263, 264 u. 258.
  99. 99Costadura, Edelmann (s. Fn. 71), S. 10.
  100. 100Sebastian Neumeister, »Montaigne. Von der Adelsrolle zur schriftstellerischen Autonomie«, in Walter Haug und Burghart Wachinger, Hg., Autorentypen, Tübingen 1991, S. 164–176, hier S. 167, 176 u. 174. Ökonomisch autark, lehnte Montaigne wie jeder Adelige »Professionalität und arbeitsintensives Studium« ab, ebd., S. 167. Vgl. auch August Buck, »Montaigne und die Krise des Humanismus«, in August Buck und Tibor Klaniczay, Hg., Das Ende der Renaissance: Europäische Kultur um 1600, Wiesbaden 1987, S. 7–21.
  101. 101Vgl. DA Reihe I, Abt. A: Köthen, Bd. 3 (s. Fn. 42), S. 536 ff.; Martus, Werkpolitik (s. Fn. 6), S. 71.
  102. 102Vgl. Conermann III (s. Fn. 11), S. 5, 61 f. u. 270 f.; zu Teutleben ferner DA Reihe I, Abt. A: Köthen, Bd. 1 (s. Fn. 20), S. 22 u. 136 ff.; Klaus Conermann, Hg., Briefe der Fruchtbringenden Gesellschaft und Beilagen: Die Zeit Fürst Ludwigs von Anhalt-Köthen 1617–1650. 2. Bd.: 1627–1629, unter Mitarb. von Andreas Herz und Dieter Merzbacher, Wolfenbüttel, Tübingen 1998, S. 20 u. 22 (DA Reihe I, Abt. A: Köthen, Bd. 2), S. 411 ff. u. 419 f.; zu Sebottendorf DA Reihe I, Abt. A: Köthen, Bd. 1 (s. Fn. 20), S. 167 f.; DA Reihe I, Abt. A: Köthen, Bd. 2, S. 279; DA Reihe I, Abt. A: Köthen, Bd. 3 (s. Fn. 41), S. 247 ff.; DA Reihe I, Abt. A: Köthen, Bd. 4 (s. Fn. 67), S. 96; zu Trotha demnächst in DA Reihe I, Abt. A: Köthen, Bd. 5.
  103. 103Vgl. Georg Braungart, Hofberedsamkeit. Studien zur Praxis höfisch-politischer Rede im deutschen Territorialabsolutismus, Tübingen 1988, bes. S. 15, 21, 64 ff., 227, 245 ff. u. ö.; Burke, »Translating histories« (s. Fn. 79), S. 133 f.
  104. 104Costadura, Edelmann (s. Fn. 71), S. 8. Vgl. Fn. 68.
  105. 105»Conversatio – sowohl auf den menschlichen Umgang im allgemeinen als auch auf den sprachlichen Verkehr, die Konversation, im besonderen gerichtet – macht daher den Kern des Programms« der FG aus. Conermann, »Akademie« (s. Fn. 29), S. 113.
  106. 106Marc Fumaroli, »La conversation savante«, in Hans Bots und Françoise Waquet, Hg., Commercium Litterarum. La Communication dans la République des Lettres/ Forms of Communication in The Republic of Letters. 1600–1750, Amsterdam u. a. 1994, S. 67–80, hier S. 70, vgl. S. 74f.; ferner Adrian Johns, »The ideal of scientific collaboration: the ›man of science‹ and the diffusion of knowledge«, in ebd., S. 3–22, hier S. 7 ff.
  107. 107Diese Sprachdebatte ist durchaus als eine Gemeinschaftsleistung der FG anzusehen. Dazu demnächst in DA (s. Fn. 20) Reihe I, Abt. A: Köthen, Bd. 5. Vgl. die instruktive Einleitung von Claudine Moulin, Hg., in Christian Gueintz, Die Deutsche Rechtschreibung (1645), Hildesheim u. a. 2008, S. VIII ff. Eher skeptisch dazu Manger, »Kulturpatriotismus« (s. Fn. 13), S. 82.
  108. 108Die Konfliktlinie verlief allerdings nicht streng entlang der Standesgrenze, und es gab vielfach Überschneidungen, Annäherungen, Moderationen der Positionen. Vgl. Herz, »Zesen« (s. Fn. 72), S. 202 f.
  109. 109della Casa, Galateo (s. Fn. 87), S. 69; della Casa, Der Galateo (s. Fn. 84), S. 48. Zum Normativ des Sprachusus vgl. Castiglione, LC (s. Fn. 58), I, XXIX ff. (S. 64 ff.); Castiglione, Hofmann (s. Fn. 58), S. 58 ff.
  110. 110della Casa, Galateo (s. Fn. 87), S. 71; vgl. della Casa, Der Galateo (s. Fn. 84), S. 49 f.
  111. 111della Casa, Galateo (s. Fn. 87), S. 98 u. 110; della Casa, Der Galateo 103v.<. 84), S. 90 u. 108.
  112. 112Ulrich Schulz-Buschhaus, »Das Paradox desGalateo«, in Romanische Forschungen. VJSchr. f. romanische Sprachen und Literaturen 105 (1993), S. 282–301, hier S. 288.
  113. 113Costadura, Edelmann (s. Fn. 71), S. 11.
  114. 114Vgl. Erich Trunz, »Der deutsche Späthumanismus um 1600 als Standeskultur« (1931). Erneut und um Materialien ergänzt in ders., Deutsche Literatur zwischen Späthumanismus und Barock. Acht Studien, München 1995, S. 7–82; Guillaume van Gemert, »Princeps eruditus. Der deutsche Fürstenhof als Stätte der Gelehrsamkeit im 17. Jahrhundert«, in Orbis doctus, 1500–1850. Perspectieven op de geleerde Wereld van Europa: Plaatsen en Personen. Opstellen aangeboden aan professor dr. J. A. H. Bots. Onder redactie van G. v. G. e. a. Amsterdam, Utrecht 2005, S. 43–66; Jürgen Mittelstraß, »Akademie und Bildung«, in Wilhelm Voßkamp, Hg., Ideale Akademie. Vergangene Zukunft oder konkrete Utopie? Berlin 2002, S. 145–157, hier S. 148.
  115. 115Vgl. Gunter E. Grimm, Letternkultur. Wissenschaftskritik und antigelehrtes Dichten in Deutschland von der Renaissance bis zum Sturm und Drang, Tübingen 1998, S. 14 u. 73; Trunz, »Späthumanismus« (s. Fn. 114); Notker Hammerstein, »Die respublica litteraria und ihre Netzwerker«, in Historische Zeitschrift 285 (2007), S. 643–651.
  116. 116G. P. Harsdörffer, Nürnberg 11. 3. 1642. KE (s. Fn. 61), S. 310 f. Vgl. Conermann u. a., »Gesellschaftsgedanke und Akademiebewegung« (s. Fn. 35), S. 25.
  117. 117Vgl. Rosmarie Zeller, »Zesens Sprachschriften im Kontext der Konversationsliteratur «, in Bergengruen u. a. , Hg., Philipp von Zesen (s. Fn. 72 ), S. 209–221, hier S. 221.
  118. 118Philipp Julius Rehtmeyer, Des Braunschweigischen und Lüneburgischen CHRONICI III. TOMUS, in sich haltend Das Neue Haus Braunschweig-Lüneburg samt dem Anhang oder Nachlese, und Register, Braunschweig 1722, S. 1383.
  119. 119Johannes Lassenius, Adeliche Tischreden/ in sich begreiffende zwölff Lehrreiche/ nützliche und anmuthige Gespräch, Nürnberg 1661, S. 118 f. u. 111. Vgl. Kühlmann, Gelehrtenrepublik und Fürstenstaat (s. Fn. 56), S. 348.
  120. 120Augustus Buchner (FG 362) an Martin Opitz, DA Reihe I, Abt. A: Köthen, Bd. 1 (s. Fn. 20), S. 501.
  121. 121Hübner an Opitz, ebd., S. 423, vgl. S. 12 f.
  122. 122Vgl. Grimm, Letternkultur (s. Fn. 115), S. 72 ff.
  123. 123Ein Beispiel angegeben in Fn. 63.
  124. 124Vgl. Costadura, Edelmann (s. Fn. 71), S. 2, 11 u. 26 ff.
  125. 125Von der Beharligkeit der Außerwehlten. Oder Von Bestendigkeit der Liebe Gottes. Anfangs im Jahre 1625. Durch Carlen Drelincourt […] Frantzösisch geschrieben: Nachgehendes aber ihme selbst/ und den Seinigen/ auch andern frommen Christen/ zu nützlicher erbauligkeit/ Zusamt den letzten stunden des Herren von Plessis Mornay, verdeutschet Durch ein Mitglied der Fruchtbringenden Gesellschaft, Cöthen 1641, Bl. a vij rf.
  126. 126Ebd, S. 378–418: »Anhang Von den letzten stunden des Herren vonPleßis Mornay «, hier S. 379. Gemeint ist Philippe Duplessis-Mornay (1549–1623), Führungsgestalt der Hugenotten unter Heinrich v. Navarra. Vgl. Herz, »Fürst Christian II.« (s. Fn. 90), S. 988.
  127. 127DA Reihe I, Abt. A: Köthen, Bd. 4 (s. Fn. 67), S. 108, vgl. S. 110.
  128. 128S. ebd., S. 406, vgl. S. 102 u. ö.
  129. 129S. ebd., S. 402 ff.
  130. 130Aus den Tagebüchern F. Christians II. v. Anhalt-Bernburg, zit. n. ebd., S. 363.
  131. 131Vgl. Conermann III (s. Fn. 11), S. 14; Claudius Sittig, »Zesens Exaltationen. Ästhetische Selbstnobilitierung als soziales Skandalon«, in Bergengruen u. a. , Hg., Philipp von Zesen (s. Fn. 72), S. 95–118, hier S. 105 u. 111 f.
  132. 132DA Reihe I, Abt. A: Köthen, Bd. 4 (s. Fn. 67), S. 329.
  133. 133Aus den Tagebüchern F. Christians II. v. Anhalt-Bernburg, zit. n. DA Reihe I, Abt. A: Köthen, Bd. 4 (s. Fn. 67), S. 390.
  134. 134S. die Leichenpredigt von Georg Lautenschläger auf Vollrad v. Krosigk:Mors Christianorum nunquam praematura; Der Christen niemahl zufrühzeitiger Todt, Leipzig 1661.
  135. 135Universitäts- u. Landesbibliothek Halle: Jena, Diss., 1638 (20–21) (Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel: X Film 114).
  136. 136LHA Dessau: Abt. Dessau A 10 Nr. 77, Bl. 103v.
  137. 137Vgl. Conermann III (s. Fn. 11), S. 341.
  138. 138Aus der Leichenpredigt von Daniel Sachse, Die Hütte Gottes Bey den Menschen, Köthen 1665. S. DA Reihe I, Abt. A: Köthen, Bd. 3 (s. Fn. 41), S. 652.
  139. 139Castiglione, LC (s. Fn. 58) I, XLIV (S. 94). Castiglione, Hofmann (s. Fn. 58), S. 80: »Er sei in den Dichtern und nicht weniger in den Rednern und Geschichtsschreibern erfahren und auch im Schreiben von Versen und Prosa geübt, vornehmlich in unserer Vulgärsprache [d. h. Volkssprache]«. Krosigks Gedicht hat sich im Köthener Erzschrein der FG erhalten. HM Köthen: VS 544, Bl. 432rv. Demnächst in DA (s. Fn. 20) Reihe I, Abt. A: Köthen, Bd. 5.
  140. 140Zitate aus den Epicedien in der Leichenpredigt: Daniel Müller, Kurtzer Trauer- Sermon Von der Gebrechligkeit Menschliches Lebens Bey Beerdigung Des Weyland Hoch- Edelgebohrnen/ Gestrengen und Hoch-Mann-Vesten Herrn HErrn LUdolph Lorentzen von Krosigk/ […] Hoch-meritirten Krieges-Raths/ Cammer-Herrn und Obristen, (Köthen 1674).
  141. 141Ebd. (Lebenslauf), Bl. H ii r.
  142. 142Tagebücher Fürst Christians II. v. Anhalt-Bernburg, Bd. 14, Bl. 138r. LHA Dessau: Abt. Bernburg A 9b Nr. 1414.
  143. 143Ehren- vnd Gedächtnüß-Seule […] Frantz von Trothen/ Erbsassen auff der Würtenburg im Teutschen-Thal/ Fürstl. Eysenachischen Geheimbten Raths vnd Ober-Hauptmans des Gotischen Kreyses. Welcher […] am 11. Febr. dieses 1639. Jahres in das Trothische Erbbegräbnis im TeutschenThal Adelich beygesetzet worden, Halle a. d. S. [1639], Bl. [A iij]r.
  144. 144Ebd., Bl. [A iv]vf.
  145. 145S. DA Reihe I, Abt. A: Köthen, Bd. 4 (s. Fn. 67), S. 191 ff.
  146. 146Vgl. ebd., S. 355 f.
  147. 147Dagmar Freist, »Einleitung: Staatsbildung, lokale Herrschaftsprozesse und kultureller Wandel in der Frühen Neuzeit«, in Ronald G. Asch und Dagmar Freist, Hg., Staatsbildung als kultureller Prozess. Strukturwandel und Legitimation von Herrschaft in der Frühen Neuzeit, Köln usw. 2005, S. 1–47, hier S. 17.
  148. 148Vgl. Conermann II (s. Fn. 11), S. 34.
  149. 149Vgl. Luise Schorn-Schütte, »Einleitung«, in Schorn-Schütte, Hg., Politische Kommunikation (s. Fn. 74), S. 1–12, hier S. 3; Freist, »Staatsbildung« (s. Fn. 147), bes. S. 45 f.
  150. 150Pierre Bourdieu, Die feinen Unterschiede. Kritik der gesellschaftlichen Urteilskraft, Frankfurt a. M. 1987, S. 132.
  151. 151Vgl. Klaus Conermann, »Impresa u. Akademie. Entstehungsgeschichtliche Überlegungen zur Sinnbildkunst europäischer Akademien«, in Neumeister u. a., Hg., Res Publica Litteraria (s. Fn. 64), I, S. 45–70. Zum Motto der Crusca, einem Vers Petrarcas: »IL PIV BEL FIOR NE COGLIE« (»Die schönste Blume pflückt sie daraus«) s. S. 57.
  152. 152Ralf Konersmann, Kulturelle Tatsachen, Frankfurt a. M. 2006, S. 215, 219 u. 222.
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Heft 2 (2009)
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