Konzert e-Moll für Violine und Orchester MWV O 14. Leipziger Ausgabe der Werke von Felix Mendelssohn Bartholdy, Serie II, Band 7
Herausgegeben von Birgit Müller nach Vorarbeiten von Salome Reiser (†), Breitkopf & Härtel, Wiesbaden 2018, XXXV + 143 Seiten, 12 Abbildungen. Festeinband
Als Felix Mendelssohn Bartholdy im Jahr 1838 signalisierte, dass er »ein Violin Concert […] in e moll […] im Kopfe«1 habe, reagierte nicht nur sein Freund, der Gewandhauskonzertmeister Ferdinand David, für den es gedacht war, euphorisch. Die »ganze civilisirte Violin=Welt«2 wartete darauf – und dennoch dauerte es noch weitere sieben Jahre, bis das Werk endlich im Juni 1845 bei dem Leipziger Verlag Breitkopf & Härtel im Druck erschien. Seitdem war der Siegeszug dieses Violinkonzertes, das heute als Standardwerk der Violinliteratur gilt, nicht mehr aufzuhalten.
Im Rahmen der Leipziger Mendelssohn-Ausgabe liegt nun das Konzert für Violine und Orchester e-Moll op. 64 MWV O 14 von Felix Mendelssohn Bartholdy vollständig in zwei Bänden vor: in der Frühfassung von 1844 (Serie II, Band VIIA dieser Ausgabe) und der Fassung des deutschen Erstdrucks von 1845 (Hauptfassung). Grundlage für die vorliegende Edition der Hauptfassung bildet ein Vorabexemplar des in Stimmen erschienenen deutschen Erstdruckes von Breitkopf & Härtel, das sich im Bestand der Bodleian Library in Oxford befindet. Mendelssohns Arbeit am Konzert wurde vor allem durch das ständige Drängen des designierten Solisten David vorangetrieben und im September 1844 zu einem vorläufigen Abschluss gebracht. Die Uraufführung am 13. März 1845 im Leipziger Gewandhaus diente – wie häufig bei Mendelssohn – quasi als Korrekturdurchgang und nach umfangreichen Änderungen des Komponisten, an denen auch der Solist Ferdinand David beteiligt war, erschien knapp neun Monate später die erste Druckausgabe des Werkes. Mit ihr war ein gültiger und nach dem Ermessen des Komponisten abgeschlossener Stand der Überarbeitung erreicht, den der hier vorliegende Band als Hauptfassung des Werkes wiedergibt. Der Erstdruck erfolgte in Stimmen und als Klavierauszug mit beigelegter Prinzipalstimme. Da das Arrangement nicht von Mendelssohn selbst stammt, wird es in der vorliegenden Edition nicht berücksichtigt. Parallel dazu erschienen Ausgaben in London (J. J. Ewer & Co.) und Mailand (J. Ricordi). Einen Vergleich dieser parallelen Ausgaben bietet die Edition der Hauptfassung ebenso wie eine Konkordanz der Takte beider Fassungen (1844 und 1845). Bislang galten sämtliche Korrekturabzüge zum Violinkonzert als verschollen, insofern ist eine erst kürzlich in der Bibliothek Conservatoire royal – Koninklijk Conservatorium in Brüssel entdeckte Quelle, bei der es sich um den ersten Korrekturabzug der Prinzipalstimme vom 15. Februar 1845 handelt, als großer Gewinn für die Darstellung der Drucklegung zu bewerten. Insbesondere deshalb, weil daraus ersichtlich wird, wie umfangreich Mendelssohn noch während des Druckprozesses an dem Werk weitergearbeitet hatte. Es handelt sich allerdings nicht um ein von Mendelssohn annotiertes, sondern um ein aus nicht näher bekannten Umständen in den Besitz des Geigers Hubert Léonard (1819–1890) gelangtes Exemplar. Léonard, der das Violinkonzert am 2. Februar 1846 in Berlin zur ersten dortigen Aufführung brachte, war außerdem im Besitz eines Widmungsexemplars des Erstdrucks. Der Korrekturabzug ist Bestandteil einer Musikaliensammlung, die als »Fonds Auguste Rouma« 2015 in den Besitz der Brüsseler Bibliothek überging und derzeit nach und nach aufgearbeitet wird. Dort entdeckte ihn noch während der Drucklegung des Gesamtausgabenbandes ein Mitarbeiter der Bibliothek, Richard Sutcliffe.
- 1Brief vom 30. Juli 1838 an Ferdinand David, Stadtgeschichtliches Museum Leipzig, A/607/2007, gedruckt in Ferdinand David und die Familie Mendelssohn-Bartholdy. Aus hinterlassenen Briefschaften zusammengestellt von Julius Eckardt, Leipzig 1888, S. 93–96, hier S. 94.
- 2Brief vom 6. Mai 1843 von Ferdinand David an Felix Mendelssohn Bartholdy, Bodleian Library, University of Oxford, MS. M. Deneke Mendelssohn d. 43, Green Books XVII-240.