Mobil mit Energie
1. Transport von Gütern und Personen
Der Transport von Gütern und Personen ist existenziell für die Weltwirtschaft. Im Jahr 2016 wurden 29 % des Primärenergieeinsatzes vom Mobilitätssektor beansprucht, in dem heute als Antrieb fast ausschließlich Verbrennungsmotoren eingesetzt werden. Beim Personenverkehr dominiert in Deutschland der PKW mit 55 %. Dabei führen 62 % aller PKW-Fahrten über mittlere (>25 km) und lange Distanzen. In den Entwicklungsländern dienen vorrangig Motorräder und Lastkraftwagen dem Transport von Gütern und Personen. Beim Transport auf der Schiene werden weltweit mehr als 80 % aller Lokomotiven mit Dieselmotoren angetrieben. Mit Dieselmotoren angetriebene Schiffe transportieren über 90 % aller Güter auf den Weltmeeren zu sehr niedrigen Kosten. In Europa bewältigen den Gütertransport zu 90 % Lastwagen auf den Straßen. Die Wirtschaftlichkeit des weltweiten Transports von Gütern auf den Weltmeeren und mit dem LKW wird überwiegend von den Kraftstoffkosten bestimmt. Sie betragen 86 % bzw. 58 % der Gesamtkosten. Die Transportvolumina werden bis 2050 um mehr als das 4-Fache zunehmen.1
2. Energiearten und Energiequellen
Der Verkehrssektor wird gegenwärtig weltweit durch die fossilen flüssigen Kraftstoffe Dieselöl, Kerosin, Benzin und Schweröl dominiert. Sie zeichnen sich durch extrem hohe Energiedichten aus (z. B. Dieselöl 11,8 kWh/kg). Eine Ressourcenverknappung muss auch für die absehbare Zukunft nicht befürchtet werden, da sich die bekannten nutzbaren Erdölvorräte seit 1985 auf 1,7 Billionen Barrel mehr als verdoppelt haben. Sie reichen damit mindestens über 50 weitere Jahre, dies gilt auch für die Erdgasvorräte mit mehr als 55 Jahren Reichweite.2
Autogas (LPG) und Erdgas (CNG) spielen für den Verkehrssektor in Europa noch immer eine untergeordnete Rolle, vor allem wegen des dünnen Tankstellennetzes. An der Spitze der weltweiten CO2-Emission durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe stehen China, USA, Indien und Russland. Deutschland kann mit seinem Energiewende-Programm bei einem CO2-Emissionsanteil von 2,2 % nur unbedeutende Beiträge zur globalen Reduktion von CO2-Emissionen liefern.
3. Der Verbrennungsmotor als Antrieb
Der Verbrennungsmotor, insbesondere der Dieselmotor, hat einen sehr hohen Wirkungsgrad (bis zu 52 %). Der Wirkungsgrad eines Ottomotors ist deutlich geringer. Langsam laufende Zweitakt-Schiffs-Dieselmotoren verbrennen Schweröl und emittieren sehr viel Ruß, Schwefeldioxid und Stickoxide. Deshalb dürfen diese Schiffe im Schwerölbetrieb mit einem Schwefelgehalt >0,1 % und ohne Abgasnachbehandlungssysteme nicht mehr in die sogenannten Emission Control Areas einfahren, sondern müssen dort auf Dieselöl umschalten. Weltweit gibt es in Zukunft strengere Gesetze für die Emissionen im Schiffsverkehr. Es kommen daher zunehmend technische Lösungen wie die selektive katalytische Reduktion (SCR) zur Reduzierung der Stickstoffdioxid-Emission, Scrubber zur Absenkung der Schwefeldioxidemission und Partikelfilter zur Verminderung des Rußausstoßes zur Anwendung. Verbrennungsmotoren mit verflüssigtem Erdgas als Energiequelle nehmen in der Seeschifffahrt zu.
Abgas- und auch Verbrauchszertifizierungsverfahren von Kraftfahrzeugen sind bisher ausschließlich auf dem Prüfstand durchgeführt worden. Dazu wurde beim PKW ein genormter Zyklus auf dem Rollenprüfstand gefahren. Beim realen Fahren im Verkehr traten jedoch sehr viel höhere Emissionen auf, die in vielen Städten auch zu Grenzwertüberschreitungen führten. Die Europäische Union (EU) hat deshalb Deutschland auf Einhaltung der Grenzwerte verklagt. Unabhängig davon werden ab September 2019 in der EU neue gesetzliche Regelungen eingeführt. Für alle PKW-Neufahrzeuge gilt dann die sogenannte Real Driving Emission (RDE)-Gesetzgebung (EURO 6 temp).
Obwohl die Stickoxidemissionen in Deutschland sehr stark zurückgegangen sind (auf der Straße von 1990–2016 laut Bundesumweltamt auf 33 %), tritt in vielen Städten lokal eine Überschreitung des EU-Immissionsgrenzwertes von 40 µg/m3 im Mittelwert und 200 µg/m3 im stündlichen Höchstwert auf. Die Ursache wird vor allem im Straßenverkehr mit Dieselmotoren vermutet. Diese Grenzwerte stehen allerdings in der Kritik, weil sie offenbar unzureichend wissenschaftlich gesichert sind und in anderen Ländern, wie z. B. den USA (103 µg/m3), oft wesentlich höhere Immissionsgrenzwerte gelten. Neuentwickelte LKW- und PKW-Dieselmotoren sind mit Abgas-Nachbehandlungseinrichtungen, bestehend aus Oxidationskatalysator, Harnstoffeindüsung, Partikelfilter und SCR-Katalysator (NOx-Reduktion), ausgestattet. Diese ermöglichen die Einhaltung der Real Driving Grenzwerte, die für LKWs seit 2014 gelten und spätestens 2019 für alle PKW greifen werden.
4. Alternative Energiearten und alternative Antriebe
Alternative Energiearten und Antriebe im Sektor Verkehr müssen nach den Kriterien Reichweite, Infrastruktur und Preis (RIP) sowie hinsichtlich ihrer CO2 Emission nach dem »Well to wheel«-Kriterium (s. unten) bewertet werden.
Alternative Energiequellen wie Wind, Sonne bieten grundsätzlich die Möglichkeit, sehr hochwertige flüssige Kraftstoffe (Power-to-Liquid, PtL) zu synthetisieren. PtL-Kraftstoffe, die nach dem Fischer-Tropsch-Verfahren hergestellt wurden, weisen sehr gute Verbrennungseigenschaften bezüglich Wirkungsgrad und Emission auf, da sie keine Aromaten enthalten und eine eindeutige Molekülstruktur aufweisen.
Noch bessere Ergebnisse liefern OME-Kraftstoffe (Oxymethylendimethylether). Sie lösen den NOx-Partikel Trade-off komplett auf, da sie als Brücke zwischen Kohlenstoffatomen ein Sauerstoff-Atom haben. OME-Kraftstoffe setzen eine komplette Methanol-Raffineriestruktur voraus. Der Einsatz von OME-Kraftstoffen könnte sich ab einem Rohölpreis von 60 US-Dollar/Barrel rentieren. Bei Fischer-Tropsch-Kraftstoffen liegt diese Grenze bei etwa 190 US-Dollar/Barrel Rohöl.4
Als zum Verbrennungsmotor alternative Kraftfahrzeugantriebe werden rein elektrische Antriebe und Hybridantriebe, also die Kombination eines Elektro- mit einem Verbrennungsmotor, bereits seit geraumer Zeit eingesetzt und ständig weiterentwickelt. Die Batterie-elektrischen PKW zeigen allerdings gegenwärtig im realen Betrieb eine deutlich geringere Reichweite im Vergleich zum Dieselmotor, der heute ohne weiteres über eintausend Kilometer mit einer Tankfüllung fahren kann (z. B. VW Golf 7 TDI 1.227 km). PKW mit Hybridantrieb erreichen typisch einige hundert Kilometer pro Tankfüllung/Ladung (Toyota Prius 790 km, BMW I3 250 km) und rein batterieelektrische Fahrzeuge etwas mehr als einhundert Kilometer (VW e-Up 144 km), s. Abb. 4. An diesen Aussagen ändert sich grundsätzlich auch dann nichts, wenn unter speziellen Wettbewerbsbedingungen und zu Marketingzwecken PKW angeboten werden, die mit wesentlich größerer Reichweite ausgestattet sein sollen. Je nach Größe, Ausstattung und Fahrbedingungen kann ein PKW mit ca. 40 kWh Energie zwischen 100 und maximal 300 km weit fahren. Diese Reichweite wird im Winterbetrieb deutlich reduziert. Hinzu kommt die Alterung der Batterie, die mit zunehmender Nutzungsdauer zu einer weiteren Reduktion der Reichweite führt.
Zur Infrastruktur ist zu bemerken, dass beim Tanken von Benzin oder Diesel ein Energiestrom von 24 MW fließt. Das heißt, dass in einer Minute die Energie für etwa 800 km Reichweite eines normalen PKW getankt werden kann. Mit einer Batterieladeleistung von 10 kW wird dagegen in einer Stunde eine Reichweite auf der Straße von etwa 60 km erzielt. Eine flächendeckende Ladeinfrastruktur mit hoher Ladeleistung (>70 kW) ist zurzeit nicht in Sicht, auch weil sie Investitionen in Milliardenhöhe erfordern würde.
Bei der »Well to wheel«-Betrachtung wird eine Energiebilanz von der Energiequelle, z. B. vom Erdöl-Bohrloch bis zum Antrieb am Fahrzeugrad aufgestellt. Es zeigt sich bezüglich CO2, dass der rein batteriebetriebene PKW mit französischem Strommix (Kernkraftwerke!) nur 18 % CO2-Emissionen im Vergleich zum Dieselmotor emittiert. Mit deutschem Strommix liegt er gleich auf mit dem Dieselmotor, mit chinesischem Strommix liegt er bei 150 %.7 Der hohe Kohlestromanteil im Strommix sowohl in Europa als auch weltweit verhindert eine bessere CO2-Bilanz. Der Strommix wird sich in den nächsten Jahrzehnten aus wirtschaftlichen Gründen nicht wesentlich verändern.
Im Ergebnis führen die RIP-Kriterien zu den real beobachtbaren minimalen Verkaufszahlen von batterieelektrischen Fahrzeugen.
5. Schlussfolgerungen
Werden die zum Verbrennungsmotor alternativen Energiequellen und Antriebsarten im Verkehrssektor nach den oben genannten Kriterien Reichweite, Versorgungsinfrastruktur, Preis (RIP) und den CO2-Emissionen bewertet, so lassen sich die folgenden Schlussfolgerungen ziehen:
Verbrennungsmotoren werden auf lange Sicht den weltweiten Transport von Gütern und Personen auf der Basis ausreichend vorhandener fossiler Kraftstoffe sichern müssen. Dabei können die Emissionsgrenzwerte auf der Straße durch die Real-Drive-Emission-Zertifizierung eingehalten werden (LKW seit 2014, PKW ab 1.9.2019), sobald die Flotten im Wesentlichen auf diesen Standard gebracht sind. Batterieelektrische Fahrzeuge fahren zwar lokal emissionsfrei, was Orte mit sehr hoher Verkehrsdichte von Umweltbelastungen entlasten kann, werden jedoch höchstens in Stadtnähe / im Innenstadtbereich bzw. im Kurzstreckenbereich <200 km in größerer Zahl zum Einsatz kommen, wenn die Kennziffern gemäß RIP erreicht werden. Auch die mit Wasserstoff betriebene Brennstoffzelle als alternative Stromquelle für den Elektroantrieb nach dem Schema Power-to-Gas-to-Power hat die Zukunft im Verkehrssektor noch vor sich.
Batterieelektrische Fahrzeuge reduzieren die CO2-Emissionen in Deutschland infolge des realen Strommixes zurzeit nicht. PtL-Kraftstoffe aus Sonne und Wind sind nahezu CO2-neutral. Sie stellen als synthetische Kraftstoffe eine aussichtsreiche Option dar, falls die Wasserstofferzeugung und die Synthese der Kraftstoffe großtechnisch wie ökonomisch tragfähig realisiert werden kann. Die Verfahren sind allerdings heute noch so kostenintensiv, dass das Erdöl auf geraume Zeit den Preiskampf gewinnen dürfte. Designer-Kraftstoffe wie OME3-6 weisen hervorragende Verbrennungseigenschaften auf. Um sie ins Spiel zu bringen, müsste jedoch eine teure Methanol-Infrastruktur aufgebaut werden.
Aus all dem folgt, dass der Verbrennungsmotor – auch mit seinem weiteren Entwicklungspotenzial – beileibe kein Auslaufmodell darstellt, auch keine Brückentechnologie, sondern auf lange Zeit die tragende Säule für den weltweit wirtschaftlichen und umweltfreundlichen Transport von Gütern sowie Personen bleiben wird.
- 1Georg Pachta-Reyhofen, »Die zukünftige Entwicklung des weltweiten Gütertransports und ihre Auswirkungen auf die Antriebe«, in Hans Peter Lenz (Hg.), 32. Internationales Wiener Motorensymposium, Düsseldorf 2011.
- 2British Petroleum BP (Hg.), Statistical Review of World Energy, o. O. 2015, https://www.bp.com/content/dam/bp/business-sites/en/global/corporate/pdfs/news-and-insights/speeches/speech-archive/statistical-review-of-world-energy-2015-bob-dudley-speech.pdf (30.7.2019).
- 3»Mercedes-Benz BlueTec – The Emission control system of the new E-Class«, 8. Emission Control Conference, Dresden 2016.
- 4Michael Kraft, Marius Stöckmann, Martin Bertau, »Welcher Kraftstoff wird uns morgen antreiben?«, Emission Control Conference, Dresden 2018.
- 5Gunnar Richter, Oxymethylether: Ein CO2-neutraler Kraftstoff zur Auflösung des Ruß-NOx-Zielkonflikts, Dissertation, Dresden 2018.
- 6Realfahrten vom TÜV-Süd und Hersteller-/Kundenfahrten, Stand 2016.
- 7Gilles le Borgne, »A Clean Car for each of our Customers«, Wiener Motorensymposium 2016.