Klimawandel – Was lehrt die Paläoklimaforschung?
Vorbemerkung
Dieser Beitrag zum gegenwärtigen Stand der Paläoklimaforschung und zur Problematik der Klimavorhersage beruht auf Recherchen, die der Autor in seinem Buch Das Quartär in den Tropen, eine Rekonstruktion des Paläoklimas (Fn. 9) ausführlich darlegt. Im Interesse einer besseren Lesbarkeit werden Zitate auf das Notwendigste beschränkt. Der Autor dankt Herrn Dr. Gerd Uhlmann (Dresden) und Herrn Prof. Wolf Görner (Berlin) für konstruktive Beiträge zum Manuskript.
Einleitung
Die Beschäftigung mit dem Klimawandel in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft war bis vor Jahrzehnten die Domäne der Wissenschaften, die geowissenschaftliche und historische Fakten für ihre Analysen nutzen.1 In der heutigen Debatte zum Klimawandel sind vor allem Disziplinen vertreten, die Szenarien der zukünftigen Klimaentwicklung als Darstellung mehrerer möglicher Prognosen aufgrund von Modellierungen vornehmen; Modelle dienen dabei zur Beherrschung komplexer Systeme.2
Nur wenige wissenschaftliche Schöpfungen hatten einen größeren Einfluss auf die öffentliche Meinung und das politische Handeln als Computer-Modelle des irdischen Klimas. Diese haben in den letzten Jahrzehnten weltweit den wissenschaftlichen und politischen Konsens geprägt, dass global warming eine ernste Gefahr ist. Es gibt eine große Anzahl verschiedener Modelle und Modell-Generationen (Abb. 1). Eine knappe Übersicht gibt der Bericht des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC).3 Eine Grundannahme ist, dass seit ca. 1950 CE (Common Era / n. Chr.) die globale Erwärmung, die eindrucksvoll durch das weltweite Abschmelzen der Gletscher sichtbar wird und den Geowissenschaftlern seit Ende des 19. Jahrhunderts bekannt ist, hauptsächlich man-made ist, d. h. durch die Emission von CO2 verursacht wird. CO2 wird durch die Verbrennung fossiler Energieträger der Atmosphäre zugeführt und wird – so die Annahme der Klimamodellierer – bei weiterem Anstieg in diesem Jahrhundert ein neues Energiegleichgewicht des Systems Erde-Atmosphäre schaffen, das zu einer menschheitsbedrohenden globalen Erwärmung führt. Die Modellierer nehmen an, dass der CO2-Anstieg der Erwärmung voraneilt.4 Die Paläoklimaarchive belegen das Gegenteil: Es besteht eine Verzögerung von 102 bis >103 Jahren zwischen ansteigenden Temperaturen und steigendem CO2-Gehalt in der Atmosphäre.5
Umwelt- und Klimaszenarien der Vergangenheit und Zukunft, die auf Computer-Modellierungen basieren, spiegeln Annahmen wider – ob sie richtig sind, ist nicht bekannt.6 Die Natur ist jedoch so komplex, dass sie nicht ohne Weiteres in Formeln, die die natürlichen Systeme wiedergeben sollen, gefasst werden kann. Viel zu wenig ist darüber bekannt, welche Faktoren z. B. im Quartär Klimaänderungen, Klimaschwankungen und Klimafluktuationen bewirkt haben. Klimamodelle werden angepasst, um den Fakten zu entsprechen. Klimamodellierer benutzen dabei mathematische Formulierungen (Parameterisationen), um Prozesse zu beschreiben, die wegen ihrer Größe und Komplexität nicht gelöst oder aber schlichtweg nicht verstanden werden können.
Können die Erkenntnisse aus der (eiszeitlichen) Klimageschichte, die während der letzten ca. zwei Millionen Jahre große und kleine Klimaschwankungen und Klimafluktuationen kannte, lehren, worauf sich die Menschheit einstellen muss?
Die Paläoklimaforschung führt zu Erkenntnissen des eiszeitlichen, nacheiszeitlichen und gegenwärtigen Klimawandels anhand von Beobachtungen und Messungen, denn die Natur selbst »erzählt« uns7, wie sie funktioniert.
In diesem Beitrag soll dargelegt werden, warum nach Ansicht des Autors die Klimapolitik weltweit bei ihren Entscheidungen stärker die paläoklimatischen Fakten als die modellierten Szenarien berücksichtigen sollte. Modelle kommen und gehen, aber gute Datensätze bestehen für immer. Alle in den letzten Jahren erzielten neuen Erkenntnisse finden bisher keine Berücksichtigung in den Klimamodellierungen des IPCC.8
Im Folgenden wird ein knapper Überblick über ›große‹ und ›kleine‹ Klimaänderungen gegeben, die während des Quartärs (Eiszeitalter, umfasst die letzten ca. 2,6 Millionen Jahre) das irdische System prägten. Die Kenntnisse sind das Ergebnis der wissenschaftlichen Bearbeitung der Paläoklimaarchive sowie deren Deutung und Folgerungen für die Klimadiskussion.9
Paläoklimaarchive
Paläoklimaarchive müssen kritisch betrachtet werden und lassen sich z. T. schwierig deuten. Das irdische klimatische System beinhaltet variable Einflussfaktoren mit dimensionsverschiedenen Veränderungszeiträumen. Die Variablen können in der Größenordnung von Jahren (z. B. Packeis) bis zu vielen Jahrmillionen (z. B. Konfiguration der Erdkruste) variieren.10
Lange Perioden können sich gegenseitig oder kürzer periodische die länger periodischen Variablen überlagern. Hinzu kommt die Autovariation des Zirkulationssystems der Atmosphäre, das auf einen gleichen Anstoß für das Gesamtsystem durch eine Umstellung in sich, d. h. im eigenen System, an unterschiedlichen Orten Veränderungen mit unterschiedlicher Tendenz verursachen kann.11
Das Verständnis von zukünftigen Klimaänderungen hängt von der Kenntnis vergangener Schwankungen im Klimasystem ab. Zuverlässige Messreihen von Klimadaten aus wenigen Regionen der Erde decken lediglich die letzten 150 Jahre ab, sodass nur ein ganz schmales Fenster der Klimageschichte zugänglich ist. Die Analyse verschieden langer und unterschiedlich weit zurückreichender Klimaschwankungen basiert auf grundverschiedenen Informationen über die Fakten von Klimaänderungen und über die möglichen Einflussfaktoren, die in der Natur in verschiedenen Systemen verfügbar sind. Diese Systeme heißen Klimaarchive und werden von der Klimaforschung seit vielen Jahren erfolgreich untersucht und ausgewertet. Damit ein System als Archiv geeignet ist, müssen Informationsträger aus dem Klimasystem regelmäßig aufgezeichnet und dauerhaft gespeichert werden.
Das Ziel von Eiszeitforschung und quartärer Paläoklimatologie ist die Rekonstruktion des Klima- und Landschaftswandels im Quartär.14 Zu Hilfe genommen werden dafür (a) Klimazeugen, d. h. geologische, geomorphologische, pedologische Erscheinungen, die irgendwie klimabedingt sind (Geoarchive: Sedimente, Verwitterung, Fossilien etc.), (b) physikalische und chemische Methoden (Sauerstoff-Isotopen, Spurengase etc. einschließlich physikalisch-chemischer Datierungsmethoden) und (c) rechnerische Überlegungen (Modelle etc.). Geologische Indikatoren schneller Umweltänderungen bekommen eine immer größere Bedeutung in der Paläoklimatologie und wurden von der IUGS(International Union of Geological Sciences) 1996 festgelegt; diese zeitlich hoch auflösenden Indikatoren (<100 a) für katastrophale und langsame, d. h. innerhalb eines Menschenlebens stattfindende Änderungen der Erdoberfläche oder oberflächennahen Bereiche sollen mit anderen Paläoklimaindikatoren, z. B. biologischen, klimatischen, auch sozio-ökonomischen, kombiniert werden, um ein umfassendes Bild der historischen und prähistorischen Umweltbedingungen zu erhalten. 27 Geoindikatoren werden genannt (u. a. Dünen-Bildung und Reaktivierung, Gletscherfluktuationen, Seespiegel- und Salinitätsänderungen, Bodenfrostaktivität).
Zeitlich hochauflösende Geoarchive treten bei Klima- und Umweltrekonstruktionen immer stärker in den Vordergrund. Jährlich geschichtete Sedimente (z. B. Warven, Baumringe) gestatten, kurzzeitige und schnelle Umweltveränderungen zu erfassen. Moderne Analyse-Techniken erlauben heute sogar, dass nicht nur Jahreslagen erfasst und hinsichtlich der Umweltveränderungen gedeutet werden, sondern auch jahreszeitliche (saisonale) Lagen. Damit wird eine Brücke zwischen Proxy-Daten und instrumentellen Aufzeichnungen geschaffen. Da oft nicht sicher ist, ob gebänderte Jahres-Ablagerungen in Seen und im Eis lückenlos und ohne Unterbrechung über Jahrhunderte und Jahrtausende entstanden sind, müssen die Stratigraphien mit anderen Befunden validiert werden. Das gilt auch für sogenannte ›schwimmende‹ Chronologien. Diese stammen von unterschiedlichen Proben von unterschiedlichen Orten. Bei der Korrelierung und Datierung von fluvialen, limnischen, äolischen und marinen Sedimentsequenzen, aber auch von Moorbildungen und in Baumjahresringen spielen vulkanische Ereignisse als ›Zeit-Marker‹ eine bedeutende Rolle.
Die meisten Klimaarchive (z. B. Baumringe, Bohrkerne von marinen, terrestrischen und glaziären Ablagerungen) zeichnen nur indirekt die gewünschten Klimainformationen auf. Statistische Methoden werden angewandt, um von den archivierten Charakteristika – den Proxydaten – auf Temperaturen, Niederschläge, Winde, Strahlung etc. zu schließen. Die Qualität der Proxydaten hängt von der Konstanz des aufzeichnenden Prozesses ab. Einerseits können nicht klimatisch bedingte Habitatveränderungen vermeintliche Klimaänderungen vortäuschen oder solche maskieren, andererseits können sich Organismen an langsam verändernde Umweltbedingungen anpassen. Heute besteht die größte Herausforderung der paläoklimatischen Studien in der Integration der aus zahlreichen Paläoumweltarchiven gewonnenen Daten in zeitlich hochauflösenden Analysen, bis hin zu Jahren und Jahreszeiten (Abb. 2). Herkömmliche Standardisierungsverfahren werden benutzt, um beispielsweise biologische Einflüsse (Konkurrenz, Verletzung, Wachstumstrends) aus den Proxydaten herauszufiltern. ›Multiproxy‹-Annäherungen verknüpfen eine ausgewählte Anzahl paläoklima-sensitiver Archive.
Besonders wichtig für Klima- und Umweltrekonstruktionen ist die Einbettung der natürlichen Klimaarchive in den Versuch, ein kohärentes, möglichst zeitlich hoch aufgelöstes Bild der Klima/Umweltgeschichte zu erstellen. Die Eigenarten der einzelnen Umweltarchive machen die Vernetzung zur Herausforderung. Eine verlässliche Kalibrierung der einzelnen Umweltarchive und eine sorgfältige Umwandlung der gewonnenen Daten in Temperatur- und Niederschlagsschätzungen sowie in Umweltrekonstruktionen ist für Europa und Nordamerika sehr detailliert, für die Tropen bisher nur lückenhaft erfolgt.
Die systematische Überführung von Beobachtungen (Klimaproxys) in Modelle ist ein entscheidender Eckpfeiler, wenn es um Modellierungen des Klimas in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft geht. ›Aridität‹ und ›Humidität‹ werden durch komplexe Abläufe von Temperatur und Niederschlag bestimmt, die bedeutenden raum-zeitlichen Schwankungen unterworfen sind. So können beispielsweise trotz der signifikant geringeren Niederschläge in der nördlichen Sommerregenzone des südlichen Afrika (u. a. Sambia, Zimbabwe, Nord-Botswana) während des Höhepunkts der letzten Eiszeit16 die Klimabedingungen relativ ›humid‹ sein im Vergleich zu langen Phasen des Holozäns, da die mittleren Jahrestemperaturen im letzteiszeitlichen Maximum (Last Glacial Maximum, im Folgenden LGM) wesentlich geringer (um ~ 5 °C) und die potentielle Evapotranspiration reduziert waren. Auch ist der Einfluss der Temperatur auf die Aridität je nach Klimagebiet variabel: Der Ariditätsindex17 reagiert sensitiver in trockenen Gebieten auf Niederschlagsschwankungen als in feuchteren Regionen. Gletscherschwankungen bereiten besonders große Schwierigkeiten, da sie nicht allein von einem einzigen Parameter (z. B. der Temperatur) bestimmt werden, sondern von sehr verschiedenen, wie Temperatur, Niederschlag, Strahlungshaushalt/Bewölkung, Wind, Schutt/Staubbedeckung der Eisoberfläche, Relief u. v. a. m. Aber auch Seespiegelschwankungen, Vegetationsänderungen und viele andere terrestrische Paläoklimaarchive lassen sich nur schwer in Parameter überführen, die für Modellierungen brauchbar sind. Zudem liegen aus den tropischen Gebieten oft zeitlich nicht hinreichend auflösende, regional zufällig verstreute Paläoklimaarchive vor; dies wird am PAGES 2k Network18 (Abb. 3) deutlich, das die letzten 2.000 Jahre berücksichtigt.
Kalt/Warmzeiten (Eis/Glazialzeiten, Interglazialzeiten)
Während der letzten 2,6 Millionen Jahre (im Folgenden Ma) spielten sich dramatische Veränderungen in der Erdgeschichte ab. Im frühen Pliozän vor 5,3 bis 3,6 Ma waren die globalen Durchschnittstemperaturen noch 3–4 °C und die Arktis sogar 12 °C wärmer als heute – und das bei einem CO2-Gehalt der Atmosphäre um 350–420 ppm.19 Das Ende der pliozänen Wärme kündigte sich bereits vor 3,6 Ma an, und zwar in den hohen wie auch in den niederen Breiten (Tropen). Der Temperaturgradient zwischen Tropen und Außertropen stieg an und die Eisbedeckung der Arktis nahm langsam zu, um etwa eine Millionen Jahre später (ab 2,75 Ma vor heute) rasch anzuwachsen. Damit beginnt das Quartär, auch Eiszeitalter genannt. Das Quartär wird durch markante globale Klimaschwankungen – kalte Glaziale (Kaltzeiten bzw. Eiszeiten) und warme Interglaziale (Warmzeiten) – charakterisiert.
Im vielfachen Wechsel folgten im Quartär Glaziale und Warmzeiten aufeinander, die weltweit Veränderungen nach sich zogen, die alle Bereiche der physischen Umwelt, also auch die Lebensbedingungen von Tieren und Menschen, beeinflussten. Durch das Anwachsen kilometerdicker Eismassen auf den Kontinenten sank der Meeresspiegel mit jeder Kaltzeit 120 m ab; gesunkener Meeresspiegel, gewaltige arktische und antarktische Schelfeisgebiete, kalte Schmelzwassereinträge und veränderte Küstenlinien mit ausgedehnten Schelfgebieten veränderten die thermohaline Zirkulation (THC) der Weltmeere; das im Vergleich zu heute größere Temperaturgefälle zwischen Tropen und Mittelbreiten verstärkte die allgemeine Zirkulation der Atmosphäre: Die Winde der Passat- und Westwindzonen nahmen zu, Staub wurde in vegetationsarmen Gebieten ausgeweht, oft über viele tausend Kilometer transportiert und – in Spuren selbst in der zentralen Antarktis – sedimentiert. Infolge kühlerer Temperaturen nahm die Verdunstung über den Weltmeeren ab, was geringere Niederschläge nach sich zog. Die größere Trockenheit ließ die tropischen Regenwälder auf relativ kleine Refugien schrumpfen, und die Wüsten breiteten sich äquatorwärts aus. In den gemäßigten Breiten bildete sich in weiten Teilen Europas, Asiens, Nordamerikas sowie in den Hochgebirgen der niederen Breiten als Folge der stark reduzierten Jahresmitteltemperaturen Permafrost, das heißt ein bis in große Tiefen ständig gefrorener Boden, der während der kurzen eiszeitlichen Sommer an der Oberfläche kaum einen Meter tief auftaute.
Während die Wechsel von Kalt- und Warmzeiten vor über 2,6 Ma einem 23- bis 19-ka-Zyklus folgten, stellte sich zwischen ca. 2,6 und 0,9 Ma ein 41-ka-Zyklus ein und danach ein ca. 100-ka-Zyklus. Diese Wechsel, die auch in den immerfeuchten Tropen deutlich in den Paläoklimasignalen mariner Sedimente gespeichert sind, werden gewöhnlich als nichtlineare Reaktionen des Klimasystems auf kleine zyklische Änderungen des irdischen Orbits zurückgeführt. Wenig Beachtung finden bisher Ansätze, die thermische Diffusionswellen in der Sonne (resonant thermal diffusion waves) als Verursacher einbeziehen, was viele Details der Paläotemperatur-records der letzten 5 Ma erklären könnte.20 Die Kalt- und Warmzeiten des Quartärs sind aufgrund der Sauerstoffisotopen-Schwankungen in marinen Sedimenten nummeriert worden: OIS(oxygen isotope stage) bzw. MIS(marine isotope stage) 1 (MIS 1) steht für das Holozän, MIS 2 für das letzte Hochglazial (LGM) etc. Ungerade Zahlen kennzeichnen warme (interglaziale, interstadiale), gerade Zahlen kalte Abschnitte. In der Antarktis bildeten sich die ersten Gletscher vor rund 43 Ma. Vor 34 Ma nahm der Eisaufbau zu und beschleunigte sich seit ~14 Ma in beiden Hemisphären.
Um detaillierte Daten über das letzte Interglazial, das Eem (vor 130–115 ka BP), zu erhalten, wurde zwischen 2007 und 2012 das North Greenland Eemian (NEEM) ice drilling-Projekt ausgeführt.21 Auf der Basis von stabilen Isotopen des Wassers gipfelten die eemzeitlichen NEEM-Oberflächen-Temperaturen vor 126 ka BP bei 8–4 °C über den mittleren Temperaturen der letzten 1.000 Jahre.
Die letzte Eiszeit (Würm, Weichsel, Wisconsin) umfasst MIS 4 (ca. 71–57 ka BP), MIS 3 (ca. 57–29 ka BP) und MIS 2 (ca. 29–12,7 ka BP). Die letzte Kaltzeit weist zahlreiche Klimaschwankungen auf, die aufgrund der Eisbohrkern-Daten aus Grönland und der Antarktis hinsichtlich Chronologie, Temperatur, Chemismus der Atmosphäre und vieler anderer Parameter recht gut bekannt sind. Im sog. last glacial maximum (LGM, um 23–18 ka BP, letztglaziales Maximum) war der Spiegel der Weltmeere am stärksten abgesenkt (120 m); daraus – und aus anderen Proxydaten – wird auf die maximale globale Vereisung (laurentischer und fennoskandischer Eisschild, Gebirgsvergletscherungen etc.) geschlossen; im LGM bedeckte Gletschereis weite Gebiete der Nordhemisphäre. Im LGM waren die globalen Temperaturen um 4–5 °C kälter als im 20. Jahrhundert.
Der Übergang vom LGM zum gegenwärtigen Interglazial, dem Holozän, wird als Pleistocene/Holocene Transition, Termination I (T I) oder Deglaziation (Deglaciation) bezeichnet. Er umfasst die Zeit von ~ 18 bis ~ 9 ka BP. Es ist der jüngste Übergang, in dem das Klima von einer glazialen Periode zu einer interglazialen Periode wechselte. Termination I wurde durch große Klimaveränderungen in Zeitskalen von Jahrtausenden charakterisiert. Das Ende des LGM wurde durch eine Abkühlung der nördlichen Hemisphäre22, eine Schwächung des asiatischen Monsuns, eine Erwärmung über Antarktika und ein Anstieg der atmosphärischen CO2-Konzentration gekennzeichnet. Die Hauptphase der Deglaziation (Eisabschmelzen) erfolgte in der Bölling/Alleröd-Zeit mit dem meltwater pulse 1A (MWP-1A) vor ca. 14,65–14,3 ka BP. Während des MWP-1A stieg der Meeresspiegel um insgesamt zwischen ca. 8,6 und 14,6 m an.23 In welchen Inlandvereisungsgebieten eine Instabilität und ein schnelles Abschmelzen der Eisschilde erfolgte (Nordhemisphäre, Südhemisphäre), ist unbekannt. Im zirkum-nordatlantischen Raum wurde die Deglaziation nach der relativ warmen Phase von Bölling/Alleröd durch einen Rückfall in nahezu glaziale Verhältnisse unterbrochen – der Jüngeren Dryaszeit24 –, bevor die finale Deglaziationsphase, MWP-1B, auftrat. Im zirkumantarktischen Raum fand im Antarctic cold reversal (ACR vor ca. 14,7–12,7 ka BP) eine Temperaturumkehr des Erwärmungstrends statt. Diese Klimaänderungen, die es in ähnlicher Ausprägung auch während des Termination II vor ca. 136–129 ka BP gab, wurden intensiv hinsichtlich ihrer relativen Zeiten analysiert, um Anhaltspunkte der treibenden Kräfte (forcings) und der damit verbundenen Mechanismen zu klären. Schmelzwasserimpulse (Heinrich-Ereignisse) waren vermutlich die forcings.
Die Ursachen der globalen Erwärmung zwischen dem LGM und dem Holozän liegen in den zyklischen Veränderungen der Geometrie der Erdbahn (Orbit), doch ein komplexes System von Rückkoppelungen bestimmt den Übergang von der Kaltzeit (Glazial) zur Warmzeit (Interglazial) und führt zu bedeutenden Schwankungen. ACR und YD sind Phasen, in denen der Erwärmungstrend unterbrochen wird. Heute werden die Termination I-Klimaschwankungen mit Prozessen erklärt, die durch den Abbau der großen nordamerikanischen und nordeuropäischen Eisschilde nach dem LGM zu unterschiedlichen Auswirkungen führten, wie Bildung und plötzliches Auslaufen gewaltiger Eisstauseen (so im Bereich der Großen Seen Nordamerikas), Phasen von schnellem und langsamem Meeresspiegelanstieg, Änderungen der globalen Zirkulationsverhältnisse der Ozeane (bipolare Klimawippe) und der Atmosphäre, Änderungen im Chemismus der Atmosphäre (CO2, NH4 und andere Treibhausgase) und der Albedo, vulkanische Ereignisse u. v. a. m. Die Rückkoppelungen (feedbacks) zwischen den einzelnen Parametern sind äußerst komplex und spielen sich in einer Zeit ab, in der sich das global forcing ändert (auf der Nordhemisphäre verringert sich die Einstrahlung, auf der Südhemisphäre steigt sie an) und in der das solar forcing Schwankungen unterworfen ist.
Weder die Konstellation der Erdbahnelemente, die den quartären Warm/Kaltzeitrhythmus vorgibt, noch ein solar forcing, das für Klimafluktuationen im Mittel- und Jungholozän verantwortlich ist, erklärt die Klimaschwankungen während des Termination I.
Die Nacheiszeit, das Holozän, beginnt vor ca. 11.700 Jahren. Das Holozän ist am besten geeignet, Erkenntnisse über zukünftige Klimaänderungen zu gewinnen, da einerseits das orbital forcing sehr langsam abläuft und für die kommenden Jahrhunderte kaum Änderungen bringen wird und andererseits die Einflüsse des solar forcing auf das Klima und Klimaänderungen gut bekannt sind. Letzteres trifft auch für die anthropogen verursachten Änderungen zahlreicher Klima-beeinflussender Parameter zu, wie Albedo (Veränderung der Erdoberfläche), Chemismus der Atmosphäre, Aerosole, Wasserkreislauf, Chemismus und Verschmutzung der Ozeane. Das Holozän gliedert sich in Früh-, Mittel- und Spät-Holozän, wobei die Grenzen zwischen Früh- und Mittel-Holozän um 8.200 Jahre vor heute und zwischen Mittel- und Spät-Holozän bei 4.200 Jahren vor heute angesetzt werden. Beide Klimaänderungen repräsentieren globale Klimaereignisse, die in zahlreichen marinen, glaziären und terrestrischen Sedimenten belegt sind und kühle und/oder aride Phasen dokumentieren. Die Analyse von physikalischen und chemischen Parametern, die aus grönländischen Eisbohrkernen gewonnen wurden, zeigt die erste markante Erwärmung in der ausgehenden letzten Kaltzeit in der Bölling/Alleröd-Phase vor 14.500 Jahren auf der Nordhemisphäre, während auf der Südhemisphäre der Erwärmungstrend früher eintrat und vom ACR unterbrochen wurde. Beide Klimaereignisse werden in den Eisbohrkernen durch eine plötzliche Änderung der Deuterium-Werte (sie belegen Temperaturänderungen) zusammen mit einer mehr graduellen Änderung der δ18O-Werte (Temperatur-Indikator), der Staub-Konzentration (Ariditäts-Indikator), der Dicke der Jahres-Eisschichten (Niederschlags-Indikator) und verschiedener chemischer Werte angezeigt.
Das frühe Holozän war wärmer als heute. Die europäischen Alpen waren nahezu gletscherfrei, die August-Temperaturen waren in Spitzbergen 6 °C wärmer als heute25, die klimatischen Höhenstufen der tropischen Gebirge lagen ca. 200 m höher, die polaren Baum- und Waldgrenzen waren um einige hundert Kilometer polwärts verschoben. Seit dem holozänen Klimaoptimum vor ca. 8–5 ka BP wurde es weltweit kühler. In den Randtropen belegen geringere Niederschläge eine äquatorwärtige Verlagerung der Innertropischen Konvergenzzone (ITCZ); das führte u. a. zum Ende der African Humid Period (›grüne Sahara‹) und zur Austrocknung weiter Bereiche der heutigen Sahara. Dafür war das orbital forcing entscheidend verantwortlich, denn das Maximum der Einstrahlung verschob sich im Spätglazial/Frühholozän von der Nord- zur Südhemisphäre. Die unterschiedliche Verteilung von Land und Meer auf der Erde bewirkte die Verringerung des Insolations-forcing und führte zu großräumigen Veränderungen der Ozean-Atmosphäre-feedbacks der Tropen. Um 5–4,5 ka BP begann das sogenannte Neoglazial. Das 4,2 ka event markiert in zahlreichen Geoarchiven der Tropen und Randtropen den »Wendepunkt«. Veränderungen zeigen sich beim Indian Ocean Dipole26 und beim El Niño Southern Oscillation (ENSO) im Pazifik. Ein positiver IOD schwächte den Effekt des ENSO. Im monsunalen Klimasystem des Indischen Ozeans herrschte ein mehr negativer Zustand des IOD ab 4,3 ka BP; im Pazifik begann um 4,2 ka BP eine ENSO-Variabilität mit stärkeren und häufigeren ENSO-Ereignissen. Im afrikanisch-südasiatischen Raum traten (extreme) Trockenphasen auf, die auch die frühen Zivilisationen beeinflussten.27 Das 4,2 ka event war eines der stärksten Klimaereignisse des Holozäns. Die Ursachen sind bisher unbekannt.28 Im Neoglazial ist die Kleine Eiszeit (Little Ice Age, ca. 1350–1850 CE) weltweit die kühlste Phase. Eine Temperaturkurve der letzten ca. 1.000 Jahre für Europa zeigt bedeutende Schwankungen (Abb. 6).
Ursachen der Klimaschwankungen
Die großen Klimaschwankungen stehen im Zusammenhang mit der orbitalen Konstellation von Sonne und Erde, nämlich der Exzentrizität der Erdumlaufbahn (~100 ka-Zyklen), der Schiefe der Erdachse (~40 ka-Zyklen) und der Präzession der Erdachse (~23 ka-Zyklen). Es besteht kein Zweifel aufgrund der Daten von terrestrischen, marinen und glaziären Paläoklimaarchiven, dass die quartären Schwankungen des irdischen Klimas (in Zeitskalen von >103 bis 105 Jahren) von den orbitalen Parametern bestimmt werden (Milanković-Zyklen). Die Sommerinsolation in ca. 65 ° N wird als entscheidendes forcing betrachtet, da Auf- und Abbau der nordhemisphärischen Eisschilde die größten Veränderungen zeigen. Der dominante 100 ka-Zyklus resultiert von einer nichtlinearen Reaktion der quartären Eisschilde auf das orbital forcing. Es entsteht ein äußerst komplexes Zusammenspiel zahlreicher Faktoren. Jüngst konnte anhand des kontinuierlichen Stalagmitenwachstums in der chinesischen Sanbao Cave (110° 26´ E, 31° 40´ N) belegt werden, dass die Übergänge von Kalt- zu Warmzeiten (Terminations) seit 640 ka BP durch vier oder fünf Präzessionszyklen getrennt sind; dies stützt die Ansicht, dass der 100 ka-Eiszeitzyklus ein Durchschnitt von diskreten Zahlen von Präzessionszyklen ist. Außerdem scheint neben der Präzession auch die Schiefe der Ekliptik (obliquity) einen geringen Einfluss auszuüben. Diese Beobachtungen dokumentieren, dass die Insolation wesentlich das Auftreten von Klimaschwankungen in 10³ Jahresskalen bestimmt.
Aufgrund der Erkenntnisse über die Bedeutung des orbital forcing für die quartären Klimaschwankungen wird das holozäne orbital forcing mit ähnlichen Konstellationen der Erdbahnelemente während früherer Interglazialzeiten verglichen. Wissenschaftler erhoffen sich dadurch Aussagen über die langfristige Klimazukunft (in 103 bis 104 Jahr-Zeitskalen). Das MIS 11 (vor ca. 424–374 ka BP) und das MIS 19 (vor ca. 787–760 ka BP) sind hinsichtlich des orbital forcing dem Holozän sehr ähnlich. Eine geringe Exzentrizität führt zu einem schwachen Präzessions-forcing. Das MIS 11 ist eine lange Periode von ca. 28 ka; das Holozän, das bisher ca. 12 ka umfasst, könnte demnach – ohne den anthropogenen Einfluss – noch mindestens weitere 12 ka andauern.
Heute wird vermutet, dass die Klimasensitivität der irdischen Systeme wenig bekannt ist und bei Modellierungen zu wenig Berücksichtigung findet. Unter Klimasensitivität werden die Reaktionen der globalen irdischen Mitteltemperatur auf Strahlungseinflüsse und feedbacks als Folge der Änderungen der Systeme verstanden oder anders ausgedrückt: Das Verhältnis zwischen der beobachteten Erwärmung und den climate forcings. Die pliozänen CO2atm-Konzentrationen und deren Einfluss auf das irdische Klima zeigen, dass die Klimasensitivität der irdischen Systeme weit größer sein muss, als in den bisherigen Modellen angenommen wird.29 Positive Klima-Rückkoppelungen waren im relativ warmen Pliozän stärker als in kühleren Epochen. Das warme pliozäne Klima hatte schwächere zonale und meridionale Temperaturgradienten in den Tropen, die ebenfalls nicht von den Klimasimulationen erfasst werden (Pliocene Model Intercomparison Project [PlioMIP])30. Viel Unsicherheit besteht auch heute noch bei der Erklärung der Prozesse, die für den Beginn und das Ende einer Kaltzeit maßgeblich verantwortlich sind. So kann die Temperaturabnahme am Ende einer Warmzeit (z. B. MIS 5e) und zu Beginn einer Glazialzeit um Jahrtausende früher einsetzen als die Reduktion des CO2atm-Gehalts. Das Verständnis der an den Eiszeitzyklen beteiligten Vorgänge ist von Fortschritten in den Klimasystemtheorien abhängig, die heute konzeptionelles Modellieren und Experimente mit numerischen Modellen verschiedener Komplexitätsniveaus kombinieren.31
Die CO2atm-Konzentrationen waren im MIS 11 vergleichbar mit denjenigen der präindustriellen Zeit; im Vergleich zu den Werten der nachfolgenden jüngeren Interglaziale (MIS 9, 7 und 5) zeigt sich, dass die CO2atm-Werte im MIS 11 geringer als die Höchstwerte von MIS 9, 7 und 5 waren. Im MIS 11 (vor rund 400 ka BP) waren große Teile der westantarktischen und grönländischen Eisschilde geschmolzen. Der ostantarktische Eisschild war nicht wesentlich betroffen; in Grönland existierten Reste des Inlandeises. Roberts u. a., die das MIS 11 auf ~423 – 362 ka BP datieren, sehen in dem MIS 11-Interglazial die wärmste Periode des gesamten Quartärs (seit ca. 2.600 ka BP) mit einem Meeresspiegelanstieg bis zu 13 m.32 In der Arktis NE-Russlands (67°30´ N, 172°0´ E) wies das ›Super-Interglazial‹ MIS 11 maximale Sommertemperaturen und jährliche Niederschläge auf, die um ~4–5 °C höher und um ~300 mm niederschlagsreicher waren als im Eem vor ca. 125 ka BP und im Holozän.33 In Namibia wurden im MIS 11 Höhlen-Sinter (Speläotheme) in der Wüste und marine Terrassen (Horingbaai Fan-Delta) gebildet, die im Vergleich zu nachfolgenden Interglazialen relativ feuchte Bedingungen und einen hohen Meeresspiegel dokumentieren. Gleiches gilt für See-Bildungen in der Sahara und Speläothem-Wachstum auf der arabischen Halbinsel. Zudem scheinen in den älteren Glazialzeiten (vor 400 ka BP) die Klimaverhältnisse humider gewesen zu sein; darauf deuten frühere Vergletscherungen tropischer und randtropischer Gebirge hin, die wesentlich ausgedehnter waren, deren Altersstellung jedoch bis heute nicht exakt ermittelt und bestimmten marinen Isotopenstadien (MIS) zugeordnet werden kann.
Die Paläoklimaarchive dokumentieren zweifelsfrei, dass frühere Warmzeiten (z. B. MIS 11 vor ca. 400 ka BP, MIS 5 vor ca. 125 ka BP) ohne einen anthropogenen Einfluss auf den CO2atm-Gehalt bei ähnlichem global forcing-Verhältnissen (MIS 11) höhere Temperaturen, höhere Meeresspiegel und geringere Gletscherbildungen (Grönland, Westantarktis, Hochgebirge) aufwiesen als heute (2018 CE).
Die terrestrischen Paläoklimaarchive (Paläoseen, Höhlensinter, Meeresspiegelschwankungen) und die rekonstruierten CO2atm-Daten der antarktischen Eisbohrkerne belegen, dass die beobachteten Klimaschwankungen der Eiszeiten und Interglazialzeiten der letzten 800 ka BP nur erklärt werden können, wenn den solaren forcings eine größere Bedeutung und dem CO2atm ein geringerer Einfluss zukommen. Viele Grundannahmen, die in die Modellierungen eingehen, müssen daher überdacht werden.34 Doch um diese zu verstehen, werden mehr Daten benötigt; das betrifft insbesondere die Chronologien der verschiedenen Paläoklimaarchive sowie die Reaktion der terrestrischen Ökosysteme auf interglaziale Klimaänderungen.
Auch während der letzten Eiszeit gab es markante Klimaschwankungen von – geologisch betrachtet – kurzer Dauer, die sogenannten Dansgaard/Oeschger-Zyklen (D/O-Event) (Abb. 5). Diese abrupten (warmen) Klimawechsel können bisher in aufwändigen Klimasimulationen nicht erfasst werden. Die Ursachen werden in wiederholten Eisausbrüchen des nordamerikanischen Eisschilds in den Nordatlantik (sogenannte Heinrich-Ereignisse) vermutet, die zur Unterbrechung der thermohalinen Meereszirkulation (u. a. Golfstrom) und damit zur Abkühlung, zur Vergrößerung der Eisflächen und zu höherer Albedo führten. Im System Inlandeis-Ozean-Atmosphäre liefen system-immanente Prozesse ab, die Klimaschwankungen auslösten, und zwar unabhängig vom orbital forcing und solar forcing sowie vom CO2atm-Haushalt.
Im Spätholozän kam es aufgrund einer Abnahme des solar forcing zur weltweit kühleren Phase der Kleinen Eiszeit (Little Ice Age, LIA), die um ca. AD 1350 begann und um ca. AD 1850 endete. Vulkanische Eruptionen sollen für die Abkühlung mitverantwortlich gewesen sein, doch für feedback-Mechanismen zwischen extremen Vulkanausbrüchen und globalen Klimaänderungen gibt es in der quartären Klimageschichte keine Belege. Das Ende der Kleinen Eiszeit fällt mit dem Beginn des Industriezeitalters in Europa und Nordamerika zusammen. Seither steigen die globalen Temperaturen an. Die Südhemisphäre mit der Antarktis folgt diesem Trend im 20. Jahrhundert nicht. Das Muster der Temperaturänderung des LIA lässt auf dynamische Klimareaktionen schließen, die auf Änderungen des natürlichen Strahlungs-forcing (solar forcing) unter Beteiligung von El Niño und nordatlantischer Oszillation (NAO)/arktischer Oszillation erfolgten.
Die größten Klimaanomalien der Kleinen Eiszeit traten um 1700 CE während des Maunder-Minimums (1645–1715 CE) auf. Schwankungen der solaren Aktivität fielen mit Temperatur- und Niederschlagsänderungen zusammen. Während des Maunder-Minimums traten Sonnenflecken kaum auf, und die Sonnenstrahlung war um 0,15 bis 0,4 % gegenüber den jüngst gemessenen Minimal-Werten verringert. Das Maunder-Minimum ist ein Grand Solar Minimum, von denen es in den vergangenen 1.000 Jahren fünf gab, mit einer Dauer zwischen 60 und 100 Jahren und die auf einer Abschwächung des Magnetfelds der Sonne beruhen.37 Es gibt viele Hinweise, dass das Maunder-Minimum in klimasensiblen Geoarchiven dokumentiert wird.38
Der Solareinfluss auf das Klima wird durch zahlreiche neuere Untersuchungen immer häufiger bestätigt. De Jager u. a.39 geben eine Zusammenstellung zum Fragenkreis ›Solare Entstehung terrestrischer Temperaturveränderungen‹. Sie listen zahlreiche Belege für den Einfluss des solar forcing auf längere Zeitskalen auf (101–103 Jahre). Die Belege für ein solar forcing der Klimaänderungen und der damit durch feedback-Prozesse einhergehenden Erwärmung sind eindeutig. Beispielsweise zeigt die NO3-Konzentration im Guliya-Eisbohrkern (Tibet) die Periodizität der Sonnenaktivität-Schwankungen seit 900 CE. Horiuchi u. a.40 benutzen 10Be und solare Aktivität seit 700 CE vom Dome Fuji-Eiskern aus der Antarktis für exakte Altersbestimmungen und für Aussagen zur Intensität der kosmischen Strahlung. Moffa-Sánchez u. a.41 rekonstruieren aus δ18O- und Mg/Ca-Analysen Temperatur und Salzgehalt des Nordatlantiks und stellen einen deutlichen Solareinfluss für das letzte Jahrtausend (einschließlich der Kleinen Eiszeit) fest. Dürren in der Karibik, die während der Kleinen Eiszeit ± zur Zeit der solaren Minima (Oort, Wolf, Spörer, Maunder, Dalton) auftraten, waren mit El Niño-ähnlichen Bedingungen im östlichen äquatorialen Pazifik verknüpft; die El Niño-Oszillationen werden durch das natürliche Strahlungs-forcing kontrolliert. Phasen mit hohen Seespiegelständen im europäischen Jura (Schweiz/Frankreich) korrelieren im Holozän mit Veränderungen der Sonnenstrahlung. Zwischen 1960 CE und den späten 1980er Jahren war die solare Strahlung an der Erdoberfläche reduziert; anschließend stieg sie an.42 Während der Periode mit verringerter Strahlung (1960–1988, auch vor 1920) hatten zahlreiche Gletscher der Alpen einen positiven Eishaushalt und bildeten Vorstoßmoränen.43 In einer Zusammenfassung schreiben Foukal u. a.44, dass es keine Hinweise gibt, dass größere Variationen der solaren Helligkeit (luminosity) zu signifikanten Klima-Änderungen in Perioden von Jahrhunderten, Jahrtausenden oder Jahrmillionen geführt haben. Vielmehr scheint das Klima auf Änderungen des von der Sonne ausgesandten ultravioletten Lichts und des magnetisierten Plasmas zu reagieren. Diese Vorgänge sind aber zu komplex, als dass sie heute schon sinnvoll bewertet werden könnten. Kirkby u. a. sowie Tröstl u. a.45 beschreiben mögliche Beziehungen zwischen der magnetischen Variabilität der Sonne, die nicht nur den galaktischen Fluss der kosmischen Strahlen zur Erde beeinflusst, sondern auch Partikel (Aerosole) und Klima. Die HOM-Zusammensetzung der Aerosole (highly oxidized multifunctional organic compunds) hat Einfluss über diverse Prozesse auf das Klima und Klimafluktuationen. Um den Mangel an Wissen über die Zusammenhänge Sonne – Klima (teilweise) zu beheben, fördert die EU seit Dezember 2013 den Forschungsverbund Aerosols and Climate.
Die Erwärmung seit 1850 CE, dem Ende der Kleinen Eiszeit, fällt mit dem Beginn des globalen CO2atm-Anstiegs von 280 ppm auf (heute) > 400 ppm zusammen. Der CO2atm-Anstieg, nicht der Temperaturanstieg, wird durch die beginnende Industrialisierung, die Bevölkerungszunahme und den damit verbundenen Ressourcenverbrauch (u. a. fossile Energieträger) verursacht. Strittig bleibt bei der Diskussion der Ursachen der globalen Erwärmung seit ca. 1850 CE der Einfluss des CO2atm auf die Temperaturentwicklung.
Das CO2-Dilemma (CO2 versus solar forcing)
Es soll hier nicht unerwähnt bleiben, dass aus dem nahezu synchronen Verlauf der δ18O-, CO2- und Temperatur-Kurven, die zuerst aus Eisbohrkernen Grönlands (1966 Camp Century, 1982 Dye 3) und der Antarktis (seit den 1970er Jahren, u. a. Vostok, Dome C) gewonnen wurden und die noch eine – im Vergleich zu späteren Eisbohrkernen – extrem niedrige zeitliche Auflösung zeigten, gefolgert wurde, dass ein rascher Temperaturanstieg am Ende einer Eiszeit wesentlich vom Anstieg des atmosphärischen CO2 von ca. 190 ppm (LGM, 20 ka BP) auf ca. 280 ppm (im Frühholozän) abhängig ist.46 Der CO2-Anstieg nach dem LGM soll für ein Drittel des Temperaturanstiegs verantwortlich sein47 und auch die zukünftige Erwärmung bestimmen (vgl. Abb. 7: Zukünftige Klimasensibilität des CO2).48 Diese Hypothese wurde in den darauffolgenden Jahren von vielen Wissenschaftlern vertreten. Deshalb wurde dem CO2-Gehalt der Atmosphäre besondere Aufmerksamkeit zuteil. Die Annahmen der engen Beziehungen zwischen Klimagang und atmosphärischen Treibhausgas-Gehalten (THG) sind die Grundlage für die Berechnungen zur CO2-Klimasensitivität.49 In welchem Ausmaß jedoch die THGs die globalen Temperaturen während der Glazial- und Interglazialzeiten beeinflussten, wird seit Jahrzehnten heftig diskutiert.
Erst langsam setzte sich die Erkenntnis durch, dass der CO2-Anstieg nicht unmittelbar den Temperaturgang bestimmte. Der CO2-Anstieg folgte dem Temperaturanstieg am Ende der letzten Eiszeit mit einer zeitlichen Verzögerung von bis zu mehreren 100 Jahren50 bzw. bis zu 1.500 Jahren in den Tropen und der Südhemisphäre;51 auch die Periode der Kleinen Eiszeit weist eine zeitliche Verschiebung von CO2- und Temperaturgang um ca. 60 Jahre auf.52 Werden diese Fakten zugrunde gelegt, können CO2- und Temperaturentwicklung sich nicht unmittelbar bedingen; sie scheinen einem komplexen System zu folgen.
Die Ausführungen zeigen, dass zahlreiche Parameter bei der Berechnung der CO2-Klimasensitivität berücksichtigt werden müssen. Die Bedeutung des Einflusses von vielen Parametern53 wird durch ständig neue Erkenntnisse korrigiert54. In welchem Umfang daher die Klimasensitivität des CO2 ebenfalls korrigiert werden muss, ist nicht bekannt.55 Da in den letzten Jahren neue Erkenntnisse über den Einfluss von Albedo, Wolken und solar forcing auf den Energiehaushalt der Erde erzielt wurden, darf eine geringere Sensitivität der Klimasysteme hinsichtlich des CO2 angenommen werden. Geringe Änderungen in der Sonnenaktivität führen in Verbindung mit verstärkenden feedback-Effekten zu spürbaren Einflüssen auf das Klimasystem (u. a. kann die Kette Erwärmung – Zunahme der Verdunstung – Zunahme des Treibhausgases ›Wasserdampf‹ in der Atmosphäre – Änderung der Albedo – weitere Erwärmung usw. beschrieben werden).56
Folgerungen aus der Quartärforschung
Die Diskrepanz zwischen den Modell-Ergebnissen der Klimasimulation und den beobachteten records zeigt, dass bedeutende Rückkoppelungen im hydrologischen System noch nicht in den Modellierungen berücksichtigt werden. Beispielsweise müssen Klimamodelle zukünftig mehr die biologischen Prozesse wie die terrestrische Netto-Primärproduktion, die Transpiration, die Symbiose von Pflanzenwurzeln und Pilzen als die physikalischen Abläufe (Evaporation) berücksichtigen.57 Vorerst wird es aber unmöglich sein, alle komplizierten Interaktionen zwischen biologischen, chemischen und physikalischen Komponenten der Ökosysteme in die Modelle zu integrieren.58
Die Daten der unmittelbaren Beobachtungen und Messungen der letzten Dekaden hatten eine große Bedeutung für Modellierungen der Klimazukunft. Erst nach und nach stellte sich heraus, dass infolge der kurzen Beobachtungszeiträume – gemessen an den natürlichen Klimaschwankungen der letzten 10³ bis 105 Jahre – die Modellierungsergebnisse kritisch bewertet werden sollten. Fehlschlüsse, die den Modellierungsresultaten zugrunde lagen, konnten teilweise revidiert werden. Die forcings, die das irdische Klimasystem steuern, sind komplex und auch heute in keiner Weise zufriedenstellend erfasst. Von immer größerer Bedeutung werden Veränderungen, die im System selbst begründet sind. Die natürliche Klimavariabilität (natural climate variability), die in jüngster Zeit (seit ca. 1850 CE) erkannt wird, betrifft die Phänomene ENSO(El Niño/Southern Oscillation), AMOC(Atlantic Meridional Overturning Circulation), SAM(Southern Annular Mode), IPO(Interdecadal Pacific Oscillation) u. v. a. m. Die zu Beginn des 21.Jahrhunderts stagnierende globale Erwärmung (ca. 1998–2014 CE), die sogar zu einer Abkühlung in der (West-)Antarktis geführt hat,59 wird heute mit einer natürlichen Klimavariabilität in Zusammenhang gebracht. Vor allem die Magnituden dieser natural climate variability geben sich erst in den letzten Jahren zu erkennen. In den terrestrischen Paläoklimaarchiven ist die natural climate variability in der Regel nicht gespeichert und somit auch nicht für frühere 103 IPCC (2013), Summary for Policymakers, in Thomas Stocker u. a. (Hg.), Climate Change 2013: The Physical Science Basis. Contribution of Working Group I to the Fifth Assessment Report of the Intergovernmental Panel on Climate Change, Cambridge / New York 2013. IPCC-Modelle sollten ersetzt werden durch: Earth system models (ESMs); sie simulieren physikalische, chemische und biologische Prozesse, die dem Klima unterliegen, und sie sind die komplexesten in der Hierarchie der Modelle, die die gegenseitige Beeinflussung von Atmosphäre – Land – Ozean – Meer – Eis berücksichtigen. bis 104Jahre nachweisbar. Dass das irdische Klima im Holozän jedoch durch solar forcing und global forcing entscheidend geprägt wurde und nicht durch natural climate variability, wird durch die zahlreichen terrestrischen Paläoklimazeugen eindrucksvoll doku mentiert.
Die natürliche Klimavariabilität ist dem allgemeinen Trend des global warming in den vergangenen ca. 150 Jahren aufgesetzt. Die terrestrischen Paläoklimaarchive belegen, dass die globale Erwärmung nach der Kleinen Eiszeit natürliche Ursachen hat. Ein anthropogenes forcing der Erwärmung überlagert wiederum die natürliche Erwärmung einschließlich der natürlichen (im System begründeten) Variabilität. Da die messenden Analysen und Beobachtungen nur wenige Dekaden zurückreichen, ist eine Trennung von natürlich und anthropogen bedingtem forcing des global warming bisher nicht möglich. Unbestreitbar ist eine Zunahme des Einflusses der menschlichen Zivilisationen auf das Klimageschehen seit Jahrhunderttausenden durch die Benutzung des Feuers, durch Jagd und durch Waldrodung (alles führte zu Vegetations-, Albedo- und hydrologischen Veränderungen). Seit 1850 CE tragen das Bevölkerungswachstum und die Industrialisierung außerdem zu einer markanten Veränderung des Chemismus der Atmosphäre (CO2, Methan, etc.) bei.
Über den Einfluss des Menschen auf eine Klimaänderung seit 1850 CE wird viel diskutiert. Klimamodelle legen nahe, dass das Signal der anthropogenen Klimabeeinflussung durch die Tendenz der Ozeane maskiert wird, Wärme aufzunehmen und zu transportieren; auch werden feedbacks des anthropogenen forcing durch die Geschwindigkeiten der THC gesteuert; sie laufen in 10² a oder längeren Zeiträumen ab. Um einerseits das Ausmaß der Bedeutung der natürlichen Klimavariabilität und der natürlichen globalen Erwärmung zu bestimmen und andererseits zweifelsfrei zu belegen, welchen Einfluss dem anthropogenen forcing dabei zukommt, bedarf es noch einiger Dekaden der Datensammlung und Datenauswertung.60
Markante Klimaschwankungen des Holozäns (u. a. 4,2 ka event, Kleine Eiszeit) erfolgten, als der CO2-Gehalt der Atmosphäre keinen erkennbaren Schwankungen unterworfen war, orbital forcing wegen der langen Zeitspannen der langsamen Veränderungen ausgeschlossen werden kann und der menschliche Einfluss (human forcing) hinsichtlich des CO2atm-Haushalts unbedeutend war.61
Über die Klimazukunft gehen die Ansichten in der Forschung sehr auseinander. Beispielsweise darf unter Berücksichtigung der Paläoklimaarchive aus den Tropen und Randtropen in Verbindung mit den messenden Analysen der letzten Dekaden von einer Ausdehnung der Tropenzone nach Süden und nach Norden ausgegangen werden. Damit einher geht eine Ausweitung der randtropischen Gebiete mit Zenitalregen; das führt – wie die Paläoklimaarchive der warmzeitlichen Interglaziale belegen – zur Zunahme der Niederschläge in den randtropischen, heute ariden Gebieten (Sahel, Australien, Südarabien). Die aktuellen Klimamodell-Ergebnisse zeigen dagegen eine Abnahme der Niederschläge in den randtropischen semi-humiden/semi-ariden tropischen Gebieten (z. B. Sahelzone).
Da in den letzten Jahrtausenden der anthropogene Einfluss auf alle irdischen Systeme (vgl. Abb. 1) zugenommen hat und dieser Einfluss weiterbestehen wird, ist mit gravierenden Veränderungen der Umwelt zu rechnen, wodurch auch das Klima verändert wird. Doch nicht nur das Klima, vor allem Witterung und Wetter werden sich – gemessen an den Verhältnissen seit 1850 CE – von Region zu Region ändern.
Synopse
Durch die sich ändernden Erdbahnparameter (orbital forcing) werden die Warm/Kaltzeit-Zyklen (u. a. ›Eiszeiten‹) des Quartärs bestimmt. Sich ändernde Strahlungsverhältnisse (Milanković-Zyklen) führten zu feedbacks im irdischen (Klima-)system.
Die markanten Klimaschwankungen, die den Erwärmungstrend beim Übergang von der letzten Eiszeit zur Nacheiszeit überlagerten, sind Auswirkungen der Prozesse des Abbaus der großen nordhemisphärischen Eisschilde, die zu Bildungen und (plötzlichem) Auslaufen von Eisstauseen, veränderten ozeanischen und atmosphärischen Zirkulationsmustern etc. führten, mit teilweise sehr schnellen Übergängen in Zeitskalen von 101 bis 102 Jahren (u. a. Jüngere Dryaszeit, 8,2 ka-Ereignis).
Die Klimaveränderungen/schwankungen im Jungholozän wurden durch solar forcing (Veränderungen auf der Sonne, z. B. Kleine Eiszeit) bestimmt. Feedback-Mechanismen spielten dabei eine Rolle.
Zurzeit kann noch nicht hinreichend exakt angegeben werden, welchen Einfluss der Mensch auf die Klimaentwicklung der letzten Jahrtausende, Jahrhunderte und Jahrzehnte ausgeübt hat. Sicher ist, dass die anthropogenen ›forcings‹ sehr vielfältig sind und von Albedo-Änderungen (Änderung der Landbedeckung) über Aerosoleinträge in die Atmosphäre bis zu Veränderungen des Chemismus der Atmosphäre (Treibhausgase) reichen.
Ständig werden neue Erkenntnisse über den Einfluss einzelner Parameter (Aerosole, Sonnenwind, Wolken etc.) auf das irdische Klima gewonnen. Daher ist es nicht möglich, anthropogene und natürliche Klima-forcings hinreichend exakt zu quantifizieren, um – wie von der Weltklimakonferenz gefordert – konkrete Maßnahmen zur globalen Klimabeeinflussung (Reduzierung der Erderwärmung auf ≤ 2°C seit 1850 CE) zu treffen. Die Zukunft wird zeigen, ob eine Reduzierung der Zunahme des CO2atm-Gehalts (ohne weitere einschneidende Maßnahmen) den gewünschten Erfolg zeitigen wird. Vorerst muss sich die Menschheit auf eine weitere Erderwärmung einstellen, und zwar mit allen Begleiterscheinungen (Meeresspiegelanstieg, Verschiebung und qualitative Änderungen der Klima- und Landschaftszonen etc.).
Als Ursachen der globalen Erwärmung seit 1850 CE können genannt werden: (i) Ende der Kleinen Eiszeit (solar forcing und feedback-Mechanismen der irdischen Systeme) und (ii) in (zunehmendem) Maße human forcing durch Veränderungen der Biosphäre (mit Einfluss auf Vegetation – Wasserhaushalt – Albedo – Temperatur u. a. m.), der Hydrosphäre (mit Einfluss auf Ozeane – Wasserdampfgehalt der Atmosphäre – Bewölkung – Niederschlag – Wolken-Albedo – Temperatur u. a. m.) und der Atmosphäre (mit Einfluss auf Aerosole, Wolken, Treibhausgase [v. a. H2O] – Niederschlag – Albedo u. a. m.). Wie groß der Einfluss der einzelnen Parameter auf die globale Erwärmung der letzten Dekaden ist, ist nur annähernd bekannt.62 Bei Modellierungen der Klimazukunft wurden und werden einige Parameter ständig an den wissenschaftlichen Kenntnisstand angepasst; trotz großer Fortschritte der terrestrischen, marinen und glaziären Paläoklimaforschung wird der Klimasensitivität des CO2atm-Gehalts in den Modellen mehr Bedeutung geschenkt, als den Daten der – vor allem terrestrischen – Paläoklimaarchive zu entnehmen ist.63 Letztere dokumentieren große und kleine Klimaschwankungen, die nicht auf CO2atm-Schwankungen basieren.
- 1Z. B. Hubert H. Lamb, Climate: Present, Past and Future, Vol. 2: Climatic History and the Future, London 1977; Paul Woldstedt, Das Eiszeitalter. Grundlinien einer Geologie des Quartärs, Band 1, 2 und 3, Stuttgart 1961, 1958, 1965; Hermann Flohn, Das Problem der Klimaänderungen in Vergangenheit und Gegenwart, Darmstadt 1985.
- 2Z. B. Sonia I. Seneviratne u. a., »The many possible climates from the Paris Agreement’s aim of 1.5 °C warming«, in Nature 558 (2018), S. 41–49.
- 3IPCC (2013), Summary for Policymakers, in Thomas Stocker u. a. (Hg.), Climate Change 2013: The Physical Science Basis. Contribution of Working Group I to the Fifth Assessment Report of the Intergovernmental Panel on Climate Change, Cambridge / New York 2013. IPCC-Modelle sollten ersetzt werden durch: Earth system models (ESMs); sie simulieren physikalische, chemische und biologische Prozesse, die dem Klima unterliegen, und sie sind die komplexesten in der Hierarchie der Modelle, die die gegenseitige Beeinflussung von Atmosphäre – Land – Ozean – Meer – Eis berücksichtigen.
- 4Im HAPPI Report (Half a degree Additional warming, Prognosis and Projected Impacts) steuert die »wissenschaftliche Gemeinschaft« gezielte wissenschaftliche Beiträge zum IPCC 1.5 °C-Sonderbericht bei; dort heißt es sogar: »Es ist eine sehr gut gesicherte Erkenntnis der Klimaforschung, dass die globale Mitteltemperatur quasi-linear mit den kumulativen CO2-Emissionen steigt.« Carl-F. Schleußner u. a., Klimafolgen bei 1,5 °C und 2 °C – Ergebnisse des HAPPI-DE Konsortiums, Geesthacht 2018. S. 3 ff.
- 5Ryu Uemura u. a., »Asynchrony between Antarctic temperature and CO2 associated with obliquity over the past 720,000 years«, in Nature Communication 9/961 (2018), S. 1–11.
- 6Paeth Heiko, »Klimamodellierung – Probleme, Errungenschaften, aktuelle Herausforderungen«, in GMIT 72 (2018), S. 8–20.
- 7Hans Cloos, Gespräch mit der Erde. Welt- und Lebensfahrt eines Geologen, München 1936.
- 8IPCC 2013 (Fn. 3).
- 9Klaus Heine, Das Quartär in den Tropen, eine Rekonstruktion des Paläoklimas, Heidelberg 2019.
- 10Joachim Blüthgen, Allgemeine Klimageographie, 3. Aufl., bearbeitet von W. Weischet, Berlin 1980, S. 708.
- 11Blüthgen, Klimageographie (Fn. 10), S. 708.
- 12Jörg F. W. Negendank, »Klima im Wandel: Die Geschichte des Klimas aus geobio-wissenschaftlichen Archiven«, in Wolfgang Schluchter u. a. (Hg.), Klima im Wandel – Eine disziplinüberschreitende Herausforderung (Brandenburgische Technische Universität Cottbus, Aktuelle Reihe 10) o.O. 2001, S. 32–38.
- 13Ebd.
- 14Martin Schwarzbach, Das Klima der Vorzeit. Eine Einführung in die Paläoklimatologie, Stuttgart 1974.
- 15Sébastien Bertrand u. a., »ESF EuroCLIMATE Spring School: Late Quaternary timescales and chronology«, in PAGES News 16/3 (2008), S. 36–37.
- 16LGM – last glacial maximum, ~23 – 18 ka BP [ka BP – 1000 Jahre before present].
- 17AI, Index zur Trennung von feuchten und trockenen Klimaten bzw. Perioden.
- 18PAGES 2k Network, »Continental-scale temperature variability during the past two millennia«, in Nature Geoscience 6/5 (2013), S. 339–346.
- 19Dazu sei angemerkt: Am 9. Mai 2013 überschritt die atmosphärische CO2-Konzentration auf dem Mauna Loa, Hawaii, zum ersten Mal seit dem Beginn der Nacheiszeit vor 11.700 Jahren den Wert von 400 ppm; im Jahr 2016 überstieg der Wert global 400 ppm.
- 20Robert Ehrlich, »Solar Resonant Diffusion Waves as a Driver of Terrestrial Climate Change«, in Journal of Atmospheric and Solar-Terrestrial Physics 69 (2007), S. 759–766.
- 21NEEM Community Members, »Eemian interglacial reconstructed from a Greenland folded ice core«, in Nature 493 (2013), S. 489–494.
- 22 Cooling event, Heinrich stadial I, ca. 18–15 ka BP.
- 23Jean Liu u. a., »Sea-level constraints on the amplitude and source distribution of Meltwater Pulse 1A«, in Nature Geoscience 9 (2016), S. 130–134.
- 24Younger Dryas, YD, ca. 12,8–11,7 ka BP.
- 25Jan Mangerud und John I. Svendsen, »The Holocene Thermal Maximum around Svalbard, Arctic North Atlantic; molluscs show early and exceptional warmth«, in The Holocene 28 (2018), S. 65–83.
- 26IOD, eine Oszillation der Meeresoberflächen-Temperaturen im westlichen und östlichen Indischen Ozean.
- 27U. a. Niedergang des Old Kingdom in Ägypten, des Akkadian Empire in Mesopotamien, der Liangzhu-Kultur in China, der Indus-Tal-Zivilisation.
- 28 What is the 4.2 ka BP event?«, in TwoRains Blog, https://tworains.wordpress.com/2018/01/30/what-is-the-4-2-ka-bp-event (20.2.2019).
- 29Mark Pagani, »Broken tropical thermostats«, in Nature Geoscience 7 (2014), S. 555–556.
- 30Chris Brierley u. a., »Pliocene warmth and gradients«, in Nature Geoscience 8 (2015), S. 419–420.
- 31Past Interglacials Working Group of PAGES, Interglacials of the last 800,000 years, 5.3.2016, https://doi.org/10.1002/2015RG000482 (20.2.2019). Vgl. Peter M. Cox u. a., »Emergent constraint on equilibrium climate sensitivity from global temperature variability«, in Nature 553 (2018), S. 319–322 und Diskussion in Nature 563 (2018), S. E1–E15.
- 32David L. Roberts u. a., »Melting ice sheets 400,000 yr ago raised sea level by 13 m: Past analogue for future trends«, in Earth and Planetary Science Letters 357–358 (2012), S. 226–237.
- 33Martin Melles u. a., »2.8 Million Years of Arctic Climate Change from Lake El’gygytgyn, NE Russia«, in Science 337 (2012), S. 315–320.
- 34Doug McNeall u. a., »The impact of structural error on parameter constraint in a climate model«, in Earth System Dynamics 7 (2016), S. 917–935; Heine, Quartär (Fn. 9).
- 35 Ulrike Kienel und Jörg F. W. Negendank, »Die ›Kleine Eiszeit‹ dokumentiert in Landschaftsbildern und den Sedimenten eines Maarsees«, in Gerold Wefer und Frank Schmieder (Hg.), Expedition Erde. Wissenswertes und Spannendes aus den Geowissenschaften, Bremen 2010, S. 416–421.
- 36Heine, Quartär (Fn. 9)
- 37Tobias C. Spiegl, Die Auswirkungen eines potentiellen Grand Solar Minimum auf das Klimasystem vor dem Hintergrund des anthropogenen Klimawandels, Dissertation an der FU Berlin, 22.5.2017.
- 38Z. B. Klaus Heine und Jörg Völkel, »Extreme floods around AD 1700 in the northern Namib Desert, Namibia, and in the Orange River catchment, South Africa, forced by a decrease of solar irradiance during the Little Ice Age?«, in Geographica Polonica 84 (2011), S. 61–80; Vidya Varma u. a., »Impact of solar-induced stratospheric ozone decline on Southern Hemisphere westerlies during the Late Maunder Minimum«, in Geophysical Research Letters 39 (2012). L20704.
- 39Cornelis de Jager u. a., »Quantifying and specifying the solar influence on terrestrial surface temperature«, in Journal of Atmospheric and Solar-Terrestrial Physics 72 (2010), S. 926–937.
- 40Kazuho Horiuchi u. a., »Ice core record of 10Be over the past millennium from Dome Fuji, Antarctica: A new proxy record of past solar activity and a powerful tool for stratigraphic dating«, in Quaternary Geochronology 3 (2008), S. 253–261.
- 41Paola Moffa-Sánchez u. a., »Solar forcing of the North Atlantic surface temperature and salinity over the past millennium«, in Nature Geoscience 7 (2014), S. 275–278.
- 42U. a. Martin Wild u. a., »From Dimming to Brightning: Decadal Changes in Solar Radiation at Earth’s Surface«, in Science 308 (2005), S. 847–850.
- 43Max Maisch, »Gletscher im Brennpunkt des Klimawandels«, in Wolfgang Zängl und Sylvia Hamberger (Hg.), Gletscher im Treibhaus, Steinfurt 2008, S. 204–214.
- 44Peter Foukal u. a., »Variations in solar luminosity and their effect on the Earth’s climate«, in Nature 443 (2006), S. 161–166.
- 45Jasper Kirkby u. a., »Ion-induced nucleation of pure biogenic particles«, in Nature 533 (2016), S. 521–526; Jasmin Tröstl u. a., »The role of low-volatility organic compounds in initial particle growth in the atmosphere«, in Nature 533 (2016), S. 527–531. Vgl. Chris Cappa, »Unexpected player in particle formation«, in Nature 533 (2016), S. 478–479.
- 46 laude Lorius u. a., »The ice-core record: Climate sensitivity and future greenhouse warming«, in Nature 347 (1990), S. 139–145.
- 47Bjørn G. Andersen und Harold W. Borns Jr., The Ice Age World, Oslo 1994.
- 48Lorius u. a. (Fn. 46) beschreiben die Berechnung der Klimasensitivität des CO2 bei dessen Verdoppelung in Equilibrium temperature, feedback processes and 2 × CO2 experiments.
- 49Robert A. Berner und Zavareth Kothavala, »Geocarb III: A Revised Model of Atmospheric CO2 over Phanerozoic Time«, in American Journal of Science 301 (2001), S. 182–204. Vgl. auch Dana L. Royer u. a., »CO2 as a primary driver of Phanerozoic climate«, in Geological Society of America (GSA) Today 14 (2004), S. 4–10; Stefan Rahmstorf u. a., »Cosmic Rays, Carbon Dioxide, and Climate«, in Eos 85 (2004), S. 38–41.
- 50Eric Monnin u. a., »Atmospheric CO2 Concentrations over the Last Glacial Termination«, in Science 291 (2001), S. 112–114.
- 51Jeremy D. Shakun u. a., »Global warming preceded by increasing carbon dioxide concentrations during the last deglaciation«, in Nature 484 (2012), S. 49–54; Uemura u. a., Asynchrony (Fn. 5).
- 52 eter Cox und Chris Jones, »Illuminating the Modern Dance of Climate and CO2«, in Science 321 (2008), S. 1642–1644.
- 53Z. B. Bewölkung, Aerosole, TSI [Total Solar Irradiance], Albedo.
- 54Paul Ginot, »Warming or cooling dust?«, in Nature Geoscience 10 (2017), S. 246–247; vgl. auch Fn. 45.
- 55Uemura, Asynchrony (Fn. 5)
- 56Flohn, Klimaänderung (Fn. 1).
- 57Comor Nolan u. a., »Past and future global transformation of terrestrial ecosystems under climate change«, in Science 361 (2018), S. 920–923.
- 58»Editorial«, in Nature Geoscience 8/6 (2015), S. 417.
- 59Eric J. Steig, »Cooling in the Antarctic«, in Nature 535 (2016), S. 358–358; John Turner u. a., »Absence of 21st century warming on Antarctic Peninsula consistent with natural variability«, in Nature 535 (2016), S. 411–415.
- 60Steig, Antarctic (Fn. 59).
- 61Vgl. What is the 4.2 ka BP event? (Fn. 28).
- 62Yousuke Sato u. a., »Aerosol effects on cloud water amounts were successfully simulated by a global cloud-system resolving model«, in Nature Communications 9 (2018), No. 985.
- 63Gordon B. Bonan und Scott C. Doney, »Climate, ecosystems, and planetary futures: The challenge to predict life in Earth system models«, in Science 359 (2018), S. 533–541; Uemura, Asynchrony (Fn. 5).