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Politikwissenschaft im Anthropozän


Die aktuelle Debatte zum Anthropozän regt Forschungsbeiträge aus vielen Wissenschaftsdisziplinen an, trotzdem haben sich in Deutschland die Sozialwissenschaften und hier insbesondere die Politikwissenschaft bisher nur mit wenigen Ausnahmen1 – von denen zwei bedeutende Vertreter in den Niederlanden (Frank Biermann und Philipp Pattberg) und einer in Schweden (Fariborz Zelli) lehren – daran beteiligt. Mit dem Begriff Anthropozän verbindet sich der Vorschlag zur Benennung einer neuen geochronologischen Epoche – einer Epoche, in der der Mensch selbst zu einem der wichtigsten Einflussfaktoren auf die biologischen, geologischen und atmosphärischen Prozesse auf der Erde und damit zu einem geologischen Faktor geworden ist. Laut Diagnose von Paul Crutzen und Eugene Stoermer sei die Menschheit in Gestalt der modernen wissenschaftlich-technischen Zivilisation zu einer die gegenwärtigen geologischen Verhältnisse des Globus bestimmenden Kraft geworden, weswegen das Zeitalter des Holozän für beendet erklärt werden müsse und ein (geologisch) neues Zeitalter angebrochen sei: das Anthropozän.2 Das im Zeitalter der Moderne in Wissenschaft und Gesellschaft breit anerkannte duale Weltbild von Mensch und Natur gerät vor dem Hintergrund der Ergebnisse der Erdwissenschaften (u. a. der Klimaforschung) ins Wanken.3 Bis heute dominiert in Politik und Gesellschaft der Technikoptimismus, dass die bei der (innovativen) Nutzung natürlicher Ressourcen anfallenden Umweltkosten ex ante zwar nicht gänzlich unvermeidbar, ex post aber technisch und ökonomisch beherrschbar seien.4 Dieses Urvertrauen in den technischen Fortschritt wird durch die Anthropozänhypothese und deren Ausdeutung als globale Grenzüberschreitung, die für die ökologische Stabilität des Erdsystems mit katastrophalen Folgen verbunden sein könnte, zunehmend erschüttert. Die Veröffentlichungen der Arbeitsgruppe um Johan Rockström und Will Steffen5 über die sich abzeichnenden Grenzen der Belastbarkeit unseres Planeten durch exponentiell steigenden Ressourcenverbrauch haben der Debatte über den Beginn eines neuen, anthropogenen Zeitalters neuen Schwung verliehen.6

In Deutschland sieht sich die universitäre Politikwissenschaft von der internationalen Anthropozändebatte erst in jüngster Zeit7 herausgefordert. Das mag damit zusammenhängen, dass hierzulande von der akademischen Politikforschung gegenüber Zukunftsthemen große Distanz gehalten wird. Um das Markenzeichen der Wissenschaftlichkeit nicht zu gefährden, stehen faktisch beobachtbare und intersubjektiv überprüfbare politische Phänomene im Zentrum des forschenden Blicks. Gegenüber unsicheren Aussagen über zukünftige Entwicklungen (Prognosen, Szenarien), die sich als leichtfertige Spekulationen erweisen könnten, bestehen erhebliche Vorbehalte. Ein weiterer Grund für diese Zurückhaltung könnte auch darin liegen, dass die Erdsystemforschung zwar die politischen Entscheidungsträger (die Politik) adressiert,8 dass aber grundlegende Erkenntnisse der Politikwissenschaft über politische Handlungs- und Entscheidungsprozesse unberücksichtigt bleiben (u. a. der Konsens- und Legitimationsbedarf politischer Entscheidungen), was Vorurteile stabilisiert und den interdisziplinären Dialog erschwert.


Auf der internationalen Ebene hat sich, unabhängig von der politikwissenschaftlichen Rezeption der Anthropozänthese in Deutschland, eine intensive und differenzierte Debatte mit verschiedenen Diskurssträngen herausgebildet, die Bonneuil9 als Narrative bezeichnet. Er unterscheidet ein naturalistisches, ein öko-katastrophisches, ein öko-marxistisches sowie ein ›post-nature‹ Narrativ.10 Freilich gibt es auch Debattenbeiträge, die dem Konzept des Anthropozän kritisch gegenüber stehen.11 Auf diese sozialtheoretischen, naturphilosophischen und ideologiekritischen Arbeiten zur Anthropozändebatte kann im nachfolgenden Beitrag, der sich an den Arbeiten der Erdsystemforschung orientiert, nicht eingegangen werden. Hier steht die Frage im Zentrum, welche Forschungs- und Debattenbeiträge von der Politikwissenschaft zur Bewältigung der politischen und gesellschaftlichen Probleme, die sich mit der Krise des Holozän und dem Beginn des Anthropozän eingestellt haben, erwartet werden können. 


Trotz ihrer Fokussierung auf die politischen Probleme der Gegenwart wird auch hierzulande die Politikwissenschaft nicht umhinkönnen, sich intensiver mit dem Anthropozänbefund und der von den Erdsystemwissenschaften ausgelösten Diskussion über die globalen Grenzen12 der nicht-nachhaltig regulierten post-modernen Risikogesellschaft13 zu beschäftigen. Je mehr in den Umweltwissenschaften und von den Nachbardisziplinen (Soziologie, Geschichte, Recht, Geographie, Kulturwissenschaften) über das ›neue‹ Zeitalter14 wissenschaftlich geforscht wird und je aufmerksamer die politischen Akteure die Herausforderungen des neuen Zeitalters registrieren, desto bereitwilliger wird die Politikwissenschaft die Anthropozänthematik der zunehmenden Wahrscheinlichkeit risikoreicher globaler Grenzüberschreitungen aufgreifen und ihre Kompetenzen einbringen wollen. Von der Politikwissenschaft können in mehreren Themenfeldern Forschungsbeiträge erwartet werden, u. a.: 


  • Politikwissenschaftliche Analyse der Formen politischer Rezeption der erdwissenschaftlichen Problemdiagnose zur offenbar schnell zunehmenden Gefährdung der Umweltsicherheit, 

  • Klärung und kritische Reflexion der Politikkonzeption der Erdsystemforschung und der von dieser an die Politik gerichteten Anforderungen, 

  • Beschreibung und kritische Analyse sowie Entwicklung von Instrumenten der Vermeidung und Anpassung (international, national, lokal) an die von den Erdwissenschaften thematisierten Risiken, 

  • Selbstreflexion der Disziplin hinsichtlich politikwissenschaftlicher Beiträge zur Bewältigung der Herausforderungen des Anthropozäns, u. a. durch methodische Erweiterungen wie Interdisziplinarität, Transdisziplinarität und transformative Wissenschaft.15

In dem nachfolgenden Diskussionsbeitrag werden zu jedem dieser vier Themenfelder Überlegungen präsentiert, die zu weiteren Forschungsfragen Anlass geben. Dabei werden meine Einlassungen von der Überzeugung geleitet, dass der Umbruch vom Holozän zum Anthropozän die Kontextbedingungen von Politik, des fragmentierten globalen politischen Systems, fundamental verändert. Die politischen Akteure müssen – in einem funktionalen Sinne – auf die neue Situation reagieren und sind auch bereits dabei.16 Ob und in welcher Weise es ihnen dabei gelingt, die globalen Umweltgrenzen zu respektieren und durch den Einsatz technologischer Instrumente sogar weiter hinauszuschieben, ist noch offen. Das Fenster der Möglichkeiten scheint sich aber bereits zu schließen.17 Meine Ausführungen gelangen zu dem Fazit, dass die an den deutschen Hochschulen beheimatete Politikwissenschaft erst gerade beginnt, sich den Herausforderungen des Epochenwandels wissenschaftlich anzunehmen. Von guter (innovativer) Wissenschaft lässt sich unter Verwendung dieses Relevanzkriteriums nur in Ausnahmefällen sprechen. 


1. Der politikwissenschaftliche Beitrag zur Problemdiagnose


An den Diskussionsbeitrag des Geochemikers und Nobelpreisträgers Paul ­Josef Crutzen und des Meeresbiologen Eugene F. Stoermer18 mit der These, dass die Menschheit die seit etwa 10–12.000 Jahren herrschenden stabilen Umweltverhältnisse des Holozän verlassen habe und sich in einem neuen geologischen Zeitalter, dem Anthropozän, befände, dessen prägende Kraft die Menschheit geworden sei, hat sich mit einiger Verzögerung eine erdwissenschaftliche sowie geologisch-stratigraphisch interessierte Debatte angeschlossen. Nach einer Vorlaufzeit von etwa zehn Jahren beteiligen sich inzwischen an der von Crutzen und Stoermer ausgelösten Diskussion19 neben den Geo- und Umweltwissenschaften (Erdwissenschaften) auch die Kultur- und Sozialwissenschaften.20

Die von der internationalen geologischen Gesellschaft zu klärende erdgeschichtliche Frage, ob die Hypothese vom Anthropozän als eines neuen menschengemachten geologischen Zeitalters als empirisch gesichert gelten kann, konnte noch nicht einvernehmlich beantwortet werden.21 Über den Beginn des neuen Zeitalters wurde noch kein Konsens erzielt.22 Weitgehend unabhängig von der geowissenschaftlichen Meinungsbildung ist das Konzept des Anthropozäns auf eine beachtliche wissenschaftliche Resonanz, vor allem in Kreisen der Umweltwissenschaften, gestoßen und hat zu einer seit 2010 an Umfang und Tiefe dynamisch zunehmenden internationalen Themenkonjunktur23 geführt. In dieser Debatte werden fundamentale Fragen aufgeworfen, wie die nach dem Natur- und Umweltverständnis der Moderne, nach den Triebkräften der Wachstumsdynamik, den Transformationserfordernissen und -möglichkeiten der fossilistischen Industrie- und Wachstumsgesellschaft und dem für die große Nachhaltigkeitswende erforderlichen Wertewandel.24

Aus der Perspektive der Politikwissenschaft interessiert von den Fragen und Problemen, die der Anthropozänbefund aufwirft, vorrangig das Theorem der globalen Grenzen von Johan Rockström und Will Steffen.25 Die ökonomisch-technischen Aktivitäten der Menschheit sollen sich zu einer geologisch (stratigraphisch) wirksamen Kraft entwickelt haben, die zunehmend die für den Menschen zuträglichen Umweltbedingungen des Holozäns gefährdet. Freilich sind die Zerstörung lokaler und regionaler Ökosysteme durch Ausbeutung von Naturschätzen sowie die Nutzung der freien Natur als Müllkippe bekannte menschliche Verhaltensmuster.26 Auch wird seit Jahrzehnten in der Wissenschaft die modelltheoretisch gewonnene Erkenntnis diskutiert, dass die ›große Akzeleration‹ des demographischen und ökonomisch-technologischen (kapitalistischen) Wachstums zu nicht-intendierten ökologischen Konsequenzen führt, die sich auf die für die menschliche Entwicklung günstigen Holozänbedingungen nachteilig auswirken.27 Vor diesem Hintergrund bildet allerdings die Fülle empirischer Messdaten, die darauf hinweisen, dass sich die Menschheit mit zunehmender Sicherheit und Überprüfbarkeit tatsächlich auf einen Entwicklungspfad eingelassen hat, der die Stabilität der für die menschliche Prosperität zuträglichen globalen Umweltbedingungen akut und irreversibel gefährdet, einen neuen wissenschaftlichen und politischen Erkenntnishorizont.


Abb. 1: Status der Kontrollvariablen für sieben von neun pla-netarischen Grenzen. Quelle: Steffen u. a., Planetary boundaries (Fn. 5), copyright 2015 by American Associa-tion for the Advance-ment of Science (AAAS). Abb. 1: Status der Kontrollvariablen für sieben von neun pla-netarischen Grenzen. Quelle: Steffen u. a., Planetary boundaries (Fn. 5), copyright 2015 by American Associa-tion for the Advance-ment of Science (AAAS).
An dem unter Federführung von Johan Rockström im Jahre 2009 publizierten Nature-Artikel zu quantifizierten globalen Grenzen war auch Paul Crutzen, Auslöser der Anthropozändebatte, als Mitautor beteiligt. Dort wird die Aussage/Hypothese formuliert: 


»Since the Industrial Revolution, a new era has arisen, the Anthropocene, in which human actions have become the main driver of global environmental change. This could see human activities push the Earth system outside the stable environment state of the Holocene, with consequences that are detrimental or even catastrophic for large parts of the world.«28

Die von der menschlichen Zivilisation verursachten geologisch-stratigraphischen Veränderungen bilden einen wichtigen erdwissenschaftlichen und naturphilosophischen Aspekt des neuen erdgeschichtlichen Zeitalters; gravierender für die menschliche Existenz auf dem Planeten sind jedoch die, mit schädlichen oder sogar katastrophalen Konsequenzen für anthropogen zuträgliche Lebensbedingungen verbundenen, ökologischen Folgen des menschlichen Einwirkens auf die Naturverhältnisse. In dem Nature-Artikel von 2009 der Forschungsgruppe um Rockström des Stockholmer Resilienzzentrums wurden neun planetarische Prozesse ermittelt, von denen drei die für die Menschheit zuträgliche, da risikotolerante und somit ›sichere‹, Variabilitätszone, den ›safe operating space‹, (Biodiversität, Klimawandel, Stickstoffkreislauf) bereits verlassen hätten. Im Jahre 2015 legte eine internationale Arbeitsgruppe um Will Steffen, ebenfalls vom Stockholmer Resilienzzentrum, in Science ein Update (siehe Abb. 1) der Forschungsergebnisse von 2009 vor.29 Die Kontrollvariablen zur Ermittlung stabiler Umweltbedingungen wurden weiter präzisiert, kritische Unsicherheitszonen wurden definiert und aktuelle Werte den Kontrollgrößen zugewiesen. Gegenwärtig befinden sich gemäß dieser Analyse drei Erdsystemprozesse außerhalb der Grenzen der Sicherheitszone, deren Breite beim gegenwärtigen wissenschaftlichen Erkenntnisstand allerdings noch nicht abschließend geklärt ist; und zwar: die Integrität der Biodiversität sowie die Reproduktionsbedingungen des Phosphor- und des Stickstoffzyklus. Die Anreicherung von Klimagasen in der Atmosphäre liege mit einem Wert von etwa 400 ppm CO2 noch innerhalb der mit einiger Wahrscheinlichkeit beherrschbaren Risikozone von 350 bis 450 ppm CO2. Durch beschleunigte Mitigationsmaßnahmen ließe sich die Überschreitung gefährlicher Grenzwerte mit ka­tastrophalen Auswirkungen auf das Weltklima vermeiden. 


Die Umweltsicherheit des Globus stellt ein Gemeinschaftsgut dar, von dessen Stabilität das Wohlergehen der Menschheit abhängt.30 Mit der Entde­ckung von durch menschliches Handeln zunehmend gefährdeten globalen ökologischen Grenzen und der Thematisierung der steigenden Risiken ihrer sich bereits abzeichnenden und teilweise bereits erfolgten Überschreitung, machte die Erdsystemforschung auf den unsicheren Zustand ökologischer Funktions­bedingungen des Globus aufmerksam. In modernen, funktional differenzierten Gesellschaften hat neben vielen anderen Instanzen letztlich die auf unterschiedlichen geographisch-administrativen Ebenen agierende Politik für die globale Umweltsicherheit einzustehen. Diese generelle struktur-funktionale Aussage, die über die realen Zustände schweigt, basiert auf der mit dem Souveränitätsprinzip begründeten Allzuständigkeit der Politik. Auf der internationalen Ebene verfügen die Nationalstaaten, verbrieft durch die Charta der Vereinten Nationen und zahlreicher, sie ergänzender und präzisierender, Konventionen, die rechtliche und politische Kompetenz, aber auch die Verantwortung, die Umweltsicherheit zu gewährleisten. Im vorliegenden Zusammenhang ist von Bedeutung, dass mit den Rio-Beschlüssen (1992) die im UN-System organisierte Staatengemeinschaft für die Garantie der Einhaltung der Grenzbedingungen der globalen Umweltsicherheit Verantwortung übernommen hat (u. a. Agenda 21, 
Klimarahmenkonvention). Daher sollte in den Institutionen der internationalen Umweltpolitik eine hohe Rezeptivität für politisch relevante Nachrichten aus der Wissenschaft hinsichtlich des Zustandes der ökologischen Funktionssysteme des Globus bestehen. Sofern eine Gruppe international ausgewiesener Experten in den beiden weltweit anerkannten Wissenschaftsmagazinen Nature (2009) und Science (2015) alarmierende Erkenntnisse und dazu noch einen politischen Appell (State of the Planet Declaration)31 veröffentlicht, hätten im politischen Raum die Warnglocken Sturm läuten müssen; haben sie aber nicht!


Die Politikwissenschaft vermag allerdings plausible Hypothesen zur Erklärung der schwachen Resonanz auf die erdwissenschaftlichen Gefährdungsszenarien im politischen Raum, in der politischen Öffentlichkeit, seitens der zuständigen internationalen und nationalen Behörden wie auch in der Politikwissenschaft selbst anzubieten. Hier sollen vier Argumente beleuchtet werden: die Vordringlichkeit der Bewältigung aktueller Gefährdungslagen, die Pfadabhängigkeit von Entscheidungen, der Einfluss multikausaler Verursachungs­zusammenhänge, die Unterschätzung/Überschätzung von Handlungsfähigkeit. Da diese und weitere Erklärungsfaktoren (u. a. die Medienlandschaft) je nach Land unterschiedlich ausgeprägt sind, kann abgesehen von Plausibilitätsüberlegungen nur mit empirisch angelegten ländervergleichenden Studien geklärt werden, welche der hier skizzierten Faktoren und welche Faktorenkombinationen Erklärungskraft besitzen. 


1.1 Vordringlichkeit der Bewältigung aktueller Gefährdungslagen


Ein Vergleich der Strukturmerkmale von Systemen unterschiedlicher globaler, anthropogen verursachter Bedrohungssituationen vermag erste Hinweise für eine Erklärung unterschiedlicher Thematisierungs- und politischer Reaktionsmuster der Staatengemeinschaft zu geben. Im Politikfeld der militärischen (nuklearen) Sicherheit fielen, als die Entwicklung und Dislozierung von Kernwaffen gefährlich eskalierte und eine nukleare Katastrophe drohte, die Reaktionen der Politik gänzlich anders aus als im Politikfeld der Umweltsicherheit, wo drohende Grenzüberschreitungen angekündigt werden. Einen komprimierten Überblick über die unterschiedlichen politischen Verarbeitungsformen globaler militärischer und globaler ökologischer Unsicherheit gibt die Zusammenstellung der Tabelle 1. 


Tab. 1: Vergleich militärischer und ökologischer Bedrohungspotenziale, Quelle: Autor.
Vergleichsdimensionen
Politikfeld Globale militärische Sicherheit Globale ökologische Sicherheit
Diagnosekonzept Atomzeitalter Anthropozän
Art der Bedrohung Direkte Zerstörung Indirekte Gefährdung
Zeitlicher Verlauf Explosiv Schleichend
Historischer Beginn Trinity-Test (16.7.45), Hiroshima (6.8.45) Zeitalter der großen Akzeleration (Fordismus)
Entscheidungsform Intentionales Handeln politischer Akteure/Regierungen Nicht-intendierte Nebenwirkungen gesellschaftlichen Handelns
Politische Verantwortung/Zuständigkeit ABC-Mächte/Rüstungskontrollregime Schwach institutionalisierte Mehrebenenregime
Politische Handlungsproblematik Abschreckungslogik Tragik der Gemeinschaftsgüter
Wissenschaftliche Politikberatung Analyse/Kritik von Abschreckungssystemen Diagnose, Handlungsoptionen, Szenarienmodellierung

Mit der Zündung der Atombomben von Hiroshima und Nagasaki im Sommer 1945 und dem sich anschließenden nuklearen Rüstungswettlauf war der politischen Öffentlichkeit und der Staatengemeinschaft unmittelbar klar, dass ein neues Zeitalter militärischer Gewaltpotenziale begonnen hatte (Acheson-Lilienthal Report). Die Entwicklung der atomaren Aufrüstung und des Wettrüstens der Nuklearmächte (seit 1949) wurde nahezu von Beginn an von Initia­tiven begleitet, die durch den Aufbau kontrollierender Institutionen (Baruch Plan 1946), durch Abrüstung und Rüstungskontrolle, den nuklearen Ernstfall zu vermeiden suchten. Bis heute, annähernd 75 Jahre später, ist dieser Versuch, trotz höchst gefährlicher Spannungsmomente wie während der Kubakrise, erfolgreich geblieben. Die globalen Grenzen des Atomzeitalters wurden bis heute nicht überschritten; an der Erhaltung des Droh- und Zerstörungspoten­zials, das ein nukleares Inferno auslösen könnte, sind die Atomgroßmächte weiterhin interessiert.


Die für das Zeitalter des Anthropozäns diagnostizierten globalen Umwelt­risiken markieren gleichfalls ein neues Zeitalter, da durch anthropogen verursachte, zumeist unbeabsichtigte Nebenwirkungen sich die der menschlichen Entwicklung zuträglichen planetaren Umweltbedingungen des Holozäns zwar schleichend, dennoch existenzgefährdend und irreversibel verändern. Es drohen Umweltkatastrophen.32 Im sogenannten Atomzeitalter besteht allerdings seit Jahrzehnten die Fähigkeit, durch den Einsatz von Massendestruktionswaffen die menschliche Zivilisation zu vernichten. Ein geologisch-stratigraphisch markantes Kriterium zur Identifikation des historischen Beginns des Atomzeitalters dürfte sich mit dem radioaktiven Fallout angeben lassen.33 In den beiden Handlungsbereichen (Politikfeldern) der militärischen wie der ökologischen Sicherheit lässt sich aus einem politikwissenschaftlichen und handlungstheoretischen Verständnis das Spannungsfeld zwischen empirisch beobachtbaren Veränderungen34 einerseits und anthropogenen Handlungspotenzialen zur Verhinderung von Katastrophen andererseits als das entscheidende strukturelle Merkmal des neuen Zeitalters bestimmen. Aus dieser Perspektive würde das Zeitalter des Anthropozäns mit dem Abwurf der Bomben auf Hiroshima und Nagasaki begonnen haben. 


Das von den Erdsystemforschern um Rockström thematisierte Handlungsfeld der globalen Grenzen und der sich aus ihnen ergebenden Umwelt­unsicherheit35 unterscheidet sich in wesentlichen Struktureigenschaften von der militärischen Sicherheit (siehe Tabelle 1): Die möglichen und immer wahrscheinlicher werdenden Umweltkatastrophen sind in erster Linie Folge nicht-intendierter Nebenwirkungen, die sich nach und nach einstellen, globale, aber lokal unterschiedliche Auswirkungen und eine hohe Trägheit mit irreversiblen Folgen haben und an deren Entstehung und Mitigation eine Vielzahl von Akteuren differenzierter Gesellschaften beteiligt ist oder wäre.36 Die sich aus dieser Problemsituation ergebenden kollektiven Handlungsprobleme sind in den Sozialwissenschaften gut bekannt.37 Die theoretische Erklärung ist jedoch nicht mehr als ein Baustein für problemadäquates Handeln. Es bleibt das politisch-praktische Problem, dass die Bewältigung aktueller Problemlagen mit eng befristeten Entscheidungen – vor allem in Krisensituationen – nach Luhmann generell Vorrang hat vor Entscheidungen, die sich verschieben lassen.38

1.2 Pfadabhängigkeit


Ein zweiter Faktor, der die Thematisierung und Politisierung der Gefährdung globaler Umweltgrenzen erschwert, besteht in der Pfadabhängigkeit politischen Handelns.39 Die im Zeitalter des Holozäns aufgebauten Institutionen, deren Handlungsprogramme gleichzeitig die ökonomische Leistungsfähigkeit sichern und den anthropogenen Lebensraum schützen sollten, erweisen sich als stabil und nur beschränkt lernfähig. Sie werden daher der Zieltrias nachhaltiger Entwicklung immer weniger gerecht.40 Damit das Anthropozän nicht die prognostizierte, für die Menschheit katastrophale Wendung nimmt, müssten die globalen Umweltgrenzen als politische Richtschnur einer globalen (!) sozial-ökologischen Transformation Anerkennung finden und entsprechend institutionalisiert werden.41 Dieses normative Desiderat ist funktional gefordert und evident, sofern die Forschungsergebnisse der Erdsystemforschung akzeptiert werden. Da aber die Institutionen des Holozäns weiterhin pfadabhängig das Handeln steuern, sind konfliktreiche Lernprozesse, die durch die stark ungleiche Verteilung der jeweiligen nationalen wie vor allem der internationalen Handlungspotenziale noch erschwert werden, zu erwarten. Dabei ist das kollektive, aus unzähligen Einzelleistungen bestehende Gesamtergebnis dieser Aneignungsprozesse des Anthropozäns völlig offen.42 In modernen, stark differenzierten Gesellschaften passen sich die einzelnen Gesellschaftssys­teme entsprechend der ihnen eigenen tradierten Regelsysteme an die neuen Verhältnisse sowie an neue Anforderungen, die von anderen gesellschaftlichen Teilsystemen ausgehen, an. Die Politik neigt dazu, um die Anpassungskosten möglichst niedrig und die interne Herrschaftsordnung stabil zu halten, sich nur langsam auf veränderte Umfeldbedingungen einzustellen. Dabei sind dysfunktionale Steuerungsleistungen nicht auszuschließen. 


1.3 Anthropogen modifizierte Naturverhältnisse – die Suche nach Schuldigen


Im Übergang vom Holozän zum Anthropozän wandeln sich die Beziehungen der nationalen Ebene der Politik, also des politisch-administrativen Systems, zur lokalen und globalen Umwelt. Die jeweiligen örtlichen ökologischen Verhältnisse sind in vielen ihrer Ausprägungen das Resultat der Interaktion anthropogener – gesellschaftlicher und politischer – Aktivitäten mit den natürlichen Ressourcen und den Naturkräften des Globus. Von Menschenhand unberührte Naturverhältnisse, deren Leistungen (Ressourcenangebot und regulierenden Funktionen)43 frei angeeignet und genutzt werden konnten, verschwinden immer mehr. Die von den meisten Zeitgenossen als von menschlichem Tun unbeeinflusst wahrgenommenen Umweltbedingungen (Fruchtbarkeit der Böden, Niederschlagsmengen, Biodiversität, Wasserqualität, etc.) sind in einem steigenden Ausmaß selbst das Ergebnis menschlicher Aktivitäten.44

In dem Maße wie die lokalen Umweltverhältnisse nicht nur als zunehmend bedrohlich und riskant, sondern auch als anthropogen mitverursacht begriffen werden, wird das Spannungsverhältnis zwischen dem problematischen Ist-Zustand und den sich vielerorts verschlechternden Entwicklungsbedingungen politische Konflikte unterschiedlicher Virulenz auslösen – so jedenfalls die Vermutung. Konfliktform und Konfliktintensität werden jedoch nicht zuletzt davon abhängen, welche Deutungsmuster sich im lokalen Raum über die Verschlechterung der ökologischen Verhältnisse etablieren können, welche Akteure für die Gefährdungen verantwortlich erscheinen und welche Instanzen (öffentliche Verwaltung, Unternehmen) für Schäden haftbar gemacht werden. Die Suche nach den Schuldigen und die Debatte, welche politischen Akteure versagt haben, hat gerade erst begonnen.45 Die großen Verursacher ökolo­gischer Gefährdungslagen, wie z. B. die Ölkonzerne, haben weder an kostspieligen Auflagen zur Vermeidung externer Kosten noch an rechtlichen Auseinandersetzungen bis hin zu politischen Konflikten ein gesteigertes Interesse. Sie reagieren – jedenfalls sehr häufig – mit einer öffentlichen Kommunikation der Dethematisierung, die Befürchtungen als unbegründet darstellt, Risiken als übertrieben behauptet und Schäden als überhöht einstuft.46

Für die öffentliche und politische Thematisierung der anthropozänen Naturverhältnisse ergeben sich schwer überwindbare Hemmnisse: die Akteure der lokalen wie auch der nationalen Politik verweisen auf die Verantwortung der Wähler, auf Wissenslücken und auf übergeordnete politische Instanzen; die multinationalen, aber lokal tätigen Unternehmen begründen ihr Handeln mit Weltmarktzwängen, ihrem beschränkten Wissen und den Verbraucherwünschen. Auf der internationalen Ebene findet das ›Blame‹-Spiel seine Fortsetzung. Die Länder des globalen Südens sehen die entwickelten Industrieländer in der Verantwortung (Cbdr-Prinzip)47; letztere akzeptieren das Prinzip nur als allgemeine Norm, kaufen sich durch (kleinere) Einzahlungen in die internationalen Fonds frei und stellen ihrerseits Forderungen zur beschleunigten Mitigation an die Staaten des globalen Südens.


1.4 Unterschätzung und Überschätzung von Handlungsfähigkeit


In einem ökonomischen Umfeld, in dem sich eine Erhöhung der Produktionskosten leicht zum Nachteil gegenüber Wettbewerbern auswirkt, ist die Zurückhaltung von Unternehmen gegenüber der Internalisierung von Umweltkosten rational begründet. Aber auch die Staaten scheinen, wenigstens vordergründig, gut beraten zu sein, die Kosten globaler Umweltprobleme zu externalisieren und nur unter der Bedingung der Existenz kollektiver und rechtlich erzwingbarer Regelungen Vermeidungskosten zu akzeptieren. Die ökonomische Mainstream-Vernunft48 plädiert für Abwarten bis ein verlässliches und sanktionsfähiges internationales Regime etabliert ist, da die Übernahme einer Vorreiterrolle beim globalen Umwelt- und Klimaschutz Drittstaaten über den Preismechanismus entlaste, Leakage-Effekte auslöse, nur dem guten Gewissen, aber nicht der Umweltsicherheit diene. Bei dieser Kalkulation reicht das einzelstaatliche Handlungspotenzial nicht aus, die (antizipierten) negativen Folgen einer unilateralen Umweltschutzstrategie zu kompensieren. Das eigene Handlungspotenzial wird bei dieser Strategie des Abwartens aber deutlich unterschätzt, da positive Nebenwirkungen auf die Umwelt, die Gesundheit, das Innovationspotential oder die Arbeitsplätze, wie Elinor Ostrom und ihr Forschungsteam49 gezeigt haben, unberücksichtigt bleiben.


Solange aber die positiven Nebeneffekte ausgeblendet werden, ist es dem einzelnen Unternehmen wie dem einzelnen Staat kaum möglich, der Rationalitätsfalle und dem Drama der Gemeinschaftsgüter (Hardin) zu entkommen. Wenn die Akteure ihr Handlungspotential vordergründig rational, aber nicht mit umfassender Vernunft einschätzen, werden sie Handlungen unterlassen, die ihren staatlichen Konkurrenten zu nutzen scheinen und bei ihnen, infolge politisch-rechtlich erzwungener Umweltschutzauflagen, möglicherweise (ceteris paribus) zu steigenden Kosten und Konsumverzicht führen. Mit dieser Argumentation verabschiedete 1997 der US-Senat in Vorbereitung auf die Klimaverhandlungen in Kyoto mit 95 : 0 Stimmen eine Resolution (Byrd-Hagel) gegen ›einseitige‹, die Schwellenländer (vor allem China) begünstigende, Mitigationsverpflichtungen der Industrieländer, insbesondere der Vereinigten Staaten.50 Der amerikanische Senat überschätzte hier seine Handlungsfähigkeit, sein Drohpotential, die Schwellenländer zur Abkehr vom Cbdr-Prinzip zu veranlassen. Gemeinsam mit den Entwicklungsländern des globalen Südens hielten sie an dieser Grundnorm des internationalen Klimaregimes fest, die auch in das Übereinkommen von Paris (2015), allerdings in leicht modifizierter, flexibilisierter und daher interpretierbarer Form, Eingang gefunden hat. Gleichzeitig mit der Überschätzung ihrer internationalen Handlungsfähigkeit unterschätzten die Senatoren damals die ökologischen Folgen des Klimawandels für die USA.


1.5 Zwischenfazit


Die Politikwissenschaft vermag zu plausibilisieren, dass eine Reihe von politischen Hürden überwunden werden muss, damit in der Sphäre der Politik die erdwissenschaftliche Hypothese der drohenden und riskanten Überschreitung globaler ökologischer Systemgrenzen auf die Agenda gesetzt wird. Dabei ist zu befürchten, dass sich die einzelnen Hürden wechselseitig ergänzen und zu einer kaum bezwingbaren Festung für die besorgte Wissenschaft und alarmierte Bürger auftürmen. Für die Politikwissenschaft stellt sich als interessante Aufgabe, zu klären, bei welchen politischen Akteuren (Regierungen, Stadtverwaltungen), sich unter welchen Umständen Zugangstore öffnen und wie diesem Prozess nachgeholfen werden könnte. 


2. Politikverständnis der Erdsystemforschung


Der erste Abschnitt dieser Ausarbeitung hat sich mit der Frage und dem ­politischen Problem beschäftigt, warum die von der Erdsystemforschung modelltheoretisch berechnete, d. h. bei Fortsetzung bestimmter Verhaltensweisen mit einer hohen Wahrscheinlichkeit drohende, Umweltkatastrophe noch nicht, sofern vom Diskurs über den Klimawandel abgesehen wird, zu einer breiten öffentlichen Thematisierung in der Sphäre der Politik geführt hat.51 Dieser Abschnitt wird sich der Erdsystemforschung zuwenden und nach deren Politikverständnis fragen. Es könnte ja sein, dass die schwache Resonanz der Forschungsergebnisse der erdwissenschaftlichen Anthropozänforschung im politischen Raum auch von deren Politikkonzeption mitverursacht wird, da sie einen Dialog zwischen Wissenschaft und Politik erschwert.


Die erdwissenschaftliche Anthropozänforschung52 verwendet einen sys­temtheoretischen Erklärungsansatz zur Modellierung globaler Prozesse (Kohlenstoffkreislauf, Wasserkreislauf, Energiehaushalt, Klimasystem etc.). Für die Simulation anthropogen beeinflusster geoökologischer Funktionszusammenhänge werden in der Regel integrierte oder auch gekoppelte Natur-Mensch-Sys­temmodelle53 herangezogen, wobei für die Modellierung sozialer Dynamiken insbesondere sozio-ökonomische Systemmodelle54 genutzt werden. Was die Erfassung von Komplexität und Dynamik politischer Prozesse anbelangt, sind die Modelle immer noch sehr einfach gestrickt. Politik wird externalisiert und findet nur indirekt statt, als innerhalb der verwendeten Modelle nicht erklärbarer externer Input, der allerdings die sozio-ökonomische Entwicklung (Demographie, ökonomisches Wachstum, Einsatz von fossilen Energieressourcen, Energieeffizienz, Emissionsintensität) nachhaltig beeinflusst. Den Szenarien zur Erforschung des Klimawandels, die aus der Verbindung von Klimamodellen auf der Basis des Strahlungsantriebs und Modellen der sozio-ökonomischen Entwicklung berechnet werden, wird ein weiteres (drittes) Systemelement angefügt zur Modellierung der klimatischen Folgen politischer Maßnahmen auf der Basis geltender oder hypothetischer Klimagovernance (Mitigationsziele, Maßnahmen).55 Wie der Input der Politik als Output politischer Entscheidungs- und Willensbildungsprozesse zustande kommt, lässt sich mit dem gewählten methodischen Ansatz weder in Art und Umfang berechnen noch irgendwie erklären. Politik ist hier eine Fundsache, über die Mann oder Frau sich freuen kann, wie z. B. nach dem Übereinkommen von Paris (2015) oder über die sich Entsetzen ausbreitet, wie nach der Ankündigung von US-Präsident Donald Trump, die Mitgliedschaft im Pariser Klimaregime zu beenden.


Wie Verburg u. a. dargelegt haben,56 erfolgt die Modellierung anthropozäner Dynamiken einerseits aus einem wissenschaftlich-analytischen Erkenntnis
interesse, andererseits aber auch mit der politischen Absicht, die Politik durch beratende Aufklärung zum Handeln zu veranlassen. Bezogen auf dieses Ziel werden, abgeleitet vom analytischen Konzept des Politikzyklus, vier unterschiedliche Aufgaben für Modellsimulationen des Anthropozäns idealtypisch herausgearbeitet (siehe Abb. 2). Die wissenschaftlich erarbeiteten Modellsimulationen sollen dazu beitragen, Umweltprobleme zu identifizieren, Politikprogramme zu formulieren, Wirkungen der Programme ex ante abzuschätzen und dann ex post die Evaluation der Programme zu unterstützen. Die Zielsetzung ist ehrenhaft und richtig, aber gleichzeitig strukturell naiv. Damit sich das ­System der Politik und die in seinem Rahmen handelnden politischen (administrativ zuständige) Akteure veranlasst sehen, sich mit dem Informations- und Beratungsangebot der Anthropozänforschung zu beschäftigen, müsste für sie dessen politische Relevanz offenkundig und unumstritten sein. 


Abb. 2: Unterschiedliche Rollen von Modellen im Politikzyklus. Quelle: Verburg u. a., Methods and approaches to modelling the Anthropocene (Fn. 8.).
 Abb. 2: Unterschiedliche Rollen von Modellen im Politikzyklus. Quelle: Verburg u. a., Methods and approaches to modelling the Anthropocene (Fn. 8.).


Die Anthropozänforschung muss sich also fragen lassen, wie sie meint, im politischen System mit Simulationsmodellen und Szenarien globaler Risiken, die auf die Modellierung politisch-administrativer Willensbildungs- und Entscheidungsprozesse verzichten, Resonanz hervorrufen zu können. Sie muss den Widerspruch auflösen, dass einerseits in der Politik der rettende Anker zur Bewältigung der Risiken des Anthropozäns gesehen wird, dass aber andererseits die Politik als soziales System, das die Macht- und Herrschaftsprobleme nationalstaatlich organisierter Gesellschaften zu bewältigen hat, ausgeblendet wird. Lediglich der Policy-Output, bestehend aus den staatlichen Handlungsprogrammen zur Stabilisierung der Umweltsicherheit, wird registriert und als Input zur Berechnung von Umweltszenarien zur Geltung gebracht. Schließlich werden die Szenarien den politischen Akteuren als erwartbares oder mögliches Ergebnis ihres Handelns und als Spiegel ihres unverantwortlichen Tuns vorgehalten. Von einer Forschung, die sich mit der Rettung globaler Gemeinschaftsgüter beschäftigt, sollte erwartet werden können, dass sie die Herrschafts-, Macht- und Governanceprobleme, die einfachen Lösungen entgegenstehen und mit denen sich die Politikwissenschaft seit der Antike beschäftigt, auf der Höhe des verfügbaren wissenschaftlichen Wissens berücksichtigt.57

Obgleich die Politik der bevorzugte Adressat der Erdsystemforschung ist, werden von ihr die Forschungsergebnisse, wie insgesamt die analytische Perspektive der Politikwissenschaft (Herrschaft, Willensbildung, Handlungskoordination, Sicherheit, Macht, Legitimation) aus ihrem Untersuchungs­design ausgeschlossen. Als weiterer Schwachpunkt kommt hinzu, dass die Erdsys­temforschung mit stark vereinfachten sozialwissenschaftlichen Konzepten ­arbeitet.58 So wird die gesamte Menschheit zu einem Akteur auf-aggregiert, der Energie, Nahrungsmittel und Ressourcen verbraucht und dabei ökologische Folgen produziert. Soziale Differenzierungen und ökonomische Unterschiede hinsichtlich gesellschaftlicher und politischer Handlungsmöglichkeiten werden erst in neueren Forschungsarbeiten ansatzweise berücksichtigt.59 Dabei bleibt aber die Orientierung am einzelnen Individuum als Verbraucher, Produzent von Infrastrukturen und Formen der Landnutzung sowie als Erzeuger von Nebenwirkungen erhalten. Zwar finden komplexere Verhaltensmodelle60 in den Systemsimulationen zunehmend Berücksichtigung; weiterhin dominiert jedoch ein methodologischer Individualismus. 


Die Erdsystemforschung verzichtet zur Modellierung drohender ökologischer Grenzüberschreitungen auf die einfache, aber basale Erkenntnis, dass moderne Gesellschaften funktional differenziert sind und sich aus komplexen Institutionen und Organisationen zusammensetzen. Aus einer sozialwissenschaftlichen Perspektive stünden, sobald nach Handlungsmöglichkeiten sich gegenüber globalen Risiken zu behaupten gefragt wird, die kollektiven Akteure und deren Handlungspotenziale, Strategien und Rückkopplungen (Impact) sowie Probleme der Handlungskoordination und Legitimation (Governance) im Zentrum des Interesses.61 In zukünftigen und dann hoffentlich realistischeren Szenarien und Modellsimulationen müssten die Institutionalisierungsprozesse unterschiedlicher Handlungsstrategien, mit denen auf den Wandel von Umweltbedingungen mitigierend und anpassend reagiert wird, Berücksichtigung finden. Bei einer globalen ökologischen Perspektive interessieren relativ wahrscheinliche, vor allem risikoreiche, anthropogene Effekte, die sich aus den unzähligen Handlungen von Individuen ergeben und die sich dem Aggregat ›Menschheit‹ zuschreiben lassen. Aus einer Forschungsperspektive, die sich den gesellschaftlichen Handlungsmöglichkeiten, Umweltrisiken zu verarbeiten, zuwendet, reichen diese allgemeinen Verhaltenszuschreibungen nicht aus. Hier stehen die handlungsmächtigen Akteure, wie Staaten, städtische Metropolen und Konzerne, mit ihren jeweils institutionell beschränkten Handlungsmöglichkeiten im Fokus des forschenden Blicks.


3. Wandel der politischen Governance


Die dynamisch anschwellende erdwissenschaftliche und jüngst auch kultur- und sozialwissenschaftliche Literatur zur Anthropozänthematik sowie zu den ökologischen Belastungsgrenzen des Planeten hat bislang weder in der deutschen Politik noch in der akademischen Politikwissenschaft zu größeren Debatten über die globalen Grenzen und den mit ihnen verbundenen Risiken geführt. Diese Aussage muss etwas eingeschränkt werden. Sie gilt nur hinsichtlich des Anthropozänbefunds und dem Rockström/Steffen-Theorem der drohenden und teilweise bereits eingetretenen Verletzung globaler Systemgrenzen und der sich daraus ergebenden Governanceproblematik.62 Sie trifft nicht auf die beiden Politikfelder der Klima- und der Biodiversitätgovernance zu, in deren Rahmen über die Sicherung globaler Grenzbedingungen politisch verhandelt und wissenschaftlich geforscht wird. In dem nachfolgenden Kapitel soll am Beispiel des Klimawandels in groben Linien skizziert werden, welche politischen Instrumente die internationale Gemeinschaft in diesem Politikfeld zur Abwehr des drohenden Unheils entwickelt hat und wie sich durch deren Implementierung Funktionsbedingungen nationalstaatlicher Politik zu modifizieren beginnen. Mit diesen, insbesondere seit dem Pariser Übereinkommen (2015) beobachtbaren, neuen Verhältnissen beginnt sich die Politologie gerade erst zu beschäftigen.


Die nachfolgenden Bemerkungen orientieren sich an einem einfachen Schema globaler Klimagovernance.63 Dabei wird ein politisches Mehrebenensystem angenommen, das seinerseits in die Funktionssysteme Wissenschaft, Technologie, Wirtschaft und Umwelt eingebettet ist, mit denen es interagiert (siehe Abb. 3). Das Mehrebenensystem wird von der Staatengemeinschaft, die sich aus konkurrierenden und mit höchst ungleichen Handlungspotenzialen ausgestatteten souveränen Nationalstaaten zusammensetzt, dominiert. Nur in wenigen Ausnahmefällen haben Nationalstaaten, wie bspw. im Rahmen der EU, auf Souveränitätsrechte zugunsten internationaler Organisationen und ­Regime verzichtet. Das 1992 auf dem sogenannten ›Erdgipfel von Rio‹ vereinbarte internationale Klimaregime stellt hier keine Ausnahme dar.


Abb. 3: Umweltpolitik im globalen Mehr­ebenensystem, 
Quelle: Autor.
 Abb. 3: Umweltpolitik im globalen Mehr­ebenensystem, 
Quelle: Autor.


Es dauerte bis zur Klimakonferenz in Paris (2015), dass sich die Staaten auf einen Kompromiss einigen konnten, welche Regelungen des Übereinkommens die staatliche Souveränität verbindlich beschränken und welche Regelungen freiwilliger, aber doch völkerrechtlich vereinbarter Natur sind.64 Der Kompromiss ermöglicht die Institutionalisierung einer langfristig angelegten Regimestruktur,65 die jetzt aus hierarchischen, völkerrechtlich verbindlichen Elementen, aus freiwilligen Beiträgen (›national determined contributions‹) zur Verminderung der Risiken des Klimawandels sowie aus den ergänzenden Beschlüssen der Conference of the Parties (COP) besteht. Das unbefristete Übereinkommen von Paris institutionalisiert ein Regelwerk, in dem jetzt internationale Normen, wie das vereinbarte Erwärmungsziel von max. 2° C, und nationale Selbstverpflichtungen aller Mitgliedstaaten in Gestalt ihrer nationalen Beiträge zur Stabilisierung des Klimas miteinander verbunden sind. Zukünftig sollen die ›Contributions‹ der Industrie- und der extrem heterogenen Gruppe der Entwicklungsländer regelmäßig und transparent überprüft werden können.66 Unter dem Blickwinkel der Anthropozändebatte werden nachfolgend vier Strukturelemente des mit dem Pariser Übereinkommen erweiterten und, was die Verpflichtungen der Mitgliedstaaten anbelangt, konkretisierten internationalen Klimaregimes, die auch für andere Handlungsfelder der globalen Umweltpolitik signifikant sein dürften, hervorgehoben.


3.1 Verwissenschaftlichung der Klimagovernance


Ohne die Forschungsergebnisse der Erdwissenschaften zum Klimawandel67 und dessen anthropogenen Treibern sowie ohne die politischen Interventionen einzelner Klimaforscher zur Information der Öffentlichkeit,68 würde das internationale Klimaregime nicht entstanden sein.69 Der Klimawandel ist ein theoretisches Konstrukt, das mithilfe von Indikatoren und über längere Zeiträume (30 Jahre) aggregierten Beobachtungsdaten gemessen wird.70 In dem Klima­regime des Pariser Übereinkommens hat die Klimaforschung eine nochmals verstärkte Rolle zugewiesen bekommen. Neben der traditionellen, sich allerdings immer erweiternden Klimabeobachtung und den Assessments des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) zum Stand der Klimaforschung muss die beratende Forschung nun zwei weitere Aufgaben übernehmen:


  • Die von den Mitgliedern des Regimes mindestens alle fünf Jahre vorgelegten Selbstverpflichtungen zur Mitigation und Anpassung müssen nicht nur einzeln überprüft, sondern es muss auch ihr kollektiver Beitrag für die Erreichung der Klimaziele des Art. 2 und des Art. 4/1 des Abkommens auf der Grundlage des besten zur Verfügung stehenden Wissens ermittelt werden. Die von der internationalen Klimaforschung errechneten Ergebnisse bilden die Grundlage für die anschließenden Verhandlungen über striktere Mitigationsmaßnahmen und deren Aufteilung unter den Mitgliedstaaten.

  • Auch für die Konzeption, das Monitoring und die Finanzierung von Anpassungsmaßnahmen erhält die Forschung zunehmende Relevanz. Da sich die Erscheinungsformen und die Auswirkungen des Klimawandels im lokalen Raum stark unterscheiden, gewinnt die Regionalisierung von Szenarien des Klimawandels und die Entwicklung für den jeweiligen lokalen Raum optimierter Anpassungsstrategien zunehmend an Bedeutung71.Als Indikator für das im Bereich der Klimaforschung schnell wachsende wissenschaftliche Wissen kann die Anzahl jährlich publizierter wissenschaftlicher Artikel herangezogen werden. Die Abb. 4 zeigt den nach Fachgebieten unterteilten dynamischen Anstieg von wissenschaftlichen Papern zum Themenfeld des Klimawandels. Für den Zeitraum 1980–2014 wurden von Haunschild, Bornmann und Marx (2016)72 222.060 Publikationen erfasst.

Abb. 4: Anstieg der wissenschaftlichen Papiere (›articles und reviews‹) im Themenfeld des Klimawandels, Quelle: Haunschild, Bornmann und Marx, Climate Change Research (Fn. 19).
 Abb. 4: Anstieg der wissenschaftlichen Papiere (›articles und reviews‹) im Themenfeld des Klimawandels, Quelle: Haunschild, Bornmann und Marx, Climate Change Research (Fn. 19).


Die schnelle Zunahme des wissenschaftlichen Wissens zu den Themen- und Handlungsfeldern des Klimawandels stellt für die Klimapolitik der Nationalstaaten wie auch vieler anderer politischer Akteure eine große Herausforderung dar. Für die Politikformulierung, die Implementation, das Monitoring und die internationale Berichterstattung sind eine enge Abstimmung zwischen Politik und Wissenschaft erforderlich. Der zuständige Regierungsapparat benötigt immer neue Analysen über die Effektivität und Effizienz von Maßnahmepaketen der Mitigation wie der Anpassung und ist gezwungen, sich mit dem Verweis auf wissenschaftliche Studien gegenüber der Opposition und der Öffentlichkeit zu rechtfertigen. Die öffentliche Debatte und demokratische Kontrolle der Klimapolitik und der mit ihr verbundenen gesellschaftlichen Transformation in Richtung auf eine emissionsarme Produktionsweise mit entsprechenden Konsumformen werden durch den Verwissenschaftlichungsdruck nicht gerade erleichtert. Klimapolitik, wie die internationale Sicherung globaler Umweltgrenzen durch multilaterale Regime (global governance), erfordert wissenschaftlich-technische Kooperation von Experten mit eigenen Sprachspielen (epistemic communities).73 Die notwendige innenpolitische Konsenssicherung für globale Umweltgovernance wird durch eine nicht unwahrscheinliche technokratische Elitenbildung zusätzlich erschwert. Die Kritik der internationalen Klimawissenschaft ist für die Klimaskeptikerbewegung74 ein ständiges Thema. Es dürfte aber unvermeidlich sein, dass der politische Versuch, globale Grenzen nicht zu überschreiten, nur im Medium einer engen Abstimmung zwischen Wissenschaft und Politik möglich ist, wobei in vielen Handlungsfeldern die Trennlinien zwischen den beiden sozialen Systemen undeutlich werden.75

3.2 Governance durch Zielvereinbarungen


Das Übereinkommen von Paris zielt mit Art. 2 darauf ab, den »Anstieg der durchschnittlichen Erdtemperatur deutlich unter 2° C über dem vorindustriellen Niveau« zu halten. Mit seiner Ratifikation verpflichten sich die Mitgliedstaaten dieses Ziel mittels der im Vertragswerk vorgesehenen nationalen Selbstverpflichtungen unter Beachtung vereinbarter Prinzipien, Normen, Verfahren und Anreize anzustreben. Für die Effektivität des Regimes soll eine ganze Batterie eng verzahnter Koordinierungsverfahren im Sinne von Governance­mechanismen sorgen. Diese Regimearchitektur lässt sich auch in anderen internationalen Regimen erkennen, die globale Gemeinschaftsgüter sichern (Biodiversitätsregime) oder deren Verwirklichung unterstützen (Regime für nachhaltige Entwicklung, Agenda 2030).76

Sich auf der internationalen Ebene auf konkrete Ziele, Indikatoren und Messmethoden über den zukünftigen Zustand globaler Gemeinschaftsgüter zu verständigen, ist offenkundig beträchtlich einfacher, als nationale Verpflichtungen auszuhandeln, die jedes einzelne Regimemitglied überprüfbar und vielleicht sogar sanktionierbar einhalten muss. Da sich die Staatengemeinschaft in den Handlungsfeldern der Biodiversität, der nachhaltigen Entwicklung und des anthropogenen Klimawandels über die Verteilung nationaler Verpflichtungen zur Gewährleistung der gemeinsamen Ziele nicht einigen kann, reduziert sie den Konsensbedarf und das Anspruchsniveau hierarchischer Globalsteuerung. Dieses Verhandlungsergebnis spiegelt die Machtverhältnisse und Handlungsmöglichkeiten innerhalb der Staatengemeinschaft wieder. Man mag es für eine zweitbeste Lösung der globalen Steuerungsproblematik halten; es kann aber vielleicht auch als Chance für die Entwicklung dezentraler Steuerungsmodelle für die Sicherung globaler Gemeinschaftsgüter gelten.


Gegen Formen hierarchischer Weltregierung sprechen neben dem hohen Konsensbedarf die nur schwache demokratische Legitimation, die aufwendige Implementation und Überwachung sowie das geringe Sanktionspotenzial globaler Governance, das abweichendes Handeln erleichtert.77 Dezentrale Governance über Zielvereinbarungen bietet freilich per se keine (höhere) Garantie von effektiver und effizienter Zielerreichung. Hier besteht das Risiko, dass die auf der internationalen Ebene vereinbarten Ziele auf der regionalen, nationalen und lokalen Ebene höchst unterschiedlich und insgesamt unzureichend umgesetzt werden.78 Aus völkerrechtlicher und steuerungspolitischer Perspektive betrachtet, scheinen die Chancen für Trittbrettfahrerei bei dezentraler Steuerung nicht geringer zu sein. In der internationalen Umweltpolitik konnten Regime mit hierarchischer Governance nur in Ausnahmefällen, wie beim Ozon-Regime (Montrealer Protokoll), vereinbart werden. Daher sprechen politisch-pragmatische Erwägungen dafür, die politisch konsensfähigeren Formen dezentraler globaler Governance mindestens vorläufig zu akzeptieren, die Umsetzungsmöglichkeiten dezentraler Bottom-up-Governance weiter zu erforschen und vorhandene Steuerungsansätze, wie internationale Zielvereinbarungen, zu optimieren.


Zur Sicherung der Effektivität von Strukturen globaler Governance mit dezentraler nationalstaatlicher Verantwortung könnten Steuerungsansätze, die eine polyzentrische Governance umzusetzen versuchen, breiter institutionalisiert werden.79 Neben den Staaten würden weitere Akteure (lokale politische Akteure, Regionen, Städte, die Zivilgesellschaft, Verbraucherorganisationen, Unternehmen, Landwirte, Handwerker), die von dem Governanceregime materiell profitieren, in das Governancesystem einbezogen. In diese Richtung scheint sich das Klimaregime des Pariser Übereinkommens bereits weiterzuentwickeln.80 So werden den gesellschaftlichen Akteuren im Rahmen des Regimes, wie vor allem im Rahmen der jährlichen Vertragsstaatenkonferenzen, zunehmende Mitwirkungsmöglichkeiten eingeräumt. Auch vor diesem Hintergrund sind die Erfolgsaussichten des amerikanischen Klimabündnisses ›We are still in‹ einzuschätzen, das sich nach Präsident Trumps Entscheidung, die Mitgliedschaft im Paris-Regime – zumindest vorläufig – aufzukündigen, als Alternative zur zentralstaatlichen Handlungsebene geformt hat.81

Ob die Mobilisierungswirkung des in Paris vereinbarten Governancesys­tems ausreichen wird, die vereinbarten Ziele zu erreichen, bleibt abzuwarten. Skepsis ist angebracht.82 Schon heute, also noch vor dem Inkrafttreten des Übereinkommens im Jahre 2020, ist deutlich erkennbar, dass sich die vereinbarten Ziele nur werden realisieren lassen, wenn in Wirtschaft, Gesellschaft und Politik die Bereitschaft zur Übernahme von Transformationskosten steigt. Da diese Bereitschaft zum Verzicht in der Gegenwart auch davon abhängig ist, wie die zukünftigen Anpassungskosten wahrgenommen werden, erhalten die Umwelt- und Klimakommunikation über neueste Forschungsergebnisse sowie Erziehung und Kultur im Arsenal der Klimagovernance einen zentralen Stellenwert. Auf der Grundlage internationaler Zielvereinbarungen dürfte ohne begleitende nationale Mobilisierungsstrategien die Erfolgswahrscheinlichkeit effektiver und gleichzeitig effizienter globaler Governance gering ausfallen.

3.3 Institutionalisierung von Planungsgovernance


Für die Implementation der auf der internationalen Ebene vereinbarten Ziele sind und bleiben die Mitgliedstaaten der Umweltregime verantwortlich. Im Ausnahmefall kann eine regionale Organisation, wie die EU, koordinierende Aufgaben für ihre Mitglieder übernehmen und Vertretungsrechte gegenüber dem internationalen Regime wahrnehmen.83 Die im Rahmen des Regimes zur Umsetzung der vereinbarten Ziele verpflichteten Akteure entscheiden selbständig über die Maßnahmen, die sie zur Zielerreichung für angemessen halten. Je langfristiger und je anspruchsvoller die Ziele sind, desto größer ist die politische Aufgabe, effektive und kostengünstige Maßnahmenbündel, die rechtlich und legitimatorisch abgesichert sind und die dazu noch in der Bevölkerung und von den Betroffenen akzeptiert werden, zu konzipieren, politisch-administrativ durchzusetzen und gesellschaftlich zu implementieren. Im Falle der Klimagovernance wird nicht nur ein sehr langfristiges Ziel verfolgt, sondern die Zielerreichung ist auch noch höchst anspruchsvoll, da das energetische Versorgungssystem der modernen Verkehrs- und Konsumgesellschaft, wichtige Zweige der Grundstofferzeugung (Kunststoffe, Eisen und Stahl, Beton) und der Nahrungsmittelversorgung (Düngemittel, Massentierhaltung) auf die Emission von Treibhausgasen verzichten werden müssen.84 Der Umbau der modernen Industrie- und Wachstumsgesellschaft ist durch kurzfristige Eingriffe nicht zu erreichen, verlangt nach langfristigen Maßnahmen, also nach Planungsgovernance.


Unter Planungsgovernance können staatliche Handlungsprogramme verstanden werden, die zeitliche Meilensteine zur Erreichung eines Langfristziels verbindlich vorgeben und Maßnahmen (Instrumente) vorsehen, mit denen die Meilensteine erreicht werden sollen, wobei das Maßnahmenbündel, das zur Realisierung des zeitlich nächstliegenden Zwischenziels vorgesehen ist, im nationalen oder auch im regionalen Raum in der Regel rechtsverbindlich vereinbart wird. Planunsgovernance soll einerseits bei den politischen und vor allem gesellschaftlichen Akteuren des betroffenen Rechtsraumes für Planungssicherheit sorgen und soll andererseits Drittstaaten und Regimemitglieder über geplante Maßnahmen informieren und das Vertrauensniveau im Regime stabilisieren. Ob Planungsgovernance diese Ziele erreichen kann, hängt von vielerlei Faktoren ab und nicht zuletzt davon, dass sie sich auch durch gesellschaftliche Konflikte nicht vom eingeschlagenen Handlungspfad abbringen lässt und insgesamt verlässlich durchgeführt wird.


Gegenwärtig kann auf der Ebene der Europäischen Union wie auch in verschiedenen Mitgliedstaaten die Etablierung von Handlungsprogrammen der Planungsgovernance zur Umsetzung des Pariser Übereinkommens beobachtet werden.85 Die Maßnahmen zielen darauf ab, die im Namen der EU abgegebene Selbstverpflichtung der (noch) 28 EU-Staaten einzuhalten, bis zum Jahre 2030 die Treibhausgase um 40 % gegenüber 1990 zu senken.86 Mit diesem Zwischenziel will die EU ihrem Langfristziel näher kommen, bis zum Jahre 2050 die THG-Emissionen zwischen 80 und 95 % gegenüber 1990 zu vermindern. Soll dieses Ziel erreicht werden, wäre auf der Ebene der Gemeinschaft wie der Mitglieder eine sehr strikte Planungsgovernance zu institutionalisieren, die mehrere Politikfelder, u. a. Energie, Verkehr, Bauen (Wärmewirtschaft), Industrie (Chemie und Grundstoffindustrien), Landwirtschaft, einbezieht und diese innerhalb der kommenden 30 Jahre weitgehend dekarbonisieren müsste. Zwischen 1990 und 2020 wird die EU voraussichtlich gut 26 % der THG-Emissionen eingespart haben. Für den gleichen Zeitraum von 30 Jahren ab 2020 sollen es nun 60 % werden. Mit den derzeit geplanten Mitigationsmaßnahmen würde die EU nicht einmal das Reduktionsziel von 40 % gegenüber 1990 bis zum Jahre 2030 erreichen.87

3.4 Neue Akteure – polyzentrische Governance


Ein weiteres Strukturmerkmal, das hier wegen seiner Bedeutung auch für andere globale Umweltregime (u. a. Biodiversität) hervorgehoben werden soll, bezieht sich auf die schnell wachsende Anzahl von politischen und gesellschaftlichen Akteuren, die sich für die Ziele des jeweiligen Regimes einsetzen. Im Rahmen des Klimaregimes übernehmen sie, unabhängig von staatlichen Vorgaben, vor allem Selbstverpflichtungen zur Mitigation von Treibhausgasen. Der NAZCA-Plattform des UNFCCC-Klimaregimes kann entnommen werden, dass sich mit Selbstverpflichtungen 9.465 Städte, 278 Regionen, 2.688 Unternehmen, 955 Investoren, 977 Organisationen der Zivilgesellschaft und ca. 121 kooperative Initiativen öffentlich und nachprüfbar für die Ziele des Klima­regimes engagieren.88 Die im Klimaregime gelisteten Akteure sind ihrerseits wiederum in zahlreichen nationalen und transnationalen Netzwerken mit jeweils eigenen Zielsetzungen organisiert.89 Dabei verfolgen die Akteure und Netzwerke nicht alleine klimapolitische Ziele, sondern auch vielerlei Nebenziele mit Nebenwirkungen, wie z. B. die Sicherung und Förderung von Arbeitsplätzen oder die Verbesserung der Luftqualität durch die Diffusion regenerativer Energietechnologien. Das Konzept der polyzentrischen Governance nach Elinor und Vincent Ostrom90 macht sich die Multifunktionalität von umweltpolitischen Maßnahmen zu Nutze, indem es u. a. auf deren positive Nebenwirkungen zur Förderung von Akzeptanz abstellt.


Welche Bedeutung bereits heute die nicht-staatlichen Akteure in der globalen Governance erlangt haben, kann an den gesellschaftlichen und politischen Reaktionen in den Vereinigten Staaten abgelesen werden, nachdem Donald Trump am 1.6.2017 die Aufkündigung der US-amerikanischen Mitgliedschaft im Übereinkommen von Paris bekannt gegeben hatte. Unter der Ägide des UN-Sonderbotschafters für Städte und Klimawandel des früheren Bürgermeisters von New York, Michael R. Bloomberg, und des UN-Sonderbotschafters für Städte und Regionen und Gouverneurs von Kalifornien, Edmund G. Brown, bildete sich die Organisation ›America’s Pledge‹, der bis November 2017 20 US-Staaten und 110 US-Städte beitraten. Außerdem gründete ein Netzwerk von mehreren Umweltorganisationen die Aktionsgruppe ›We are still in‹, der sich mehr als 200 Städte, 1.700 Unternehmen und zahlreiche Universitäten und Colleges sowie etliche Staaten und Stämme anschlossen.91 In seiner Eigenschaft als UN-Sonderbotschafter übermittelte Bloomberg in einem Schreiben an den UN-Generalsekretär Antonio Guterres und an die Geschäftsführerin des UN-Klimasekretariats, Patricia Espinosa, eine Stellungnahme der »U.S. subnational and non-state actors to affirm and demonstrate Americans’ collec­tive commitment to the Paris Agreement and to supporting climate action to meet the nationally determined contribution made by the United States under that accord«.92 Völkerrechtlich hat dieser Brief kaum eine Bedeutung. Politisch demonstriert er aber den Willen der amerikanischen Opposition an dem Pariser Übereinkommen festzuhalten, wie auch die Fähigkeit subnationaler politischer Akteure, insbesondere der gegenüber dem Zentralstaat im Politikfeld der Umwelt- und Klimapolitik in bestimmten verfassungsrechtlichen Grenzen unabhängig handelnden Bundesstaaten und Städte, mit der Übernahme von Selbstverpflichtungen die Einhaltung der vom Zentralstaat in Aussicht gestellten Mitigationsbeiträge zu sichern.93

Das Beispiel der amerikanischen ›We are still in‹-Bewegung ist in dem hier diskutierten Kontext von Interesse. Es verweist auf die wachsenden Handlungspotenziale von subnationalen politischen und den (hier nicht behandelten) ökonomischen sowie zivilgesellschaftlichen Akteuren. Die zunehmende Akteursvielfalt erschwert freilich die Abschätzung politischer Optionen und die Ausformulierung von Reaktionsszenarien der Staaten- und Gesellschaftswelt auf erdwissenschaftliche Katastrophenmeldungen und mindert die Aus­sagekraft von BAU-Szenarien.


3.5 Zwischenfazit


Inwieweit die hier in Umrissen skizzierten Reaktionsformen der Politik auf den drohenden Klimawandel ein verallgemeinerungsfähiges Beispiel darstellen, kann hier nicht weiter geklärt werden. Das Beispiel macht auf ein Dilemma der Politikberatung im Übergang zum Anthropozän aufmerksam. Wird die Politik in den Modellen, Szenarien und Prognosen der Klima- und Anthropozänforschung als pfadabhängig begriffen, wie üblicherweise in allen Basisszenarien (business-as-usual), werden politische Reaktionen systematisch ausgeklammert. Die errechneten Szenarien sind dann unterkomplex. Wird aber versucht, die Politik zu modellieren, werden die Szenarien schnell überkomplex, da die Anzahl der Akteure und Entscheidungspunkte Rechner- und Interpretationskapazitäten sprengen. Die Reduktion der Politik auf eine lern­resistente Menschheit als einem verhaltensgesteuerten Akteur ist eine so drastische Reduktion von Komplexität, dass sie für Sozialwissenschaftler keinen Sinn macht. Die umgekehrte Annahme einer problemangemessenen Lernfähigkeit macht natürlich auch keinen Sinn. Sie wird zwar von der Erdsystemforschung eingefordert, lässt sich aber empirisch nicht beobachten. Aus der Sicht eines Sozial- und Politikwissenschaftlers bleibt nur die von Max Weber (1919) für die Politik vorgeschlagene Handlungsweise: Das Bohren von harten Brettern.94 In unserem Fall heißt das: Einerseits müsste sich die Anthropozänforschung gegenüber der Politikwissenschaft öffnen und damit beginnen, in ihren Modellen und Szenarien die Eigenlogik fragmentierter Politik als ermöglichenden und als beschränkenden Faktor anzuerkennen. Andererseits müsste sich die Politikwissenschaft auf die Forschungsergebnisse der Erdsystemforschung einlassen und verstärkt danach fragen, wie die Politik mit drohenden Umweltkatastrophen umgeht und wie die Problemlösungspotenziale der politisch-administrativen, der zivilgesellschaftlichen und der ökonomischen Akteure erweitert und mobilisiert werden könnten.


4. Herausforderungen für die Politikwissenschaft 


In der Umbruchphase vom Holozän zum Anthropozän wandelt sich das Verhältnis der Erdwissenschaften zur Politik. Ohne die erdwissenschaftliche Dia­gnoseleistung könnten die politischen Akteure die anthropogen erzeugten, globalen Umweltgefährdungen überhaupt nicht als solche erkennen und auf sie reagieren. Bereits die Problemerkennung erfordert wissenschaftliche Beratungsleistungen, wobei die Naturverhältnisse, die von der Politik zu bearbeiten sind, in wachsendem Maße von gesellschaftlichen und politischen Faktoren geprägt werden. Welche Veränderungsprozesse die sozio-ökonomische und politische Überformung der Natur in der Politik, dem fragmentierten und weitgehend selbstbezüglich (autopoietisch) organisierten politischen System, auslösen, lässt sich nicht prognostizieren. Hier können nur selektiv und beispielhaft einige Veränderungsprozesse benannt werden, die mit einiger Wahrscheinlichkeit an politischer Relevanz zunehmen.


  • Wandel der Institutionalisierungsformen der Beziehungen zwischen den Erdsystemwissenschaften und der Politik (Science-Policy Interface).

  • Fixierung der globalen Umweltsicherheit als zusätzliche Leitnorm staatlich-politischen Handelns, neben der militärischen Sicherheit, der inneren und der sozialen Sicherheit. Zunehmende Konflikte zwischen externen und internen Anforderungen an staatliche Politik.

  • Entstehung neuer Formen der Politikkoordination und -steuerung (u. a. Mehrebenengovernance, internationale Regimekomplexe, Planungsgovernance).

  • Governance der Erdgestaltung95 als international koordinierte Politik sozio-technischer Programme zur Sicherung der globalen Umweltstabilität (u. a. durch Geoengineering oder durch großflächige Aufforstung).

  • Institutionalisierung von politisch umstrittenen Maßnahmen zur Anpassung der gesellschaftlichen (ökonomischen) und politischen Strukturen (Normen) an die Bedingungen des Anthropozäns (Transformationspolitik).

  • Einrichtung von Handlungskapazitäten für einen global koordinierten Katastrophenschutz zur Reaktion auf regionale Extremwetterereignisse (Umsiedlungsprogramme, Nahrungsmittelversorgung, Versicherungsdienstleis­tungen).


Am Beispiel der Klimagovernance konnte plausibilisiert werden, dass etliche dieser neuen Strukturen sich bereits im Aufbau befinden. Die deutsche Politikwissenschaft hat die durch die Herausforderungen des Anthropozäns induzierten Veränderungen politischer Strukturen und Prozesse bisher kaum registriert und sich eher mit multikausalen Folgeerscheinungen, bei denen innergesellschaftliche Konfliktkonstellationen die politische Bühne beherrschen (Energiepolitik, Verkehrspolitik, Glyphosatkonflikt), auseinandergesetzt. Eine mögliche Ursache für diese Defizitdiagnose dürfte die disziplinäre Parzellierung der Politikwissenschaft sein: Die verschiedenen Teilbereiche der Politikwissenschaft, wie vor allem der internationalen Beziehungen, hier speziell der internationalen Umweltpolitik und der internationalen Sicherheitspolitik, der europäischen Integrationsforschung, der Vergleichenden Politikwissenschaft, der Politikfeldanalyse und der lokalen Politik sowie der politischen Theorie, arbeiten weitgehend isoliert voneinander. Auch haben interdisziplinäre oder gar transdisziplinäre Kooperationszusammenhänge96 innerhalb der Hochschulen immer noch Seltenheitswert. Die mit dem Umbruch vom Holozän zum Anthropozän für die Politik veränderten Kontextbedingungen werden erst in Ansätzen wahrgenommen.97 Im Zentrum der Politikwissenschaft stehen zu Recht die politischen Akteure. Erst wenn die Akteure selbst auf die sich wandelnde Umweltsicherheit reagieren, gelangt daher die Umwelt in den Fokus der Politikwissenschaft. Nur in der politikwissenschaftlichen Politikberatung herrschen andere Verhältnisse, weil dort umweltpolitische Akteure darüber beraten werden wollen, wie sie ihre Interessen in Anbetracht komplexer politischer und sozial-ökologischer Problemlagen definieren und durchsetzen könnten.


Mit den Herausforderungen des Anthropozän beginnt sich die deutsche Politikwissenschaft ganz langsam zu befassen: Als Gegenstand der Politikwissenschaft wird das neue Erdzeitalter des Anthropozäns erst gerade entdeckt, mit Ausnahme der internationalen Umweltpolitik und speziell der Klimagovernance. Noch dominieren in der deutschen Forschung einige wenige innovative Vorreiter, die international gut vernetzt sind. In deren Publikationen wird auf die neue Problematik breit aufmerksam gemacht. Interdisziplinäre oder gar transdisziplinäre Detailstudien zu den neuen Momenten der Politik fehlen noch. An den deutschen Universitäten sind die für langfristige und methodisch aufwendige Kooperationsprojekte erforderlichen politikwissenschaftlichen Forschungskapazitäten unterentwickelt. So kann das Fazit der hier vorgestellten Überlegungen wenig überraschen: In Deutschland wurde das Erkenntnis- und Innovationspotenzial der Politikwissenschaft für die Erforschung der Herausforderungen des neuen Zeitalters noch nicht erschlossen. Mangels Masse kann eine kritisch reflektierende Einschätzung darüber, wie gut die deutsche Politikwissenschaft den Schock des Anthropozäns bereits verarbeitet hat, nicht zur Diskussion vorgestellt werden.


  1. 1Als Autoren sind vor allem zu nennen: Hans G. Brauch, Simon Dalby und Oswald U. Spring, »Political geoecology for the Anthropocene«, in Hans G. Brauch (Hg.), Coping with global environmental change, disasters and security. Threats, challenges, vulnerabi­lities and risks, Berlin / New York / [Berlin] 2011, S. 1453–1485; Hans G. Brauch u. a. (Hg.), Handbook on Sustainability Transition and Sustainable Peace, o. O. 2016; Frank Biermann, Earth system governance. World politics in the anthropocene, Cambridge, Massachusetts 2014; Jürgen Scheffran, Governing the Anthropocene: Complex Crises and Transitions to Sustainable Peace, 11.10.2016, https://www.oxfordresearchgroup.org.uk/blog/governing-the-anthropocene-complex-crises-and-transitions-to-sustainable-peace (30.7.2019); Elmar Altvater, »The Capitalocene, or, Geoengineering against Capitalism’s Planetary Boundaries«, in Jason W. Moore (Hg.), Anthropocene or Capitalocene? Nature, History, and the Crisis of Capitalism, Oakland, CA 2016, S. 138–152, Philipp Pattberg und Fariborz Zelli (Hg.), Environmental Politics and Governance in the Anthropocene. Institutions and legitimacy in a complex world, London / New York 2017; Thomas Hickmann u. a. (Hg.), The Anthropocene Debate and Political Science, London / New York 2019.

  2. 2Paul J. Crutzen und Eugene F. Stoermer, »The ›Anthropocene‹«, in IGBP Newsletter 41 (2000), S. 17–18; Paul Crutzen, »Geology of mankind«, in Nature 415 (2002).

  3. 3Siehe Clive Hamilton, Christophe Bonneuil und François Gemenne, »Thinking the Anthropocene«, in dies. (Hg.), The anthropocene and the global environmental crisis. Rethinking modernity in a new epoch, Abingdon, Oxon 2015, S. 1–13; Jedediah Purdy, After Nature. A Politics for the Anthropocene, Cambridge, MA 2015; Eileen Crist, »On the Poverty of Our Nomenclature«, in Moore, Anthropocene or Capitalocene? (Fn. 1),, S. 14–33; Manuel Arias-Maldonado, »Nature and the Anthropocene. The sense of an ending?«, in Pattberg und Zelli,Environmental Politics (Fn. 1), S. 31–46; Bruno Latour, Kampf um Gaia. Acht Vorträge über das neue Klimaregime, Berlin 2017.

  4. 4Einen Überblick geben Christophe Bonneuil und Jean-Baptiste Fressoz, The shock of the anthropocene. The earth, history, and us, Paperback edition, London / New York 2017 (2013), Kap. 9.

  5. 5Johan Rockström u. a., »A safe operating space for humanity«, in Nature 461/7263 (2009), S. 472–475; Will Steffen u. a., »Planetary boundaries: Guiding human development on a changing planet«, in Science 347/6223 (2015), S. 1259855.

  6. 6Beispielsweise Will Steffen u. a., »The trajectory of the Anthropocene. The Great Acceleration«, in The Anthropocene Review 2/1 (2014), S. 81–98; Jan Zalasiewicz, »Die Einstiegsfrage: Wann hat das Anthropozän begonnen?«, in Jürgen Renn und Bernd Scherer (Hg.), Das Anthropozän. Zum Stand der Dinge, Berlin 22017, S. 160–180; Ernst U. Weiz­säcker und Anders Wijkman, Wir sind dran. Club of Rome: Der große Bericht. Was wir ändern müssen, wenn wir bleiben wollen. Eine neue Aufklärung für eine volle Welt, Gütersloh 2017.

  7. 7Zu nennen sind hier der Workshop »International Politics in the Anthropocene« des Instituts für Friedensforschung und Sicherheitspolitik (Detlef Rothe) an der Universität Hamburg (April 2016), das von Hans Günter Brauch/Mosbach initiierte Buchprojekt mit Autorentagung (Mai 2017) »›Politik‹ in and for the Anthropocene: Obstacles, Challenges, Opportunities and Tasks for the Social Sciences in the 21st Century« und der Workshop »Umweltpolitik im Anthropozän. Problemfelder, Herausforderungen und Forschungsperspektiven« (April 2017 in Potsdam) des AK Umweltpolitik und Global Change der DVPW.

  8. 8Peter H. Verburg u. a., »Methods and approaches to modelling the Anthropocene«, in Global Environmental Change 39 (2016), S. 328–340; Jonathan F. Donges u. a., »The technosphere in Earth System analysis. A coevolutionary perspective«, in The Anthropocene Review 4/1 (2017), S. 23–33.

  9. 9Christophe Bonneuil, »The Geological Turn. Narratives of the Anthropocene«, in Hamilton, Bonneuil und Gemenne, The anthropocene and the global environmental crisis (Fn. 3), S. 17–31.

  10. 10Siehe auch Eduardo S. Brondizio u. a., »Re-Conceptualizing the Anthropocene: A call for collaboration«, in Global Environmental Change 39 (2016), S. 318–327; Will Steffen u. a., »Stratigraphic and Earth System approaches to defining the Anthropocene«, in Earth’s Future 4/8 (2016), S. 324–345.

  11. 11Beispielsweise Noel Castree u. a., »Changing the intellectual climate«, in Nature Climate Change 4/9 (2014), S. 763–768; Jürgen Manemann, Kritik des Anthropozäns. Plädoyer für eine neue Humanökologie, Bielefeld 2014; Dirk Matejovski, Anthropozän und Apokalypse. Zum Verhältnis von Ökologie, Theoriedesign und kommunikativer Hegemonie, Wiesbaden 2016; Moore, Anthropocene or Capitalocene? (Fn. 1); siehe auch die Überblicksartikel von Simon Dalby, »Framing the Anthropocene: The good, the bad and the ugly«, in The Anthropocene Review 3/1 (2016), S. 33–51 und Marcel Wissenburg, »The Anthropocene and the body ecologic«, in Pattberg und Zelli,Environmental Politics (Fn. 1), S. 15–30.

  12. 12Rockström u. a., A safe operating space (Fn. 5).

  13. 13Ulrich Beck, Weltrisikogesellschaft. Auf der Suche nach der verlorenen Sicherheit, Frankfurt a. M. 2007; ders., Macht und Gegenmacht im globalen Zeitalter. Neue weltpolitische Ökonomie, Frankfurt a. M. 2009.

  14. 14Siehe Arno Bammé (Hg.), Schöpfer der zweiten Natur. Der Mensch im Anthropozän, Marburg 2014; Hamilton, Bonneuil und Gemenne, The anthropocene and the global environmental crisis (Fn. 3); Clive Hamilton, Defiant earth. The fate of humans in the anthropocene, Cambridge, UK/Malden, MA 2017; Simon Nicholson und Sikina Jinnah (Hg.), New earth politics. Essays from the Anthropocene, Cambridge, MA 2016; Renn und Scherer, DasAnthropozän (Fn. 6).

  15. 15Uwe Schneidewind und Mandy Singer-Brodowski, Transformative Wissenschaft. Klimawandel im deutschen Wissenschafts- und Hochschulsystem, Marburg 2013.

  16. 16Für innovative Beispiele siehe: Klaus Töpfer, »Nachhaltigkeit im Anthropozän«, in Nova Acta Leopoldina NF117/398 (2013), S. 31–40 und Ren Conca, »The Changing Shape of Global Environmental Politics«, in Nicholson und Jinnah, New earth politics (Fn. 14), S. 21–42.

  17. 17Sofern man den Ausführungen von Arno Bammé, »Fünf Gründe, warum die Menschheit den Herausforderungen des 21. Jahrhunderts nicht gewachsen ist«, in ders., Schöpfer der zweiten Natur (Fn. 14), S. 49–62 oder Megan Darby, »11 takeaways from the draft UN report an a 1,5C global warming limit«, in Newsletter 13/02/2018, http://www.climatechangenews.com/2018/02/13/11-takeaways-draft-un-report-1-5c-global-warming-limit/ (25.2.2018) folgt.

  18. 18Crutzen und Stoermer, Anthropocene (Fn. 2); Crutzen, Geology of mankind (Fn. 2); Will Steffen u. a., Global Change and the Earth System. A Planet Under Pressure, Berlin 22005; Will Steffen, Paul J. Crutzen und John R. McNeill, »The Anthropocene. Are Humans Now Overwhelming the Great Forces of Nature«, in AMBIO: A Journal of the Human Environment 36/8 (2007), S. 614–621.

  19. 19Eine Arbeitsgruppe um Eduardo S. Brondizio ermittelte in einer bibliometrischen Analyse des Web of Science für den Zeitraum 2000–2015 beachtliche 1.066 Veröffentlichungen, die den Begriff »Anthropocene« im Titel, im Abstract oder im Text verwendet haben. Bis zum Jahr 2005 wurden nur vereinzelte Publikationen registriert. Der exponentielle Anstieg der Veröffentlichungen sowie ihrer Zitation (N=8451) erfolgte ab dem Jahr 2010. Die Recherche ergab, dass 64 % der Publikationen den Fachdisziplinen »earth and environmental sciences« zuzurechnen sind und 24 % auf die »humanities and social sciences« entfielen (Silke Beck und Martin Mahony, »The IPCC and the politics of anticipation«, in Nature Climate Change 7 (2017), S. 311–313, 320/321). Ähnliche Daten legte Krämer in einer BA-Arbeit vor. Sie gelangte darüber hinaus bei der Fächeranalyse der Publikationen zum Ergebnis, dass die Politikwissenschaft (Political Science) mit einem Anteil von 2,2 % vertreten ist. Bei der Ermittlung der Herkunftsländer der Autoren und Autorinnen führen die USA mit 42 %, vor England mit 18 %, Australien mit 13 % und Deutschland mit knapp 11 % (Silvio O. Funtowicz und Jerome R. Ravetz, »Science for a post-normal age«, in Futures 25/7 (1993), S. 735–755, S. 76–77). Siehe auch Robin Haunschild, Lutz Bornmann und Werner Marx, »Climate Change Research in View of Bibliometrics«, in PloS one 2016, http://journals.plos.org/plosone/article?id=10.1371/journal.pone.0160393 (26.09.2017).

  20. 20Beispielsweise die Bände von Bonneuil und Fressoz, The shock of the anthropocene (Fn. 4); Biermann, Earth system governance (Fn. 1); Hamilton, Bonneuil und Gemenne, The anthropocene and the global environmental crisis (Fn. 3); Nicholson und Jinnah, New earth politics (Fn. 14); Brauch u. a., Handbook on Sustainability Transition (Fn. 1); Renn und Scherer, Das Anthropozän (Fn. 6).

  21. 21Jan Zalasiewicz, Colin N. Waters u. a., »The Working Group on the Anthropocene: Summary of evidence and interim recommendations«, in Anthropocene 19 (2017), S. 55–60.

  22. 22Ebd., siehe auch Jan Zalasiewicz u. a., »Petrifying Earth Process. The Stratigraphic Imprint of Key Earth System Parameters in the Anthropocene«, in Theory, Culture & So­ciety 34/2–3 (2017), S. 83–104.

  23. 23So sind vier auf die Anthropozänthematik spezialisierte wissenschaftliche Zeitschriften entstanden: »The Anthropocene Review« (Sage), »The Anthropocene« (Elsevier), »Elementa: Science of the Anthropocene« (open-access journal), »Earth’s Future« (American Geophysical Union) sowie das im Internet erscheinende Magazin »Anthropocene: Innovation in the Human Age« (herausgegeben von Future Earth) sowie die von Hans Günter Brauch bei Springer herausgegebene Buchreihe »The Anthropocene: Politik, Economics, Society, Science (APESS)«.

  24. 24Siehe Nebosja Nakicenovic u. a., Global Commons in the Anthropocene: World Development on a Stable and Resilient Planet, Laxenburg 2016; Daniel Deudney und Elizabeth Mendenhall, »Green Earth: The Emergence of Planetary Civilization«, in Nicholson und Jinnah, New earth politics (Fn. 14), S. 43–72; Latour, Kampf um Gaia (Fn. 3).

  25. 25Rockström u. a., A safe operating space; Steffen u. a., Planetary boundaries 
(Fn. 5).

  26. 26Beispielsweise Jürgen Scheffran und Wolfgang R. Vogt (Hg.), Kampf um die Natur. Umweltzerstörung und die Lösung ökologischer Konflikte, Darmstadt 1998; Joachim Radkau, Natur und Macht. Eine Weltgeschichte der Umwelt, München 2000; Conca, The Changing Shape (Fn. 16).

  27. 27Wichtige Vordenker waren die Arbeitsgruppen und Publikationen des Club of Rome: Dennis Meadows u. a., Die Grenzen des Wachstums. Bericht des Club of Rome zur Lage der Menschheit, Stuttgart 1972; Donella H. Meadows, Dennis L. Meadows und Joergen Randers, Die neuen Grenzen des Wachstums. Die Lage der Menschheit: Bedrohung und Zukunftschancen, Stuttgart 1992; Weizsäcker und Wijkman, Wir sind dran. Club of Rome (Fn. 6).

  28. 28Rockström u. a., A safe operating space (Fn. 5), S. 472.

  29. 29Steffen u. a., Planetary boundaries (Fn. 5).

  30. 30Siehe Garret Hardin, »The Tragedy of the Commons«, in Science 162/3859 (1968), S. 1243–1248; Elinor Ostrom und Ekkehard Schöller, Die Verfassung der Allmende. Jenseits von Staat und Markt, Tübingen 1999; Nakicenovic u. a., Global Commons in the Anthropocene (Fn. 24).

  31. 31Lidia Brito and Mark Stafford Smith, State of the Planet Declaration. New Know­-l­edge: Towards Solutions, London 26.–29. März 2012.

  32. 32Zur Diskussion des Katastrophenpotenzials des Anthropozäns siehe u. a.: Steffen, Crutzen und McNeill, The Anthropocene (Fn. 18); Luc Semal, »Anthropocene, Catastrophism and Green Political Theory«, in Hamilton, Bonneuil und Gemenne, The anthropocene and the global environmental crisis (Fn. 3), S. 87–99; Michael Northcott, »Eschatology in the Anthropocene. From the chronos of deep time to the kairos of the age of humans«, in ebd., S. 100–111; Bonneuil und Fressoz, The shock of the anthropocene (Fn. 4).

  33. 33So Zalasiewicz, Die Einstiegsfrage (Fn. 6); Zalasiewicz u. a., Petrifying Earth Process (Fn. 22).

  34. 34Einerseits von Atomwaffenarsenalen und andererseits bspw. von CO2-Konzentrationen in der Atmosphäre.

  35. 35Zum Konzept der Umweltsicherheit siehe Brauch, Coping with global environmental change (Fn. 1).

  36. 36Vgl. Beck, Macht und Gegenmacht (Fn. 13).

  37. 37Hardin, The Tragedy of the Commons; Ostrom und Schöller, Die Verfassung der Allmende (Fn. 30); Nakicenovic u. a., Global Commons in the Anthropocene (Fn. 24).

  38. 38Christian Geyer, Niklas Luhmann. Die Knappheit der Zeit und die Vordringlichkeit des Befristeten, Berlin 2013.

  39. 39Zum Konzept der Pfadabhängigkeit siehe Raymund Werle, »Pfadabhängigkeit«, in Arthur Benz u. a. (Hg.), Handbuch Governance. Theoretische Grundlagen und empirische Anwendungsfelder, Wiesbaden 2007, S. 119–131.

  40. 40Zur Diskussion dieser These siehe u. a.: Armin Grunwald und Jürgen Kopfmüller, Nachhaltigkeit, Frankfurt a. M. / New York 22012; Walter Bückmann, Die Vision der UNO für die Zukunft der Welt: die 2030-Agenda für nachhaltige Entwicklung. The vision of the United Nations for the future of the world; the 2030 agenda for sustainable development, Berlin 2015; Peter Dauvergne, »The Sustainability Story: Exposing Truths, Half-Truths, and Illusions«, in Nicholson und Jinnah, New earth politics (Fn. 14), S. 387–404.

  41. 41Für die politische Diskussion in Deutschland richtungsweisend die Studie des WBGU von 2011 (WBGU [Hg.], Welt im Wandel. Gesellschaftsvertrag für eine Große Transformation; [Hauptgutachten], Red.-Schluss: 17.3.2011, Berlin 2011).

  42. 42So auch Bammé, Fünf Gründe (Fn. 17).

  43. 43Siehe den Milleniumsbericht (Millennium Ecosystems Assessment [Hg.], Ecosystems and human well-being. A report, Washington, D. C. / London 2003) und die Studien von Eeva Primmer u. a., »Governance of Ecosystem Services. A framework for empirical analysis«, in Ecosystem Services 16 (2015), S. 158–166 und Marion Mehring u. a., »Halting biodiversity loss. How social-ecological biodiversity research makes a difference«, in International Journal of Biodiversity Science, Ecosystem Services & Management 13/1 (2017), S. 172–180.

  44. 44Purdy, After Nature (Fn. 3); Nakicenovic u. a., Global Commons in the Anthropocene (Fn. 24).

  45. 45Siehe für die USA den Bericht von David Hasemeyer (David Hasemeyer, »Fossil Fuels on Trial: Where the Major Climate Change Lawsuits Stand Today«, in InsideClimate News, https://insideclimatenews.org/print/52296 [30.7.2019]).

  46. 46Zur Skeptikerdebatte siehe: Naomi Oreskes und Erik M. Conway, Merchants of doubt. How a handful of scientists obscured the truth on issues from tobacco smoke to global warming, Paperback edition, New York 2011; Maxwell T. Boykoff, Who speaks for the climate? Making sense of media reporting on climate change, Cambridge, UK 2011; Raymond S. Bradley, Global warming and political intimidation. How politicians cracked down on scientists as the earth heated up, Amherst 2011; Riley E. Dunlap und Aaron M. McCright, »Challenging Climate Change: The Denial Countermovement«, in Riley E. Dunlap und Robert J. Brulle (Hg.), Climate change and society. Sociological perspectives, New York 2015, S. 300–332.

  47. 47Cbdr ist die Abkürzung für ›common but differentiated responsibilities‹. Als internationale Norm ist das Cbdr-Prinzip in Artikel 3.1 der Klimarahmenkonvention (1992) völkerrechtlich verankert worden.

  48. 48Typisch die Argumentation von Hans-Werner Sinn, Das grüne Paradoxon. Plädoyer für eine illusionsfreie Klimapolitik, Berlin2 2009.

  49. 49Ostrom und Schöller, Die Verfassung der Allmende (Fn. 30); Elinor Ostrom, Beyond Markets and States: Polycentric Governance of Complex Economic systems, Stockholm 2009; ders., A Polycentric Approach for Coping with Climate Change, Washington, D. C. 
2009.

  50. 50Zur Klimapolitik der USA siehe Georg Simonis, »Die USA«, in ders. (Hg.), Handbuch globale Klimapolitik, Paderborn 2017, S. 334–376.

  51. 52Stellvertretend Steffen u. a., Stratigraphic and Earth System (Fn. 10) und Nakicenovic u. a., Global Commons in the Anthropocene (Fn. 24).

  52. 53Derek Robinson u. a., »Modelling feedbacks between human and natural processes in the land system«, in Earth System Dynamics (2017), https://doi.org/10.5194/esd-2017-68 (30.7.2019).

  53. 54Brian C. O’Neill u. a., »A new scenario framework for climate change research. The concept of shared socioeconomic pathways«, in Climatic Change 122/3 (2014), S. 387–400; Brian C. O’Neill u. a., »The roads ahead. Narratives for shared socioeconomic pathways describing world futures in the 21st century«, in Global Environmental Change 42 (2017), S. 169–180.

  54. 55So die Vorschläge von Detlef P. van Vuuren u. a., »A new scenario framework for Climate Change Research. Scenario matrix architecture«, in Climatic Change 122/3 (2014), S. 373–386; Detlef P. van Vuuren u. a., »The Shared Socio-economic Pathways. Trajectories for human development and global environmental change«, in Global Environmental Change 42 (2017), S. 148–152; Elmar Kriegler u. a., »A new scenario framework for climate change research. The concept of shared climate policy assumptions«, in Climatic Change 122/3 (2014), S. 401–414.

  55. 56Verburg u. a., Methods and approaches (Fn. 8).

  56. 57Beispielsweise die Arbeiten von Ostrom und Schöller, Die Verfassung der Allmende (Fn. 30); Niklas Luhmann, Ökologische Kommunikation. Kann die moderne Gesellschaft sich auf ökologische Gefährdungen einstellen?, Wiesbaden 42004; Beck, Macht und Gegenmacht (Fn. 13); Radkau, Natur und Macht (Fn. 26); Bruno Latour, Eine neue Soziologie für eine neue Gesellschaft. Einführung in die Akteur-Netzwerk-Theorie, Frankfurt a. M. 2007; Moore, Anthropocene or Capitalocene? (Fn. 1); Norman J. Vig und Michael E. Kraft (Hg.), Environmental policy. New directions for the twenty-first century, Thousand Oaks 102018.

  57. 58So auch Harold A. Mooney, Anantha Duraiappah und Anne Larigauderie, »Evolution of natural and social science interactions in global change research programs«, in Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America 110 Suppl 1 (2013), S. 3665–3672.

  58. 59Siehe M. D. Rounsevell u. a., »Towards decision-based global land use models for improved understanding of the Earth system«, in Earth System Dynamics 5/1 (2014), S. 117–137 und Jonathan F. Donges u. a., »Closing the loop. Reconnecting human dynamics to Earth System science«, in The Anthropocene Review 4/2 (2017), S. 151–157.

  59. 60Beispielsweise Calum Brown, Ken Brown und Mark Rounsevell, »A philosophical case for process-based modelling of land use change«, in Modeling Earth Systems and Environment 2/2 (2016), S. 31; Safa Motesharrei u. a., »Modeling Sustainability. Population, Inequality, Consumption, and Bidirectional Coupling of the Earth and Human Systems«, in National Science Review (2016), https://academic.oup.com/nsr/article/3/4/470/2669331 (30.7.2019); Dieter Gerten, Martin Schönfeld und Bernhard Schauberger, »On deeper human dimensions in Earth system analysis and modelling«, in Earth System Dynamics, under review (2018).

  60. 61Als Hinweise zur Orientierung mögen genügen Benz, Handbuch Governance (Fn. 39); Biermann, Earth system governance (Fn. 1); Simonis, Handbuch globale Klimapolitik (Fn. 50); Pattberg und Zelli,Environmental Politics (Fn. 1).

  61. 62Ausnahmen und Vorreiter sind u. a. Haunschild, Bornmann und Marx, Climate Change Research (Fn. 19), Carina A. Wyborn, »Connecting knowledge with action through coproductive capacities. Adaptive governance and connectivity conservation«, in Ecology and Society 20/1 (2015); Scheffran, Governing the Anthropocene (Fn. 1), Peter M. Haas und Casey Stevens, »Organized science, usable knowledge, and multilateral environmental governance«, in Peter M. Haas (Hg.), Epistemic communities, constructivism, and interna­tional environmental politics, London / New York 2016, S. 339–367; O’Neill u. a., A new scenario framework (Fn. 54).

  62. 63Siehe Georg Simonis, »Verflochtene Handlungsebenen«, in ders., Handbuch globale Klimapolitik (Fn. 50), S. 211–259.

  63. 64Zur politisch-rechtlichen Genese und den Funktionsbedingungen des Übereinkommens von Paris orientiere ich mich an den Arbeiten von Daniel Bodansky: Daniel M. Bodansky, »The Copenhagen Climate Change Conference: A Post-Mortem«, in American Journal of International Law 104/2 (2010), S. 230–240; Daniel M. Bodansky und Elliot Diringer, Building Flexibility and Ambition into a 2015 Climate Agreement, Arlington, VA 2014; Daniel Bodansky, »The Legal Character of the Paris Agreement«, in Review of European, Comparative & International Environmental Law 25/2 (2016), S. 142–150.

  64. 65Zusammenfassend Georg Simonis, »Komplexe Governance – Governance­versagen?«, in ders., Handbuch globale Klimapolitik (Fn. 50), S. 497–526.

  65. 66Robert N. Stavins und Robert C. Stowe (Hg.), The Paris Agreement and Beyond: International Climate Change Policy Post-2020, Harvard 2016.

  66. 67Siehe die Assessment Reports des IPCC, AR1 (1990) bis AR5 (2013/14).

  67. 68Insbesondere James Hansen, »The Threat to the Planet«, in The New York Review of Books 53/12 (2006), S. 12–16; Bert Bolin, A history of the science and politics of climate change. The role of the Intergovernmental Panel on Climate Change, digitally printed version, Cambridge, UK 2008; Hans-Joachim Schellnhuber, Selbstverbrennung. Die fatale Dreiecksbeziehung zwischen Klima, Mensch und Kohlenstoff, München 22015.

  68. 69So Mike Hulme, Why we disagree about climate change. Understanding controversy, inaction and opportunity, Cambridge, UK 52011.

  69. 70Paul N. Edwards, A vast machine. Computer models, climate data, and the politics of global warming, Cambridge, MA 2010.

  70. 71Siehe Art. 7 des Übereinkommens von Paris, insbes. die Art. 7/5, 7/7 und 7/9.

  71. 72Haunschild, Bornmann und Marx, Climate Change Research (Fn. 19).

  72. 73Zur wachsenden Rolle von ›epistemic communities‹ in den internationalen Beziehungen siehe Haas, Epistemic communities (Fn. 62).

  73. 74Dunlap und McCright, Challenging Climate Change (Fn. 46).

  74. 75Siehe Clark Miller und Paul N. Edwards (Hg.), Changing the Atmosphere: Expert Knowledge and Environmental Governance, Cambridge, MA 2001; Sheila Jasanoff, The fifth branch. Science advisers as policymakers, Cambridge, MA 1994; Sheila Jasanoff, States of Knowledge, Abingdon, UK 2004; Silke Beck, Das Klimaexperiment und der IPCC. Schnittstellen zwischen Wissenschaft und Politik in den internationalen Beziehungen, Marburg 2009; Beck und Mahony, The IPCC and the politics of anticipation (Fn. 19); Georg Simonis, »Klimaprognose und politische Macht. Annäherungen an ein komplexes Verhältnis, in 
Peripherie 152 (2018), S. 416–449.

  75. 76Vgl. Martin List, »Regimetheorie«, in Benz, Handbuch Governance (Fn. 39), S. 226–239; Oran R. Young, Institutional Dynamics: Emergent Patterns in International Environmental Governance, Cambridge, MA 2010; Biermann, Earth system governance (Fn. 1).

  76. 77Vgl. die Überlegungen und Argumente von Stavins und Stowe, The Paris Agreement and Beyond (Fn. 66), auch Michael Zürn, A theory of global governance. Authority, legitimacy, and contestation, Oxford, UK 2018.

  77. 78So Frank Biermann, Norichika Kanie und Rakhyun E. Kim, »Global governance by goal-setting. The novel approach of the UN Sustainable Development Goals«, in Current Opinion in Environmental Sustainability 26–27 (2017), S. 26–31.

  78. 79Klassisch Ostrom, A Polycentric Approach (Fn. 49).

  79. 80So die Argumentation von Oscar Widerberg, »Mapping institutional complexity in the Anthropocene. A netwok approach«, in Pattberg und Zelli, Environmental Politics (Fn. 1), S. 82–102 und Simonis, Komplexe Governance (Fn. 65).

  80. 81Michael Bloomberg und Carl Pope, Climate of hope. How cities, businesses, and citizens can save the planet, New York 2017.

  81. 82Beispielsweise Oliver Geden, Abkehr vom 2-Grad-Ziel. Skizze einer klimapolitischen Akzentverschiebung, Berlin 2010; David G. Victor, »Climate policy: Ditch the 2 °C warming goal«, in Nature 514 (2014), S. 30–31; Simonis, Komplexe Governance (Fn. 65).

  82. 83Siehe Claire R. Kelly u. a. (Hg.), The new climate policies of the European Union. Internal legislation and climate diplomacy, Brüssel 2010; Simon Schunz, European Union Foreign Policy and the Global Climate Regime, Brüssel 2014; Jenny Tröltzsch, »Die Europäische Union«, in Simonis, Handbuch globale Klimapolitik (Fn. 50), S. 301–333.

  83. 84Aus der Fülle der Literatur zur Transformationsproblematik nur der Hinweis auf die Studien vom WBGU, Welt im Wandel (Fn. 41), Harriet Bulkeley (Hg.), Cities and low carbon transitions, Rev. paperback ed., London 2013; Achim Brunnengräber und Maria R. Di Nucci (Hg.), Im Hürdenlauf zur Energiewende. Von Transformationen, Reformen und Innovationen; zum 70. Geburtstag von Lutz Mez, Wiesbaden 2014; Chris Bataille u. a., »The need for national deep decarbonization pathways for effective climate policy«, in Climate Policy 16/sup1 (2016), S. 7–S26; Bruno Turnheim und Frans Berkhout, Report of comparative analysis of transition Pathways, dynamics and governance, o. O. 2016.

  84. 85EU Commission (Hg.), Implementing the Paris Agreement. Progress of the EU towards the at least -40 % target, Brüssel 8.11.2016; European Court of Auditors (Hg.), EU action on energy and climate change. Landscape Review, Luxembourg 2017; Jos Delbeke, EU’s Climate Policy: 2017–2018, Brüssel 6.12.2017.

  85. 86Siehe EU2015.LV, Intended Nationally Determined Contribution of the EU and its Member States 2015.

  86. 87So ein Bericht der Europäischen Umweltbehörde, Trends and projections in Europe 2017. Tracking progress towards Europe’s climate and energy targets, Kopenhagen 2017.

  87. 88Die angegebenen Zahlen beziehen sich auf den Oktober 2019; siehe NAZCA-Plattform www.climateaction.org/unfccc.int (7.10.2019).

  88. 89Siehe Matthias Dietz und Heiko Garrelts (Hg.), Die internationale Klimabewegung. Ein Handbuch, Dordrecht 2013; Beth Schaefer Caniglia, Robert J. Brulle und Andrew Szasz, »Civil Society, Social Movements, and Climate Change«, in Dunlap und Brulle, Climate change and society (Fn. 46), S. 235–268; Widerberg, Mapping institutional complexity (Fn. 80).

  89. 90Elionor Ostrom u. a. (Hg.), Choice, rules and collective action. The Ostroms on the study of institutions and governance, Colchester 2014.

  90. 91Siehe die Homepage der Bewegung/Organisation: https://www.wearestillin.com/about (30.7.2019).

  91. 92Siehe: https://3blmedia.com/News/Americas-Pledge-Letter-Michael-R-Bloomberg-United-Nations-Secretary-General-Antonio-Guterres, 13. Juni 2017 (30.7.2019). 

  92. 93Roger Karapin, Political opportunities for climate policy. California, New York, and the federal government, New York 2016; Barry G. Rabe, »Racing to the Top, the Bottom, or the Middle of the Pack? The Evolving State Government Role in Environmental Protection«, in Vig und Kraft, Environmental policy (Fn. 57), S. 37–65.

  93. 94Max Weber, Politik als Beruf, München/Leipzig 1919.

  94. 95Erdgestaltung ist ein breiteres Konzept als die höchst risikoreichen und daher äußerst bedenklichen Techniken, die unter dem Begriff des Geo-Engineering zusammengefasst werden (Claudio Caviezel und Christoph Revermann, Climate Engineering. Kann und soll man die Erderwärmung technisch eindämmen?, Berlin 2014). Geo-Engineering bezeichnet nur einen speziellen Aspekt der vielen möglichen Ansätze der Erdgestaltung. Im Zeitalter des Anthropozäns können Programme, Strategien und Maßnahmen, die darauf abzielen, die globalen Umweltbedingungen innerhalb eines für die Lebensbedingungen des Menschen sicheren Variabilitätsrahmens zu halten, als Erdgestaltung bezeichnet werden. ›Plant-for-the-planet‹ wäre also eine typische Strategie der Erdgestaltung.

  95. 96Zum Konzept siehe Schneidewind und Singer-Brodowski, Transformative Wissenschaft (Fn. 15) und die Stellungnahme des Wissenschaftsrats, Zum wissenschaftspolitischen Diskurs über große Herausforderungen. Positionspapier, Köln 2015.

  96. 97Ausnahmen sind Brauch, Dalby und Spring, Political geoecology (Fn. 1); Scheff­ran, Governing the Anthropocene (Fn. 1); Frank Bierman u. a., »Down to Earth: Contextualizing the Anthropocene«, in Global Environmental Change 39 (2016), S. 341–350.
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