Das Datenbankprojekt des Hannah-Arendt-Instituts für Totalitarismusforschung zur sächsischen NS-Tageszeitung »Der Freiheitskampf«
1. Ausgangslage
Ein erhebliches Problem bei der Untersuchung des Nationalsozialismus in Sachsen ist die schlechte Quellenlage für die Jahre 1933 bis 1945, was sich für eine Forschungseinrichtung, wie das Hannah-Arendt-Institut für Totalitarismusforschung an der TU Dresden (HAIT), besonders negativ auswirkt. Viele Akten und Unterlagen zur NS-Zeit wurden von den Nationalsozialisten selbst zerstört oder gingen durch Kriegseinwirkungen verloren. Allerdings erhielt sich die sächsische Gauzeitung der NSDAP, »Der Freiheitskampf« (FHK), in ihrem Erscheinungszeitraum fast vollständig. Die Tageszeitung bietet eine zwar einseitige, aber dennoch wertvolle Perspektive in die Geschichte des Nationalsozialismus in Sachsen von den ersten großen Wahlerfolgen der NSDAP 1930 bis in die letzten Tage des NS-Regimes im Mai 1945. Daher hat die Zeitung das Potential, die Überlieferungslücken zum Nationalsozialismus in Sachsen und dessen Akteuren zu einem erheblichen Teil zu kompensieren. Der FHK ist also eine für die historische Forschung äußerst wertvolle, jedoch besonders kritisch einzuordnende Quelle. Durch ihren Facettenreichtum spiegelt die NS-Tageszeitung Machtstrukturen und Alltagsgeschehen gleichermaßen wider, was Rückschlüsse auf die regionalspezifische Ausgestaltung des NS-Staats ermöglicht. Darüber hinaus werden tiefergehende Einblicke in gesamtgesellschaftliche Interaktionen während der NS-Zeit in Sachsen gewährt.
Schon in den 1990er Jahren hatten die Sächsische Staats-, Landes- und Universitätsbibliothek Dresden (SLUB) und das Stadtarchiv Dresden ihre Bestände des FHK zusammengefasst und auf Mikrofilm archiviert. Inzwischen stehen die Mikroverfilmungen als Digitalisate im TIFF-Bildformat zur Verfügung.1 Der in der SLUB verwahrte Bestand umfasst mehr als 67.000 digitalisierte Zeitungsseiten. Auf dieser Grundlage begann im HAIT bereits 2009 ein Sondierungsprojekt unter Leitung von Dr. Thomas Widera. Da eine Volltexterkennung des FHK zu diesem Zeitpunkt noch nicht in befriedigender Qualität möglich war, und aus den Forschungen am HAIT ein inhaltliches Interesse speziell an sächsischen Sachverhalten und Akteuren bezüglich verschiedener Themen existierte, entschieden sich die Bearbeiter bei der Erschließung für einen qualitativen Ansatz. Ziel war der Aufbau einer Datenbank für Zeitungsartikel mit Sachsenbezug, in der neben den Metadaten auch handelnde Personen aufgenommen, der Inhalt kurz zusammengefasst und anhand einer eigens entwickelten Kategorienstruktur eingeordnet werden sollte. Schnell wurde klar, dass der FHK nicht nur wichtige Informationen zur sächsischen NSDAP, sondern auch zu regionalen und lokalen Funktionären enthielt, die nicht unbeachtet bleiben sollten. Deshalb entstand als Nebenprodukt auch eine Personendatenbank mit sächsischen Akteuren aus Staat, Partei, Wehrmacht, Kultur und Wissenschaft.
Da das Sondierungsprojekt zunächst nur aus den laufenden Haushaltsmitteln des HAIT vorangetrieben wurde, war eine ausreichende und durchgängige Finanzierung nicht immer möglich. Diese finanziell bedingten Bearbeitungsstillstände führten zu einer hohen Fluktuation bei den studentischen Bearbeitern, was den Fortschritt zusätzlich bremste.
Erst mit der Finanzierung des Datenbankprojektes zur NS-Tageszeitung »Der Freiheitskampf« als Teil des Verbundprojektes »Virtuelle Archive für die geisteswissenschaftliche Forschung« durch das Sächsische Ministerium für Wissenschaft und Kunst (SMWK) konnte eine kontinuierliche Bearbeitung des Bestandes im HAIT stattfinden.2
2. Die Entwicklung des Datenbankprojektes zur Zeitung »Der Freiheitskampf« innerhalb des Verbundes »Virtuelle Archive für die geisteswissenschaftliche Forschung«
Im Gegensatz zu den anderen Verbundpartnern existierte zu Beginn des Förderzeitraums im Mai 2017 nicht nur die Konzeption zum FHK-Datenbankprojekt am HAIT, sondern auch die SQL-basierte Datenbank mit mehreren tausend Einträgen. Außerdem konnte das HAIT im Januar 2017 die ersten vier Jahrgänge (1930–1934) auf seiner Homepage zur Recherche freigeben.3 Durch die Finanzierung des Verbundprojektes war nun eine kontinuierliche Bearbeitung des FHK durch ausgebildete Historiker möglich. Verbunden mit technischen und inhaltlichen Anpassungen der Datenbank im Rahmen des Forschungs-Verbundes wurde das Projekt dadurch auf eine neue Ebene gehoben.
Schon während der ersten Verbundtreffen einigten sich die Partner auf eine gegenseitige Vernetzung mittels der Gemeinsamen Normdatei (GND) der Deutschen Nationalbibliothek (DNB). Aufgrund der hohen inhaltlichen Disparität zwischen den einzelnen Projekten, kristallisierten sich sehr schnell Personen und geographische Orte als praktikable Vernetzungsitems heraus.
So konnten 449 von 1.851 in der Personendatenbank zum FHK erfassten sächsischen Akteuren eine GND-Nummer als Identifikator zugeordnet werden. Da die GND-Nummern von der DNB nicht nur für Personen vergeben werden, sondern beispielsweise auch für thematische Schlagworte und Körperschaften, überprüfte die Projektgruppe die Kategorienstruktur der Datenbank auf mögliche Übereinstimmungen mit dem Thesaurus der DNB. Diese Überprüfung ergab, dass ein großer Teil der HAIT-Kategorien mit den Schlagwörtern bzw. Körperschaften korrespondieren und somit mit den entsprechenden GND-Nummern versehen werden konnten. Allerdings trifft dies eben nicht für alle Kategorien zu, sodass hier weiter nach einer Lösung gesucht werden muss.
Als weitere Schnittstelle zu anderen Projekten wurden sächsische Orte in der Datenbank mit dem HOV-Code des Historischen Ortsverzeichnisses Sachsen4 des Instituts für Sächsische Geschichte und Volkskunde (ISGV) als Identifikator markiert. Problematisch für die Bearbeiter waren Ortsnamen, gerade bei kleineren Gemeinden, die mehrfach in Sachsen vorkommen. Da jedoch aus Artikeln im FHK nicht immer zweifelsfrei erkennbar ist, welcher Ort genau gemeint ist, wurden lediglich Orte, die damals mehr als 2.000 Einwohner hatten, mit dem HOV-Code versehen. Somit wurde diese Schwierigkeit weitgehend umgangen und ein nicht zweckdienlicher Rechercheaufwand für die Bearbeiter vermieden. Aber auch die Orte ohne HOV-Indikator bleiben durch ihre Nennung im Bemerkungsfeld, welches nach Schlagwörtern durchsucht werden kann, weiter recherchierbar.
Die Finanzierung im Verbundprojekt ermöglichte auch, die Themenseite zur FHK-Datenbank auf der Internetseite des HAIT im Sinne des Benutzers zu verbessern. Bei der Auswahl eines Artikels aus der Trefferliste erscheinen nun nicht mehr nur Quellenangeben und eine kurze Inhaltszusammenfassung. Zusätzlich werden jetzt die vergebenen Kategorien, die genannten Orte mit mehr als 2.000 Einwohnern sowie die handelnden Personen aus der Personendatenbank gesondert angezeigt. Diese Anzeigen können angeklickt werden und der Nutzer wird beispielsweise nach der Auswahl einer Person zu einer Seite weitergeleitet, die kurze persönliche Informationen enthält und alle in der Datenbank mit dieser Person verlinkten Artikel anzeigt. So kann der Nutzer leichter und direkter von einem ausgewählten Artikel aus weiterrecherchieren. Zudem erfolgt der Zugriff auf die digitalisierten Zeitungsseiten im HAIT und in der SLUB nun auch über den DFG-Viewer, der sich bei vielen Digitalisierungsprojekten als Standard durchgesetzt hat.
Von Beginn des Verbundprojektes an war es nicht das Ziel der Projektgruppe des HAIT, die Bearbeitung aller Jahrgänge des FHK abzuschließen, da dies aufgrund des Umfanges im Förderzeitraum nicht realisierbar war. Vielmehr sollten die seitenstarken Jahrgänge ab Mitte der 1930er Jahre soweit wie möglich abgearbeitet werden. Im Förderungszeitraum schritt das Datenbankprojekt, trotz der zeitaufwendigen technischen Verbesserungen und Anpassungen für das Verbundprojekt, auch inhaltlich deutlich voran. Die Jahrgänge 1935 bis 1937 konnten abgeschlossen und für die Online-Recherche freigegeben werden. Zudem überprüften die Bearbeiter die Kategorienstruktur und passten diese den Entwicklungen an, sodass das Datenbankprojekt aktuell über 92 thematische Kategorien verfügt.
Dem Benutzer der Datenbank zum FHK stehen auf der Homepage des HAIT diverse Rechercheinstrumente zur Verfügung, die – je nachdem, was gesucht wird und wie spezifisch das Suchinteresse ist – unterschiedliche Zugänge ermöglichen. Bereits auf der Themenseite zum FHK, auf der das Projekt und die Funktionsweise der Datenbank vorgestellt werden, lässt sich eine einfache Stichwortsuche in der Datenbank durchführen. Auf der rechten Seite der Website befindet sich jedoch auch eine Schaltfläche, die dem Nutzer spezifischere Zugänge gestattet. Über die Auswahl »Suche erweitert« ist es von vornherein möglich die Recherche durch die Angabe eines Zeitraums, eines mit dem HOV-Code versehenen Ortes, einer Region oder einer der 92 Kategorien einzugrenzen. Diese Optionen sind beliebig miteinander kombinierbar.
Die Funktion »Ausgaben« ist für jene Suchanfragen geeignet, bei denen ein genaues Erscheinungsdatum bekannt ist oder ein relativ kleiner Erscheinungszeitraum des Artikels vermutet wird. Nach Einstellung von Jahr und Monat kann die gewünschte Ausgabe der NS-Tageszeitung ausgewählt werden. Auf der folgenden Ergebnisseite werden die in der Datenbank vorhandenen Artikel mit kurzer Inhaltszusammenfassung und Seitenzahl angegeben. Darüber hinaus ist es auch möglich, sich die ganze Ausgabe im DFG-Viewer anzeigen zu lassen. Dadurch kann der Nutzer auch nach Artikeln suchen, die sich nicht in der Datenbank befinden.
Die nächste Suchoption sind die »Themen«. Nach der Auswahl erscheint zunächst die erste Ebene des dreistufigen Themen-Thesaurus, wobei sich der Nutzer für eine Oberkategorie entscheiden muss, um auf die zweite Ebene zu gelangen. Von dieser gelangt der Nutzer auf die dritte und letzte Ebene, auf der er dann die spezifische Kategorie auswählt und alle Artikel in der Ergebnisliste angezeigt bekommt, die die Bearbeiter diesem Thema zugeordnet haben. Diese ggf. große Ergebnismenge lässt sich wieder nach den Möglichkeiten der erweiterten Suche einschränken. Zusätzlich kann hier das Suchergebnis mit Hilfe einer zweiten Kategorie präzisiert werden. Der Nutzer ist daher in der Lage, beispielsweise die Trefferliste des Themenfelds »Politische Maßnahmen« durch Auswahl der Kategorie »Antisemitismus« auf behördliche Verordnungen gegen die jüdische Bevölkerung zu begrenzen.
Die letzte Zugangsoption ist die der Personen. Natürlich können die Nutzer einen Personennamen auch einfach im Stichwortfeld eingeben. Allerdings führt dies je nach Häufigkeit des Nachnamens zu unerwünschten Ergebnissen. Daher empfiehlt sich zunächst eine Suche über die Auswahl »Personen« in der Personendatenbank. Im Eingabefeld kann entweder der Nachname oder ggf. die GND-Nummer der gesuchten Person eingetragen werden. Aus der folgenden Trefferliste werden die Personen mit dem gesuchten Nachnamen ersichtlich. Wählt der Nutzer nun eine Person aus, erhält er, wenn vorhanden, kurze Informationen zum Leben und zur Funktion der Person sowie alle mit ihr verknüpften Artikel. Sollte die gesuchte Person mit einer GND-Nummer versehen worden sein, so werden Links zu den entsprechenden Ergebnisseiten des BEACON-Dienstes angezeigt. Durch die Verwendung dieses Angebotes von Wikidata ist es möglich, auch die Erkenntnisse anderer Institutionen über die gesuchte Person zu berücksichtigen. So wird zusätzlich zu den oben genannten Daten eine Linkliste mit allen Webseiten von Projekten angezeigt, die sich am BEACON-Dienst beteiligen und die gleiche GND-Nummer verwenden, etwa der entsprechende Artikel in der Wikipedia.
Während des Förderzeitraums des Verbundprojektes wurde unserer Arbeitsgruppe der Quellenwert des FHK sowohl durch die Nachfrage der Datenbank an sich als auch durch die Anfragen von Personen aus der Forschung und der historisch interessierten Öffentlichkeit aus Sachsen, Deutschland und darüber hinaus nochmals bestätigt. Gerade die persönlichen Anfragen an uns hingen mit der Nutzungsbeschränkung der Digitalisate zusammen, da es nicht allen möglich ist, für die Einsicht der Artikel nach Dresden zu kommen. Sobald dieses Problem, wie weiter unten geschildert, behoben ist, rechnen wir mit einer höheren Nutzerzahl. Trotz der bisher nur eingeschränkten Zugänglichkeit konnten wir im Durchschnitt über 150 Suchanfragen pro Tag in der Datenbank über die Website verzeichnen. Nicht zuletzt werden der FHK und die Projektdatenbank immer wieder von den Kolleginnen und Kollegen des HAIT konsultiert, die zum Nationalsozialismus forschen. Aus der Arbeitsgruppe heraus entstanden im Zeitraum des Verbundprojektes Vorträge und Aufsätze, die an bestimmten Themenschwerpunkte die Bedeutung des FHK für die historische Erforschung der NS-Zeit in Sachsen und die Nutzungsmöglichkeiten der Datenbank exemplarisch verdeutlichten.5
Hinter diesen Aktivitäten steckt auch das Interesse, die Bekanntheit des Projektes zu steigern, da die aufwendige Erschließung der NS-Tageszeitung ihre Würdigung letztlich über die Nutzung der Datenbank durch unterschiedliche Kreise erhält.
3. Ausblick
Die Bearbeitung des FHK im Verbundprojekt »Virtuelle Archive für die geisteswissenschaftliche Forschung« unterstrich nochmals die Bedeutung der sächsischen NS-Tageszeitung als Quelle für die landeshistorische Forschung zum Nationalsozialismus. Daher versucht das HAIT, nach dem Auslaufen der Förderung des Datenbankprojekts zum FHK durch das SMWK6 die Erfassung der fehlenden Jahrgänge in ähnlicher Intensität fortzusetzen und die mit der Langzeitarchivierung verbundene Pflege von Datenbank und Website weiter zu verstetigen.
Wichtig für eine Erweiterung der Nutzungsmöglichkeit der Datenbank zum FHK war die Grundsatzentscheidung der SLUB, im Laufe des Jahres 2020 die Digitalisate aller ihrer Zeitungsbestände bis zum Jahrgang 1945 frei zugänglich zu machen. Damit entfällt auch für unser Projekt die bisherige Beschränkung im Internet, wodurch die Nutzer zukünftig direkt nach der Auswahl eines Artikels auch auf die entsprechende Zeitungsseite zugreifen können. Bisher war der eigentliche Zugriff auf die recherchierten Zeitungsartikel hauptsächlich wegen urheberrechtlicher Bedenken auf lediglich zwei spezielle Arbeitsplätze im HAIT und der SLUB beschränkt. Es ist davon auszugehen, dass mit dem Wegfall dieser Beschränkung der bisherige Nutzerkreis deutlich erweitert wird, weil dann der komplette Recherchevorgang online möglich ist.
Über die eigentliche Erschließungsarbeit hinaus entstandenen in der Arbeitsgruppe Ideen, wie die Datenbank auch über eine engere Verwendung als Recherchewerkzeug hinaus genutzt werden kann. Eine Überlegung dabei ist wie z. B. eine spezielle Version der Datenbank in der historisch-politischen Bildung, besonders an Schulen, eingesetzt werden kann. Hierzu wäre es nötig, einerseits die Datenbank zu verkleinern, andererseits aber die Einträge stärker zu kontextualisieren, damit Schülerinnen und Schüler die Chance haben, nicht nur offensichtliche, sondern auch subtilere Propagandastrategien zu erkennen. Das historische Beispiel könnte ebenso dazu dienen, Gemeinsamkeiten und Unterschiede in den Medientaktiken von Nationalsozialisten in den 1930er Jahren und heutigen Rechtsextremen aufzuzeigen.
Da es sich bei den Digitalisaten des FHK seit 1932 um die Dresdner Stadtausgabe handelt, liegt eine besonders dichte Überlieferung zum Wirken der NSDAP im Raum Dresden und in der angrenzenden Amtshauptmannschaft vor. Somit lässt sich die Entwicklung der örtlichen Parteiorganisation von den ersten örtlichen Parteistrukturen 1922/23 in Dresden-Cotta über die Gründung der Dresdner Ortsgruppe 1925 bis hin zu einer Parteieinheit mit über 80 Ortsgruppen allein auf dem Dresdner Stadtgebiet im Jahr 1937 nachvollziehen.7 In einer Excel-Tabelle wurden neben den entsprechenden Artikel-IDs und wichtigen Informationen (Gründungsdatum, z. T. Mitgliederzahlen, Teilungen und Zusammenschlüsse der OG) auch die erwähnten Ortsgruppenleiter sowie der Standort der Parteidienststellen erfasst. Da in den Bemerkungsfeldern der Hauptdatenbank sowohl die Adressen der Sitze verschiedenster Parteiämter und -gliederungen der Gau und Ortsebene, aber auch die Orte von Kundgebungen und anderer Aktionen der Partei erfasst wurden, reifte die Idee einer kartographischen Visualisierung von Orten nationalsozialistischer Herrschaftsausübung, -praxis und -partizipation auf dem Dresdner Stadtgebiet. Hier könnten eben jene Orte in einem georeferenzierten Dresdner Stadtplan eingetragen und mit den entsprechenden Artikeln verlinkt werden. Diese Karte könnte dann durch die Eintragung beispielweise von Standorten der Wehrmacht, der Rüstungsproduktion oder von KZ-Außen- und Zwangsarbeiterlagern sowie Orten anderer nationalsozialistischer Verbrechen ergänzt werden. Damit ließe sich auch hier wieder für Schülerinnen und Schüler, ebenso wie für interessierte Bürgerinnen und Bürger, die Präsenz des Nationalsozialismus im damaligen Dresden optisch vergegenwärtigen. Sie würden dadurch in die Lage versetzt, nachhaltige Mythen, wie die der »unschuldigen Stadt« oder die der Unsichtbarkeit nationalsozialistischer Gewalt, zu hinterfragen und Orte oder Gebäude aus ihrer unmittelbaren Umgebung unter neuen Gesichtspunkten zu betrachten.
Zentrales Anliegen bleibt jedoch der Fortgang der Erschließung der verbleibenden Jahrgänge, wobei der Umfang der Zeitung nach Kriegsbeginn 1939 zunehmend geringer wird, was sich dann in einer schnelleren Bearbeitungszeit niederschlagen wird. Für die Geschichtswissenschaft und die historisch interessierte Öffentlichkeit entsteht durch die Datenbank und durch die verschiedenen Zugangsoptionen ein erheblich erleichterter Einblick in eine zweifelslos problematische, aber eben zentrale Quelle zum Nationalsozialismus in Sachsen.
- 1Vgl. Thomas Widera, Martin Munke und Matti Stöhr, »Der Freiheitskampf«. Digitalisierung und Tiefenerschließung einer NS-Zeitung, https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:bsz:14-qucosa2-164012 (2.10.2020).
- 2Vgl. auch den Einführungsbeitrag im vorliegenden Heft der Denkströme: Hendrik Keller, »Das Verbundprojekt ›Virtuelle Archive für die geisteswissenschaftliche Forschung‹ – Ein Resümee«.
- 3https://hait.tu-dresden.de/ext/forschung/der-freiheitskampf.asp (2.10.2020).
- 4https://hov.isgv.de/ (2.10.2020).
- 5In einem Sammelband des HAIT zum Thema politischer Gewalt in der ersten Hälfte der 1930er Jahre erschienen folgende Beiträge: Josephine Templer, »Rezeption von politischer Gewalt und ihrer Funktion in der sächsischen Presse zwischen 1930 und 1933. ›Der Freiheitskampf‹ und die ›Arbeiterstimme‹ im Vergleich«, in Gerhard Lindemann und Mike Schmeitzner (Hg.), … da schlagen wir zu. Politische Gewalt in Sachsen 1930–1935, Göttingen 2020, S. 21–52; sowie Christoph Hanzig und Michael Thoß, »›Rotmord‹ vor Gericht – politisch motivierte Tötungsdelikte in Sachsen im Spiegel der NS-Tageszeitung ›Der Freiheitskampf‹ von 1931 bis 1936«, in ebd., S. 193–230. Weitere Beiträge in internationalen Tagungsbänden sind z. Zt. in der Peer-Review.
- 6Heute SMWKT.
- 7Vgl. z. B. Hans Schmidt, »Der unbekannte Parteigenosse erobert Dresden. Die Geschäftsstelle auf dem Dachboden«, in Der Freiheitskampf, 5.11.1933, S. 7; »Erste NSDAP-Geschäftsstelle – im Keller. Ein alter Dresdner Parteigenosse erzählt aus den Kampfjahren der Bewegung«, in Der Freiheitskampf, 20.12.1936, S. 6.