In principio erat verbum. Eine kleine Geschichte der Gotischen Majuskel in Meißen
Der Chor des Domes zu Meißen wird bis heute von den vier Steinfiguren im mittleren Joch geprägt. Dem Eintretenden zur Rechten wendet – wie einstmals den Domherren – als erstes Bischof Donatus von Arezzo mahnend den erhobenen Zeigefinger zu, während der neben ihm befindliche Evangelist Johannes mit einem Lächeln auf den Platz vor dem Altar blickt. Sein Zeigefinger weist in einem aufgeschlagenen Buch auf die Worte IN PRINCIPIO ERAT VERBVM (Jh 1,1). Johannes und Donatus sind mindestens seit der Mitte des 13. Jahrhunderts als Patrone des Domes nachzuweisen.1 Ihnen stehen an der anderen Wand die Figuren eines Herrscherpaars gegenüber, das mit Otto I. (912–973) und Adelheid von Burgund (931/932–999) identifiziert wird. Hier wendet sich der Kaiser dem Eintretenden zu, während die Kaiserin zum Altar schaut. Auf den ersten Blick erscheint das gesamte Ensemble, wie es sich jetzt präsentiert, als klare Einheit mit dem gesamten gotischen Chor. Dieser Eindruck täuscht jedoch, denn das heutige Erscheinungsbild stellt einen Kompromiss der Restaurierungen von 2000/2001 dar, der darauf Rücksicht nimmt, dass die Figuren drei verschiedene Farbfassungen aufweisen. Die erste entstand im Zusammenhang mit Herstellung und Aufstellung der Figuren. Ein zweites Mal wurden die Figuren um 1500 bemalt, zuletzt noch einmal 1771/1772. Die Figur des Johannes sowie diejenigen Ottos und Adelheids sind mehrheitlich in der dritten Fassung bewahrt, aber mit Spuren der früheren Anstriche. Demgegenüber wurde die Figur des Bischofs Donatus in der Farbigkeit der ersten und zweiten Fassung rekonstruiert, die am besten erhalten waren.
Das Buch in der Hand von Johannes gehört zu dessen ältesten Bestandteilen. Wenn wir einen Blick hinein werfen [Abb. 1], erkennen wir auf der linken Buchseite zunächst eine Schmuckinitiale, die mit schwarzen Konturlinien auf Gold aufgetragen wurde. Diese Initiale ist der ersten Farbfassung zuzuordnen. Die restlichen Buchstaben sind mit kräftigem Duktus in schwarzer Farbe auf weißen Grund gemalt. Dabei erscheinen die horizontalen Schäfte und vertikalen Balken in der Mitte eingeschnürt, die Rundungen sind besonders betont. Links sind die Buchstaben untereinander angeordnet, rechts verlaufen sie über fünf Zeilen. Die Rahmung auf der linken Buchseite besteht aus einer schwarzen Doppellinie, die rechte weist eine einfache rote Lineatur für Rand und Zeilen auf. Bei genauerer Betrachtung offenbaren sich darüber hinaus unter den markanten schwarzen Buchstaben weitere blassere bläulich-graue Umrisse. Meist entsprechen diese, um wenige Millimeter versetzt, den farblich akzentuierten Konturen, zeigen aber leichte Variationen im Detail, wie im Fall von P und R auf der rechten Seite. Eine deutliche Abweichung zeigt sich hingegen beim allerletzten Buchstaben. Unter dem M mit schräggestellten Schäften und kurzem Mittelteil zeichnen sich hier runde Formen ab. Die kräftiger ausgeführten Buchstaben entstammen der zweiten Fassung, während die schwächeren Konturen noch zur originalen Bemalung gehören.2 Die Anfangsworte aus dem Johannesevangelium spannen also einen weiten Bogen von mehr als 200 Jahren. Zugleich offenbaren die beiden mittelalterlichen Fassungen zwei Zeitschnitte, die sowohl in der Ausstattung als auch in den religiösen und repräsentativen Funktionen des Meißner Domes zu beobachten sind. Es spiegelt sich darin der Wandel von der Bischofskirche zu einem religiösen Zentralort der wettinischen Dynastie. Die Schrift im Raum ist nicht das wichtigste, aber ein auffälliges Element in diesem Funktionswandel.
I.
Die Schrift im vorgestellten Beispiel wird als Gotische Majuskel bezeichnet. Die Bezeichnung ›Majuskel‹ verweist auf den wesentlichen Charakter, da es sich um eine Schrift handelt, die nur aus Großbuchstaben besteht. Ihre Formen entstammen zwei verschiedenen Schriftarten, was sich in der Mischung aus eckigen und runden Formen manifestiert. Am Schriftbeispiel aus Meißen sind beispielsweise die unterschiedlichen Varianten von N besonders augenfällig. Die eckigen Buchstaben gehören der Kapitalis an, die in ihren Grundformen aus der römischen Antike stammt und im Zuge der Karolingischen Renaissance ebenfalls eine Wiederbelebung erfuhr. Die runden Buchstaben, hier insbesondere noch das E, entstammen der Unziale, die im 3. Jahrhundert als Gebrauchsschrift entstand und später vor allem als Auszeichnungsschrift Verwendung fand. Ab dem 9. Jahrhundert wurden für Inschriften beide Schriftarten aufgegriffen.3 Für die Schrift der Phase, in der sich die Buchstabenformen stärker vermischten, hat sich die Bezeichnung Romanische Majuskel etabliert. Von der Gotischen Majuskel ist dann die Rede, wenn neben diese Mischung der Buchstabenformen noch die Flächigkeit als visuell markantes Element tritt. Eine Abschließung der Buchstaben durch Zierstriche oder die Integration zusätzlicher Zierelemente, wie hier bei E, sind ebenfalls charakteristisch. Die Gotische Majuskel in dieser Ausprägung erscheint in einigen Regionen bereits am Ende des 12. Jahrhunderts, grundlegende Verbreitung findet sie jedoch ab der Mitte des 13. Jahrhunderts. 4
Im Inschriftenbestand der Stadt Meißen findet sich eine außergewöhnlich hohe Anzahl von Zeugnissen dieser Schriftart. 53 Schriftzeugnisse auf 35 Inschriftenträgern sind noch im Original erhalten, teilweise aber nur fragmentarisch. Innerhalb der im Rahmen des Forschungsvorhabens »Die Deutschen Inschriften des Mittelalters und der Frühen Neuzeit« bearbeiteten Standorte handelt es sich um einen der umfangreicheren Bestände auf dem Gebiet einer einzelnen Stadt. Er reicht zwar an die 169 Zeugnisse der Gotischen Majuskel in Worms nicht heran und wird in Regensburg schon vom Dom (77) allein übertroffen, doch entspricht diese Überlieferung in etwa derjenigen von Halberstadt (57) und ist etwas umfangreicher als die Bestände in Braunschweig (39) und Hildesheim (41). 5
Der Meißner Bestand der Gotischen Majuskel konzentriert sich auf den Dom. Er umfasst mehrheitlich Grabplatten, in geringerem Umfang die Beschriftungen an Bauelementen und auf Fensterglas. Es ist unklar, in welchem Umfang Zeugnisse dieser Schrift zwischen dem 13. und 16. Jahrhundert vorhanden waren.6 Einige verlorene Inschriften sind aus der abschriftlichen Überlieferung zu ermitteln. Den ehemaligen Domschatz forderte Herzog Moritz 1542 vom Domkapitel ein, weshalb er vollständig verloren ist. Das bei dieser Gelegenheit angelegte Inventar lässt aber vermuten, dass die meisten Goldschmiedearbeiten dem späten 14. sowie dem 15. und 16. Jahrhundert angehörten.7 Eine zentrale Leerstelle für die epigrafische Überlieferung ist das Grabmal des Bischofs Benno, das 1270 in die geplante Mitte des gotischen Langhauses versetzt, um 1370/90 durch einen Baldachin überfangen, nach der Heiligsprechung 1524 zu einem Hochgrab aus Marmor umgestaltet, 1539 aber vollständig zerstört wurde. Es ist nur durch einige Stiche überliefert, die zwar eine Visualisierung des Aufbaus erlauben, aber keine Inschriften zeigen.8 Das Bild, das sich auf Grundlage der heutigen Situation von der inneren Erscheinung des Domes zwischen dem 13. und frühen 16. Jahrhundert zeichnen lässt, kann daher nur eine Annäherung darstellen.
II.
Die Entstehung der Chorfiguren und ihrer ersten Farbfassung ist direkt mit der frühen Baugeschichte des gotischen Domes verbunden, der einen älteren romanischen Kirchenbau ersetzte, von dem sich oberirdisch keine Spuren erhalten haben. Dieser Neubau begann im Osten mit dem Chor. Bauhistorische Untersuchungen am Mauerwerk ergaben, dass die Konsolen der Figuren mit den übrigen Quadern aufgemauert und nicht erst nachträglich eingefügt wurden; zudem gehören sie zum ältesten Bauabschnitt. Daher ist davon auszugehen, dass die Aufstellung der Figuren gemeinsam mit der Errichtung des Chores geplant wurde. Ältere Interpretationsversuche, wonach die Figuren zunächst für ein Portal gedacht waren, können mittlerweile als widerlegt gelten.9
Der konkrete Beginn des gotischen Neubaus ist nur indirekt zu bestimmen. Er fällt sehr wahrscheinlich in die Amtszeit Bischof Konrads (amt. 1240–1259). 1249 und 1250 ließ dieser sich in Lyon von Papst Innozenz IV. (amt. 1243–1254), dem er seit 1245 immer wieder als Legat gedient hatte, Ablassurkunden ausstellen. Diese gewährten den Besuchern des Domes an den Festtagen der beiden Patrone Johannes des Evangelisten und Bischofs Donatus von Arezzo einen vierzigtägigen Ablass. Die Urkunden enthalten zwar keine verbalen Hinweise auf einen Bau, können aber von entsprechenden Planungen zeugen. Die Amtszeit Bischofs Konrad liefert darüber hinaus auch Anhaltspunkte für eine Bezugnahme auf das Kaiserpaar Otto und Adelheid. In einem Streit mit Markgraf Heinrich (dem Erlauchten) von Meißen (1215–1286) um die Zehntrechte im Bistum legte er gefälschte Urkunden Ottos I. vor, um das Alter seiner beanspruchten Rechte zu beweisen. Aus diesem Vorgehen lässt sich ablesen, dass er Otto I. auch als Stifter des Meißner Bistums betrachtete. Aufgrund dieser Indizien wird Bischof Konrad heute als Initiator für den Neubau des Chores angesehen.10 Etwas sicherer als der Anfang lässt sich das Ende der Bauten am Chor fassen, das nun schon in die Amtszeit von Konrads übernächstem Nachfolger Withegos I. (amt. 1266–1292) fällt: Im Jahr 1268 setzte die Stiftung einer Margarethenfeier liturgische Handlungen im Chor voraus. 1269 wurde am Chorumlauf eine neue Kapelle geweiht. Daher ist anzunehmen, dass der Chor um diese Zeit fertig gewölbt war. Davor müssen auch die Figuren im Stifterjoch ihren Platz gefunden haben.11
Die Gotische Majuskel trat in Meißen ab der Mitte des 13. Jahrhunderts in ihrer entwickelten Form als fester Bestandteil der »modernen« gotischen Ausstattung in Erscheinung. Dabei muss betont werden, dass die heutige Situation einen Zufall der Überlieferung darstellt. Da weder vom beweglichen Inventar der Vorgängerbauten noch von den darin enthaltenen Grabplatten Elemente erhalten sind, ist nicht eindeutig feststellbar, ob die Schrift in dieser Erscheinung neu importiert wurde, oder ob sie sich langsam herausformte.12 Das einzige Meißner Zeugnis, das vermutlich vor der Mitte des 13. Jahrhunderts entstand, die Grabplatte eines BERTOLDVS MERCATOR in der Urbanskirche in Meißen-Cölln, gehört in eine Spätphase der Romanischen Majuskel und trägt erste, aber noch nicht ausgeprägte gotische Züge.13 Es gibt daher Raum für beide Möglichkeiten.
Zu den ältesten Zeugnissen der voll ausgeformten Gotischen Majuskel gehören neben dem Buch des Johannes auch die Beschriftungen auf den Konsolen der Bistumspatrone. Die originale Situation ist heute nur noch an der Konsole des Bischofs Donatus nachvollziehbar: Hier erlauben Bindemittelspuren im Stein außerdem die Beobachtung, dass der Maler der ursprünglichen Buchstaben versehentlich ENISCOPVS aufmalte. Ein Fehler, der bei einer zweiten Übermalung – vielleicht im Zuge der zweiten Fassung, spätestens aber 1910/12 – korrigiert wurde. Vorbilder für die Kombination von Standfigur und Schrift sind möglicherweise einige der männlichen Stifterfiguren des Naumburger Westlettners, die denjenigen in Meißen vorausgingen und Namen auf den Rahmen der Schilde tragen. Die heutige Situation in Naumburg geht jedoch ähnlich wie in Meißen auf das späte 15. oder frühe 16. Jahrhundert zurück, als die ältere Beschriftung noch einmal übermalt wurde.14 In Meißen überrascht, dass nur die Konsolen der Bistumspatrone deren Namen tragen, während das Kaiserpaar nie durch Inschriften begleitet wurde.
Zu den Inschriften an den Chorfiguren kamen in den 1270er Jahren die Glasmalereien in den Fenstern des polygonen Chores, von denen aber nur noch diejenigen im Mittelfenster erhalten sind. Auch dieses wurde durch die Jahrhunderte mehrfach umgestaltet und unten um sechs Felder verkürzt. Hier diente die Schrift zum einen zur Bezeichnung einiger Figuren, vorrangig in der mittleren und der nördlichen Seitenbahn. Zum anderen wurden die beiden seitlichen Bahnen jeweils von einem längeren Spruch gerahmt. Zwar lassen sich die Texte aufgrund der verlorenen Felder nicht gänzlich rekonstruieren und erschließen. Die erhaltenen Textfragmente nehmen jedoch im Norden auf die Würde des Priesteramtes, im Süden auf den Opfertod Christi und die reinigende Kraft seines Blutes Bezug.15 Die einzelne Scheibe mit einer Darstellung des Apostels Jakobus Major, die sich heute in der Allerheiligenkapelle befindet und nur etwas jünger ist als das Chorscheitelfenster, zeugt davon, dass die Gotische Majuskel auch in weiteren Fenstern des neuen gotischen Domes auftauchte.
Schließlich tritt die Schrift noch an drei Grabplatten vom Ende des 13. Jahrhunderts in Erscheinung, von denen die älteste das Grab Bischof Withegos I. bedeckte.16 Die Grabplatte dieses Bischofs diente als Vorbild für weitere Platten von Bischöfen und Domherren sowie einer adligen Dame und eines Meißner Bürgers. Ausgehend von einer regelmäßig flächigen Anlage der Buchstaben entwickelt sich ab der Wende zum 14. Jahrhunderts ein Schriftbild, in dem der Kontrast zwischen Flächen und schmalen Formen dominiert. Dazu kamen in wachsendem Umfang Verzierungen an den Buchstaben, wie Nodi und Halbnodi [Abb. 2].
Runde Formen wurden zu den Seiten hin tropfenförmig ausgezogen. Die rötlich braune Harzmasse, die die eingehauenen Formen ausfüllte, intensivierte diese Kontraste noch. 17
Diese Entwicklung erreichte ihren Höhepunkt während und nach der Amtszeit des Bischofs Johannes von Eisenberg (amt. 1342–1370). Davon zeugt zum einen seine Grabplatte, die heute an der Nordwand des nördlichen Querhauses steht und – zwar etwas abgetreten – einen guten Eindruck vom späten Erscheinungsbild der Gotischen Majuskel bietet. Zum anderen ist er in drei weiteren Inschriften namentlich erwähnt. Alle drei stehen in Verbindung mit dem gotischen Lettner, der nach seiner Errichtung vor 1299 vier Erweiterungen erfuhr, bei denen er schrittweise zu einer die gesamte Breite der Querhäuser umspannenden Empore ausgebaut wurde. Die ersten Veränderungen erfolgten in den späten 1350er Jahren und bestanden in einer Verbreiterung der Oberfläche sowie im Anbau einer kleinen Arkade auf beiden Außenseiten. Der erweiterte Raum bot nun Platz für zwei Altäre, deren Stiftung zwei zum Chor gerichtete Inschriften dokumentieren. Auf der Nordseite wurde der Altar der Heiligen Alexius und Bartholomäus errichtet, auf der Südseite der Altar des Heiligen Basilius und der Heiligen Barbara [Abb. 3]. Zeitgleich wurden die Namen der vier Heiligen an der dem Schiff zugewandten Seite angemalt.
Zeugnisse der Gotischen Majuskel zeichnen sich durch sehr viele Zierformen und bewegte Formen aus. Ein besonderes Element dieser Phase sind Buchstabenverbindungen, bei denen sich zwei Buchstaben ein Element teilen, wobei die Kombinationen mit A sehr charakteristisch sind. Sie kommen in den 1360er und 1370er Jahren auch an Grabplatten vor [Abb. 2 letztes Beispiel]. 1377 entstanden die letzten Grabinschriften in Gotischer Majuskel, mit sehr groß ausgeführten Buchstaben und der Ligatur von A und N im ANNO der Datierung. Für die letzte Phase der Gotischen Majuskel im Meißner Dom und ihren Wandel zur reinen Zierschrift steht die dem Kirchenraum zugewandte Seite des Lettners. Ab 1380 veranlasste Markgraf Wilhelm von Meißen drei weitere Umbauten, zunächst nach Norden, dann nach Süden, deren Ergebnis die heutige »Lettnerempore« darstellt. Diese markgräflichen Lettnererweiterungen gingen mit einer umfangreichen inschriftlichen Ausgestaltung der Brüstung einher. Diese Inschriften sind nur sehr fragmentarisch erhalten und ihre Texte nur in Bruchstücken rekonstruierbar. Am unteren Gesims der Hauptempore erinnerte eine Weihe- und Bauinschrift zunächst an die Altarstiftungen durch Bischof Johannes und zelebrierte dann Markgraf Wilhelm als neuen Bauherrn. Da sie die älteren Inschriften der 1350/1360er Jahre überdeckte, wurden die Namen der Heiligen noch einmal am oberen Teil der Brüstung angebracht. Nach dem gleichen Muster diente an der Nord- und Südempore das untere Gesims der Erinnerung an Altarweihen, während oben am Handlauf die Namen der Altarpatrone standen. Die Einzelinschriften lassen sich zwei Phasen zuordnen. Um 1387 bis spätestens 1395 entstanden Inschriften an der Haupt- und Nordempore, zwischen 1401 und 1404 folgten eine inschriftliche Ergänzung am Südende der Hauptempore und weitere Inschriften an der Südempore. Alle diese Inschriften wurden 1771 sowie 1910 übermalt und 1993/1994 teilweise freigelegt. Heute präsentieren sich die verschiedenen Entstehungsphasen in einer zeitgleichen Ansicht. Da bei der Restaurierung des Lettners an der Hauptempore die besser sichtbaren älteren Inschriften deutlicher akzentuiert wurden, überlagern sie visuell die jüngere Bauinschrift. Alle jüngeren Inschriften am Lettner sind sehr flächig ausgeführt, die Inschriften vom Anfang des 15. Jahrhunderts füllen die gesamte Höhe der zur Verfügung stehenden Grundfläche aus. Gerade aufgrund ihrer Größe und öffentlichen Präsenz waren diese Buchstaben vermutlich vorbildhaft für die nachfolgende Rezeption der Gotischen Majuskel als Zierschrift.18 Nach 1400 gibt es nur wenige Beispiele, in denen das einleitende Anno der Grabinschriften nicht mit einem Versal der Gotischen Majuskel beginnt. 19
III.
Als die Figuren ihre zweite Fassung erhielten, schauten sie auf einen gewandelten Dom. Seit 1409 diente der Chor als Grablege für Markgraf Wilhelm (1343–1407) und seine Gemahlin Elisabeth von Mähren († 1400), die als einzige Personen an diesem Ort begraben wurden.20 Zwischen 1413 und 1428 initiierte Friedrich der Streitbare (1370–1428), seit 1426 Kurfürst von Sachsen, vor dem Westportal den Bau einer neuen Grabkapelle. 1443 wurden im Zuge der Stiftung eines Altars zu Ehren der Heiligen Viktor und Moritz, der sich zu Häupten der Gräber Friedrichs des Streitbaren und seiner Gemahlin Katharina von Braunschweig-Lüneburg (1395–1442) erhob, die Messfeiern der beiden Begräbnisorte so in Einklang gebracht, dass die Seelmesse für Markgraf Wilhelm weiterhin im Chor gesungen wurde.21 Auf diese Weise standen Chor und Fürstenkapelle in einer liturgischen Beziehung. Schon im Zuge der Lettnererweiterungen unter Markgraf Wilhelm wurde über den (unvollendeten) Nordostturm ein direkter Zugang zwischen dem markgräflichen Hof und der Lettnerempore geschaffen, die dadurch die Funktion einer Fürstenempore erhielt. Bei Errichtung der Albrechtsburg im letzten letzten Viertel des 15. Jahrhunderts wurde die nördliche Lettnerempore nun mit der vom großen Wendelstein abzweigende Loggia verbunden und erhielt ein repräsentativ gestaltetes Portal. 22
Verbunden mit der endgültigen Umgestaltung des Domes zur Schlosskapelle der Wettiner war eine prächtige Ausstattung. Davon zeugen noch das auf dem Hochaltar stehende Retabel des ehemaligen Dreikönigaltars der Fürstenkapelle sowie die Tumba Friedrichs des Streitbaren und weitere aus der Nürnberger Vischer-Werkstatt stammende Grabplatten in der Fürstenkapelle. Die Bischöfe, die zwar weitestgehend aus Meißen verdrängt waren, ihre Grablege aber weiterhin bei ihren Amtsvorgängern vor dem Lettner fanden, sowie einige Domherren suchten ebenfalls Anschluss an diese Prachtentfaltung.23
Angesichts dieser zunehmenden Prachtentfaltung, insbesondere in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts, wundert es nicht mehr, dass auch die Figuren im Chor einen neuen Anstrich erhielten. Dieser bestand zu weiten Teilen in einem Auffrischen der Farben. Zugleich wurden aber etliche Kleidungsstücke mit Pressbrokat überdeckt, der teilweise über älteren gemalten Ornamenten liegt. Dieser ist an der Tunika Kaiser Ottos besonders gut zu erkennen, findet sich aber auch an den Figuren von Adelheid und Donatus. Pressbrokat besteht aus einer Zinnfolie, in die zuvor mittels eines Modells ein Muster geprägt und das dann mit einer Masse aus Harz und Teig verstärkt wurde. Diese dünne Schicht musste dann noch in weichem Zustand auf den gewünschten Untergrund appliziert werden, im Anschluss wurde sie vergoldet und oft mit roten oder grünen Farbakzenten versehen. Die Technik diente vorrangig zur Imitation der Brokatstoffe, aus denen Kleidungsstücke von Adel und hohem Klerus, Teppiche oder Wandbehänge im 15. Jahrhundert bestanden. Besonders beliebt waren Muster mit dem Motiv des Granatapfels. Nördlich der Alpen ist der Pressbrokat ein Phänomen des späteren 15. Jahrhundert. Er findet als Hintergrund von Tafelbildern wie an Altarretabeln mit plastischem Schmuck Verwendung. Sein Erscheinen in der bildenden Kunst deckt sich mit ähnlichen Phänomenen auf Metallplatten, wo Flächen mit Brokatmuster gefüllt wurden, später auch Teppiche und Kleidungsstücke derartige Ornamente erhielten. 24
In Obersachsen tritt Pressbrokat verstärkt von der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts bis zum Beginn des 16. Jahrhunderts auf. Der Pressbrokat an den Figuren im Chor passte diese an den Geschmack und Sinn für Prachtentfaltung der Zeit um 1500 an und diente somit einer vorsichtigen Modernisierung.
Die gleiche Mischung aus Traditionsbewusstsein und Modernisierung ist auch bei der Erneuerung der Schrift zu beobachten. Die Mehrzahl der Buchstaben bleibt den älteren Formen getreu. Doch sind sie sehr regelmäßig angeordnet und proportioniert. In dieser allgemeinen Schriftästhetik liegt das Moment der Moderne, für das ganz spezifisch auch die Form des M steht.
Die Schriftästhetik ist dem Humanismus geschuldet. Unter dem Einfluss der humanistischen Buchschriften erscheinen im Verlauf des 15. Jahrhunderts in inschriftlichen Zeugnissen zahlreiche Übergangsschriften. Sie lehnten sich zwar an die antike Kapitalis an, übernahmen aber zugleich zahlreiche andere »archaisch« wirkende Buchstaben vor allem aus dem 8. bis 12. Jahrhundert. Die wichtigste dieser Übergangsschriften ist die Frühhumanistische Kapitalis, die zahlreiche spezifische Merkmale, aber auch viele Varianten aufweist.25 Sie findet sich in Meißen zuerst am Epitaph des Bischofs Johannes von Weißenbach (amt. 1476–1487). Sie enthält zahlreiche Sonderbuchstaben, wie das byzantinische M mit geradem Mittelteil, aber auch unziales D oder zweistöckiges E.
Einen etwas anderen Charakter hat die Grabplatte Herzog Albrechts III., des Beherzten, von Sachsen (1443–1500), die in Nürnberg hergestellt wurde. Ihre Schrift entspricht in vielen Zügen einer »klassischen« Kapitalis. Doch finden sich gleichfalls Sonderbuchstaben, die für die frühen humanistischen Schriften charakteristisch sind oder aus älteren Stufen der Schriftentwicklung, sogar der Gotischen Majuskel, stammen. Ebenfalls dem humanistischen Buchstabenrepertoire gehört das M mit schräggestellten Schäften und verkürztem Mittelteil an, das sich auch auf der Grabplatte seiner Schwester Amalia, findet.
Einen ähnlichen Charakter wie diese beiden in Nürnberg hergestellten Grabplatten weist auch die Inschrift am Eingangsportal von Domplatz 7 auf. Das gesamte Gebäude wurde 1497 für den Domherrn Melchior von Meckau errichtet, der zugleich Bischof von Brixen war. Das Portal mit der Wappentafel und der Inschrift entstand aber erst nach 1503, nachdem Melchior von Meckau zum Kardinal ernannt worden war.
Es ist derzeit nicht zu klären, in welchem zeitlichen Verhältnis diese Inschriften zu derjenigen auf dem Buch des Johannes stehen. Sie gehören aber alle einer gleichen Periode der Schriftentwicklung an. Dabei kann die Inschrift im Chor als ein weiterer Pol im Schriftpluralismus des späten 15. und frühen 16. Jahrhunderts angesehen werden. Da aufgrund des besonderen Anbringungsortes vermutlich nicht radikal mit den Meißner Traditionen gebrochen werden sollte, orientierte man sich am Schriftbild der Gotischen Majuskel. Deren Buchstaben wurden aber nicht einfach imitiert, sondern sind humanistisch überformt.
Die Initiatoren für die Erneuerung der Chorfiguren sind unbekannt. Ein möglicher Antrieb könnte die erwünschte Heiligsprechung Bischof Bennos von Meißen gewesen sein, die 1499 auf Betreiben Herzog Georgs von Sachsen (1488/1500–1539), des damaligen Bischofs Johannes von Salhausen und durch Mitglieder des Domkapitels in Gang gesetzt und 1523 realisiert wurde. Nach der Heiligsprechung wurde das Grab komplett erneuert, am alten gotischen Grabmal des verehrten Bischofs waren um 1500 aber noch Bildnisse des Herzogs und seiner Gemahlin Barbara von Polen angebracht worden. Daher käme auch Georgs offizieller Herrschaftsantritt als Zeitpunkt in Frage, zu dem die Figuren im Chor erneuert wurden. Zudem hob die 1513 von Herzog Georg erlassene Verordnung zur Liturgie der Karwoche auch die liturgischen Beziehungen zwischen Chor und Fürstenkapelle, insbesondere im Kontext der Prozessionen, hervor. 26
Zusammenfassend sei noch einmal festgehalten, dass die zwei Schriftbefunde im Buch des Johannes mit den zwei Farbfassungen des gesamten Ensembles der Figuren im Stifterjoch zusammenfallen. Die epigrafischen Beobachtungen unterstützen in beiden Fällen die bau- und kunsthistorischen Befunde für die zeitliche Einordnung. Die beiden vorgestellten Versionen der Gotischen Majuskel stehen dabei jeweils für Modernisierung. Als die Figuren um 1260 geschaffen wurden, war die Gotische Majuskel die moderne Schrift überhaupt. Demgegenüber implizierte die Moderne am Ende des 15. Jahrhunderts humanistische Einflüsse. Die Inschrift, die zu diesem Zeitpunkt entstand, dominiert den heutigen Eindruck. Sie stellt einen Kompromiss zwischen Traditionsbewusstsein und einem neuen humanistisch beeinflussten Schrift geschmack dar.
- 1Siehe nachfolgend ausführlicher in Fn. 10.
- 2Zusammenfassung der Ergebnisse in Heinrich Magirius (Hg.), Forschungen zur Bau- und Kunstgeschichte des Meißner Domes, Bd. 2: Beiträge zur Architektur und Skulptur des 13. und 14. Jahrhunderts, Beiträge von Elisabeth Hütter, Günter Kavacs, Heinrich Magirius, Magdalene Magirius und Peter Vohland, Kurzbeiträge von Oliver Ander, Elke Schirmer und Michael Kirchen, im Auftrag des Landesamtes für Denkmalpflege Sachsen (Forschungen und Schriften zur Denkmalpflege, II, 2), Weimar 2001, S. 255–277 (Elisabeth Hütter); Zur Restaurierung auch: ebd., S. 278–283, Abb. 392, 393 (Heinrich Magirius). Herzlichen Dank des Weiteren an Peter Vohland für sämtliche Vorinformationen, Korrekturen und Einsicht in die Restaurierungsdokumentationen des Archivs der Restaurierungswerkstatt des Domes.
- 3Dazu grundlegend: Rudolf M. Kloos, Einführung in die Epigraphik des Mittelalters und der frühen Neuzeit (Die Kunstwissenschaft. Einführungen in Gegenstand, Methoden und Ergebnisse ihrer Teildisziplinen und Hilfswissenschaften), Darmstadt 1980, S. 120–125; Walter Koch, Inschriftenpaläographie des abendländischen Mittelalters und der früheren Neuzeit. Früh- und Hochmittelalter, mit CD-Rom (Oldenbourg Historische Hilfswissenschaften), Wien/München 2007, S. 148–181; kürzer in Deutsche Inschriften. Terminologie zur Schriftbeschreibung, bearb. von den Inschriftenkommissionen der Akademien der Wissenschaften in Berlin, Düsseldorf, Göttingen u. a., Wiesbaden 1999, S. 10 (Erklärung Majuskel), 28 (Romanische Majuskel).
- 4Kloos, Einführung (Fn. 3), S. 131; Koch, Inschriftenpaläographie (Fn. 3), S. 201–216; ein frühes Beispiel für das geschlossene unziale E enthält Die Inschriften der Stadt Braunschweig bis 1528, bearb. von Andrea Boockmann auf Grund einer Materialsammlung von Dietrich Mack (Die Deutschen Inschriften, Bd. 35), Wiesbaden 1993, Nr. 19.
- 5Die Zählung erfolgte weitestgehend auf Grundlage der Datenbank »Deutsche Inschriften Online« für die Bände: Die Inschriften der Stadt Worms, ges. u. bearb. von Rüdiger Fuchs (Die Deutschen Inschriften, Bd. 29), Wiesbaden 1991; DI 35 (Stadt Braunschweig bis 1528) (Fn. 4); Die Inschriften der Stadt Hildesheim, ges. u. bearb. v. Christine Wulf unter Benutzung der Vorarb. von Hans Jürgen Rieckenberg (Die Deutschen Inschriften, Bd. 58), Wiesbaden 2003; Die Inschriften der Stadt Regensburg II. Der Dom St. Peter 1 (bis 1500), ges. u. bearb. von Walburga Knorr und Werner Mayer unter Mitarbeit von Achim Hubel, Volker Liedke und Susanne Näßl (Die Deutschen Inschriften, Bd. 74), Wiesbaden 2008; Die Inschriften des Doms zu Halberstadt, ges. und bearb. von Hans Fuhrmann (Die Deutschen Inschriften, Bd. 75), Wiesbaden 2009; Die Inschriften der Stadt Halberstadt, ges. und bearb. von Hans Fuhrmann (Die Deutschen Inschriften, Bd. 86), Wiesbaden 2014.
- 6Zum Problem der Quellen für die Verglasung: Quellen zur Geschichte der Meißner Domverglasung, hg. von Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Arbeitsstelle für Glasmalereiforschung des CVMA, Potsdam, in Zusammenarbeit mit dem Hochstift Meißen, bearb. von Angela Nickel, Potsdam 1998, S. 15–16.
- 7Die Urkunden des Hochstifts Meißen, im Auftrag der königlich sächsischen Staatsregierung, hg. von E. G. Gersdorf (Codex Diplomaticus Saxoniae Regiae, Bd. 2,1–3), 3 Bde., Leipzig 1864–1867 [nachfolgend als CDS II, 1–3 zitiert], Bd. 3, Nr. 1436; Archiv der sächsischen Geschichte, ges. von Gottfried August Arndt, Bd. 2, Leipzig 1785, S. 333–339; zuletzt ediert bei Matthias Donath, »Der verlorene Schatz. Das älteste Domschatzinventar und die Überführung des Domschatzes in die Dresdner Silberkammer unter Herzog Moritz von Sachsen«, in Claudia Kunde und André Thieme (Hg.), Ein Schatz nicht von Gold. Benno von Meißen, Sachsens erster Heiliger, Katalog der Ausstellung vom 12. Mai bis 5. November 2017 in der Albrechtsburg Meißen, im Auftrag der Staatliche Schlösser, Burgen und Gärten Sachsen gGmbH, Petersberg 2017, S. 300–207, bes. S. 305–307.
- 8Heinrich Magirius, »Das Baldachingrabmal des Bischofs Benno und seine Bedeutung für die Bau- und Kunstgeschichte des Meißner Doms«, in Heinrich Magirius und Angelica Dülberg (Hg.), Denkmalpflege in Sachsen 1894–1994, Teil 2, Halle a. d. S. 1998, S. 241–258; zusammengefasst in Matthias Donath, »Der Meißner Dom als Grablege«, in Matthias Donath (Hg.), Die Grabmonumente im Dom zu Meißen (Quellen zur sächsischen Geschichte und Volkskunde, 1), Leipzig 2004, S. 11–23, bes. S. 15 sowie in Heinrich Magirius, »Das Baldachingrab des Bischofs Benno im Meißner Dom«, in Kunde und Thieme, Schatz (Fn. 7), S. 142–147.
- 9Zuerst Meißen (Burgberg), bearb. von Cornelius Gurlitt (Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler in Sachsen, 40), Dresden 1920, S. 54–59 [nachfolgend als BKD Sachsen 40 zitiert]; Zusammenfassung der Diskussion: Edgar Lehmann und Ernst Schubert, Der Meißner Dom. Beiträge zur Baugeschichte und Baugestalt bis zum Ende des 13. Jahrhunderts, 2. Aufl., Berlin 1969, S. 83–88; zuletzt auf dieser Grundlage Markus Hörsch, »Die Meißner Skulptur des Naumburger Meisters«, in Vereinigte Domstifter zu Merseburg und Naumburg und Kollegiatstift Zeitz (Hg), Der Naumburger Meister. Bildhauer und Architekt im Europa der Kathedralen, Katalog der Ausstellung in Naumburg vom 29. Juni 2011 bis 02. November 2011, 2. Aufl., 2 Bde., Petersberg 2011, Bd. 2, S. 1301–1312, bes. S. 1301–1308.
- 10Lehmann und Schubert, Meißner Dom (Fn. 9), S. 16–17 datieren zwischen 1256 und 1260. Die aktuelle These zur Baugeschichte von Matthias Donath, Die Baugeschichte des Doms zu Meißen 1250–1400, Beucha 2000, S. 291–292, ist aber plausibel. Ablassbriefe: CDS II, 1 (Fn. 7), Nr. 145, 146, 150. Zur Bezugnahme auf die Ottonen im Streit zwischen Bischof und Markgraf zuletzt Matthias Kälble, »Original und Fälschung. Transsumpte ottonischer Herrscherurkunden für das Bistum Meißen«, in Nicolangelo D’Acunto, Wolfgang Huschner und Sebastian Roebert (Hg.), Originale – Fälschungen – Kopien. Kaiser- und Königsurkunden für Empfänger in ›Deutschland‹ und ›Italien‹ (9.–11. Jahrhundert) und ihre Nachwirkungen im Hoch- und Spätmittelalter (bis ca. 1500) (Italia Regia, 3), Leipzig 2017, S. 203–288.
- 11Zum Abschluss der Bauarbeiten am Chor: CDS II, 1 (Fn. 7), Nr. 205, 207; vgl. auch Lehmann und Schubert, Meißner Dom (Fn. 9), S. 75; Donath, Baugeschichte (Fn. 10), S. 299; Heinrich Magirius, Der Dom zu Meißen (Große Kunstführer, 182), 2. Aufl., Regensburg 2001, S. 14, 16 (zusammenfassend).
- 12Ein langsamer Wechsel ist z. B. in Hildesheim oder Halberstadt im früheren 13. Jahrhundert zu beobachten: DI 58 (Stadt Hildesheim) (Fn. 5), Nr. 59, 63–66; DI 76 (Halberstadt Dom) (Fn. 5), Nr. 19, 20.
- 13Siehe dazu Hans-Jürgen Pohl, »›Bertoldus Mercator‹ – ein bisher unbekanntes romanisches Grabmal in der Urbanskirche zu Meißen«, in Sächsische Heimatblätter. Zeitschrift für Sächsische Geschichte, Denkmalpflege, Natur und Umwelt 44 (1998), S. 317–321. Platte und Inschrift haben Ähnlichkeit mit einer Grabplatte (um 1265) aus dem Kloster Viktring bei Klagenfurt: Koch, Inschriftenpaläographie (Fn. 3), S. 208–209 mit Abb. 251. Das nicht erhaltene und als Zeichnung überlieferte Fragment aus der Frauenkirche wird von Cornelius Gurlitt zwar auch in diese Phase eingeordnet, hat aber schon jüngere Zierformen: BKD Sachsen 40 (Fn. 9), S. 23 mit Fig. 55.
- 14Die Inschriften des Naumburger Doms und der Domfreiheit, gesammelt und bearbeitet von Ernst Schubert und Jürgen Görlitz (Die Deutschen Inschriften 6), Berlin, Stuttgart 1959, Nr. 10; Vereinigte Domstifter zu Merseburg und Naumburg und Kollegiatstift Zeitz (Hg.), Der Naumburger Meister. Bildhauer und Architekt im Europa der Kathedralen, Katalog der Ausstellung in Naumburg vom 29. Juni 2011 bis 02. November 2011, 2. Aufl., 2 Bde., Petersberg 2011, besonders Kat.-Nr. X.17 (Philipp Steinkamp), X.18 (Kathrin Meukow), X.19 (Monika Hegenberg), X.20, X.21 (beide Jeanine Dahlem), X.31 (Hans Fuhrmann und Franz Jäger).
- 15Angela Schulze, »Überlegungen zum ikonographischen Programm der Glasmalerei im Achsfenster des Meißner Domes«, in Erhard Drachenberg, Mitarbeiter der Abteilung für Glasmalerei beim Institut für Denkmalpflege (Hg.), Neue Forschungen zur mittelalterlichen Glasmalerei in der DDR, Berlin 1989, S. 28–41; Angela Nickel, »Zur Glasmalerei im Meißner Dom«, in Günter Donath (Hg.), Die Restaurierung des Doms zu Meißen 1990–2002, im Auftrag des Hochstifts Meißen, Stuttgart 2003, S. 117–127, bes. S. 119–121.
- 16Donath, Grabmonumente (Fn. 8), Katalog, Nr. 2.
- 17Dazu auch Matthias Donath, »Die Schriftformen der Meißner Inschriften«, in ebd., S. 144–157, bes. S. 144–145.
- 18Zu den Lettnererweiterungen: Magirius, Forschungen (Fn. 9), bes. S. 27–29, 34, 160–179. Zur jüngeren Bauinschrift: Johann Friedrich Ursinus, Geschichte der Domkirche zu Meißen, aus ihren Grabdenkmälern erläutert, Dresden 1782, S. 82. Die ausführliche Rekonstruktion des Inschriftenprogramms am Lettner wird der im kommenden Jahr erscheinende Band »Die Inschriften der Stadt Meißen« liefern, den die Verfasserin derzeit bearbeitet.
- 19Mit Ausnahme der Grabplatten, deren Inschriften nicht mehr komplett vorhanden und daher nicht eindeutig sind, fehlen Versalien nur auf den Grabplatten des Burggräflichen Fräuleins Elisabeth († 1404) im Lapidarium auf der Südseite des Domes, der Katharina von Miltitz († 1457) in der Sakristei sowie des Domherrn Dr. Hildebrand Günther († 1483), die sich im Südquerhaus befindet. Das initiale A lässt zudem die Grabplatte des Vikars Johannes Hecht († 1449) vermissen. Vgl. Donath, Grabmonumente (Fn. 6), Kat.-Nr. 66, 95, 104, 121.
- 20Ebd., Katalog, Nr. 62, 70.
- 21Zur Fürstenkapelle: Elisabeth Hütter u. a., Forschungen zur Bau- und Kunstgeschichte des Meißner Domes, Bd. 1: Das Portal an der Westturmfront und die Fürstenkapelle, hg. vom Landesamt für Denkmalpflege Sachsen (Forschungen und Schriften zur Denkmalpflege, II, 1), Halle 1999, S. 207–213, 228–229, mit Abb. 348 (S. 252). Zur Altarstiftung: CDS II, 3 (Fn. 7), Nr. 980.
- 22Magirius, Forschungen, Bd. 2 (Fn. 2), S. 189 (Heinrich Magirius).
- 23Zum Altarretabel: Magirius, Dom (Fn. 11), S. 43–44. Zu den Grabmälern aus der Vischer-Werkstatt: Andreas Stock, »Messinggrabplatten im Meißner Dom«, in Donath, Grabmonumente (Fn. 8), S. 196–204, bes. S. 196–198 (mit Verweis zu den einzelnen Katalogartikeln) sowie Sven Hauschke, Die Grabdenkmäler der Nürnberger Vischer-Werkstatt (1453–1544) (Bronzegeräte des Mittelalters, 6), Petersberg 2006, Kat.-Nr. 2, 4, 10, 12, 14, 15, 24, 29, 32, 34, 34.
- 24Thomas Brachert, »Pressbrokat-Applikationen, ein Hilfsmittel für die Stilkritik, dargestellt an einer Werkstatt der Spätgotik«, in Jahresbericht des Schweizerischen Instituts für Kunstwissenschaft (1963), S. 37–47; Rolf E. Straub, »Tafel- und Tüchleinmalerei des Mittelalters«, in Reclams Handbuch der künstlerischen Techniken, Bd. 1, 2. Aufl., Stuttgart 1988, S. 125–260, bes. S. 176–179. Zu den Pressbrokatbefunden an den Figuren: Magirius, Forschungen, Bd. 2 (Fn. 2), bes. S. 266–274 mit Abb. 375–377 (Elisabeth Hütter).
- 25Zum gesamten Phänomen der Übergangsschriften: Renate Neumüllers-Klauser, »Epigraphische Schriften zwischen Mittelalter und Neuzeit (Grundsatzreferat)«, in Walter Koch (Hg.), Epigraphik 1988, Fachtagung für mittelalterliche und neuzeitliche Epigraphik, Graz, 10.–14. Mai 1988, Referate und Round-Table-Gespräche (Österreichische Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse, Denkschriften, 213), Wien 1990, S. 315–328. Außerdem auch: Franz-Albrecht Bornschlegel, »Die frühe Renaissance-Kapitalis in Augsburg«, in ebd., S. 217–226.
- 26 Kanonisation und Erhebung des Heiligen Benno zuletzt: Christoph Volkmar, »Ein Heiliger gegen die Reformation? Die Kanonisation Bennos von Meißen im Kontext der Kirchenpolitik Herzog Georgs von Sachsen«, in Kunde und Thieme, Schatz (Fn. 7), S. 180–193 sowie Claudia Kunde, »Erhoben zur Ehre der Altäre. Das Benno-Fest im Juni 1524 auf dem Meißner Burgberg«, in ebd., S. 228–247, bes. S. 299. Vgl. außerdem die Literaturangaben zum Baldachingrab in Fn. 8. Zur neuen Messordnung: CDS II, 3 (Fn. 7), Nr. 1513 sowie Hütter u. a., Forschungen, Bd. 1 (Fn. 21), S. 209 (Heinrich Magirius).