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Virtuelle Archive »Sachsen und das östliche Europa« – 
Erschließung arkaner Quellen für die Osteuropaforschung


Einleitung


Das Projekt »Virtuelle Archive ›Sachsen und das östliche Europa‹ – Erschließung arkaner Quellen für die Osteuropaforschung« ist Teil des Verbundprojektes »Virtuelle Archive für die geisteswissenschaftliche Forschung«, das von 2017–2019 vom Sächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst (SMWK) gefördert wurde.1 Ziel des Projektes am Leibniz-Institut für Geschichte und Kultur des östlichen Europa (GWZO) ist die Erschließung und digitale Zugänglichmachung zweier unterschiedlicher Sammlungen aus zwei Forschernachlässen. Bei den Sammlungen handelt es sich einerseits um die Dia-Sammlung des Prähistorikers und Archäologen Prof. Dr. Joachim Herrmann (1932–2010) und andererseits um die Filmsammlung des Filmhistorikers und Filmwissenschaftlers Hans-Joachim Schlegel (1942–2016). Beide Sammlungen enthalten für die wissenschaftliche Forschung interessante Objekte und Daten, die bislang unerschlossen und unveröffentlicht waren. Mit dem Projekt sollen sie nun für die weitere Beforschung digital zugänglich gemacht werden. Dieser Beitrag dokumentiert die Projektergebnisse, die Projektdurchführung sowie den erarbeiteten Workflow und kann somit als Leitfaden verwendet werden.


Das Projekt stützt sich in seiner Durchführung auf die Ergebnisse einer umfänglichen Literaturrecherche zu Metadatenstandards für Bilder/Dias und Filme, zum Stand der Technik bei der Digitalisierung von audio-visuellen Quellen, zu den rechtlichen Aspekten der Digitalisierung von Kulturgut sowie zu Webtechnologien bzw. Softwarelösungen zur Präsentation der Digitalisate. Bereits durchgeführte Projekte wie etwa das Projekt zur digitalen Erschließung der historischen Glasdiasammlung der Mediathek der HU Berlin2 oder das Projekt zur Sicherung des sächsischen audiovisuellen Erbes des Filmverbands Sachsen3 sowie bereits existierende Bildersammlungen wie das Prometheus Bildarchiv4 oder der Bildindex der Kunst und Architektur5 sowie Filmdatenbanken wie das deutsche Filmportal6 dienten dem Projekt als Anregungen. Außerdem waren die DFG-Praxisregeln »Digitalisierung«7 eine wichtige Grundlage für die Umsetzung des Projektes. Wesentliche Erkenntnisse aus den Recherchen werden im Folgenden bei der Betrachtung der beiden Sammlungen sowie der Darstellung der erarbeiteten Arbeitsabläufe zur Erschließung der Sammlungen vorgestellt.


Die Diasammlung von Joachim Herrmann


Neben ca. 48 lfd. Metern Bücher und 2 Regalreihen Sonderdrucke enthält der am GWZO befindliche private wissenschaftliche Nachlass von Prof. Dr. Joachim Herrmann eine Diasammlung von ca. 5.400 Dias. Diese Dias entstanden auf zahlreichen wissenschaftlichen Reisen und dokumentieren Ausgrabungen, Grabungsfunde, antike Stätten, aber auch wissenschaftliche Sachverhalte8, die dem Forscher vermutlich als Anschauungsmaterial für Vorlesungen dienten. Alle Dias sind in Kästen einsortiert und haben auch innerhalb der Kästen teilweise thematische Unterteilungen. Beispielsweise sind die Kästen mit Oberbegriffen wie »Seehandelsplätze / Seehandel / Boote«, »Forschungsgeschichte / Geschichte / 
Siedlungsgebiete« oder »Menschwerdung / Methodologie« überschrieben oder konkreten Grabungsgebieten oder Ländern zugeordnet wie Kästen zu »Ralswiek«, »Tornow«, »Rumänien / Jugoslawien« oder »Kriwina / Bulgarien«. Ein Großteil der Dias verfügt über eine Beschriftung auf dem Diarahmen, sodass über die Zuordnung zu einem Diakasten hinaus auch eine inhaltliche Zuordnung der Dias möglich ist. Zudem verfügen einige Dias auch über Quellenangaben zu Monografien bzw. Sammelbänden, aus denen die Abbildungen stammen/kopiert wurden oder in denen sie Verwendung finden/abgedruckt wurden. 


Abb. 1: Diakasten »Tornow«.
 Abb. 1: Diakasten »Tornow«.

Abb. 2: Dias mit handschriftlichen Rahmenbeschriftungen.
 Abb. 2: Dias mit handschriftlichen Rahmenbeschriftungen.


Workflow Dia-Erschließung, Digitalisierung und Präsentation


Im ersten Schritt der Erschließung und Zugänglichmachung der Diasammlung wurden alle Diapositive inklusive der Rahmenbeschriftungen und einer Beschreibung des Abgebildeten in eine Tabelle mit durchlaufenden Nummern aufgenommen. Um die Überprüfung der Dateneingabe zu erleichtern, wurden die Dias bei der Eingabe mit der jeweils laufenden Nummer aus der Tabelle beschriftet. Anschließend wurden die Dias und die dazugehörigen Beschriftungen überprüft, gegebenenfalls korrigiert und mit weiteren Metadaten ergänzt. Anhand einer im Projekt erstellten Übersicht zu Metadaten, die in Bilddatenbanken Verwendung finden, bzw. zu Metadatenelementen, die in den verschiedenen Metadatenstandards festgelegt sind, wurden die für diese Sammlung zu verwendenden Metadaten definiert. Sie umfassen Daten zu Datum und Zeitpunkt der Dia-Erstellung sowie der Digitalisierung, zum/r Verfasser/in der Abbildungsbeschreibung, die Zuordnung zu Sammlung bzw. Diakasten, Maße der Dias (Kleinbild 24×36 mm), Daten zum Ersteller/Autor der Dias inklusive der Normdaten aus der Gemeinsamen Normdatei 
(GND)9 zur Person sowie Metadaten zum Ort des abgebildeten Inhalts. Die Nutzung der eindeutigen und stabilen Bezeichner (GND-IDs) aus der GND für Personen und Geografika hatte sich im Verbundprojekt als verbindendes Element der Teilprojekte herauskristallisiert und wurde daher für die Diasammlung angewendet, mit Ausnahme von Dias ohne geografischen Bezug zu einem bestimmten Ort.10 Als Geografika wurden Orte/Städte, Regionen und Länder als Metadaten aufgenommen. Die dazugehörenden GND-IDs wurden überwiegend nur für die Orte/Städte aufgenommen, teilweise auch für spezielle Ausgrabungsstätten, da diese dann eine präzisere Ortsangabe zulassen.11 Die Nutzung der GND-Normdaten ermöglicht eine Verlinkung zum Datensatz in der GND, eine Anreicherung der Metadaten mit weiteren Informationen sowie eine Vernetzung mit anderen Projekten und Datenquellen. 


Für die Digitalisierung der Dias wurden verschiedene Verfahren recherchiert, getestet und verglichen, um schließlich das am besten geeignete Vorgehen für das Projekt wählen zu können. Dabei gibt es aus technischer Perspektive zwei unterschiedliche Verfahren: einmal mit Hilfe eines Dia-Scanners und zum anderen durch Abfotografieren mit einer professionellen Spiegelreflexkamera mit Vollformatsensor. Für die Digitalisierung mit einem Dia-Scanner gibt es Konsumergeräte oder etliche Dienstleister, die Digitalisierung mittels Scannen zu günstigen Konditionen anbieten. Bei diesen finanziell attraktiven Lösungen ist allerdings die Qualität im Vergleich zur zweiten Verfahrensweise, dem professionellen Abfotografieren, geringer. Zudem stellen Glasdiarahmen ein erhebliches Problem für das Einscannen mittels Diascanner dar. Die Dias müssten vor dem Scannen umgerahmt werden, um überhaupt bzw. um mit gutem Ergebnis gescannt werden zu können, was außerdem die unerwünschte Entkoppelung der Dias von den auf den Rahmen befindlichen Informationen zur Folge hätte. Um die originalen Beschriftungen auf den Rahmen der Dias bei der Archivierung der Objekte in ihrer Zuordnung zu erhalten, fiel die Entscheidung gegen diese Methode und für das Abfotografieren der Dias mit einer Spiegelreflexkamera aus. Dieses Vorgehen bringt zusätzlich zur umfassenderen Archivierung den Vorteil einer besseren Schärfe und Qualität des Bildes mit sich, wobei die Art des Rahmens unerheblich ist, da die Bildprojektion abfotografiert wird. Zieht man bei der Auswahl und Durchführung des geeigneten Digitalisierungsverfahrens die verfügbaren finanziellen Ressourcen in Betracht, dann können ein Dia-Scanner bzw. eine professionelle Kameraausrüstung zwar angeschafft werden, rentieren sich aber für einen eher kleinen Diabestand12 wie den im Projekt bearbeiteten nicht, zumal bei der Kalkulation auch noch die personellen arbeitszeitlichen Ressourcen für das Scannen bzw. Abfotografieren mit in Betracht gezogen werden müssen. Auf Basis einer Gesamtkalkulation der verschiedenen Möglichkeiten und unter Berücksichtigung der qualitativen Aspekte fiel die Entscheidung letztendlich zugunsten der ­Beauftragung eines externen Dienstleisters aus, der die Dias durch Abfotografieren digitalisierte.


Nachdem die Dias digitalisiert worden waren, konnten sie mit den jeweiligen Metadaten zusammengeführt werden. Dafür standen eine ganze Reihe von Metadatenstandards zur Verfügung, die hier kurz genannt seien. Das Metadatenformat Lightweight Information Describing Objects (LIDO)13 wird vor allem im musealen Kontext zur Beschreibung bildhafter und dreidimensionaler Sammlungs- und Museumsobjekte genutzt. Zudem dient es dem Austausch von Daten zwischen Gedächtnisinstitutionen14. Mit Hilfe von LIDO können sowohl deskriptive, als auch administrative Informationen zu einem Objekt erfasst werden. Außerdem kann die Objektgeschichte modelliert und mit Informationen zu Personen oder Orten referenziert werden. Das Dublin Core Metadata Element Set15 ist ein weiterer Metadatenstandard, der zur Sammlungs- und Bestandsbeschreibung verwendet wird und 15 Kernelemente enthält. Als dessen Erweiterung wurden von der Dublin Core Metadata Initiative (DCMI) die DCMI Metadata Terms16 herausgegeben. Sie erweitern die Kernelemente um zusätzliche Elemente und beinhalten ein kontrolliertes Vokabular für Objekttypen. Ein auf Bilddateien spezialisiertes Metadatenformat ist der IPTC-IIM Standard (kurz IPTC)17. Er wurde vom International Press Telecommunications Council (IPTC) in Zusammenarbeit mit der Newspaper Association of America (NAA) entwickelt. Die Metadaten werden dabei direkt mit in die Bilddatei geschrieben und in einem speziellen Bereich der Datei abgespeichert. Darüber hinaus existieren weitere Metadaten-Standards, wie das DataCite ­Metadata Schema18, das Encoded Archival Description (EAD)19 Format, das Europeana Data Model (EDM)20 oder der Metadata Encoding & Transmission Standard (METS)21 bzw. das Metadata Object Description Schema (MODS)22, auf die jedoch hier nicht näher eingegangen wird, da sie für das Projekt nicht verwendet wurden. 


Grundsätzlich sind die hier vorgestellten Metadatenstandards alle in der Lage, die im Rahmen des Projektes definierten Metadaten zu speichern, sodass die Auswahl eines geeigneten Standards hauptsächlich von den Rahmenbedingungen abhängig ist. Dazu zählt vor allem die vorhandene technische Infrastruktur in Form von Datenbanksystemen und die darin unterstützten bzw. genutzten Metadatenformate. Da das IPTC Format von vielen Bildbearbeitungsprogrammen unterstützt wird und es technisch über Skripte sehr einfach ist, die Metadaten in die Bilder zu schreiben, wurde im Projekt zunächst dieser Standard genutzt. Durch die zusätzliche Ausgabe der Metadaten in der Extensible Markup Language (XML)23, die der Darstellung der Metadaten in strukturierter Form dient, ist es immer möglich, die Daten aus einem Metadatenformat in ein anderes zu konvertieren, indem die Elemente des Ausgangsformats den Elementen des Zielformats zugeordnet werden. Um diese Möglichkeit für spätere Transformationen der Metadaten bei den Dias nutzen zu können, wurde eine Mappingtabelle angelegt. In dieser Tabelle wurden die Metadatenelemente der oft verwendeten Standards LIDO und DublinCore den verwendeten IPTC-Elementen zugeordnet, sodass ein späteres Mapping, beispielsweise beim Umstieg auf ein größeres Portal, bereits vor-
bereitet ist.


Perspektivisch ist es angedacht, die digitalisierten Dias in einer großen Datenbank, etwa der Deutschen Fotothek24 der Sächsischen Landesbibliothek – 
Staats- und Universitätsbibliothek Dresden (SLUB)25 – und darüber hinaus möglicherweise auch in der Deutschen Digitalen Bibliothek (DDB)26, zu veröffentlichen. Dazu müssen allerdings noch die bislang ausstehenden Nutzungsrechte für die Veröffentlichung der digitalisierten Quellen erteilt werden. Weiterhin müssten einige Dias aussortiert werden. Einerseits Dias, auf denen Personen abgebildet sind, da deren Persönlichkeitsrechte berührt werden, die Abgebildeten aber größtenteils unbekannt sind. Andererseits auch Dias für den internen Gebrauch, die Abbildungen aus Publikationen wiedergeben, wie Diagramme, Karten oder Skizzen bzw. Museumsobjekte, bei denen Urheberrechte und Leistungsschutzrechte eine Rolle spielen. Da bei den Dias verschiedene Rechte zum Tragen kommen, ist eine endgültige Entscheidung zur Veröffent­lichung noch nicht gefallen. 


Für die wissenschaftliche Arbeit an der Diasammlung in der Bibliothek des GWZO wurde eine kleine lokale Datenbank erstellt, die die Dias mitsamt Metadaten enthält und für Recherchen genutzt werden kann. Die Datenbank ermöglicht auch die Recherche in den einzelnen Diakästen, da die Dias der Kästen in der Datenbank in gleichnamige Kollektionen einsortiert sind. Dies ermöglicht einen thematischen Zugang und macht auch das Stöbern in einzelnen Diakästen virtuell erfahrbar. Über eine Stichwortsuche kann auch nach beliebigen Stichwörtern aus allen Metadatenfeldern gesucht werden, was ­einen einfachen Sucheinstieg ermöglicht. Neben thematischen Stichwörtern wie Fund, Profil, Keramik, Plan oder Burg können natürlich auch Länder, Orte und Jahreszahlen als Stichwörter genutzt werden, um die Sammlungen zu durchsuchen oder Suchergebnisse weiter einzugrenzen. Nach Bedarf könnte in Zukunft auch die Bearbeitung der Metadaten durch die Nutzerinnen und Nutzer freigegeben werden, um sie dadurch weiter präzisieren zu lassen. Einige Dias sind ohne Beschriftung und es könnten ggf. Orte und Beschreibungen ergänzt werden, wenn diese den Nutzenden bekannt sind und eine eindeutige Iden­tifizierung möglich ist. Außerdem könnten auch unleserliche Teile der Dia­beschriftungen, die bisher mit Auslassungen gekennzeichnet wurden, korrigiert oder ergänzt werden. Denkbar wäre beispielsweise auch die Einbeziehung von Studierenden der Archäologie, die jeweils einen Diakasten bearbeiten, zu den verschiedenen Ausgrabungsstätten recherchieren, die Metadaten der einzelnen Dias überprüfen und ggf. korrigieren und die Arbeit in einer Hausarbeit dokumentieren.


Die Filmsammlung von Hans-Joachim Schlegel


Der am GWZO befindliche Nachlass des Filmwissenschaftlers Hans-Joachim Schlegel enthält ca. 175 lfd. Meter Sekundärliteratur, 25 Kisten mit Filmzeitschriften und eine Filmsammlung mit ca. 500 Medien. Besonders interessant für das Projekt ist die Filmsammlung. Sie wurde für die weitere wissenschaftliche Nutzung in der Bibliothek des GWZO erschlossen. Die Sammlung enthält 144 Medien mit Dokumentarfilmen und 354 Medien mit Spiel-, Kurz-, und Animationsfilmen. Für die wissenschaftliche Bearbeitung an einem Area Studies-Institut von besonderer Relevanz sind die Dokumentarfilme aus dem östlichen Europa. Darunter sind viele Filmkopien, die zu Festivals eingereicht wurden, für die Hans-Joachim Schlegel als Kurator tätig war. Diese Filme stellen einen besonderen Wert dar, da nicht alle Einreichungen später veröffentlicht wurden und somit die Filmsammlung auch schwer zugängliches, wenig bekanntes Material enthält. Dies wird sich jedoch erst zeigen, wenn eine genauere Bearbeitung der Filme auf Basis der im Projekt erstellten Datengrundlage und nach der Bereitstellung der Filme in der Bibliothek des GWZO stattfindet. 


Eine erste Übersicht über die Filme in der Sammlung konnte bei der Erschließung gewonnen werden. Die 144 Medien mit Dokumentarfilmen enthalten insgesamt 289 Filme, da einige Medien Kollektionen aus mehreren Dokumentarfilmen sind. Beispielsweise beinhaltet die kommerzielle Anthologie »Spurensuche« insgesamt 7 Filme, die auf 2 Datenträgern (DVDs) gespeichert sind (siehe Abbildung 3). Die Dokumentarfilme wurden zwischen 1872 und 2016 produziert.27 Die 354 Medien der Spielfilme enthalten insgesamt 750 Filme, darunter Sammlungen an Kurzfilmen und Animationsfilmen, die pro Medium recht viele einzelne Filme enthalten. Produziert wurden die Filme der Sammlung zwischen 1918 und 2015.28


Abb. 3: DVD-Behältnis der Dokumentarfilmsammlung »Spurensuche« aus der Filmsammlung von Hans-Joachim Schlegel.
 Abb. 3: DVD-Behältnis der Dokumentarfilmsammlung »Spurensuche« aus der Filmsammlung von Hans-Joachim Schlegel.


Workflow Filmerschließung, Digitalisierung und Präsentation


Die Erschließung der Filme geschah zuerst in einer Tabelle, in der alle wichtigen Informationen zu den Filmen zusammengetragen wurden. Begonnen wurde mit den aus der Sammlung isolierten Dokumentarfilmen. Bereits sehr früh im Workflow war durch umfangreiche Recherchen und Konsultation von juristisch versierten Experten klar geworden, dass die Filme aufgrund der Urheberrechte der Filmschaffenden nicht digital online zur Verfügung gestellt werden können. Dem GWZO steht der Nachlass ausschließlich zur wissenschaftlichen Bearbeitung in der Bibliothek zur Verfügung, weitere Nutzungsrechte müssten zusätzlich von den jeweiligen Rechteinhabern erworben werden. Die Filme, die bereits offiziell veröffentlicht wurden, können jedoch in der Bibliothek als Exemplar aufgestellt und in den Katalog der Bibliothek mit ihren Metadaten eingepflegt werden. Anders verhält es sich mit den noch nicht offiziell veröffentlichten Filmen. Da der Urheber selbst bestimmt, ob und wie sein Werk veröffentlicht wird,29 können diese nicht vom GWZO veröffentlicht oder gar online zur Verfügung gestellt werden. Die dafür notwendige gesonderte Recherche und Anfrage aller Urheber bzw. deren rechtmäßigen Nachfolger übersteigt die Ressourcen des Projekts, sodass Bestandsrecherche und Sichtung nur vor Ort möglich sein werden. 


Um die tabellarische Erfassung der Dokumentarfilme und später dann auch der Spiel-, Animations- und Kurzfilme als Datenbasis für die Aufnahme der Filme in den Bibliothekskatalog verwenden zu können, wurden darin bereits die Metadaten entsprechend dem Resource Description and Access (RDA)30 Regelwerk erschlossen.


Der internationale Katalogisierungsstandard RDA wurde an der Deutschen Nationalbibliothek in einem von 2012 bis 2016 laufenden Projekt für den deutschsprachigen Raum entwickelt und eingeführt, seit Oktober 2015 wird RDA für die Erschließung genutzt. Auch die Bibliothek des GWZO, die Teil des Südwestdeutschen Bibliotheksverbundes (SWB)31 ist, katalogisiert ihre Bestände nach RDA-Standards. Diese legen u. a. fest, dass bei der Katalogisierung die heranzuziehende Informationsquelle für die bibliografische Beschreibung zu beachten ist. Die bevorzugte Informationsquelle für Filme ist eine Beschriftung oder ein Etikett, welches auf der Ressource selbst, also der DVD, fest aufgebracht ist und den Titel enthält. Weitere Informationen können dann beispielsweise dem Behältnis entnommen werden. Angaben, die von Quellen außerhalb der Vorlage stammen, etwa der Webseite des Films, werden in eckigen Klammern angegeben. 


Gemeinsam mit der Institutsbibliothek wurden die Richtlinien für die Katalogisierung der Filme zusammengetragen und dokumentiert. Dabei wurde festgelegt, nur die Regisseurinnen und Regisseure, Drehbuchautorinnen und Drehbuchautoren sowie ggf. noch Kamerafrauen und -männer zu berücksichtigen. Diese werden, wenn vorhanden, auch immer mit den jeweiligen GND-IDs verknüpft. Nachdem bis Ende 2019 alle Filme der Filmsammlung in der Tabelle erschlossen wurden, konnte anschließend mit der Katalogisierung der Filme in der Bibliothek begonnen werden. Die Katalogisierung der Filme wird auch nach Projektende noch weitergeführt, sodass schließlich die Filmsammlung in der Bibliothek des GWZO der wissenschaftlichen Forschung zur Verfügung steht. Allerdings sind die Filme, die bisher noch nicht veröffentlicht wurden, nur in der Tabelle nachgewiesen und nicht im Bibliothekskatalog recherchierbar. Trotzdem können sie vor Ort zugänglich gemacht werden. 


Im Vergleich zum erarbeiteten Workflow zur Erschließung und Verfügbarmachung der Dias wurde bei den Filmen anders vorgegangen. Da vor allem die rechtliche Situation bei den Urheberrechten eine andere ist, beschränken sich dadurch die Möglichkeiten für die Sichtbarmachung des Bestandes auf die Katalogisierung in der Bibliothek des GWZO. Dies zeigt wiederum die Relevanz, Quellen auch unter rechtlichen Gesichtspunkten zu betrachten, das betrifft die Quellen selbst, deren Urheber und weitere Leistungsschutzrechte, etwa von Verlagen oder Produktionsfirmen, die bei der Digitalisierung von Kulturgut eine Rolle spielen. Hilfreich war in diesem Zusammenhang die Handreichung »Neue rechtliche Rahmenbedingungen für Digitalisierungsprojekte von Gedächtnisinstitutionen«32 von Paul Klimpel, Fabian Rack und John H. Weitzmann, welche von digiS in ­Kooperation mit iRightsLaw 2017 herausgegeben wurde. 


Personensuche im Regionalportal Saxorum


Im Regionalportal Saxorum (SXRM)33 wurde mit Unterstützung der SLUB Dresden ein thematischer Zugang zum Verbundprojekt der »Virtuellen Archive für die Geisteswissenschaftliche Forschung« geschaffen34. Dieser gibt einen Überblick über das Gesamtprojekt sowie die einzelnen Teilprojekte. Darüber hinaus kann über die integrierte Personensuche zu allen Personen innerhalb der Teilprojekte recherchiert werden. Auch im Projekt am GWZO wurde eine Liste mit GND-IDs der im Projekt vorkommenden Personen erstellt. Sie sind nun über die Personensuche auf der Themenseite zu finden. Aus der Diasammlung ließen sich kaum Personen extrahieren, sodass über die Suchfunktion hauptsächlich die Filmschaffenden, die aus den Filmen der Filmsammlung von Hans-Joachim Schlegel extrahiert wurden, gesucht werden können. Auf einer Detailseite können zu jeder Person dann noch weitere Links gefunden werden, die zu weiteren Informationen führen. Eine Ortssuche, die vor allem für die Entstehungsorte der Diaaufnahmen von Joachim Herrmann relevant wäre, ist derzeit noch nicht implementiert, aber in Planung. Ungeachtet dessen gibt das Portal einen guten Überblick über die Teilprojekte im Verbundprojekt und ermöglicht eine Recherche von relevanten Personen. Darüber hinaus sind Personen mit einem Bezug zu Sachsen auch über die allgemeine Personensuche von Saxorum recherchierbar.


Zusammenfassung


Die im Projekt verfolgten Ziele, zwei sehr unterschiedlichen Sammlungen aus Forschernachlässen digital zugänglich zu machen sowie das hierfür nötige Vorgehen zu dokumentieren, konnten erfolgreich erreicht werden. Für die weitere Erforschung der audio-visuellen Sammlungen in der Bibliothek des GWZO stehen nun neben einer Bilddatenbank für die Dias die im Projekt erarbeiteten Tabellen und der Bibliothekskatalog zur Verfügung. Über die Anknüpfung an den SWB können die im Katalog verzeichneten Filme auch im Verbundsystem gefunden werden. Somit sind die Filmbestände aus dem Nachlass von Hans-Joachim Schlegel weltweit von Forscherinnen und Forschern recherchierbar. Die Sichtung der Filme ist jedoch aufgrund der komplexen urheberrechtlichen Lage bei Filmen nur vor Ort am GWZO möglich, bietet damit allerdings eine gute Gelegenheit zur Vernetzung mit anderen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern. Die Diasammlung von Joachim Herrmann ist derzeit ebenfalls nur lokal in einer Bilddatenbank einsehbar. Auch hier sind es vor allem rechtliche Aspekte, die eine entscheidende Rolle bei der weiteren Entscheidung über die Freigabe der Datenbank für die Öffentlichkeit bzw. die Lieferung der Daten an ein größeres Portal spielen. Wenn dazu eine Entscheidung getroffen wird und die nötigen Rechte vorliegen bzw. der Bestand entsprechend aussortiert wird, könnten beide Optionen recht einfach umgesetzt werden. Die auf einen entsprechenden Server geladene Datenbank könnte über eine Subdomain des GWZO erreichbar gemacht werden. Für die Datenübertragung in ein größeres Portal wurde bereits eine Mappingtabelle für die Metadatenelemente angelegt, die als Grundlage dienen kann. Diese müsste ggf. je nach Zielformat noch angepasst oder erweitert werden. Dies ließe sich ohne großen Aufwand realisieren. 


Die dokumentierend begleitete Aufarbeitung von visuellen bzw. audio-visuellen Quellen zur Überführung in ein virtuelles Archiv lieferte dem Institut, das üblicherweise mit schriftlichen Quellen arbeitet, Erfahrungen und Erkenntnisse zur Erschließung, Digitalisierung und Bewahrung dieser »arkanen Quellen«, die auch mit den Verbundpartnern geteilt wurden. Im Vergleich zu anderen Teilprojekten aus dem Verbundprojekt und anderen Projekten, die ähnliches Quellenmaterial bearbeiten, hat sich gezeigt, dass es bei der Bearbeitung eines solchen Projektes auf die Quellen an sich, deren Anzahl und Beschaffenheit, aber vor allem auch auf die personellen und technischen Ressourcen im Projekt und am jeweiligen Institut ankommt. Entscheidungen für die Verwendung von Technologien, Software oder anderer Ressourcen bedingen einander und müssen fortlaufend in einem Projekt hinterfragt und möglicherweise angepasst werden. Nicht immer kann der Projektplan wie gedacht durchgeführt werden, da sich Rahmenbedingungen ändern, neue Entwicklungen hinzukommen oder Ressourcen nicht mehr zur Verfügung stehen. Auf Basis von umfangreichen Recherchen, Gesprächen mit anderen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die ähnliche Projekte bearbeitet haben, sowie der fortlaufenden Überprüfung und Anpassung der erarbeiteten Arbeitsabläufe, konnte das Projekt erfolgreich abgeschlossen werden. Zwei sehr interessante und bisher noch nicht wissenschaftlich bearbeitete Sammlungen stehen somit digital für die weitere Erforschung bereit und sind darüber hinaus in ihrer digitalisierten Form leichter erschließbar und vor dem Qualitätsverlust durch Materialalterung sowie Abnutzung und Beschädigung bei der direkten Nutzung, Lagerung, sowie vor Verlust und materieller Zerstörung gesichert. 


  1. 1Vgl. auch den Einführungsbeitrag im vorliegenden Heft der Denkströme: Hendrik Keller, »Das Verbundprojekt ›Virtuelle Archive für die geisteswissenschaftliche Forschung‹ – 
Ein Resümee«.

  2. 2http://imeji-mediathek.de/imeji/collection/hFfmQSuYGYX2mJzI bzw. http://www.kunstgeschichte.hu-berlin.de/institut/mediathek/projekte/durchblick-digitale-erschliessung-der-historischen-glasdiasammlung-des-ikb/ (15.4.2020).

  3. 3https://www.filmverband-sachsen.de/projekte/die-sicherung-des-audiovisuellen-erbes-in-sachsen/ (15.4.2020).

  4. 4https://www.prometheus-bildarchiv.de/ (15.4.2020).

  5. 5https://www.bildindex.de/ (15.4.2020).

  6. 6https://www.filmportal.de/ (am 15.4.2020).

  7. 7DFG-Praxisregeln Digitalisierung (Stand 12/2016), herausgegeben von der Deutschen Forschungsgemeinschaft, https://www.dfg.de/formulare/12_151/12_151_de.pdf (15.4.2020).

  8. 8Beispielsweise Abbildungen von Karten, Siedlungsgrundrissen, Diagrammen oder Keramikformen.

  9. 9https://www.dnb.de/DE/Professionell/Standardisierung/GND/gnd_node.html (15.4.2020).

  10. 10Dazu gehören Dias, bei denen durch fehlende Beschriftungen keine genaue Ortszuordnung möglich war, sowie Dias, die abfotografierte Museumsobjekte oder kopierte ­Abbildungen und Karten aus Publikationen zeigen.

  11. 11Etwa die GND Nummer für Tornow 4106534-7 bzw. der dazugehörige Link zum Datensatz Tornow (Calau) http://d-nb.info/gnd/4106534-7 (15.4.2020).

  12. 12Bei mehr als 30.000 Dias würde sich die Anschaffung von professioneller Technik für das Abfotografieren der Dias inkl. der benötigten personellen arbeitszeitlichen Ressourcen lohnen.

  13. 13http://network.icom.museum/cidoc/working-groups/lido/lido-technical/specification/ (15.4.2020).

  14. 14Unter Gedächtnisinstitutionen werden Institutionen verstanden, die Wissen sammeln, aufbewahren und vermitteln. Dazu gehören insbesondere Bibliotheken, Museen und Archive.

  15. 15https://www.dublincore.org/specifications/dublin-core/dces/ (15.4.2020).

  16. 16https://www.dublincore.org/specifications/dublin-core/dcmi-terms/(15.4.2020).

  17. 17https://iptc.org/standards/photo-metadata/iptc-standard/ (15.4.2020).

  18. 18https://schema.datacite.org/meta/kernel-4.1/ (15.4.2020).

  19. 19https://www.loc.gov/ead/ (15.4.2020).

  20. 20https://pro.europeana.eu/resources/standardization-tools/edm-documentation (15.4.2020).

  21. 21 http://www.loc.gov/standards/mets/mets-home.html (15.4.2020).

  22. 22http://www.loc.gov/standards/mods/ (15.4.2020).

  23. 23https://www.w3.org/TR/xml/ (15.4.2020).

  24. 24http://www.deutschefotothek.de/ (15.4.2020).

  25. 25https://www.slub-dresden.de/sammlungen/deutsche-fotothek/ (15.4.2020).

  26. 26https://www.deutsche-digitale-bibliothek.de/ (15.4.2020).

  27. 27Etwa die Hälfte der Filme wurde vor und die andere Hälfte der Filme nach 1990 produziert. Aufgrund einer umfangreichen Sammlung von Filmen von polnischen Regisseuren führen diese diesen kleinen Überblick über die Filme an. Vor 1990 entstanden die Filme der Sammlung in Polen (73), der Tschechoslowakei (21), der DDR (11) und der Sowjetunion (6). Nach 1990 entstanden die Filme der Sammlung in Russland (37), Tschechien (24), Deutschland (20), der Slowakei (10) und Polen (8). Weitere einzelne Filme entstanden in den Ländern der ehemaligen Sowjetunion, des östlichen Europa und auch weltweit.

  28. 28
 40 % der Filme entstanden vor und 60 % der Filme nach 1990. Ein Groß-teil der Filme entstand in der ehemaligen Sowjetunion (107), gefolgt von Russland (66), Deutschland (47) und Frankreich (19) sowie weiteren Ländern des östlichen Europa und vereinzelt auch weltweit.
  29. 29UrhG § 12 Veröffentlichungsrecht.

  30. 30http://www.rda-rsc.org/ (15.4.2020).

  31. 31http://swb2.bsz-bw.de (15.4.2020).

  32. 32http://dx.doi.org/10.12752/2.0.002.3 (15.4.2020).

  33. 33https://saxorum.de/ (15.4.2020).

  34. 34https://www.saxorum.de/index.php?id=10700 (15.4.2020).
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Heft 22 (2020)
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