Direkt zum Inhalt | Direkt zur Navigation

Benutzerspezifische Werkzeuge
Anmelden
Bereiche
content-pic_158-160_moser.jpg

Karte und Beiheft »D V 3 Friedliche Revolution 1989/90 in Sachsen«.

Von Hartmut Zwahr, Uwe Schwabe, Michael Richter und Tobias Hollitzer, Sächsische Akademie der Wissenschaften zu Leipzig und Staatsbetrieb Geobasisinformation und Vermessung Sachsen, Leipzig/Dresden 2009. Karte: 1 : 400 000, Beiheft: 84 Seiten, 13 Abbildungen, 24 Tabellen, 2 Anlagen.

Pünktlich zum 20-jährigen Jubiläum des Mauerfalls ist im Rahmen des Atlas zur Geschichte und Landeskunde von Sachsen (Projekt Historischer Atlas von Sachsen bei der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig) ein Kartenblatt im Maßstab 1 : 400 000 mit Beiheft erschienen, das die »Wende«- Ereignisse zwischen Herbst 1989 und Herbst 1990 in Sachsen darstellt.

Die Ereignisse der »friedlichen Revolution« von 1989/90 fanden im Gebiet der gesamten ehemaligen DDR sowie in deren Nachbarstaaten statt. Sachsen allerdings gilt als ein Zentrum der Entwicklungen, die zur deutschen Einheit und damit auch zur Wiederherstellung des Freistaates führten.

Für die Bearbeitung des Themas haben sich vier Autoren engagiert, die eng mit dem Themenkomplex friedliche Revolution verbunden sind bzw. aktiv an den Entwicklungen der Jahre 1989/90 in Sachsen beteiligt waren: Hartmut Zwahr, Emeritus der Leipziger Universität; Uwe Schwabe, einst Bürgerrechtler und heute Mitarbeiter im Zeitgeschichtlichen Forum Leipzig; Michael Richter vom Hannah-Arendt-Institut für Totalitarismusforschung an der Technischen Universität Dresden; und Tobias Hollitzer, der als Bürgerrechtler ebenfalls den Umbruch mit beförderte und nun dem Leipziger Stasi-Museum in der »Runden Ecke«1 vorsteht.

Auf dem vorliegenden Kartenblatt werden die Ereignisse und Entwicklungen der »Wende«-Zeit auf dem Gebiet der vormaligen DDR-Bezirke Dresden, Leipzig (mit Altenburg), Karl-Marx-Stadt (Chemnitz) und in Teilen des Bezirkes Cottbus dargestellt.

Das Hauptaugenmerk der Karte liegt auf der Darstellung von Einzelereignissen im Zusammenhang mit dem Revolutionsgeschehen, sie zeigt aber auch eindrücklich die regionale Ausdehnung sowie die Konzentration der Prozesse der friedlichen Revolution im Gebiet des heutigen Freistaates Sachsen.

Die größte Bedeutung hatten die friedlichen Demonstrationen, die letztendlich zum Sturz des DDR-Systems und zur Wiedervereinigung führten. Das Demonstrationsgeschehen bildet somit den Darstellungsschwerpunkt der Karte. Die Höhe der Säulendiagramme gibt die Anzahl der Demonstrationen für jeden Ort an. Jedes Kästchen steht dabei für eine Veranstaltung in dem dazugehörigen Ort, durch die Farbgebung der Kästchen in vier Phasen sind außerdem der zeitliche Beginn und die Höhepunkte der Demonstrationen zu erkennen.

Das Beiheft zur Karte beleuchtet ergänzend ausführlich den Anteil der sächsischen Bürger am Ende der DDR. Mit Hilfe von detaillierten Erläuterungen, Graphiken und Tabellen werden die Entwicklungen bis zu den ersten freien Wahlen und hin zur deutschen Einheit aufgezeigt.

Im Gegensatz zu den Tabellen, beispielsweise zu den Demonstrationen in einzelnen Orten, kann aber nur die kartographische Umsetzung der Daten einen räumlichen Eindruck von dem Geschehen vermitteln. So war zwar zu erwarten, dass die drei Bezirksstädte Leipzig, Dresden und Karl-Marx-Stadt an der Spitze des Revolutionsgeschehens standen. Ein eingehenderer Blick auf die Karte ergibt jedoch interessante Details, die weder eine Tabelle noch eine schriftliche Abhandlung so eindringlich vermitteln könnten. Als Beispiel sei auf die allgemeine Häufung des Demonstrationsgeschehens im Bezirk Karl- Marx-Stadt (Erzgebirge, Vogtland) hingewiesen. Dafür ließen sich mehrere Gründe anführen, wie die Häufung von Städten, die industrielle Prägung der Region oder die Nähe der Grenze zur BRD. Wichtig ist zu betonen, dass sich über die Qualität der Demonstrationen und die Anzahl der Teilnehmer anhand der Karte keine Aussagen treffen lassen. Es war nicht möglich, die Teilnehmerzahlen der einzelnen Demonstrationen wiederzugeben. Daher entsteht u. a. der Eindruck gleichen Demonstrationsverhaltens in Leipzig und in Dresden, wobei jedoch zu beachten ist, dass in Leipzig in der Regel bedeutend mehr Menschen demonstrierten.

Zusätzlich zur Abbildung des Demonstrationsgeschehens enthält die Karte Informationen zu weiteren Ereignissen, die in das Umfeld der friedlichen Revolution gehören und räumlich-kartographisch darstellbar sind. Dazu gehören u. a. Streiks (mit Angabe des Datums), Mahnwachen (mit Angabe des Datums) und die Besetzung von MfS-Dienststellen. Auch die Reaktionen des Staates werden thematisiert, wie die Gewaltanwendungen durch MfS bzw. Polizei und der Einsatz der Armee sowie die Einrichtung zentraler Zuführungspunkte.

Nicht zuletzt waren auch die Ausreisezüge mit Flüchtlingen aus der Prager Botschaft Teil des Revolutionsprozesses. Auf der Karte werden die beiden Zug-Strecken dargestellt. Die ersten Züge wurden auf Anweisung von Erich Honecker durch die DDR geführt, wobei es zu zahlreichen, teilweise gewaltsamen Protesten von Ausreisewilligen entlang der Strecke kam. Die nachfolgenden Züge fuhren dann von Prag über Teplice und Most durch die Tschechoslowakei, erreichten das Gebiet der DDR bei Bad Brambach und wurden über Plauen ebenfalls zum Grenzübergang Gutenfürst und damit in die BRD geleitet. Aber auch auf dieser Strecke zeigt die Karte Demonstrationen auf dem Gebiet der DDR.

Zu betonen ist, dass die Karte nur jene Tatsachen und Ereignisse wiedergeben kann, die gesichert und nachweisbar sind. So ist es durchaus denkbar, dass es Demonstrationen oder »Runde Tische« auch in anderen Orten gab, zum Zeitpunkt des Redaktionsschlusses für die Arbeit an der Karte, dem 1. September 2008, waren diese den Autoren jedoch nicht bekannt. Die Karte ist damit ein Ergebnis der bisher durchgeführten Forschungen zur friedlichen Revolution 1989/90 in Sachsen.

  1. 1Gedenkstätte Museum in der »Runden Ecke«.
loading ....
Artikel Navigation
Heft 3 (2009)
Beiträge Diskussionen Berichte & Notizen
Footer - Zusätzliche Informationen

Logo der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig Sächsische Akademie
der Wissenschaften

ISSN:
1867-7061

Alle Artikel sind lizensiert unter:
Creative Commons BY-NC-ND

Gültiges CSS 2.1
Gültiges XHTML 1.1