Direkt zum Inhalt | Direkt zur Navigation

Benutzerspezifische Werkzeuge
Anmelden
Bereiche

Die »Erleuchtung der Welt«

Ein Bericht über die Jubiläumsausstellung anlässlich des 600. Jahrestages der Gründung der Universität Leipzig

Vom 8. Juli bis zum 6. Dezember 2009 war im Alten Rathaus zu Leipzig die zentrale Ausstellung zum 600. Jubiläum der Gründung der Universität Leipzig (1409) zu besichtigen. Sie bildete das Ergebnis gemeinsamer Anstrengungen der Universität, der Stadt Leipzig und der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig.

Die Einführung von Säkularfeiern, andersgeartete antike Vorläufer lasse ich außer Acht, erfolgte erstmals im Mittelalter im kirchlichen Raum. Die Erklärung des Jahres 1300 zum Heiligen Jahr durch Papst Bonifaz VIII. kann als Beginn der Tradition von Jubelfeiern betrachtet werden. Im profanen Bereich stoßen wir auf solche Feierlichkeiten erst im 16. Jahrhundert, und zwar bei den Universitäten.1 Im 17. Jahrhundert folgten Feiern des Beginns der Reformation (1517)2 und der Erfindung des Buchdruckes.3 1578 und 1587 wurden in Tübingen und Heidelberg Feiern zum hundertsten bzw. zweihundertsten Jahrestag der Gründung der Universität begangen. Wittenberg folgte 1602 (100. Jahrestag). Leipzig feierte erstmals 1609 seine Gründung. Es war bereits das »andere Jubilaeo Academiae Lipsiensis«, also das Gedächtnis der Vollendung des zweiten Jahrhunderts der Geschichte der Hochschule. Es folgten Feiern in den Jahren 1709, 1759, 1809, 1859 und 1909. Drei dieser Veranstaltungen fielen in Zeiten schwerer politischer Krisen (1709 Nordischer Krieg, 1759 Siebenjähriger Krieg, 1809 Krieg zwischen Frankreich und Österreich). Dennoch wurde gefeiert, so gut es immer auch gehen wollte. Das zeigt etwas von der als unentbehrlich empfundenen identitätsstiftenden Bedeutung, die jenen Säkularfeiern anscheinend selbstverständlich zukam. Das gilt natürlich nicht nur für Leipzig. Alle deutschen Universitäten gedenken der runden Jahrestage ihrer Gründung. In den letzten Jahrzehnten hat sogar, wenn der Eindruck nicht täuscht, die Zahl und die Intensität solcher Jubelfeiern noch zugenommen, trotz oder vielleicht gerade wegen der häufig laut werdenden Kritik am Zustand der gegenwärtigen Hochschulen. Eine lange Vergangenheit legitimiert schließlich die jubilierende Einrichtung, und zugleich suggeriert das Jubiläum seine immer wieder zu erwartende erneute Wiederholung in der Zukunft und dokumentiert damit die Lebenskraft der gewürdigten Institution. Aus den letzten Jahren nenne ich nur Greifswald, Gießen, Jena, Halle, Freiburg/Br. und Erlangen. Sogar längst aufgelöste, also nicht mehr existierende Hochschulen werden anlässlich runder Erinnerungsdaten ins öffentliche Gedächtnis zurückgerufen. So wird man beispielsweise im kommenden Jahr (2010) der Auflösung der Universität Helmstedt vor zweihundert Jahren gedenken.

Jubiläen sind, was die in diesem Zusammenhang vorgelegten Forschungsergebnisse zur Historie der betroffenen Institution anbetrifft, meist etwas ambivalenter Natur. Die feiernde Einrichtung und ihre Umgebung neigen nicht selten dazu, bei einem solchen Anlass der Öffentlichkeit gegenüber eine reine Erfolgsgeschichte zu präsentieren, die heikle Punkte und Fragen tunlichst ausspart. Ziel ist die Selbstbestätigung und die Sicherung der Existenzberechtigung. Der in der Regel im Auftrag der Einrichtung arbeitende Historiker sollte versuchen, dieser Gefahr möglichst zu entgehen, auch wenn er entsprechende Erwartungen dann nicht erfüllen wird. Andererseits bieten Jubiläen die Chance, Themen zu bearbeiten, die sonst aus Mangel an materiellen Mitteln bzw. aus Desinteresse der Öffentlichkeit kaum Berücksichtigung seitens der Forschung finden würden. Beim Thema Universitätsgeschichte springt diese Beobachtung geradezu ins Auge. Der größte Teil an Gesamtdarstellungen, aber auch viele Quelleneditionen und Einzeluntersuchungen verdanken ihre Existenz einem Jubiläum. Bei der Leipziger Jubelfeier 2009 sehen die Dinge nicht anders aus. Die ansehnliche Zahl der im Vorfeld des Festes vorgelegten Publikationen, ich verweise nur auf die Reihe »Beiträge zur Leipziger Universitäts- und Wissenschaftsgeschichte« (bisher 20 Bände), verdankt ihre Entstehung fast durchweg den Vorbereitungen zum Gedenkjahr 2009. Das gilt noch mehr für die im Erscheinen befindliche fünfbändige Gesamtdarstellung der Geschichte der Leipziger Alma mater; sie wird nach ihrem Abschluss die umfangreichste Historie einer deutschen Universität überhaupt bieten.

Neben den großen und kleinen Abhandlungen gibt es noch eine weitere öffentlichkeitswirksame Form, sich mit der Geschichte einer Universität zu befassen. Das ist die Ausstellung. Ihre »Erfindung« ist relativ neuen Datums. Auf dem Gebiet der Kunst hat es zwar bereits im 18. Jahrhundert Ausstellungen gegeben. Aber als ein die verschiedensten Lebensbereiche erfassendes Mittel der Bildung, Information und Werbung reichen sie nicht weiter zurück als bis ins 19. Jahrhundert.4 In Leipzig verband sich erstmals 1909 mit der damaligen Jubiläumsfeier die Präsentation einer Ausstellung. Gezeigt wurde sie im gerade zum Museum umgebauten Alten Rathaus am Markt der Stadt. Inhaltlich bot sie im Wesentlichen eine Schau von Zimelien, Medaillen (knapp 100, dazu über 100 Siegel) und Gemälden aus dem Besitz der Universität. Einen weiteren Schwerpunkt bildete das Thema Goethe als Student (»größter Sohn der Alma mater Lipsiensis«) in Leipzig.5 Inzwischen sind Ausstellungen, in welchen Dimensionen auch immer, längst zu einem Muss von Universitätsjubiläen geworden. Das wohl aufwendigste Beispiel aus neuerer Zeit bietet Halle, wo anlässlich des Gedenkens an den 500. Jahrestag der Errichtung der Universität Wittenberg, die bekanntlich 1817 mit der Universität Halle »zusammengelegt« wurde, eine ganze Landesausstellung organisiert wurde (2002). Der Gedanke, anlässlich des 600. Jubiläums der Leipziger Universität 2009 eine Ausstellung in das Programm aufzunehmen, lag angesichts dieser Traditionen und im Blick auf die Konkurrenz der Hochschulen untereinander nahe. Nun stellt die Universitätsgeschichte ein außerordentlich vielgestaltiges Phänomen dar. Sie berichtet über die Entwicklung einer wissenschaftlichen Institution, die zugleich einen bedeutsamen wirtschaftlichen Faktor ausmacht. Die Universität ist weiterhin und vor allem eine Gemeinschaft der Lehrenden und der Lernenden. Dabei bilden Professoren bzw. Dozenten auf der einen und Studenten auf der anderen Seite ganz verschieden charakterisierte Gruppierungen. Jede von ihnen besitzt ganz eigene sozial-, mentalitäts- und alltagsgeschichtlichen Dimensionen.

Eine Hochschule ist keine in Einsamkeit existierende Einrichtung. Sie ist vielmehr auf das Mannigfachste mit ihrer Umgebung verflochten; mit der Stadt, in der sie angesiedelt ist, mit dem Land, in dem sie sich befindet. Die Schicksale von Stadt und Land bestimmen auch den Zustand der Universität. Der Einfluss der Universität auf das Bildungswesen, die Kirche, die Verwaltung, das kulturelle Leben von Stadt und Land kann kaum überschätzt werden. Schließlich gibt es die zahlreichen Schwestereinrichtungen, mit denen man in dieser und jener Form in Verbindung, aber eben auch in Konkurrenz steht. Eine Universität bildet nicht nur aus, sie produziert auch neues Wissen. Wissenschaftsgeschichte und Universitätsgeschichte gehören daher auf das Engste zusammen. Das sind nur einige, aber wohl doch die wichtigsten Aspekte, die es bei der Beschäftigung mit der Universitätshistorie zu beachten gilt. Sie alle im Rahmen einer Ausstellung dem Besucher nahezubringen, ist ein schier aussichtsloses Unterfangen. Die Anforderungen an Gestalter und Betrachter einer solchen Exposition wären geradezu gewaltig.

Es war daher bei allen Beteiligten von vornherein deutlich, dass ein anderer Weg gefunden werden musste, dass nur ein Ausschnitt aus dem großen Gesamtthema zur Darstellung gelangen konnte. Die ganz spezifische Aufgabe einer Universität besteht nun darin, vorhandenes Wissen nicht nur weiterzugeben, sondern auch neues Wissen zu produzieren. Wissenschaftsgeschichte und Universitätsgeschichte bilden so eine Einheit. Es bot sich daher an, die Entwicklung einer Universität anhand ihrer Beiträge zur Ausformung der modernen, das heutige Leben in einem so deutlichen Grade bestimmenden Wissenschaften zu dokumentieren. Auf den ersten Blick wäre hier, was Leipzig betrifft, zuerst die Zeit des Wilhelminischen Kaiserreiches in Frage gekommen. Die Leipziger Alma mater bildete damals zusammen mit Berlin und München die Spitzengruppe der deutschen Universitäten, nicht nur in der Zahl der Immatrikulationen von Studenten, sondern auch und vor allem in der Zahl und in der Bedeutung der vorgelegten Leistungen auf fast allen damals bekannten Wissenschaftsdisziplinen. Da die deutschen Hochschulen um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert unbestritten eine Avantgardestellung innerhalb des Bildungswesens der Welt einnahmen, wäre eine Darstellung der Leipziger Universität jener Jahrzehnte der Rang einer allgemeinen Geschichte der Wissenschaften im Zeitalter ihrer geradezu revolutionierenden Entwicklung zugekommen. Trotzdem ist auf die Wahl dieses Zeitraumes verzichtet worden. Der Weg in die Moderne begann in Leipzig und anderswo nämlich nicht erst in den Jahren nach 1870, sondern die Grundlagen für diese Entwicklung wurden geraume Zeit zuvor gelegt, im Zeitalter der Aufklärung, also ab dem Ende des 17. und im Verlauf des 18. Jahrhunderts. Es war zu fragen, ob nicht besser bereits hier der Schwerpunkt zu setzen wäre.

Ein eher äußerer Grund unterstrich diese Überlegung. In Sachsen hatte es bisher zwei große Landesausstellungen gegeben, die eine zum mittelalterlichen Sachsen, im Kloster Marienstern, die andere zur Reformation, als deren Mutterland zu Recht Kursachsen gilt. Letztere fand in Torgau statt. Schreiten wir nach dem Passieren des Reformationszeitalters chronologisch weiter voran, so stoßen wir auf die Epoche der Aufklärung als nächste Glanzzeit Sachsens. Eine vierte große Zeitetappe bildet die Industrialisierung im 19. Jahrhundert.

Mit Sachsens Ruhm in den ersten Jahrzehnten des 18. Jahrhunderts ist der Name Augusts des Starken unauflösbar eng verbunden. Der höfische Prunk, insbesondere aber Kultur und Kunst erreichten unter seiner Herrschaft in Sachsen bisher ungeahnte Höhepunkte, die so nie wieder übertroffen werden sollten. Das 18. Jahrhundert in Sachsen bedeutet jedoch nicht allein Hofkultur, einschließlich Musik und bildender Kunst, auch wenn eine populäre Geschichtsvermittlung das zu suggerieren scheint. Es sind nicht zuletzt die inner- und außerhalb der Universitäten betriebenen Wissenschaften, die sich in dieser Epoche auf einem beachtlichen Niveau bewegten; wir werden noch darauf zurückkommen. So entstand die Idee, die dritte Landesausstellung dem 18. Jahrhundert in Sachsen zu widmen und sie zugleich als Jubiläumsschau zum 600. Geburtstag der Alma mater Lipsiensis zu präsentieren. Leider wurde ein entsprechender Antrag nach jahrelangen Verhandlungen seitens der Dresdner Landesregierung abgelehnt. Mit der Ausrichtung der 3. Landesausstellung wurde die Stadt Görlitz betraut. Diese Entscheidung richtete sich jedoch nicht gegen die vorgelegte Leipziger Konzeption, denn deren Realisierung blieb im Gespräch, nicht mehr als Landesexposition, aber eben doch als Jubiläumsausstellung.

Es erscheint an dieser Stelle als notwendig, etwas über die Institutionen zu sagen, welche die Ausstellung verantworten. Das ist natürlich zuerst die Universität, deren Jahrestag begangen wird. Ihr zur Seite standen die Stadt Leipzig, besonders in Gestalt des Stadtgeschichtlichen Museums, und die Sächsische Akademie der Wissenschaften zu Leipzig. Ohne Stadt und Akademie wäre das Vorhaben in der jetzigen Form nicht realisierbar gewesen. Die Universität war vom Datum ihrer Einrichtung angerechnet auf das Engste mit der Stadt, in deren Mitte sie sich ansiedelte, auf verschiedenste Art und Weise verbunden. Das war und ist angesichts vieler Reibungsflächen nicht immer konfliktfrei. Andererseits profitierten Stadt und Universität insgesamt voneinander. Gerade die Bezeichnung als Universitätsstadt verlieh Leipzig neben anderen Epitheta einen besonderen Rang innerhalb der deutschen Städtelandschaft.

Dass die Jubiläumsausstellung 2009 am gleichen Ort wie 1909 gezeigt wurde, ist zwar auch dem Mangel an geeigneten Räumen im Bereich der Universität geschuldet. Es ist aber zugleich in wohl wesentlichem Maße Ausdruck des jahrhundertelangen Miteinanders beider Institutionen.

Die Sächsische Akademie der Wissenschaften zu Leipzig ist in ihrer Entstehung (1846) engstens mit der Universität verknüpft, denn von einer Gruppe dortiger Professoren ging die Initiative zu ihrer Gründung aus.6 In den mehr als 150 Jahren, die seitdem vergangen sind, rekrutierte sich die Mitgliederschaft der Gelehrtengesellschaft zu einem guten Teil aus den Reihen der Universitätsprofessoren. Auch sonst waren bzw. sind die Berührungsflächen beider Einrichtungen mannigfacher Natur. Dennoch sind sie andererseits in ihren jeweiligen Zielen auch wieder unterschiedlich orientiert. Ein besonderes Spezifikum der Akademie, um nur diesen Punkt zu erwähnen, besteht im Betreiben wissenschaftlicher Langzeitvorhaben, die so an den Universitäten kaum einen Platz finden könnten. Vor allem aber stehen die Disziplinen, sowohl die geisteswie die naturwissenschaftlichen, in der Akademie in einem engen Kontext zueinander, der in dieser Form an den Universitäten nicht mehr möglich ist. Die viel beschworene, in der Praxis aber gar nicht so häufig anzutreffende Interdisziplinarität der Wissenschaften ist daher an der Akademie leichter zu realisieren. Gerade das Thema Wissenschaft in der Aufklärung, einer Zeit, in der selbst der durchschnittliche Gelehrte wenigstens dem Anspruch nach noch als Polyhistor in Erscheinung trat, bedarf einer breitgefächerten Zusammenarbeit der Spezialisten.

Lag es auf der Hand, dass die Akademie das Jubiläum der ihr nahestehenden Universität nicht unbeachtet an sich vorbeigehen lassen konnte undnhang.</ so gab es noch einen anderen Grund für die Unterstützung der Hochschule bei dem konkreten Ziel einer Ausstellung zum Thema Aufklärung und Universität. An der Akademie sind in den letzten Jahrzehnten immer wieder Forschungen zur Wissenschaftsgeschichte, besonders zum 17./18. Jahrhundert, betrieben worden, zumeist mit dem Schwerpunkt Mitteldeutschland. So wurden schon 1996 und 2000 in Zusammenarbeit mit Universität und Stadt Ausstellungen zum 350. bzw. 300. Geburtstag von Gottfried Wilhelm Leibniz und Johann Christoph Gottsched organisiert, und zwar im Alten Rathaus bzw. in der Universitätsbibliothek.7 1984 und 2004 veranstaltete die Historische Kommission der Akademie größere Tagungen zur Leipziger Universitäts- und Wissenschaftsgeschichte mit dem Schwerpunkt Aufklärung.8 Seit 2000 existiert an der Akademie eine Forschungsstelle, die sich mit der Edition des gesamten überlieferten Briefwechsels von Johann Christoph Gottsched als einem der wichtigsten Protagonisten der deutschen Aufklärung beschäftigt. Vor diesem Hintergrund war es der Akademie möglich, der Universität bei dem geplanten Jubiläumsvorhaben »Erleuchtung der Welt« eine entscheidende Hilfestellung zu leisten. Denn an der Hochschule gibt es weder im Bereich Geschichte noch in Literaturwissenschaft, Theologie oder Erziehungswissenschaft einen Forschungsschwerpunkt zur Zeit der Aufklärung und den damit in Verbindung stehenden relevanten Themen. Das mag angesichts der Bedeutung, die der Universität zukam, bedauerlich sein, aber es sind die Nachbaruniversitäten Halle und Jena, welche in den letzten Jahren Zeit und Thema weitgehend an sich gezogen haben.

Die erfolglose Planung einer Landesausstellung hat am Ende den Zeitraum, der noch für die Umsetzung und notwendige Verfeinerung der Konzeption zur Verfügung stand, erheblich eingeengt. Die dann beginnenden Verhandlungen mit insgesamt 79 Leihgebern, die insgesamt knapp 700 Exponate zur Verfügung stellten, mussten daher in denkbar knappen Zeitgrenzen durchgeführt werden. Das Ergebnis ließ sich sehen: Es ist noch nie eine so umfassende Ausstellung zur Leipziger und mitteldeutschen Wissenschaftsgeschichte in der Zeit der Aufklärung gezeigt worden. Zwei umfangreiche Publikationen dokumentieren und vertiefen thematisch die Ausstellung: ein Essayband und ein Katalogband.

Nach einer bis heute verbreiteten Auffassung kommt den frühneuzeitlichen Universitäten innerhalb der Hochschulgeschichte ein eher zu vernachlässigender Platz zu. Diese These findet sich exemplarisch in einer vor wenigen Jahren erschienenen, in der wissenschaftlichen Öffentlichkeit mit einiger Aufmerksamkeit rezipierten Untersuchung des Historikers William Clark.9 Die frühmoderne Hochschule wird hier kurzerhand mit dem negativen Begriff des Nepotismus etikettiert. Die Behauptung wiederholt sich oft: »Early modern academic appointments, for example, were largely governed by nepotism, favor, seniority, gifts, and other such collegial practices …«10. Dieser »traditional university « entgegen stünde die moderne Universität, die »research university«. Diese sei den Prinzipien der Leistungsgesellschaft (meritocracy) verpflichtet, d. h. die Unarten der Vetternwirtschaft alten Stiles fänden hier keinen Platz mehr. Aus eigener Kraft könnten die Universitäten diesen Schritt allerdings nicht oder kaum vollziehen. Es seien letztendlich der Staat und dessen Bürokratie, welche die Verkrustungen der traditionellen Hochschulen aufbrächen. Das geschehe zuerst in den Neugründungen Göttingen und Berlin. So setzt sich Clark in seiner Arbeit nicht zuletzt ein Ziel: »The overall aim is to show the unfolding and imposition of a ministerial-market rationality over academic appointement in the Prussian lands«.11 Das alles sind, wie gesagt, keine neuen Gedanken. Bei dem großen deutschen Historiker Thomas Nipperdey kann man schon Jahrzehnte vor Clark lesen, Wilhelm von Humboldt habe seine »neue Universität« gegen die »traditionelle Universität« gesetzt – eine »ständisch privilegierte, halbautonome Korporation, in Zunftgeist und Nepotismus, Scholastik und Verwahrlosung versunken, scheinbar unfähig zur Regeneration aus sich selbst.« Nipperdey geht dann noch weiter. Immerhin spricht er selbstkritisch von einem spekulativen Gedankengang, wenn er »das preußische Ethos«, d. h. Pflicht und Dienst, Disziplin und Leistung, mit dem »asketischen Ethos« der neuen Wissenschaft in Verbindung bringt. Und wieder ist es der preußische Beamte, dem hier alles zu verdanken sei. Er gilt als der »Beweger und Macher«, geleitet von »kühler Rationalität«, frei von regionalen Bindungen.12 Clark und Nipperdey sind nur zwei, allerdings einflussreiche Vertreter dieses verbreiteten Geschichtsbildes, das deutlich die Spuren einer immer noch lebendigen borussischen Beeinflussung zeigt.13

Borussisch eingefärbt ist dann auch das Bild der außerpreußischen Universitäten: Sie werden schlicht und einfach als Prototypen der »traditional university « verstanden. So erscheint bei Clark die Leipziger Universität kurz und bündig als »the seat of German medievalism«14. Das heißt nichts anderes als: rückständig und erstarrt. Ziel der Jubiläumsausstellung war es, dieses Bild zu korrigieren, soweit dies mit den eingeschränkten Möglichkeiten erreichbar ist, die eine Zusammenstellung von Exponaten bietet.

Im Folgenden wird eine Art gedanklicher Rundgang durch die (insgesamt dreißig) Abteilungen der Ausstellung geboten, der sich freilich auf knappste Mitteilungen beschränken muss. Es wird immer wieder um die Frage gehen, inwieweit die »Erleuchtung der Welt« in der Leipziger Universität zur Zeit der Aufklärung Fortschritte machte.15

Im ersten Stock des Rathauses, der in der Hauptsache die Dauerausstellung des Stadtgeschichtlichen Museums präsentiert, vermittelte eine gesonderte Abteilung eine Vorstellung vom städtebaulichen Rahmen, in dem die Universität angesiedelt war. Die Hochschulgebäude selbst haben über die Jahrhunderte hinweg eher geringfügige Veränderungen erfahren. Im zweiten Stock, der alle weiteren Abteilungen beherbergte, trat der Besucher zuerst in eine Rotunde, die Exponate zeigte, die auf die Gründung der Universität Bezug nahmen. Bekanntlich war es eine Besonderheit der Leipziger Gründung, dass sie durch den Weggang zahlreicher Studenten und Magister aus Prag erst möglich wurde. Die Leipziger Universität hat sich daher auch immer zuerst als eine Verbindung von Magistern verstanden, weniger von Professoren, wie das an anderen Universitäten üblich war. Eine weitere Besonderheit, ja Einmaligkeit, bildete die bis 1830 bestehende Einteilung aller Universitätsangehörigen in Nationen. Diese beiden Charakteristika liefern die wohl hauptsächliche Erklärung für die jederzeit alle anderen Universitäten weit übertreffende Anzahl von Lehrkräften in Leipzig. Diese hohe Zahl an Lehrenden steht auch mit der wissenschaftsgeschichtlichen Bedeutung der Universität in Zusammenhang.

Humanismus und Reformation lieferten die geistigen Grundlagen für die Universitätsentwicklung bis weit in die Frühe Neuzeit. Die diesem Stoff gewidmete Abteilung konnte nur andeuten. Es folgte eine Abteilung zum Schulwesen, das bis heute die Voraussetzungen für einen Universitätsbesuch vermittelt. Sachsen hat durch die drei Fürstenschulen (Grimma, Meißen und Schulpforte), aber auch durch andere Schulen die frühneuzeitliche Pädagogik wesentlich geprägt. Die Verbindungen dieser Schulen zu den Universitäten waren vielfältiger Natur, nur fehlt es leider an entsprechenden Forschungen. Das 18. Jahrhundert war bekanntlich auch ein Jahrhundert der Pädagogik. Mitteldeutschland bot einen der wesentlichen Schauplätze entsprechender Entwicklungen reformpädagogischer Ansätze. Die Ausstellung rückte die von Dessau ausgehende Bewegung des Philanthropismus in den Mittelpunkt, dessen Verbindungen zur Universität ebenfalls der Klärung bedürfen.

Den eben nur grob skizzierten einleitenden Abteilungen folgte der umfangreiche Komplex der Darstellung der einzelnen an der damaligen Universität vertretenen Fächer. Dabei ging es immer um die Frage, inwieweit sie in ihrer universitären Gestalt die in die Moderne weisenden Entwicklungen der Zeit widerspiegeln oder gar mit vorantrieben. Die Theologie war und blieb noch lange Zeit die oberste Fakultät. Aber sie büßte diese exponierte Position allmählich ein, vor allem gegenüber der immer stärker an Bedeutung und Selbstbewusstsein gewinnenden Philosophischen Fakultät. Die großen Themen der Theologie der Aufklärungszeit waren das Verhältnis zur Bewegung des Pietismus, die in Leipzig zeitweise ihren Hauptsitz aufgeschlagen hatte (um 1690), die Positionierung gegenüber der Philosophie der Aufklärung und, in Verbindung damit, das Aufkommen einer Exegese der biblischen Schriften, die sich am Vorbild der Auslegung weltlicher Texte orientierte. Mit Johann August Ernesti verfügte Leipzig über einen Hauptvertreter dieser bis in die Gegenwart herrschenden Richtung der Bibelphilologie. Es ist fast eine Ironie der Geschichte, dass mit Christian August Crusius eine der Gründerfiguren der ebenfalls bis heute lebendigen, ganz und gar anders orientierten Erweckungstheologie in Leipzig wirkte.

Über die Jahrhunderte hinweg war die Philosophie der Theologie als »Magd« zugeordnet. Sie bereitete auf den Glauben vor und leistete Abwehrdienste beim Kampf mit den mannigfachen Irrlehren. Das 18. Jahrhundert ist angefüllt von dem spannenden Prozess der Emanzipation der Philosophie. Mit Christian Thomasius und Christian Wolff kann Leipzig auf die zwei bedeutendsten Heroen der frühen Aufklärungsphilosophie verweisen, auch wenn sie nur zeitweilig hier wirkten. Ihre durchaus unterschiedlich orientierten und sich teilweise bekämpfenden Schulen besaßen in Leipzig deutschlandweit vielleicht die Hochburgen schlechthin. Johann Christoph Gottsched propagierte wie kein anderer sonst den Wolffianismus, vor allem mit seinem Buch über die »gesamte Weltweisheit« (1733). Ihm entgegen trat der als Denker höchst originelle, als Theologe bereits erwähnte Crusius. Mit seinen Untersuchungen über die Grenzen der Vernunft wurde er zu einem der Vorläufer Kants. Alle genannten Denker haben im Übrigen wesentlich dazu beigetragen, die deutsche Sprache für die Wissenschaft sozusagen passfähig zu machen. Bekannt ist Thomasius’ Ankündigung einer deutschen Vorlesung im Jahre 1687, auch wenn das nicht, wie von ihm behauptet, die erste Vorlesung in der Muttersprache überhaupt gewesen ist. Der Hinweis auf den um 1800 wirkenden Ernst Platner, Mediziner und Philosoph zugleich, den Begründer der Anthropologie als Wissenschaft (in der Verbindung von Psychologie und Physiologie), zeigte dann nochmals, dass Leipzig philosophiegeschichtlich alles andere als eine Provinz war.

Die Jurisprudenz als zweite der höheren Fakultäten schloss sich als nächste Abteilung an. Kaum eine Stadt des Alten Reiches barg eine solche hohe Anzahl von Gerichten in ihren Mauern wie Leipzig. Am wichtigsten waren der Schöppenstuhl, das Oberhofgericht und die Juristenfakultät, die auch als Spruchkammer tätig war. Die Existenz dieser Gerichte verlieh der Juristenausbildung eine stark praktische Note, wie sie sonst nur selten zu finden sein dürfte. Die erste umfassende und auf lange Zeit gültige Zusammenfassung des Strafrechtes ist sozusagen im Rahmen des Schöppenstuhles unter Auswertung der dort ergangenen Urteile entstanden, Benedikt Carpzovs »Practica nova« (1635). Unter den Juristen des 18. Jahrhunderts ragt Karl Ferdinand Hommel hervor, der sich ganz im Sinne der Aufklärung für die Milderung des Strafrechtes und überhaupt für eine zeitgemäße Reform der sächsischen Gesetzgebung engagierte. Die noch heute gültige Verdeutschung vieler lateinischer Begriffe der Rechtssprache ist ihm zu verdanken.

Da die Geschichtswissenschaft damals eine große Nähe zur Jurisprudenz aufwies, folgte sie als nächste Abteilung. Weist Leipzig im 18. Jahrhundert noch keinen überragenden Historiker aus, so lassen sich doch allgemeingültige Entwicklungstendenzen dieses Faches exemplarisch beobachten: Übergang zum Deutschen als Fachsprache, endgültige Verselbstständigung des Faches, Krise bzw. Ende bisheriger Grundannahmen des Geschichtsbildes (Lehre von den vier Reichen oder die Annahmen über das Alter der Welt), Hinwendung zur nationalen Geschichte, Entstehung von Teildisziplinen der Geschichte (z. B. Kunstgeschichte und Wissenschaftsgeschichte). Lange Zeit vertrat der Professor für Geschichte auch den Unterricht in der Klassischen Philologie. Auch diese erhielt nun ihre Selbständigkeit. Leipzig war eine der Hochburgen der Philologie überhaupt. Das gilt spätestens seit Joachim Camerarius, der im 16. Jahrhundert wirkte. Zweihundert Jahre später sind es Persönlichkeiten wie Johann Matthias Gesner, Johann August Ernesti und vor allem der geniale Johann Jakob Reiske. Zusammen machten sie Leipzigs Ruhm als Ort der strengsten philologischen Schule aus. Die historisch-kritische Methode der Textauslegung, die in ihren Prinzipien bis heute gilt, ist damals in ihren Grundzügen entwickelt worden. Philologie war in der Frühen Neuzeit gleichbedeutend mit der ausschließlichen Beschäftigung mit antiken Sprachen. Die einzigen Ausnahmen bildeten die vorderorientalischen Sprachen, die jedoch zuerst und vor allem im Blick auf ihre Bedeutung für das Verständnis der biblischen Schriften betrachtet wurden. Das änderte sich in der Zeit der Aufklärung, Theologie und Orientalistik begannen sich zu trennen. Der schon erwähnte Reiske war der entschiedenste (daher aber auch heftig befehdete) Vorreiter dieser Entwicklung. Mit der bewunderungswürdigen Edition (1754) des Buches von Kaiser Konstantin VII. über das Hofzeremoniell (auf Basis einer Leipziger Handschrift) ist Reiske sozusagen nebenbei auch noch zu einem der Begründer der Byzantinistik geworden.

Auch die Beschäftigung mit der eigenen, mit der deutschen Sprache begann sich spürbar zu regen. Dafür steht zuerst und vor allem Johann Christoph Gottsched, dessen »Deutsche Gesellschaft« am Beginn der systematischen Sprach- und Literaturforschung steht. Die von ihr herausgegebenen »Critischen Beyträge« (1732 ff.) können als erstes literaturwissenschaftliches Periodikum gelten. Zu den dort behandelten Themen gehörte die Beschäftigung mit Werken der mittelalterlichen und frühneuzeitlichen deutschen Literatur. Die Gesellschaft hatte eine entsprechende, für die Zeit einmalige Spezialbibliothek zusammengetragen. Als Sprachforscher und Verfasser umfangreicher Wörterbücher zur deutschen Sprache wirkten (außerhalb der Universität) Johann Georg Wachter und Johann Christoph Adelung über Jahrzehnte hinweg in der Stadt. Mit der Leipziger Universität verbindet sich außerdem die Erinnerung an viele bekannte Vertreter der deutschen Literaturgeschichte, allesamt Studierende an dieser Hochschule: der Kreis um Paul Fleming (um 1630), Christian Reuter mit seinen satirischen Dramen und Prosastücken, Johann Christian Günther (der einzige heute in seinem Werk noch lebendige Lyriker der Zeit), Klopstock, Lessing und schließlich der größte von allen – Goethe. Nach ihm kamen u. a. Jean Paul, Friedrich Schlegel, Novalis und Johann Gottfried Seume, die sich länger oder kürzer in der Stadt aufhielten, als Studenten, als Autoren, als Verlagsmitarbeiter (Seume beim Verleger Göschen). Unter den dichtenden Professoren ist es allein Gellert, der bis heute einen Namen hat; zu seiner Zeit war er der meistgelesene Autor deutscher Zunge überhaupt.

Den Geisteswissenschaften folgten Mathematik und Naturwissenschaften. Bei der Mathematik sind es in Leipzig vielleicht weniger bedeutende Köpfe, die zu nennen sind, als vielmehr Publikationsorgane, die mit ihren Beiträgen die Entwicklung des Faches vorantrieben. An ihrer Spitze stehen die noch in anderen Zusammenhängen zu erwähnenden »Acta Eruditorum«, die z. B. Leibnizens berühmten Aufsatz veröffentlichten, mit dem er die Infinitesimalrechnung begründete. Am Ende des 18. Jahrhunderts steht die Veröffentlichung der ersten mathematischen Fachzeitschrift überhaupt, des »Leipziger Magazins für reine und angewandte Mathematik« durch Professor Karl Friedrich Hindenburg. In engster Verbindung zur Mathematik steht die Astronomie, eine der ältesten Universitätsdisziplinen überhaupt. Dem Leipziger Mathematiker Joachim Rheticus verdanken wir es, dass Kopernikus endlich den Entschluss fasste, sein das Weltbild verändernde Werk »De revolutionibus orbium coelestium « zu publizieren (1543). Und nochmals ist Leipzig indirekt an der Geburt der modernen Astronomie beteiligt. Hier studierte von 1562 bis 1565 der Däne Tycho Brahe, dessen in Leipzig begonnenen astronomischen Beobachtungen Johannes Kepler später die Möglichkeit in die Hand gab, die nach ihm benannten Planetengesetze zu berechnen. Sie erst gaben dem kopernikanischen Weltbild die wissenschaftliche Begründung. Der große Astronom stand übrigens mit Leipziger Gelehrten in enger Verbindung, was in der Ausstellung dokumentiert wurde. Aber nicht nur die Universitätsgelehrten observierten den Himmel, auch »einfache « Leute taten dies, so verschiedene sächsische Landwirte, die als »Bauernastronomen « in die Geschichte eingegangen sind. Eine universitäre Sternwarte hat es nach langem Ringen allerdings erst ab 1794 gegeben, auf dem Turm der Pleißenburg. Kaum bekannt ist, dass Johann Karl Burckhardt, »einer der ersten astronomischen Rechner in Europa«16, seine Ausbildung in Leipzig erfahren hat. Zu Ruhm und Ansehen ist er erst in Paris gelangt.

Die Technik war als eigenes Fach auf den frühneuzeitlichen Universitäten nicht präsent. Gleichwohl hat es nicht an Möglichkeiten gefehlt, sich entsprechende Kenntnisse anzueignen. Mit Jakob Leupold, von Haus aus einem studierten Theologen, hat Leipzig einen Pionier in der Zusammenführung der theoretischen Grundlagen der Technik und des praktischen Handwerks vorzuweisen. Leupolds manufakturähnliche Werkstatt (eröffnet 1699) belieferte fast ganz Deutschland mit Luftpumpen (bzw. Vakuumpumpen) und Messinstrumenten aller Art. Daneben verfasste er das vielbändige Monumentalwerk »Theatrum machinarum generale«, das einen Überblick über das gesamte technische Wissen der Zeit zu vermitteln suchte. Stand Leupold noch am Rand der Universität, so war einer der Pioniere der europäischen Elektrizitätsforschung, Johann Heinrich Winkler, Professor der Physik. Er war in Leipzig nicht der Einzige, der sich mit dem Charakter dieser geheimnisvollen Kraft intensiv beschäftigte und seine Erkenntnisse auch einem breiteren Publikum zu vermitteln suchte. Als neues Universitätsfach etablierte sich schließlich die Ökonomie, beschleunigt durch die Notwendigkeit, die Wirtschaft des im Siebenjährigen Krieg ruinierten Sachsen wiederaufzurichten. Ein der Ökonomie und Technik nahestehendes Fach bildete die Montanwissenschaft. Mit der Gründung der Bergakademie in Freiberg (1765) hatte Sachsen weltweit Neuland beschritten, denn es war die erste montanwissenschaftliche Lehranstalt überhaupt. Die Anfänge des Montanwesens reichen freilich viel weiter zurück, mindestens bis ins 16. Jahrhundert. An der Leipziger Universität sind nachweisbar in Verbindung mit dem Physikunterricht Kenntnisse über den Bergbau vermittelt worden.

Zu den höheren Fakultäten zählte die Medizin, die zugleich Botanik und Chemie umfasste. Eine generelle Tendenz ihrer Entwicklung bildete die Ablösung der bisherigen Dominanz des stark theoretisch angelegten Unterrichts durch einen wachsenden Praxisbezug. So wurde 1704 ein anatomisches Theater eingerichtet, wo mehr oder minder regelmäßig Leichen seziert wurden, was allerdings von dem nicht problemlosen Bezug entsprechenden »Materials« abhing. Die Studenten wurden außerdem, wenn auch noch nicht regelmäßig, von ihren Professoren, die zugleich praktizierende Ärzte waren, zur Beobachtung von Kranken hinzugezogen. Die starke Präsenz von Gerichten in Leipzig förderte die Entwicklung der forensischen Medizin. Ein anderer Schwerpunkt der Leipziger Medizin bildete die Geburtshilfe und zwar schon lange vor der Einrichtung des »Trierschen Institutes« als einer Entbindungsanstalt (1810). Eine sich von der überlieferten Schulmedizin gänzlich lösende neue Behandlungsmethode von Krankheiten war die Homöopathie. Ihr Schöpfer, Samuel Hahnemann, verbreitete sie in der Lehre (1812–1821 Tätigkeit an der Universität), in der Praxis und in Publikationen von Leipzig aus. Der Widerstand seiner Kollegen und die Proteste der Apotheker, die sich an der von Hahnemann betriebenen Herstellung seiner homöopathischen Medikamente stießen, veranlassten ihn jedoch, die Stadt zu verlassen. Von Paris aus, wo sich Hahnemann später niederließ, trat die neue Heilbehandlung ihren Siegeszug um die Welt an. Auch die Verselbstständigung der Botanik zur eigenständigen Wissenschaft vollzog sich in Leipzig vor allem an der Universität. Der Mediziner Augustus Quirinus Rivinus entwarf Ende des 17. Jahrhunderts ein System der Pflanzenwelt, das bereits auf das spätere System Linnés vorauswies. Der wohl bedeutendste Vertreter des Faches war Johann Hedwig aus Siebenbürgen, ebenfalls Professor an der Medizinischen Fakultät, der vor allem als Begründer der Mooskunde (Bryologie) Berühmtheit erlangte. Auszeichnungen und Zeitschriften sind nach ihm benannt worden. Mit einem eigenständigen Lehrstuhl (im Rahmen der Medizin) trat die Chemie erstmals 1668 in Erscheinung, als Michael Heinrich Horn zum Professor extraordinarius für Chemie berufen wurde. Jahrzehnte danach wurde Johann Christoph Scheider zum ordentlichen Professor der Chemie ernannt und zugleich verordnet, »daß deßen Thun nicht in bloßen Lesen, alß wovon die studirende Jugend wenig Nutzen haben würde, sondern in öffentlichen Laboriren und Demonstriren zugleich bestehen solle«.17 Das setzte die Etablierung eines Labors voraus. Die Ausstellung zeigte die überlieferten Skizzen zur Einrichtung einer solchen Forschungsstätte. Die Förderung der Chemie stand, um das zumindest zu bemerken, mit dem eben erwähnten, in Sachsen entwickelten Montanwesen in Verbindung.

Der zweite Hauptabschnitt der Ausstellung wendete sich der städtischen Umgebung der Universität zu. Dahinter stand die Einsicht, dass die Hochschule in ihrer Bedeutung für die Wissenschaft nur im Kontext der Stadt erfasst werden konnte. Leipzig als reiche Handelsstadt, als Zentrum des Buchdrucks und Buchhandels, als eine Stadt des Theaters und der Musik, als Ort mit Museen und bedeutenden Schulen war immer mehr als nur die Kulisse der in ihrenziger Symbiose von Wissenversität. So war Leipzig kein »stiller Musensitz«, wie etwa Jena, Göttingen, Helmstedt, Wittenberg, Rinteln, Gießen usw., sondern ein ganz und gar weltläufiger Ort. Das hat bereits Wilhelm Wundt in seiner Festrede zum Jubiläum von 1909 so gesehen. Das »Zusammenstimmen« von Stadt und Universität »machte unsere Hochschule zur bevorzugten Trägerin jener nicht überall tief gehenden, dafür aber um so wirksamer das gesamte geistige Leben durchdringenden Allgemeinbildung, durch die Leipzig … um die Mitte des Jahrhunderts zum Vorort der deutschen Aufklärung geworden ist.«18

In beide Bereiche, Universität und Stadt, gehören die Bibliotheken als älteste Form der Bewahrung und Weitergabe von Wissen. Die Universitätsbibliothek und die städtische Ratsbibliothek bildeten öffentliche Sammlungseinrichtungen, die zu jener Zeit aber noch deutlich der Konkurrenz der privaten Bibliotheken ausgesetzt waren. Mit Umfängen, die 30000 Bände überschreiten konnten, übertrafen letztere die Bestände in öffentlicher Hand. Sammler waren nicht allein Professoren, sondern auch reiche und gebildete Vertreter der Kaufmannschaft. Der Öffentlichkeit, insbesondere aber den Studenten, standen diese Sammlungen in der Regel mehr oder minder zur Verfügung. Die Entwicklung eines opulenten Bibliothekswesens wäre ohne die Existenz zahlreicher Verlage und Druckereien nicht denkbar gewesen. Leipzig nahm spätestens Mitte des 18. Jahrhunderts auf jenem Gebiet die Spitzenstellung innerhalb Mitteleuropas ein. Andererseits wäre dieses Aufblühen ohne Universität überhaupt nicht denkbar gewesen. Die Hochschule stellte Autoren, Herausgeber, Übersetzer, Korrektoren und Rezensenten in großer Zahl zur Verfügung. Vor allem das Zeitschriftenwesen, das in Leipzig eigentlich erst begründet worden ist (bezogen auf Deutschland), profitierte von der Unmenge von Gelehrten, die in der Stadt lebten. Das Flaggschiff der Periodika schlechthin bildeten die »Acta Eruditorum« (ab 1682), über Jahrzehnte hinweg eine der bedeutendsten wissenschaftlichen Zeitschriften Europas. Ihre Autoren rekrutierten sich in der Hauptsache aus den Kreisen der Universitätsgelehrten. Allein die Existenz dieser Zeitschrift widerlegt schon die Behauptung von der geistigen Sterilität der Leipziger Gelehrtenwelt. Im Laufe des 18. Jahrhunderts erhielt fast jede Disziplin ihre eigene Zeitschrift. Pressegeschichte hat man in Leipzig jedoch nicht allein im Zeitschriftenwesen geschrieben, sondern hier ist die erste Tageszeitung der Welt erschienen. Das einzige erhaltene Exemplar der ersten erhaltenen Ausgabe ist von der Königlichen Bibliothek in Stockholm zur Verfügung gestellt worden. Nicht nur die Periodika wurden weitgehend von Universitätsangehörigen getragen, auch die Inangriffnahme großer Verlagsprojekte wäre ohne universitären Hintergrund nicht denkbar gewesen. Hier steht das zwischen 1732 und 1754 herausgegebene 68-bändige »Große vollständige Universal-Lexicon aller Wissenschaften und Künste« (289 000 Artikel auf 67 000 Seiten) als pars pro toto. Sein Verleger war Johann Heinrich Zedler, die Herausgeber und Autoren waren Leipziger Gelehrte.

Die Bildung von Sozietäten ist in besonderem Maße typisch für das Zeitalter der Aufklärung. Außerhalb der Universität trafen sich hier in per Statuten festgelegter Form Gelehrte, um über wissenschaftliche Themen in die Diskussion treten zu können. Eine Nähe zur Universität war gleichwohl gegeben, denn eine große Zahl der Mitglieder gehörte der Hochschule an. Mit Gründungen in der Mitte des 17. Jahrhunderts war Leipzig wahrscheinlich der erste Ort in Mitteldeutschland, in dem sich gesellige Verbindungen dieser Art formierten (z. B. das Collegium Anthologicum). Sie haben dann anderenorts Schule gemacht. Manche der Sozietäten legten Bibliotheken oder Sammlungen an, oder veröffentlichten sogar Schriften und Periodika. Hier ist zuerst die bereits erwähnte »Deutsche Gesellschaft« Gottscheds zu nennen. Eine eher lockere Form des gesellschaftlichen Zusammenschlusses bildeten die Salons, die nach französischem Vorbild in Leipzig ab den zwanziger Jahren des 18. Jahrhunderts aufkamen, d. h. lange vor Berlin, wo es, um nach der einschlägigen Literatur zu urteilen, innerhalb Deutschlands angeblich erstmals zur Gründung von Salons gekommen sei. Mit den Salons kam eine soziale Schicht ins nähere Blickfeld, die in der Aufklärungsforschung sonst nur eine untergeordnete Rolle spielt, nämlich der Adel. Eine Adlige stand in der Regel im Mittelpunkt dieser »Cercles «, in Leipzig z. B. die Herzogin von Kurland oder die Gräfin Sophie von Bentinck. Eine Ausnahme bildet in dieser Beziehung der Kreis der Alethophilen (Wahrheitsfreunde)19 um den Reichsgrafen von Manteuffel, der allerdings auch nicht als reiner Salon zu betrachten ist. Universitätsangehörige verkehrten in allen diesen Kreisen mit Selbstverständlichkeit. Deren Bedeutung für den Austausch von Mitteilungen und Gedanken dürfte kaum zu überschätzen sein.

Gepflegt wurde in den Salons auch die Musik, die freilich noch an vielen anderen Stätten präsent war. Dafür stehen z. B. der Thomanerchor, die studentischen Collegia musica, das Große Concert (später im Gewandhaus fortgesetzt) oder die Oper. Namen wie Sethus Calvisius, Johann Hermann Schein, Johann Kuhnau, Georg Philipp Telemann, Johann Adam Hiller und natürlich zuallererst Johann Sebastian Bach vertreten sichtbar die nationale und internationale Bedeutung des Leipziger Musiklebens. Die Universität und ihre Gelehrten sowie Studenten waren hier immer präsent – als Auftraggeber von Kompositionen, als aktive Musiker und Sänger, als Musiktheoretiker und (damit in Verbindung) als Herausgeber musikalischer Zeitschriften.

Das Theater war eine an den frühneuzeitlichen Universitäten eher ungern gesehene Institution. Es stand im Verdacht, die Studenten von ihrer eigentlichen Pflicht abzuhalten, also vom Studium, und die Schauspieler galten per se als moralisch anrüchige Personen. Trotzdem ist die Herausbildung des modernen deutschen Theaters von einer Universität ausgegangen, nämlich von Leipzig. Zusammen mit der Theatergruppe des Ehepaars Neuber hat Gottsched das Schauspiel reformiert, worunter u. a. die Einführung verbindlicher Textbücher an der Stelle der früheren Stegreifspiele zu verstehen ist. Wohl nichts ist ungerechter als Lessings bis heute fortwirkende Behauptung, Gottsched habe nichts zum Gedeihen des Theaters beigetragen, er habe ihm vielmehr nur Schaden zugefügt.20 Die weitere Entwicklung des Theaters in Leipzig steht freilich in einer weniger engen Verbindung zur Universität. Der wohl erfolgreichste Textdichter der Zeit, Christian Felix Weiße, hatte jedoch an der Universität studiert und bildete ein festes Glied der Leipziger Gelehrtenrepublik.

Ähnlich wie die Bergakademie ist die Kunstakademie nach dem Siebenjährigen Krieg ins Leben gerufen worden, um das wirtschaftliche Aufkommen des Landes zu fördern, denn die Ausbildung in den bildenden Künsten war nicht zuletzt dafür gedacht, der Illustrierung von Druckerzeugnissen und der Verbesserung der Meißner Porzellanmalerei zu dienen. Viele Studenten der Universität besuchten auch die Akademie auf der Pleißenburg, darunter bekanntlich Goethe. Die Einschätzung Adam Friedrich Oesers, des langjährigen Direktors der Akademie, schwankt bis heute in der kunstgeschichtlichen Betrachtung. In seiner Zeit jedoch zählte er zu den einflussreichsten Künstlern schlechthin. Sein immer wieder bezeugtes Auftreten inmitten von Kreisen aus Universitätslehrern und Handelsleuten belegt einmal mehr die enge Leipziger Symbiose von Wissenschaft, Kunst und Handel.

Am Beginn der Herausbildung des modernen Museumswesens standen die fürstlichen Kunstkammern, wie sie sich seit dem 16. Jahrhundert herauszubilden begonnen hatten. Bald wurden sie zum Vorbild für das Entstehen bürgerlicher Sammlungen. Objekte der Natur, der Kunst und der Wissenschaft sollten in den Kunstkammern die Welt in ihrer Gesamtheit widerspiegeln. In Leipzig entstanden solche Sammlungen nicht an der Universität, der dafür allein schon die Mittel gefehlt hätten, sondern im privaten Bereich, u. a. bei Ärzten, Apothekern und Kaufleuten. Berühmt und zu größerem Teil erhalten (in Waldenburg/ Sachsen) ist die Kollektion der Apothekerfamilie Linck, die über drei Generationen hinweg sammelte. Wir wissen davon, dass die Sammlung wenigstens partiell in den universitären Unterricht einbezogen wurde. Im Laufe des Aufklärungsjahrhunderts spezialisierten sich die Sammlungen. Es wurde nicht mehr alles und jedes zusammengetragen, sondern man richtete sein Interesse auf bestimmte Gattungen von Objekten. Das waren nun insbesondere Werke der bildenden Kunst. Auch hier waren es Privatleute, die über die notwendigen finanziellen Mittel verfügten, die dominant in Erscheinung traten. Der als Sammler erfolgreichste unter ihnen war wohl Gottfried Winckler, der allein 1300 Gemälde zusammentrug. Vielleicht noch stärker als die Kunstkammern waren die Bildnissammlungen der Öffentlichkeit zugänglich. Die Gebildeten der Stadt verkehrten hier und diskutierten über Fragen der Kunst.

Die Einzelobjekte der jeweiligen Sammlungen wurden zu einem guten Teil während verschiedener Reisen zusammengetragen. Überhaupt boten Reisen beste Möglichkeiten zum Studium und zur Fortbildung. Reiseberichte zählten nicht umsonst zur beliebtesten Lektüre des 18. Jahrhunderts. Wer auch immer es sich finanziell leisten konnte, der besuchte fremde Länder, um dort Sehenswürdigkeiten zu besichtigen, wissenschaftliche Einrichtungen kennenzulernen und bedeutende Persönlichkeiten (oft Gelehrte) zu besuchen. Die Ausstellung dokumentierte u. a. mit Tagebüchern und Briefen dieses Bestreben. Von noch allgemeinerer Bedeutung waren die Forschungsreisen, die zwar nicht im offiziellen Auftrag der Universität durchgeführt wurden, an denen aber Angehörige der Hochschule teilnahmen. Geradezu sensationell für die Zeit war die Organisation einer Reise durch Nordafrika 1731–1733, die in der Hauptsache der wissenschaftlichen Erforschung dieser Gegenden diente (Flora, Fauna, Bevölkerung, archäologische Überreste der römischen Epoche). Die leitenden Wissenschaftler der Expedition waren zwei Leipziger Mediziner. Im Alleingang reiste fast einhundert Jahre später Eduard Friedrich Poeppig zehn Jahre durch Südamerika. Unterstützt wurde er von der Leipziger Naturforschenden Gesellschaft, der er auch seine Expeditionsberichte sandte. Später wurde Poeppig Professor der Zoologie an der Leipziger Alma mater.

Am Schluss der Ausstellung wurde ein bereits mehrfach berührtes Thema nochmals eigens aufgegriffen – der Anteil des Adels an der Aufklärung bzw. an der Entwicklung der Wissenschaften. Der ist größer als die gängige Literatur zugestehen will. Gerade auf dem ja auch kostspieligen Gebiet der naturwissenschaftlichen Forschungen und technischen Erfindungen treten uns immer wieder Adlige entgegen. Die Ausstellung dokumentierte das an den Beispielen der Familien Gersdorf in der Oberlausitz und Löser in der Dübener Heide. Letztere betrieb auf Schloss Reinharz geradezu eine Manufaktur zur Herstellung technischer Geräte (z. B. Teleskope).

Einer Ausstellung sind Grenzen gesetzt. Sie kann die Veränderung eines bisher gängigen Geschichtsbildes nicht durchsetzen; sie kann aber dazu Anregungen, Anstöße erteilen. Ihre Exponate, also Drucke, Handschriften, Gemälde, Zeichnungen, Plastiken, wissenschaftliche Geräte, Modelle u. a., können der Vergangenheit eine plastische Anschaulichkeit verleihen, die zum Überdenken bisheriger Auffassungen anregen kann. Es bleibt zu hoffen, dass von der Leipziger Jubiläumsausstellung entsprechende Wirkungen ausgegangen sind.

Zur Ausstellung sind folgende Begleitpublikationen erschienen:

Erleuchtung der Welt. Sachsen und der Beginn der modernen Wissenschaften. Essays. Herausgegeben von Detlef Döring und Cecilie Hollberg unter Mitarbeit von Tobias U. Müller, Sandstein Verlag, Dresden 2009. 384 Seiten.

Erleuchtung der Welt. Sachsen und der Beginn der modernen Wissenschaften. Katalog. Herausgegeben von Detlef Döring, Cecilie Hollberg, Rudolf Hiller von Gaertringen und Volker Rodekamp unter Mitarbeit von Tobias U. Müller, Sandstein Verlag, Dresden 2009. 479 Seiten.

  1. 1Vgl. Winfried Müller, »Erinnern an die Gründung. Universitätsjubiläen, Universitätsgeschichte und die Entstehung der Jubiläumskultur in der frühen Neuzeit«, inBerichte zur Wissenschaftsgeschichte 21 (1998), S. 79–102. Zur Problematik von Jubelfeiern überhaupt vgl. Ders., »Instrumentalisierung und Selbstreferentialtät des historischen Jubiläums. Einige Beobachtungen zu Eigengeschichte und Geltungsanspruch eines institutionellen Mechanismus«, in Gert Melville und Hans Vorländer (Hg.), Geltungsgeschichten. Über die Stabilisierung und Legitimierung institutioneller Ordnungen, Köln, Weimar, Wien 2002, S. 265–284.
  2. 2Vgl. Wolfgang Flügel, Konfession und Jubiläum. Zur Institutionalisierung der lutherischen Gedenkkultur in Sachsen 1617–1830, Leipzig 2005. Speziell zu den Leipziger Feiern vgl. Siegfried Hoyer, »Reformationsjubiläen im 17. und 18. Jahrhundert«, in Katrin Keller (Hg.), Feste und Feiern. Zum Wandel städtischer Festkultur in Leipzig, Leipzig 1994, S. 36–48. Ein Beitrag zu den Feiern der Universitätsjubiläen fehlt merkwürdigerweise in diesem Band.
  3. 3Diese erfolgte nach einer heute nicht haltbaren Vermutung 1440. Dieses Jahrestages wurde ab 1640 in Feiern gedacht. Eine angebliche Jubelfeier Wittenberger Drucker 1540 ist wohl ins Reich der Legende zu verweisen. Vgl. Hartmut Zwahr, »Inszenierte Lebenswelt: Jahrhundertfeiern zum Gedenken an die Erfindung der Buchdruckerkunst«, inGeschichte und Gesellschaft 22 (1996), S. 5–18.
  4. 4Vgl. Julius Lessing und Otto N. Witt, »Ausstellungen«, inDie allgemeinen Grundlagen der Kultur der Gegenwart, Berlin und Leipzig 1906, S. 390–429. Die Anfänge des Ausstellungswesens finden sich vor allem im Bereich des Kunstgewerbes. Auch die Idee, zum Jubiläum von 1909 eine Ausstellung zu veranstalten, geht ursprünglich auf eine Initiative des Leipziger Kunstgewerbemuseums zurück. Vgl. die »Einführung« zu dem in folgender Erläuterung erwähnten Katalog.
  5. 5Vgl. Katalog der Universitäts-Jubiläums-Ausstellung Leipzig 1909, Leipzig 1909. Der Katalog verzeichnet insgesamt 714 Exponate. Dabei ist zu berücksichtigen, dass auch viele/check?uri=http://www.denkstroeme.de" title="en mit Ausstellungsstücken vertreten waren.
  6. 6Vgl. Elisabeth Lea und Gerald Wiemers, Planung und Entstehung der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig. Zur Genesis einer gelehrten Gesellschaft, Göttingen 1996, bes. S. 150–159.
  7. 7Vgl. Detlef Döring, Der junge Leibniz und Leipzig. Ausstellung zum 350. Geburtstag von Gottfried Wilhelm Leibniz im Leipziger Alten Rathaus, Berlin 1996. Ders., Johann Christop Gottsched in Leipzig. Ausstellung in der Universitätsbibliothek Leipzig zum 300. Geburtstag von J. Chr. Gottsched, Stuttgart/Leipzig 2000.
  8. 8Vgl. Karl Czok (Hg.), Wissenschafts- und Universitätsgeschichte in Sachsen im 18. und 19. Jahrhundert. Nationale und internationale Wechselwirkung und Ausstrahlung, Berlin 1987. Detlef Döring (Hg.), Universitätsgeschichte als Landesgeschichte. Die Universität Leipzig in ihren territorialgeschichtlichen Bezügen, Leipzig 2007. Hauptsächlich der Aufklärung gewidmet war auch ein von der Historischen Kommission veranstaltetes Ehrenkolloquium für ihr Mitglied Günter Mühlpfordt: Karlheinz Blaschke und Detlef Döring (Hg.), Universitäten und Wissenschaften im mitteldeutschen Raum in der Frühen Neuzeit. Ehrenkolloquium zum 80. Geburtstag von Günter Mühlpfordt, Leipzig/Stuttgart 2004.
  9. 9Vgl. William Clark, Academic charisma and the origins of the research university, Chicago and London 2007 (Erstpublikation 2006).
  10. 10Ebd., S. 6.
  11. 11Ebd., S. 252.
  12. 12Thomas Nipperdey, »Preußen und die Universität«, in Ders., Nachdenken über die deutsche Geschichte. Essays, München 1990, S. 169–188 (Erstveröffentlichung 1982).
  13. 13Ein Beispiel neuesten Datums bietet folgende Publikation: Hans-Albrecht Koch, Die Universität. Geschichte einer europäischen Institution, Darmstadt 2008. Das Kapitel »Deutsche Universitäten der Aufklärung« (S. 113–128) behandelt (abgesehen von einigen außerdeutschen Hochschulen) überhaupt nur Halle und insbesondere Göttingen (7 Seiten). Die anderen Universitäten, weiß der Verfasser zu berichten, befanden sich in den Händen von Professorendynastien und waren daher geistig verengt. »Auf das Gegenteil« zielte Göttingen. Natürlich sei dann auch Berlin eine Universität völlig neuen Typus (S. 137 f.) und zwar in jeder Hinsicht. So entwickeln die Berliner Professoren erstmals eine wissenschaftliche »Neugier«, im Gegensatz zu den allein nur »enzyklopädische Lehrbücher« vortragenden Professoren des Typs Familienuniversität.
  14. 14Clark, Academic charisma (Fn. 9), S. 195.
  15. 15Es ließen sich zu den einzelnen Abteilungen natürlich umfangreiche Angaben zur Literatur vermitteln. Darauf wird hier verzichtet. Essayband und Katalogband der Ausstellung geben zahlreiche weiterführende Hinweise.
  16. 16Vgl. Allgemeine deutsche Real-Encyklopädie für die gebildeten Stände, 2. Band, Leipzig 1830, S. 302.
  17. 17Vgl. Universitätsarchiv Leipzig, Rep. I/VIII/34, Acta die neu angeordneten Professiones Juris Naturae et Gentium … betr. 1711, Bl. 14r–15v.
  18. 18Wundts Festrede ist veröffentlicht inDie Feier des Fünfhundertjährigen Bestehens der Universität Leipzig. Amtlicher Bericht im Auftrage des akademischen Senates erstattet von Karl Binding, Leipzig 1910, S. 158–183, hier S. 170.
  19. 19Unter der Wahrheit wird die Philosophie Christian Wolffs verstanden. Man sah es als Aufgabe an, diese zu propagieren und gegen ihre (zumeist theologischen) Feinde zu verteidigen. Wenn auch der Graf im Mittelpunkt des Kreises stand, gehörten ihm doch mehrere Frauen an.
  20. 20Das ist die am Beginn des berühmten 17. Literaturbriefs (erschienen 1759) stehende Behauptung Lessings.
loading ....
Artikel Navigation
Heft 3 (2009)
Beiträge Diskussionen Berichte & Notizen
Footer - Zusätzliche Informationen

Logo der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig Sächsische Akademie
der Wissenschaften

ISSN:
1867-7061

Alle Artikel sind lizensiert unter:
Creative Commons BY-NC-ND

Gültiges CSS 2.1
Gültiges XHTML 1.1