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Qualitätssicherung in den Geisteswissenschaften heute

Qualitätssicherung und Referentialität1

Warum Qualitätssicherung in den letzten Jahren zum Thema in den Wissenschaften wurde, ist eine Frage, deren Beantwortung wir getrost einem späteren Rückblick überlassen können. Methodendiskussionen und Verständnisbemühungen um die Frage danach, was als wissenschaftlich angesehen werden kann, werden geführt, seit es Konzepte von menschlicher Erkenntnis und Reflexionen über Geltungsansprüche gibt. Auch die Frage nach ethischen Standards in den Wissenschaften sowie die Themen Fälschung und Plagiat haben eine eigene Geschichte; bahnbrechende Entdeckungen und Scharlatanerie lagen dabei bisweilen eng beieinander. Ganz offensichtlich aber gibt es einen Zusammenhang zwischen der gegenwärtigen Qualitätssicherungsdebatte und neuen, vor allem auch technisch induzierten Veröffentlichungsformen und Publikationsmöglichkeiten einerseits und den sich damit verschiebenden Autorisierungsprozeduren bei der Veröffentlichung wissenschaftlicher Erkenntnisse andererseits. Dabei gibt es einen Widerspruch zwischen der nahezu ausufernden Qualitätssicherungsdebatte und der Erörterung des Peer-Review-Verfahrens auf der einen Seite2 und den in den Natur- ebenso wie in den Geisteswissenschaften allerorten beklagten Unzulänglichkeiten auf der anderen. Beispiele lassen sich beliebig finden – und sie stehen in unmittelbarer Relation zur auf Qualitätsmängel bezogenen Sorglosigkeit von Administrationen und Korporationen, die ihrerseits zurechenbare Verantwortlichkeiten durch Verfahren so weit segmentieren, dass die Verantwortlichkeit praktisch nicht mehr zugerechnet werden kann.

Die sich in der Open-Access-Debatte manifestierende Tendenz, Finanzierung von Publikationen durch Forschungsförderungsmittel an die allgemeine kostenlose Zugänglichkeit zu binden, ist ein weiterer Aspekt dieser komplexen Entwicklung. Es findet einerseits eine Neuvermessung von Wissensräumen statt, gegenüber der andererseits eine Neujustierung der Steuerung von Erkenntniswegen bei stets knappen Aufmerksamkeitspotentialen zu erfolgen hat. Aufgrund der Annahme, dass Erkenntnis, die nicht in bestimmten Sphären wahrgenommen wird, verborgen bleibt, eine allgemeine sprachliche Plattform und eine lingua franca der Wissenschaften zu fordern, ist daher auch auf den ersten Blick plausibel. Zugleich wird damit implizit der Sichtbarkeit gegenüber der Recherche die Priorität eingeräumt. Denn eine Erkenntnis ist ja zunächst unabhängig davon, ob sie in französischer, chinesischer oder russischer Sprache vorgetragen und – sei es digital oder im Buchdruck – vorgelegt wird. Statt sich aber in einer Zeit öffentlich beklagter schwindender Artenvielfalt über die Sprachenvielfalt zu freuen und den dadurch gegebenen Übersetzungszwang als eine kreative Herausforderung zu betrachten, obsiegt die Erwartung einer schnellen allgemeinen Rezipierbarkeit. Alle in diese Richtung gehenden Versuche – und dazu zählt auch die Bemühung um einen »European Research Index for the Humanities« – stehen in einer grundsätzlichen Spannung zum Erkenntnisanspruch der Geisteswissenschaften, der in aufklärerischer Absicht seinem Wesen nach Plausibilitätsstrukturen zu durchbrechen und neue Horizonte zu gewinnen trachtet. Ganz offensichtlich ist es aber die bei solcher Ausdehnungsdynamik prinzipiell niemals erfüllbare Forderung nach absoluter Gleichzeitigkeit, die eine lingua franca erzwingt; zugleich ist diese Gleichzeitigkeitsforderung einer der Gründe für neue Konflikte und Missverständnisse. Ob man nun Ungleichzeitigkeit unter Abzug des Tempus-Aspekts als Andersartigkeit definiert oder in der Dimension der Zeitlichkeit belässt, die Entscheidung über die Zulassung von Differenz ist eine von mehreren Grundvoraussetzungen für alle Beurteilbarkeit von Qualitätssicherung in den Geisteswissenschaften. Bezogen auf das Englische als lingua franca gilt daher die Feststellung Kurt Flaschs: »Nicht indem wir gegen es protestieren, behaupten wir uns sprachlich und gedanklich, nicht indem wir in die neo-romantische Mythologie der ›Muttersprache‹ zurückkehren, sondern nur, indem wir seine Funktion als begrenzt einsehen und uns außerhalb dieser Begrenzung frei bewegen.«3

Nun ist die Debatte zur Qualitätssicherung längst nicht abgeschlossen. Sie hat ihrerseits bereits eine umfangreiche Literatur und die Herausbildung neuer Begrifflichkeiten zur Folge4 und sie ist selbst bereits zum Forschungsobjekt geworden. Zugleich wird sie überlagert durch Entwicklungen elektronisch vernetzter Forschungsumgebungen, die auf einen exponentiell anwachsenden Datenreichtum zurückzugreifen imstande sind. Dabei ist weder die Frage der Akzeptierbarkeit verschiedener Sprachen und der damit verbundenen Vor- und Nachteile gelöst, noch die Frage der Publikationsform und der Dauerhaftigkeit von Erkenntnisüberlieferung, noch die Bewertung des Verhältnisses von Quantität und Qualität. Im Hinblick auf die letztgenannte Frage hat sich die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) zu Beginn des Jahres 2010 unter der Überschrift »›Qualität statt Quantität‹ – Neue Regeln für Publikationsangaben in Förderanträgen und Abschlussberichten« mit einer neuen Strategie positioniert,5 die auf den ersten Blick sinnvoll erscheint. Der unter der Devise »publish or perish« angewachsenen Publikationsflut soll nun dadurch begegnet werden, dass bei einem Förderantrag »pro Jahr der Förderperiode nur noch zwei Veröffentlichungen angeführt« werden dürfen. Doch lässt sich das geistige Spektrum eines Antragstellers bei der Beschränkung der gesamten wissenschaftlichen Arbeit auf »maximal fünf Veröffentlichungen«, seien es auch »die wichtigsten und aussagekräftigsten«, immer erkennen? – Andererseits ist es klar, dass man der »Vielschreiberei« Einhalt gebieten wollte, zumal diese dazu führte, dass – einer Studie zufolge – »eine gewöhnliche Veröffentlichung einer gewöhnlichen geisteswissenschaftlichen Zeitschrift weniger als zwei Leser findet«.6 Wenn allerdings der Journalist Thomas Steinfeld daran die Hoffnung knüpft, dass durch die Beschränkung der Vielschreiberei »zumindest die Möglichkeit« entstehe, »dass sich an der Universität wieder Autorenkarrieren entwickeln«,7 könnte dies ein frommer Wunsch bleiben, wenn nicht die historischen Rahmenbedingungen beachtet werden. Denn offenkundig meint Steinfeld mit Autoren universalhistorische Gelehrte von Rang wie Jürgen Osterhammel, um nur ein Beispiel zu nehmen, der mit einer stupenden Aufmerksamkeit ein weites Spektrum historiographischer und geschichtswissenschaftlicher Denkbewegungen zur Kenntnis nimmt und einer ordnenden und dabei selbst höchst aufschlussreichen Sichtung unterzieht. Solche Autoren sind tatsächlich notwendig und erwünscht, ihre Innovativität liegt aber bezeichnenderweise weniger in der Erweiterung des Detailwissens, sondern in der Bereicherung unseres Orientierungsvermögens. Geisteswissenschaften aber erfordern oft ausgedehnte Wege und häufig ausführliche Rezeption und Übersetzung; kurz: Sie müssen ihren Gegenstand oft erst generieren und einen eigenen Referenzrahmen schaffen; daher fußen sie auf einer Vielzahl von Studien und bedürfen in der Verarbeitung der Formulierungspraxis. Insofern ist »Vielschreiberei« im positiven Sinne eine Voraussetzung für Autorenkarrieren im Sinne Thomas Steinfelds und steht keinesfalls im Gegensatz zu den erwünschten Autorenkarrieren.

Bei einer Begutachtung und Bewertung wird man sich daher auch weiterhin neben der Handvoll an Publikationen auf zusätzliche Informationen berufen und zugleich immer die Wertsphären mit reflektieren. Damit ist das Problem der Qualitätssicherung von Begutachtungsverfahren angesprochen. Denn Qualitätssicherung in geisteswissenschaftlichen Fachzeitschriften hat in hohem Maße mit Referentialität zu tun. Es war im Grunde ja auch der Mangel an Selbstreferentialität, der zu jener beklagten Form der Vielschreiberei führte, die oft auch nichts anderes war als Mehrfachverwertung einmal formulierter Einsichten. Angesichts der Komplexität der Themen und der Zunahme an Wissen und Erkenntnissen muss sich also jede Qualitätssicherung des Umstandes bewusst bleiben, dass sie ihrerseits mit der Reflexion auf ihre jeweilige eigene Referentialität operieren muss und diese offenlegen sollte.

Die Zunahme der Reproduktionsmöglichkeiten seit der flächendeckenden Einführung leistungsfähiger Kopiergeräte in den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts, potenziert durch die Digitalisierung von Daten und die geradezu unerschöpflichen Speicher- und Recherche- bzw. Such-Möglichkeiten lassen aber eine einfache Entgegensetzung von Qualität und Quantität obsolet erscheinen. Die mit der neuen Regel der DFG begonnene explizite Bezugnahme auf die Selbsteinschätzung des Autors (Angabe der von ihm selbst als am wichtigsten erachteten Beiträge) müsste zumindest durch die Bewertung des Adressatenkreises ergänzt werden. Denn ein wissenschaftlicher Autor schreibt heute für vielerlei Foren, insbesondere wenn er sich auf die Forderung nach Transdisziplinarität und Interdisziplinarität einlässt. Dabei ist in der gegenwärtigen – und wahrscheinlich fortdauernden – Restrukturierungsphase in den sogenannten »humanities « immer auch an zusätzliche neue Horizonte der Aufmerksamkeit und damit auch an die grundsätzliche Begrenztheit der eigenen Position zu denken.

Es ist nicht auszuschließen – und vielleicht zu wünschen –, dass die Diskurse der Geisteswissenschaften der letzten Jahre uns bald so fern gerückt sein werden wie die Inhalte der Zeitschriften des 18. Jahrhunderts, die wir heute zum Gegenstand der Forschung machen und als Quellenmaterial nutzen, an die wir aber nicht mehr umstandslos anknüpfen können. Die möglicherweise erstrebenswerte Beschleunigung von Generationsbrüchen könnte ebenso durch Peer-Review-Verfahren begünstigt wie auch behindert werden. Hierauf sollte ein besonderes Augenmerk gerichtet werden.

Transitorische Netzwerke und das Eigenrecht der Quellen

Wenn von Qualitätssicherung in geisteswissenschaftlichen Zeitschriften oder darüber hinaus in der geisteswissenschaftlichen Kommunikation an einem Ort wie der Herzog August Bibliothek die Rede ist, dann ist sie als Forschungsbibliothek, die versammelt, was bisher niedergeschrieben, was dokumentiert worden ist, eine Illustration für den Satz Kierkegaards, dass »vorwärts gelebt und rückwärts verstanden wird«.8 Als Forschungsbibliothek ist sie sich der Ergebnisoffenheit allen Forschens bewusst, der Freiheitsräume in der Vergangenheit ebenso wie der Offenheit in der Zukunft. Die Bibliothek steht auch für die in den Geisteswissenschaften so zentrale Rolle der Quellen und den immer wieder erforderlichen Rückgriff auf diese, da deren Eigenrecht nicht verhandelbar ist. In diesem Sinne war und ist die Herzog August Bibliothek ein Ort der Neugier, des Fragens, eine »offene Wunde« – um einen Begriff Kierkegaards zu verwenden. Dieser Begriff hat übrigens den Vorzug, dass er im Gegensatz zu dem Begriff der Schnittstelle – ich habe einmal von den Tausend Schnittstellen der Herzog August Bibliothek gesprochen9 – im Moment des Schauderns die Ästhetik des Staunens – stupor mundi – aufruft, eine Grundhaltung allen Forschens.

Die Zugänglichkeit der Quellen

Nachdem sich die Zugänglichkeit von Materialien verschiedenster Art ins nahezu Unüberschaubare ausgeweitet hat, sind zur Qualitätssicherung neue Formen der Nachvollziehbarkeit von Referenzen notwendig. Dabei ist darauf zu achten, dass die Zugänglichkeit zitierter Quellen analog zu verlässlichen URLs (Uniform Resource Locators) gewährleistet ist. An dieser Stelle gibt es eine Hürde, die mit der Unterfinanzierung der Geisteswissenschaften zu tun hat, und es ist noch völlig offen, ob die Erkenntnisse der Gegenwart in angemessener Weise Aufnahme in den Erinnerungsstrom finden werden. Statt allein einer Fiktion eines »open access« insbesondere von Quellen, Archiven und Datenbanken zu frönen, müssen Zugangswege organisiert werden. Dass dies immer auch mit Kosten verbunden ist, liegt auf der Hand.

Aus dem bisher Gesagten folgt: Jedem Qualitätssicherungs-Verfahren für geisteswissenschaftliche Publikationen geht der Fachdiskurs voraus. Andererseits aber bedarf es der Formulierung der Ergebnisse vor breiteren Foren: Man könnte auch von der Beteiligung am öffentlichen Diskurs sprechen. Die Forderung nach Popularisierung bzw. nach Vermittlung der eigenen Arbeiten an eine den Kreis der FachkollegInnen überschreitende, womöglich gar ganz breite Öffentlichkeit läuft freilich immer wieder Gefahr, in Gegensatz zu geraten zum Professionalitätsanspruch.

In den Geisteswissenschaften hat in den letzten Jahren ein Aufbruch stattgefunden. Er ist eine Folge neuer Fördermaßnahmen und neuer Organisationsstrukturen (z. B. Graduiertenkollegs, Exzellenzcluster), vor allem aber das Resultat einer großen Verunsicherung. Dass dabei nicht nur Errungenschaften zu verzeichnen, sondern auch Verluste des alten akademischen Eigensinns zu beklagen sind, kann nicht überraschen. Dieser Aufbruch selbst aber ist einer der Gründe für ein neues Bedürfnis nach Qualitätssicherung. Der mit dem Aufbruch verbundene beschleunigte Diversifizierungsprozess und sich hierzu parallel etablierende transdisziplinäre Diskurse lassen gerade wegen ihrer Unübersichtlichkeit die Aufbruchstimmung in den Geisteswissenschaften zu einer Herausforderung werden. Diese Aufbruchstimmung wird auch von der im Grunde seit der Zeit der Aufklärung um sich greifenden Einsicht begleitet, dass alles Wissen hypothetisch ist und alle Wissenschaft vorläufig. Die so verloren gegangene traditionale Legitimation hatte seither nur noch dadurch aufgefangen werden können, dass die Kritik an der Wissenschaft aus der Wissenschaft selbst kommt. Der Aufbruch sowie die zunehmende Unübersichtlichkeit erfordern neue Verabredungen über Prozeduren der Kritik, werfen zugleich aber auch die Frage nach der Legitimation der Kritikinstanzen auf.10

Angesichts der Menge von Publikationen und der Formen- und Formatvielfalt ist es weniger die Feststellung ungenügender Qualität, sondern eher die Unübersichtlichkeit selbst,11 die inzwischen zu dem Ruf nach verstärkter Qualitätssicherung in den Fachzeitschriften – und nicht nur dort – führt. Dass der Wissenschaftsrat für das »Konzept der Interdisziplinarität« eine Präzisierung einfordert12 und zugleich eine Verständigung über »Standards und Kernkompetenzen« der jeweiligen Disziplinen anmahnt,13 ist zugleich ein Beleg dafür, dass es noch keine angemessene Bestimmung der Qualitätsstandards für geisteswissenschaftliche Zeitschriften gibt. Dies hat unter anderem seine Gründe in der durch Transdisziplinarität und Interdisziplinarität bewirkten Auflösung der Disziplinengrenzen.

Deswegen genügt es auch nicht, dass sich die Peers über Qualität verständigen, sondern allein schon das zunehmende Interesse der Öffentlichkeit, unter Einschluss der politischen Entscheidungsträger, an einer Vermittlung der Forschung und ihrer Ergebnisse deutet darauf hin, dass über das Peer-Reviewing hinaus neue Formen der Qualitätssicherung erforderlich sind. So ist eine Kombination von Redaktions- und Begutachtungsprozeduren ebenso denkbar wie ein sich auf ein größeres Netzwerk stützendes Redaktionssystem.14

Impact-Faktoren, Globalisierung und die Veränderungen in einer neuen Medienwelt

Die Professionalität ist aufgrund der Peer-Review-Verfahren inzwischen selbst einem Veränderungsdruck unterworfen. Bisherige Differenzierungen in einzelne Fachdisziplinen lassen sich heute ebenso wenig aufrechterhalten wie die Beschränkung auf einzelne kulturgebundene Wissenschaftsnetzwerke. Wie etwa in der sogenannten »Auslandsgermanistik« Forschungsleistungen erbracht werden, die von der Germanistik selbst nicht ignoriert werden können, so gibt es in vielen Wissenschaftsbereichen international Forschung, die oft unberücksichtig bleibt, was inzwischen für einen nicht unerheblichen Teil der deutschsprachig publizierten Forschung, aber seit längerem schon für Forschung in anderen Marginalsprachen gilt. Man wird in Zukunft davon ausgehen können, dass neue wissenschaftliche Erkenntnisse auch in anderen als westeuropäischen Sprachen publiziert werden, darunter Russisch, Japanisch, Chinesisch, Koreanisch, sodass die Gefahr einer Provinzialisierung nicht auszuschließen ist, wenn diese Diskurse unbeachtet bleiben. Hierfür Peers zu finden wird nicht leicht sein. Dazu bedarf es des Aufbaus bestimmter Informationsportale. Übersetzungsdienste sind zwar mehr und mehr verfügbar, führen aber immer noch eher zu Ergebnissen wie sie Robert Neumann satirisch am Beispiel des Versuchs der Verdeutschung einer chinesischen StruwwelpeterÜbersetzung gezeigt hat.15

Natürlich könnte man sich hier auf den relativistischen Kontextualismus beziehen, der u. a. als Folge einer linguistischen Wende an der realistischen, mit Begriffen wie Wahrheit, Wissen und Vernunft verknüpften universalistischen Intuition zweifelt.16 Denn wenn Wertungen nicht auf mentale Episoden, sondern auf kulturelle Kontexte zurückgeführt werden, dann wohnen verschiedenen Traditionen, Lebensformen und Kulturen nicht nur verschiedene Moralen und Wertmaßstäbe, sondern je eigene Rationalitätsstandards inne.17 Auch wenn sich zukünftig sprachübergreifende Sacherschließungs-, Indexierungsund Informationssysteme bilden, so wird doch die globale Wissenschaftlergemeinschaft in Zukunft noch mehr als bisher Bezug aufeinander nehmen müssen – und zwar unter Anerkennung der jeweiligen Autorensprachen.

Sprache und Reflexivität werden sich also nicht entkoppeln lassen, und auf ein gewisses Maß an allgemein referierbarem Wissen wird sich jede Gesellschaft verständigen. Um Isolationen vorzubeugen, scheint jedoch als ein Mittel zur besseren Kommunikation und zur Steigerung der Selbstreflexivität die obligatorische Zusammenfassung von Forschungsergebnissen in zwei Referenzsprachen als eine Qualitätssicherungs-Maßnahme sinnvoll.

Die lange Zeit diskutierte Frage, ob wissenschaftliche Ergebnisse in einer lingua franca, im Englischen nämlich, zu publizieren sind, muss hier nicht noch einmal verhandelt werden. So lassen sich die Erkenntniswege wegen der Sprachgebundenheit der Gegenstände sowie wegen der Sprachkompetenz der Autoren nicht auf eine Zielsprache hin vereinheitlichen.18

Veränderungen der Organisation von Erkenntnisgewinnung

Auch wenn man Peer-Review-Verfahren trotz einiger Schwächen für unverzichtbar hält,19 so ist doch nicht zu leugnen, dass die Organisation der Wissensund Erkenntnisgewinnung ebenso wie ihre Verfügbarmachung selbst einem dramatischen Wandel unterworfen sind, der bisherige Vorstellungen über das Verhältnis von selbst gespeichertem und somit »aktivem« Wissen einerseits und externem und abrufbarem Wissen andererseits übersteigt. Auch wenn Alternativenichneten Prozesses in neuer Weise gefährdet, und zwar strukturell ebenslosophie es aufgegeben hat, »Kriterien für wissenschaftliche Leistungen festzulegen«,20 gibt es »Anzeichen dafür, dass der für den Erfolg dieses Verfahrens verantwortliche Konsens brüchig wird.«21 Es gilt also die stillschweigende Annahme zu hinterfragen, »dass so etwas wie ein universeller Musterkanon von ›guter Wissenschaft‹ existiert, der von den beteiligten Peers geteilt wird und auf alle wissenschaftlichen Felder anwendbar ist.«22

Selbst wenn sich formalisierte Peer-Review-Verfahren als der beste Weg zur Qualitätssicherung erweisen, so stellt sich die Frage, ob eine veränderte Wissenschaftskultur und neue Möglichkeiten der Informationsspeicherung und -recherche nicht neue Formen der Qualitätssicherung erfordern, die jenseits der Alternative Peer-Review-Verfahren vs. Redaktionsmodell angesiedelt sind. Wir werden daher den Metadiskurs in dreierlei Richtungen ausdehnen: im Hinblick auf die Netzwerkbildung von oft ad hoc gebildeten Forschergruppen, gewissermaßen einer transitorischen Instanz, als Möglichkeit und vermutlich unumgängliche Notwendigkeit für Wissensbildung und Plausibilitätserwägung. Im weiteren Verlauf wird auf die Internationalisierung der Wissenschaften sowie eine die Differenzen der Kulturen berücksichtigende Sphäre eingegangen.

Eine Neubestimmung von Qualitätssicherung ist auch deswegen erforderlich, weil sich die Netzwerk- und Abhängigkeitsstrukturen innerhalb der Fächer ebenso wie die Förderpolitiken der Forschungsförderungseinrichtungen geändert haben und weil die bisherige althergebrachte Qualitätssicherungs-Praxis allein schon wegen sich ungünstig entwickelnder Lehrer-Schüler-Relation23 nicht mehr praktiziert wird, was auch mit der Erosion von Verantwortlichkeitszuschreibung zu tun hat. Die Zuwendungsintensität zwischen Lehrer und Schüler scheint sich eher vermindert zu haben. Allerdings gilt auch heute noch Herkunft und Schülerschaft als Qualitätsindikator ohne Patronageverdacht.

Es geht also bei aller Bewertung um die Definition von Verfahren, denen als letztlich sozialen Systemen wegen ihrer inhärenten vielfältigen Subjektivität ein Ungenügen eigen bleiben muss, welches sich auch im Streit über Verfahrensformen offenbart.24 Als soziales System betrachtet, sind dabei als Akteure sämtliche Beteiligte zu berücksichtigen, also auch diejenigen, welche bestimmte Publikationen rezipieren und darauf Bezug nehmen. Daraus begründet sich auch die Bibliometrie etwa in Gestalt der Ermittlung von Impact-Faktoren und der Verwendung von Zitationsindices.25

Neue Anforderungen an geisteswissenschaftliche Publikationen

Geisteswissenschaftliche Publikationen sind wie wissenschaftliche Publikationen überhaupt Beiträge zum wissenschaftlichen Diskurs in Form der Mitteilung neuer Erkenntnisse oder neuer Erkenntnisverknüpfungen. Dazu gehört auch das Abarbeiten an der Tradition. Innovation ist das oberste Prinzip, aber genauso wichtig ist die auf Vermittlung zielende Darstellungsweise. Mit dem Diskurs-Begriff steht der soziale Aspekt im Vordergrund.

Heute stellen sich neue Herausforderungen und Aufgaben bei der Darstellung und Nutzung von Information und Wissen, angesichts der neuen Distributions- und Zugriffsmöglichkeiten, angesichts der durch die digitale Revolution entstandenen Vereinheitlichung der wissenschaftlichen Arbeitsformen sowie angesichts der notwendigen Beteiligung größerer Bevölkerungskreise an der Entstehung, Distribution und Nutzung von Wissen.

Zur »Neuen Unübersichtlichkeit« (Jürgen Habermas) gehört auch, dass inzwischen neben die konventionellen Zeitschriften nicht nur ihre Online- Editionen getreten sind, sondern die Publikation wissenschaftlicher Ergebnisse ohne redaktionelle Begleitung im Netz erfolgt. Solche Diversifizierung der Erscheinungsformen verkompliziert die Etablierung allgemein anerkannter Qualitätssicherungs-Verfahren, worin auch das erwähnte Legitimationsdefizit begründet ist.26 Der Ruf nach Kanonbildung ist hierbei ein signifikantes Indiz. Dieses Legitimationsdefizit hat seinen Grund auch darin, dass die Ergebnisse in der geistes- und kulturwissenschaftlichen Forschung nicht so leicht nach ihrer Praktikabilität gemessen werden können, auch wenn dies nach Harald Welzers vielbeachtetem Relevanz-Plädoyer »Schluss mit nutzlos!«27 und nach dem offenkundigen Versagen rein militärischer und politikwissenschaftlicher Analysen der gegenwärtigen internationalen Politik viele anders sehen.

Wer die Geschichte der geistigen Auseinandersetzungen in Deutschland betrachtet, wird schnell erkennen, dass der Disput über Qualität immer auch Teil der Auseinandersetzungen über Geltungsansprüche war.

Diversität der Wissenschaft und die Globalisierung erfordern neue Verfahren

Und doch gibt es unterschiedliche Ebenen der Wissenschaft. Wie lebendig – für manche vielleicht bizarr – die Diskussionen und »turns« etwa sein können, zeigt die von dem Literaturwissenschaftler Helmut Lethen, Direktor des Internationalen Forschungszentrums Kulturwissenschaften, Wien, unter der Überschrift »Die Kulturwissenschaften und ihr Wunsch nach der Selbständigkeit der Dinge« vorgetragene Beobachtung:

»Die ›Sehnsucht nach Evidenz‹ ist ein Motor kultureller Prozesse. […] Die Kulturwissenschaften […] sollten aber das Eindringen der verfemten ›Ontologie‹ als Herausforderung aufnehmen. Vielleicht ist es ja ein Anzeichen für die Ahnung, dass sich die Kulturwissenschaften zu weit von relevanten Praxisfeldern der Gesellschaft loszulösen drohen. Auch 1900 war kein Endpunkt, sondern ein produktives Feld weitreichender Transformationen.

Die Wiederaufnahme der ›alten Fragen‹ kann die Kulturwissenschaften in ontologische Unruhe versetzen, ohne die sie sich isoliert.«28

Natürlich ist klar, dass es die Geisteswissenschaften ebenso wenig gibt wie die Naturwissenschaften, und die Fragehorizonte eines Keilschriftforschers mögen gänzlich anders gelagert sein als die Fragehorizonte der Goethe- oder Kafka-Philologen. Daher bedarf es institutioneller Bedingungen gerade für die Sicherung eines »Freiraums für Geisteswissenschaften«.29

Trotz gesteigerter Aufmerksamkeit für Qualitätsstandards ist die Qualität des Wissens in den Informationsgesellschaften angesichts des allgemein als Globalisierung bezeichneten Prozesses in neuer Weise gefährdet, und zwar strukturell ebenso wie auf das Detail bezogen.

Überhaupt ist das Bewusstsein von der Spezifik des in den Demokratien Westeuropas Erreichten völlig unterentwickelt und daher besteht auch wenig Verständnis für die unterschiedlichen Optionen, die in einer nachholenden Modernisierung befindliche Länder zur Wahl haben, wie etwa die Frage, ob zunächst ein »rule by man« nicht einem »rule by law« vorzuziehen sei.30 Es dürfte z. B. den wenigsten bewusst sein, dass die allgemein der Politik der Kommunistischen Partei Chinas zugeschriebene Ein-Kind-Politik keineswegs ein Ergebnis kommunistischen Rigorismus war, sondern erst nach dem Beginn des Reformkurses 1980 von Wissenschaftlern angeregt worden ist, die unter dem Eindruck des Club of Rome den technokratisch gesonnenen Entscheidungsträgern um Deng Xiaoping diese Politik nahelegten, die in den 80er Jahren dann landesweit Zwangsabtreibungen und Sterilisierungskampagnen zur Folge hatte, eine Politik, die den zuvor an den Schalthebeln der Macht befindlichen Marxisten nicht im Traume eingefallen wäre.31

Angesichts der potentiellen Ubiquität sämtlicher Informationen und zugleich einer mangelhaften Verständigung über Sinnkonstitution müssen sich neue Formen wissenschaftlicher Selbstvergewisserung erst noch herausbilden. Das von der DFG angestrebte Ziel der »Implementierung einer integrierten digitalen Forschungsumgebung«32 befördert zwar die Zugänglichkeit zu einzelnen Quellen, doch muss es auf absehbare Zeit als unerreichbar gelten, dass eine alle nationalen und alle Sprachgrenzen hinter sich lassende und auch sämtliche Archive einbeziehende Zugänglichkeit erreicht sein wird. Und dennoch bleibt diese im Sinne des oben angeführten Repositorium-Gedankens eine Aufgabe.

Jede Qualitätssicherungsstrategie in den Geisteswissenschaften wird sich an dem Grad der Einbettung in bestehende Literatur- und Informationsbestände und zugleich an der Plausibilität von Sinnbegrenzungen messen lassen müssen. Und wie sehr es oft weniger auf die Publikationen, als vielmehr auf den lebendigen Austausch in Lehre und Forschung ankommt, um Wissenschaft voranzubringen, klingt in der Bemerkung von Maeva Marcus, der Präsidentin der American Society for Legal History, an, die zum Stand der amerikanischen Rechtsgeschichte bemerkt: »many publish, few read, few graduate.«33

Peer-Review: Kritische Evaluation oder »Konsensmaschine«? und die Frage nach Qualitätsmerkmalen

Wer sich in den Geisteswissenschaften auskennt, weiß, dass sich das Lebenswerk eines Geisteswissenschaftlers sicher durch seine Professionalität im Sinne handwerklicher Tüchtigkeit, vor allem aber auch durch seine Grundfragen – oft ist es nur eine große Frage – und seine Grundhaltung bestimmen lässt. Gelegentlich zeigt sich Qualität erst nach einem Erkenntnisdurchbruch, und dieser kann in einer Forscherbiographie gelegentlich relativ spät erfolgen – auch wenn es den umgekehrten Fall einer brillanten Dissertation mit nachfolgend keinerlei Ebenbürtigem gibt. Alle Erfahrung spricht dafür, dass minderwertige Arbeiten durch einen Fachmann / eine Fachfrau, sei es in Gestalt eines Redakteurs, sei es eines Herausgebers, schnell erkannt werden. Wie aber erkennt man Qualität, und – mindestens ebenso wichtig – wie sichert man Qualität durch Verbesserung bzw. Behebung von Mängeln?

Bei aller Forderung nach Qualitätssicherung aber ist die Frage nach den Qualitätsmerkmalen noch ungeklärt. Was ist Qualität? Vor allen Verfahrensdebatten und -entscheidungen ist dieser Frage Aufmerksamkeit zu schenken. Wenn im Zentrum der folgenden Überlegungen die Frage steht, wie unter heutigen und zu erwartenden zukünftigen Bedingungen die von wissenschaftlichen bzw. insbesondere geisteswissenschaftlichen Veröffentlichungen zu fordernden Qualitäten zu definieren und zu gewährleisten sind, ist es ratsam, von unseren heutigen Erwartungen auszugehen. Dass diese Frage nach Qualitätsmerkmalen im Zusammenhang des Rechtfertigungsdrucks gegenüber Politik und Öffentlichkeit steht, dem sich auch die Geisteswissenschaften ausgesetzt sehen (»accountability«, »audit society«), ist bereits angesprochen worden. Allerdings ist dies keine neue Erscheinung, wie eine genauere Betrachtung der Verlagsgeschichte zeigt und eine Konferenz zum Thema »Wissenschaftsverlage zwischen Professionalisierung und Popularisierung« belegt.34 Es bleibt Aufgabe der Wissenschaft, diejenigen Begriffsfelder zur Bezeichnung von Qualitätsmerkmalen zu identifizieren, die bei der Analyse und Beurteilung bzw. Bewertung von Qualitäten anzuwenden sind und auf die sich die »wissenschaftliche Community« verständigen könnte.

Auch wenn Qualität konkret nur im jeweiligen Diskurskontext bestimmt werden kann, lassen sich doch allgemein folgende Merkmale benennen:

Neuigkeit, in Bezug auf neue Gegenstände, neue Dinge, bisher unberücksichtigte Sachverhalte und Texte, oder in Bezug auf Querverbindungen und Zusammenhänge, auf Vorgewusstes bzw. Erinnertes. Dazu gehört auch die wiederholte Beschäftigung mit Tradiertem, ja das Tradieren selbst.

Professionalität, in Bezug auf die Nomenklatur, die Hilfsmittelverwendung, die Verfahrensbefolgung.

Verständlichkeit, in Bezug auf sprachliche Eleganz und gute Gliederung. Dieser Aspekt wird leider oft vernachlässigt, und neben der Klarheit und Verständlichkeit ist auch die adressatenbezogene Performanz beim Vortrag eines Forschungsergebnisses qualitätsentscheidend.

Reflexivität, d. h. Bezugnahme auf die Fragehorizonte vorgängiger Forschungsergebnisse und Verortung im Kontext bisheriger eigener und fremder Publikationen einschließlich expliziter methodischer Überlegungen. Gerade auch der Verweis auf die Unterscheidung des vorgelegten Beitrages von anderen eigenen Publikationen ist geboten.

Referentialität als Teil der Reflexivität meint den Hinweis auf den wissenschaftlichen, ggf. wissenschaftsgeschichtlichen Kontext; dieser Bezug ist angesichts der nahezu für den Einzelnen unüberschaubaren Informations- und Datenflut schwer zu realisieren und wird in der Praxis nur in Gestalt von Abbreviaturen gelingen.

Adressatenbezug, d. h. angemessene Darstellung für das von dem Publikationsorgan angesprochene Publikum.35

Solche Qualitätsmerkmale sind im einzelnen für die Publikationen zu gewichten und in jedem Peer-Review-Verfahren entsprechend zu berücksichtigen.

Allgemein gilt – wie bereits oben festgestellt –, dass Peer-Reviewing zu Recht seit jeher die beste Form der Qualitätssicherung darstellt. Dafür lassen sich beliebige Beispiele finden, bei den Zeitschriftengründungen im 18. Jahrhundert36 ebenso wie bei den Dichtergesprächen (shihua 詩話) im kaiserzeitlichen China.37 Dabei war immer schon offenkundig, dass Peer-Review in hohem Maße konsensorientiert ist.38 Um hier den subjektiven Faktor weiter zu reduzieren, werden inzwischen anonymisierende und Objektivierung anstrebende Begutachtungsverfahren befolgt bzw. angestrebt. Hieran geäußerte Kritik, die sich auch auf mögliche Ungerechtigkeit bezieht, soll hier nicht aufgegriffen werden, weil sie nicht unbedingt Peer-Review-typisch ist.39 Die Frage aber, auf welchen Ebenen die Reflexion über die im Wesentlichen durch technische Möglichkeiten getriebenen neuen Formen des Publizierens und Kommentierens noch stattfinden kann, wird umso dringlicher.

Unter Umständen aber ist der »Peer« gar nicht der beste Kritiker. In den Geisteswissenschaften wird er oft dem Forschungsergebnis wenig hinzufügen, häufig aber den vorgelegten Text mit einer variierten Fragestellung kontrastieren. Dass durch einen so initiierten Einwand der vorgelegte Beitrag verbessert werden kann, entspricht nicht der allgemeinen Erfahrung. Man wird davon ausgehen können, dass bei stärkerer Propagierung eines Qualitätsmerkmale- Kanons daraus Rückwirkungen auf die Produktion wissenschaftlicher Arbeiten zu erwarten sind. Hierzu ist aber ein »Input« vonseiten der Gatekeeper in ein Optimierungsverfahren notwendig, der nicht unüblich ist. Doch die Gewichtung solchen Austauschs muss von einer als »clearing house« fungierenden Redaktion aus erfolgen. An dieser Stelle aber versagt inzwischen nicht selten das System. Die Beachtung von Qualitätsstandards muss also immer wieder propagiert und eingeübt werden. Andere Anforderungen formaler Art könnten hinzukommen, wie beispielsweise, dass jedem Beitrag ein »abstract«, gewissermaßen als Eigentest, oder auch eine »Zusammenfassung« in einer fremden Sprache beizufügen ist. Dem entspricht auch das Ziel der unter der Überschrift »Wissenschaft ist mehrsprachig« ausgelobten Förderung mehrsprachiger Studiengänge der VolkswagenStiftung: Integriertes Studienziel ist »die Beherrschung von mindestens zwei Sprachen auf wissenschaftlichem Diskursniveau.«40

Man mag eine solche Definition von Qualitätsmerkmalen für einen Formalismus mit der Gefahr zu neuer Rhetorik halten, doch erzwingen die geänderten Rahmenbedingungen eine Neubestimmung von Qualität. Qualitätssicherung ist nämlich auch wegen sich ändernder Wissenschafts- und Diskurskulturen (Blogs, Wikis, Internetforen) zum Thema geworden. Es ist daher auch der Vorschlag zu einem offenen Peer-Review-Verfahren ernst zu nehmen,41 auch wenn hierbei erst noch Verfahren gefunden werden müssen, die Konsensbildungen erreichen, ohne Originalität zu behindern.42

Vor dem Hintergrund dieser Betrachtung verwundert es nicht, dass auch in anderen Ländern der Peer-Review mit großen Vorbehalten gesehen wird. Nur 8 % der Mitglieder der »Scientific Research Society« waren davon überzeugt, dass »peer review works well as it is.«43 Eine andere Stimme bezeichnet Peer Review als »a non-validated charade whose processes generate results little better than does chance.«44 Auch wenn diese Bemerkung aus dem bekanntlich weithin von Vermarktungsinteressen geleiteten Pharmakologie-Sektor stammt, so dürfte die Kritik dennoch verallgemeinerbar sein. Jedoch sollte die Konsequenz nicht in die Forderung nach Abschaffung, sondern nach Verbesserung münden. Getragen von der Einsicht, dass »Peer Review one of the sacred pillars of the scientific edifice« sei (Goodstein, 2000), geht die Einsicht dahin, dass das Peer-Review-Verfahren zu verbessern sei. Darauf richtet sich auch das während der Abfassung dieses Berichts für Juni und Juli 2010 einberufene Symposium on Peer Reviewing.45

Während also die Frage der Formalisierung von Peer-Review-Verfahren weiterhin als ungelöst gelten muss, scheint es nicht vertretbar, eine Lösung unabhängig von den neuen Recherchemöglichkeiten und der Explikation der Referenzhorizonte anzustreben. Daher sind die Fragen nach Qualität aufs Engste mit den neuen Recherche- und Diskursmöglichkeiten zu verknüpfen. Zugleich sind im Bereich der Geisteswissenschaften einige Eigenheiten zu beachten, denen im Folgenden unser Augenmerk gelten soll.

Unvorgreiflichkeit und Detailwissen vs. Orientierungswissen

Qualität ist einerseits durch die Zwecke zu definieren. Andererseits gibt es im Projekt der Geisteswissenschaften noch eine andere Betrachtungsebene, nämlich die der Erkenntniskumulation und der Unvorgreiflichkeit. Das eine ist mit Lebenswerk und Nachruf zu beschreiben, das andere erst ex post zu bewerten. Zu beidem gehört auch die Beantwortung der Frage, welchen Gegenständen und welchem Fragenhorizont sich der einzelne Forscher stellt. So ist, um nur ein mir vertrautes Beispiel zu nennen, das Spezialistentum des Münchner Sinologen Herbert Franke, Jahrgang 1914, in seinen Beiträgen zu den sogenannten Fremddynastien in China zu sehen, deren Relevanz zwar nie grundsätzlich strittig war, aber praktisch lange Zeit negiert wurde. Wo erforscht man noch die uighuro-mongolische Schriftsprache? In China selbst und bei der oft notorischen Gegenwartsbezogenheit galt diese Spezialität als randständige Forschung; heute erweisen sich diese Arbeiten (zum Beispiel »Could the Mongol Emperors Read and Write Chinese?«)46 als richtungsweisend, werden in China wahrgenommen und sind angesichts der Neuentwicklungen in Zentralasien und der zumindest in Ansätzen erkennbaren Destabilisierung der geopolitischen Verhältnisse in Zentral- und Ostasien höchst aktuell. Soviel auch zum »impact factor«. Neben der Forschung um der Sache willen, bei der die Fachkollegen zu fragen sind und zugleich das Risiko des Unverständnisses besteht, wie bei Gottlob Frege, den erst Bertrand Russell verstand, neben solcher Unvorgreiflichkeit gibt es die oben bereits genannten einzufordernden Qualitätsmerkmale.

Nicht nur neue Formen der Transdisziplinarität und die wachsende Diversifizierung der wissenschaftlichen Teildisziplinen, sondern auch neue Formen des Publikationswesens stellen die Frage nach der Qualitätssicherung in den Geisteswissenschaften in neuer Weise. Wenn der Wissenschaftsrat konstatiert, »angesichts einer wachsenden Zahl spezialisierter Zeitschriften, die zudem nur selten über Peer-Review-Verfahren verfügen« werde »die Erarbeitung eines Systems von Qualitätsabstufungen zwischen den einzelnen Zeitschriften erschwert«47, bezieht er sich auf die damit verbundene Einschränkung der Aussagekraft von Zeitschriftenpublikationen als Bewertungskriterium für ForschereSource" href="#endnotee. Unabhängig von der Frage, ob jede Teildisziplin auch ihre eigene Zeitschrift benötigt, ist die Frage des fächerübergreifenden Qualitätsvergleichs noch gar nicht gestellt worden.

In idealtypischer Weise betrachtet, ist von einer Nähe zwischen Detailwissen und Recherche einerseits und Orientierungswissen und Sichtbarkeit andererseits auszugehen. Nun ist aber gerade Letzteres in besonderer Weise an spezifische Öffentlichkeiten gerichtet, wodurch die Wahl der verwendeten Sprache erheblich ist. Um ein Beispiel zu nennen: Ob die Publikation von Benedict R. Anderson (Die Erfindung der Nation: Zur Karriere eines folgenreichen Konzepts, Frankfurt/Main 1988), wäre sie oder ihre Vorstudien in den 60er Jahren bereits auf deutsch erschienen, bei deutschen Historikern früher als tatsächlich erfolgt rezipiert worden wäre, muss dahingestellt bleiben. Und was dann in letzter Zeit als neue transnationale Einsicht in der Zeitgeschichte gehandelt wurde, war den mit Ost- und Südostasien vertrauten Chinawissenschaftlern beispielsweise schon lange nichts Neues mehr. Neben solchen phasenversetzten Neuigkeitswahrnehmungen gibt es sich über Jahrhunderte fortsetzende Ignoranz, sodass noch im Jahre 2010 Kurt Flasch auf die Tradierung von Irrtümern hinsichtlich der Einschätzung des Berengar von Tours hinweisen kann, die eigentlich spätestens seit Gotthold Ephraim Lessings Handschriftenfund in den 70er Jahren des 18. Jahrhunderts als ausgeräumt gelten können.48

Spezialisierung und Mehrsprachigkeit

Dass gerade das Neue sich nicht unbedingt den Anforderungen einzelner wissenschaftlicher Disziplinen fügt, ist also offenkundig. Dabei stellt sich die Frage, wie Qualitätssicherung durch Peers möglich ist, die in der Regel wegen ihrer Fachbezogenheit ausgesucht werden. Winfried Menninghaus hat den Zusammenhang in einem Vortrag auf den Punkt gebracht:

»[…] alle einzelnen wissenschaftlichen Disziplinen benutzen nur einen kleinen Ausschnitt der Möglichkeiten der natürlichen Sprachen, indem sie sich eine eigene Spezialterminologie sowie relativ standardisierte Regeln der Satzbildung und Satzverknüpfung schaffen, die dem Ziel der Abstraktion und Generalisierung dienen.«49

Weltoffenheit bedarf im Bewusstsein solchen »Ausschnitt«-Denkens in den Geisteswissenschaften in besonderem Maße des Umgangs mit in der Regel mehreren Sprachen, und so ist gerade auf den Aspekt der Sprachlichkeit besonderes Augenmerk zu richten. Wenn Menninghaus argumentiert:

»[…] wer mehr fremde Sprachen und mehr Subcodes der eigenen Sprache nuancieren und kreativ verknüpfen kann, dem stehen auch mehr kognitive Bahnungen zu Gebote«50, so heißt das für Qualitätssicherung, dass auch die Sprache als Qualitätsmerkmal Beachtung finden muss und die facettenreiche Abschattierung von Obertönen in die Bewertung Eingang findet. Gerade solche darstellerischen bzw. performativen Aspekte werden in der Qualitätsbewertung bisher wenig beachtet.

Der Eigensinn des Einzelforschers vs. Gatekeeper oder Netzwerke

In jedem Falle sind stets mehrere Peers zu befragen; auch wenn grundsätzlich eine Beteiligung einer größeren Zahl von Peers bei der Qualitätssicherung sinnvoll erscheinen mag, so stellt sich auch hier die Frage, wer in einzelne Bewertungsvorgänge wie viel Zeit zu investieren bereit ist. Man muss unterstellen, dass die Experten nur wenig Aufmerksamkeitspotential zur freien Verfügung haben. Hinzu tritt die Gefahr von Monopolbildungen. Denn die den Gutachtern von Wissenschaftszeitschriften attestierte Qualität, wonach sie »als Indikator von herausragender Bedeutung« gelten, hat dazu geführt, dass eine Universität, die besonders viele solcher Gutachter für Zeitschriften stellt, danach beurteilt wird.51 Solchen Tendenzen zur Binnenlegitimation muss eine externe Relativierung entgegen gesetzt werden. An dieser Stelle kann Wikipedia als Beispiel dienen, die inzwischen Selbstreinigungsmechanismen entwickelt hat, jedenfalls im deutschen und englischen Sprachraum, wenn auch mit erheblichen Einschränkungen. Das Projekt aber ist vor allem wegen seiner neuen Beteiligungsformen für das »harvesting« von Wissen bemerkenswert.

Jenseits der Beurteilung durch als besonders kompetent ermittelte Peers ist eine andere Instanz denkbar, welche jene Dimensionen einfängt, die durch die Forderung nach Transdisziplinarität und Reflexivität zu berücksichtigen sind. Eine solche Instanz muss als Netzwerk konzipiert werden, welches in der Struktur vielleicht jenem »Netzwerk einer zivilgesellschaftlich verankerten Öffentlichkeit« als jenem Ort, »an dem hochkomplexe Gesellschaften noch ein Bewusstsein von sich selbst ausbilden«, ähnelt.52 Wenn Habermas von den »Philosophen in der Rolle von Intellektuellen« spricht, die »an öffentlichen Prozessen der Selbstverständigung moderner Gesellschaften« teilnehmen und bei denen sich zugleich »viele räumlich differenzierte und sachlich spezifizierte Öffentlichkeiten« überlappen, so sind reflexiv und transdisziplinär arbeitende Netzwerke vielleicht der beste Modus für Qualitätssicherung. Dabei bleibt die Frage offen, wie die Beteiligung organisiert und wie Aufmerksamkeit – und das bedeutet immer aufgewendete Zeit – entgolten wird. Der Eigensinn des Einzelforschers wird aber bei einem netzwerkbasierten System größere Chancen der Aufmerksamkeitsgewinnung erhalten als in einem formalisierten Peer- Review-Verfahren, allein schon weil das Verwerfen einer Position selbst wieder von anderen korrigiert werden kann.

Neue Reihen und Periodika – Initiierung von Zeitschriften

Die bisherige Praxis, Zeitschriftenbeiträge durch die Herausgeber einzuwerben, lässt sich nicht mit jedem Qualitätssicherungs-Verfahren verbinden. Zugleich ist zu beachten, dass jedes Qualitätssicherungs-System Auswirkungen auf den Charakter der Publikation hat. Für neue Reihen und Periodika, insbesondere auch für Open-Access-Zeitschriften, aber auch für solche, die in Print-Form etabliert und renommiert sind, stellt sich die Frage, wie sie sich dieser neuen Lage anpassen. Hierbei sind Gewinn- und Verlustseiten zu bedenken. Manche Zeitschriftenanbieter lassen sich das Peer-Review-Verfahren finanzieren, wobei die Leistungen zum Teil in die Gehälter der Peers einfließen. Ob die Erwerbungsetats der Bibliotheken somit die Beraterhonorare der Peers finanzieren, muss hier nicht gefragt werden.

Wenig förderlich wäre es, wenn sich Innovationen hemmende Konsultationsstrukturen bildeten, was durch die erwähnte Prestigeerwartung durch Gutachterfunktionen befördert werden könnte. Auch ist nicht ausgeschlossen, dass in Zeitschriften mit hohem impact factor Unsinn erscheint, wie in dem Medizinjournal Medical Hypotheses (Band 69, 2007) mit dem Beitrag »Down subjects and Oriental population share several specific attitudes and characteristics«, der an John Langdon Downs Arbeit von 1866 erinnert: »Oberservations on the Ethnic Classification if Idiots«.53 Ob dieser Fall nun gegen die oben getroffene Vermutung spricht, dass netzwerkbasierte Verfahren den Eigensinn von Einzelforschern eher zulassen, soll ebenso offen bleiben wie die Frage, ob netzwerkbasierte Verfahren die Verbreitung von Unsinn eher verhindern als Peer-Review-Verfahren. Um solchen Gefahren zu begegnen, zugleich aber auch um die erkennbaren Entwicklungen auf den verschiedenen Feldern des wissenschaftlichen Publikationswesens zu berücksichtigen, bleibt die weitere Thematisierung der Qualitätssicherung für geisteswissenschaftliche Fachzeitschriften jedenfalls sinnvoll.

Bildung von Repositorien, die Schwelle von der Vorläufigkeit zur Dauerhaftigkeit und die Vision von Minigrids und Intergrids

Geisteswissenschaftliche Zeitschriften müssen sich zunehmend auf die Entstehung von Repositorien einstellen. Auf absehbare Zeit werden sie selbst zu Begleitern dieses Entstehungsprozesses. Dabei wird sich erst erweisen müssen, welche »Festigkeit« einzelne Informationen und Sinnkonstrukte erlangen und in welcher Weise sie »flüssig« bleiben. Möglicherweise werden selbst die Repositorien keinen statischen Charakter haben. Vielleicht werden wir ähnlich wie bei den Energienetzen der Zukunft in der Wissenschaft eine neue, dezentralisierte Form der Wissensakkumulation und des Wissens- und Meinungsaustausches erleben. Es wird dezentrale Verteilernetze geben, in der Energieverteilung sogenannte Intergrids werden kleinste Netzwerke, sogenannte Minigrids vernetzen. Es wird intelligenter Update-Technologien bedürfen, die ähnlich wie im Verhältnis zwischen Archiven, Bibliotheken, Datenbanken und menschlichen Gehirnen den Status von Informationen entweder stabil halten oder updaten.

Es wird jeder mit jedem verbunden sein, jeder wird Informationen und Kommentare einfügen und abrufen können. Und dabei wird die Netzstruktur selbst zu reflektieren und zu erörtern sein. Wir werden uns wegen des Doppelcharakters von Vorläufigkeit und Beständigkeit aller Wissenschaft auf diese Janusköpfigkeit einstellen müssen, und es wird nicht nur das Kriterium der Publikationswürdigkeit, sondern auch das Kriterium der Archivierungswürdigkeit von Publikationen neu zu bestimmen sein.

  1. 1Die folgenden Überlegungen sind unter anderem im Umfeld eines kulturwissenschaftlichen Altbestands einer Forschungsbibliothek sowie im Zusammenhang der Realisierung einer an ein breiteres Publikum gerichteten Zeitschrift für Ideengeschichte konzipiert worden, zielen aber auf eine allgemeine Betrachtung der Thematik.
  2. 2Siehe z. B. British Academy (Hg.), Peer Review: The Challenges for the Humanities and Social Sciences. A British Academy Report, London 2007.
  3. 3Kurt Flasch, »Latein und Volgare. Ein historischer Präzedenzfall«, in Uwe Pörksen (Hg.), Die Wissenschaft spricht Englisch? Versuch einer Standortbestimmung, Göttingen 2005 (= Valerio 1/2005), S. 41–45, hier S. 45.
  4. 4Siehe z. B. Hildegard Matthies und Dagmar Simon (Hg.), Wissenschaft unter Beobachtung. Effekte und Defekte von Evaluationen, Wiesbaden 2008.
  5. 5Statement von Matthias Kleiner, »Qualität statt Quantität – Neue Regeln für Publikationsangaben in Förderanträgen und Abschlussberichten«, vorgetragen auf der Pressekonferenz der DFG in Berlin am 23. Februar 2010. – S. a. ders., »Qualität statt Quantität. Die Publikationsflut schadet der Wissenschaft. Die DFG antwortet nun auf ihre Weise: Unsere verbindlichen Regeln für Literaturangaben in Förderanträgen und Abschlussberichten sind ein Paradigmawechsel«, in Forschung. Das Magazin der Deutschen Forschungsgemeinschaft 1/2010, S. 2–3.
  6. 6Siehe Thomas Steinfeld, »Nutzlosigkeit. Seltsam: Professoren wehren sich gegen Vielschreiberei«, in Süddeutsche Zeitung Nr. 51 (3. März 2010), S. 11. – Siehe auch Johann Osel, »Qualität durch die Hintertür. Neue Regeln der DFG sollen die Publikationsflut eindämmen «, in Süddeutsche Zeitung Nr. 45 (24. Februar 2010), S. 13.
  7. 7Ebd.
  8. 8Darauf hat Arnold Esch in seiner Rede am 8. Mai in Konstanz anlässlich einer Gedenkveranstaltung für Arno Borst hingewiesen. – Abgedruckt in Frankfurter Allgemeine Zeitung Nr. 117 (21. Mai 2008), Seite N 3.
  9. 9Helwig Schmidt-Glintzer, »Die tausend Schnittstellen der Herzog August Bibliothek «, in Wolfenbütteler Bibliotheks-Informationen, Jahrgang 20, Nr. 1–2 (Januar – Juni 1995), S. 1–6.
  10. 10Siehe auch Nico Stehr, »Vom Nutzen wissenschaftlichen Wissens«, in Annette Schavan (Hg.), Keine Wissenschaft für sich. Essays zur gesellschaftlichen Relevanz von Forschung, Hamburg 2008. – Nach dem Vorabdruck in Recherche Nr. 2/2008 (Oktober/November), S. 28–29.
  11. 11»Unübersichtlichkeit« ist selbst zum Schlagwort zur Kennzeichnung der Gegenwart als Postmoderne geworden.
  12. 12Wissenschaftsrat, Empfehlungen zur Entwicklung und Förderung der Geisteswissenschaften in Deutschland, Drucksache 7068-06 vom 27. Januar 2006, S. 67.
  13. 13Ebd., S. 68.
  14. 14Dazu jetzt auch das Themen-Heft »Wissen schafft Publikum. Ansichten von Wissenschaft, Medien und Öffentlichkeit« der Zeitschrift Gegenworte. Hefte für den Disput über Wissen, 19. Heft, Frühjahr 2008.
  15. 15Robert Neumann, Mit fremden Federn. Parodien, München 1962.
  16. 16Siehe zum Beispiel die Bemerkung bei Jürgen Habermas, »Richtigkeit versus Wahrheit. Zum Sinn der Sollgeltung moralischer Urteile und Normen«, in Ders., Wahrheit und Rechtfertigung. Philosophische Aufsätze, Frankfurt a. M. 1999, S. 271–318, hier S. 286.
  17. 17Ebd., S. 283.
  18. 18Darauf zielt wohl auch die auf Luise Schorn-Schütte zurückgeführte Formulierung, man könne »Sachverhalte, die Sprache oder Geschichte betreffen, nur in der Muttersprache Wissenschafziert ausdrücken«, wie es nötig sei. Siehe »Der Geist im Übersetzungsbüro. Kritik am Englischzwang für deutsche Forschungsanträge«, in Süddeutsche Zeitung Nr. 168 (24. Juli 2007), S. 11. Die Debatte ist inzwischen weitergegangen.
  19. 19Siehe zum Beispiel Ann C. Weller, Editorial Peer Review. Its Strengths and Weaknesses, Medford, N. J. 2001. – Weitere Literatur in der in Helwig Schmidt-Glintzer, Von gesichertem Wissen und neuen Einsichten (Wiesbaden 2010) enthaltenen »Bibliographie zur Qualitätssicherung in geisteswissenschaftlichen Zeitschriften«.
  20. 20Siehe Hildegard Matthies, Dagmar Simon, Andreas Knie, »›Gefühlte‹ Exzellenz – Implizite Kriterien der Bewertung von Wissenschaft als Dilemma der Wissenschaftspolitik «, in Hildegard Matthies und Dagmar Simon (Hg.), Wissenschaft unter Beobachtung (Fn. 4), S. 331–343, hier S. 334.
  21. 21Ebd., S. 336.
  22. 22Ebd., S. 334.
  23. 23Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes sind an den Universitäten in der Zeit zwischen 1997 und 2006 in den Sprach- und Kulturwissenschaften 35 Prozent der Professuren weggefallen. Quelle: Süddeutsche Zeitung Nr. 191 (21. August 2007), S. 1. – Siehe auch den Kommentar von Johan Schloemann, in Süddeutsche Zeitung Nr. 193 (23. August 2007), S. 11, der mit dem Satz endet: »Im Ganzen haben wir nicht zu wenige Professoren, sondern zu viele Studenten.«
  24. 24Siehe Niklas Luhmann, Legitimität durch Verfahren, Neuwied 1969, S. 38.
  25. 25Die Verschränkungen wissenschaftlicher Erkenntnisse und öffentlicher oder korporativer Definitionsbedürfnisse können ganz unterschiedliche Formen annehmen. Ein Beispiel ist die Debatte um die Umbenennung der Münchner Meiserstraße. Siehe Friedrich Wilhelm Graf, »Heikle Umbenennung. Warum Katharina von Bora kein guter Name für die Münchner Meiserstraße ist«, in Süddeutsche Zeitung Nr. 53 (5. März 2010), S. 13.
  26. 26Siehe auch Hildegard Matthies, Dagmar Simon, Andreas Knie, »›Gefühlte‹ Exzellenz« (Fn. 20), S. 336.
  27. 27In Die Zeit (25. Januar 2007); überarbeitet und gekürzt abgedruckt in Perspektiven, Heft 12, August 2007 (= Zeitschrift der Universität Witten/Herdecke für Wissenschaft, Kultur und Praxis).
  28. 28Helmut Lethen, »Die Kulturwissenschaften und ihr Wunsch nach der Selbständigkeit der Dinge«, in IFKnow, 2/2007, S. 3.
  29. 29Siehe auch Peter Strohschneider, »Freiraum für Geisteswissenschaften«, in Aus Politik und Zeitgeschichte 46/2007 (12. November 2007), S. 26–31.
  30. 30Leigh K. Jenco, »›Rule by Man‹ and ›Rule by Law‹ in Early Republican China: Contributions to a Theoretical Debate«, in The Journal of Asian Studies Vol. 69, No. 1 (2010), S. 181–203.
  31. 31Siehe die Rezension von Susan Greenhalgh, »Just One Child: Science and Policy in Deng’s China«, Berkeley and Los Angeles 2008, in The Journal of Asian Studies Vol. 69, No. 1 (2010), S. 214–216.
  32. 32Siehe Rolf Griebel, »Die Förderung der wissenschaftlichen Informationsinfrastruktur durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft – Zwischenbilanz zum DFG-Positionspapier ›Wissenschaftliche Literaturversorgungs- und Informationssysteme: Schwerpunkte der Förderung bis 2015‹«, in Zeitschrift für Bibliothekswesen und Bibliographie 57 (2010) 2, S. 71–86.
  33. 33Miloš Vec, »Juristischer Polyzentrismus. Wie unterrichtet man vergleichende europäische Rechtsgeschichte?«, in Rechtsgeschichte 16 (2010), S. 293–299, hier S. 293.
  34. 34Siehe Monika Estermann, Ute Schneider (Hg.), Wissenschaftsverlage zwischen Professionalisierung und Popularisierung, Wiesbaden 2007 (= Wolfenbütteler Schriften zur Geschichte des Buchwesens Bd. 41). – Die weitere Erforschung von Verlagsarchiven wie etwa jenem des inzwischen in der Staatsbibliothek Berlin befindlichen Mohr-Siebeck-Verlages, Tübingen, ist ein Desiderat der Wissenschaftsgeschichte.
  35. 35Als selbstverständlich sollte gelten: Der Titel einer Publikation muss den Inhalt zu erkennen geben und eine angemessene Gliederung mit Zwischentiteln ist zu erwarten.
  36. 36Siehe Ernst Osterkamp, »Neue Zeiten – Neuer Zeitschriften. Publizistische Projekte um 1800«, in Zeitschrift für Ideengeschichte I/2 (Sommer 2007), S. 62–78, hier S. 64, wo auf die Qualitätssicherungsabsicht Schillers bei der Zeitschrift Die Horen hingewiesen wird: »daß kein Mscrpt eher dem Druck übergeben werde, als bis es einer dazu bestimmten Anzahl von Mitgliedern zur Beurteilung vorgelegt worden ist.«
  37. 37Siehe Helwig Schmidt-Glintzer, Geschichte der chinesischen Literatur, 2. Auflage, München 1999, S. 349 ff. – Dabei ging es zudem um den Erweis von Genialität und Unübertrefflichkeit überlieferter meisterhafte Werke.
  38. 38Die Tendenz zu leichter Konsensfindung zeigt sich etwa auch bei dem hohen Grad an Einmütigkeit, der sich bei Auswahlgremien für Stipendienvergaben etwa erzielen lässt. Bei der Votierung von Hochschullehrerstellen hingegen ist solcher Konsens oft nur schwer zu erzielen.
  39. 39Dies gilt auch für Gender-Fragen, vgl. etwa Lutz Bornmann u. a. in Journal of Informetrics 1 (2007), S. 226–238, unter der Überschrift »Gender differences in grant peer review: A meta-analysis«, wie überhaupt der subjektive Faktor Bestandteil sämtlicher Verfahren bleibt.
  40. 40Presseinformation der VolkswagenStiftung vom 31. Juli 2008.
  41. 41Siehe Richard Sietmann, »Die Weisheit der Massen. Open Peer Review eröffnet neue Wege zur Qualitätssicherung in der Wissenschaft«, in c’t 2008, Heft 10, S. 82–89.
  42. 42Die Erfahrungen Nicholson Bakers mit der Wikipedia-Welt zeigen einige Schwächen solcher Open Peer-Review-Verfahren. Siehe Nicholson Baker, »Das plötzliche Verschwinden des Erdferkels«, in Süddeutsche Zeitung Nr. 80 (5./6. April 2008), S. 16.
  43. 43D. R. Chubin und E. J. Hackett, Peerless Science, Peer Review and U. S. Science Policy, New York 1990, S. 192.
  44. 44David F. Horrobin, »Something Rotten at the Core of Science?«, in Trends in Pharmacological Sciences Vol. 22, No. 2, February 2001. Online auch unter http://www.whale.to/vaccine/sci.html und http://post.queensu.ca/~forsdyke/peerrev4.htm (21. April 2010).
  45. 452nd International Symposium on Peer Reviewing: ISPR 2010 (http://www.sysconfer.org/ispr), June 29th – July 2nd, Orlando, Florida, USA.
  46. 46Siehe Herbert Franke, »Could the Mongol Emperors read and write Chinese?«, in Asia Major, New Series 3 (1953), S. 28–41.
  47. 47Wissenschaftsrat, Empfehlungen zur Entwicklung und Förderung der Geisteswissenschaften in Deutschland, Drucksache 7068-06 vom 27. Januar 2006, S. 66.
  48. 48Siehe dradio.de: 2. Mai 2010, 17.05 Uhr. – Rede von Kurt Flasch nach der Entgegennahme des Lessingpreises für Kritik am 2. Mai 2010 in der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel.
  49. 49Winfried Menninghaus, Kunst als »Beförderung des Lebens«. Perspektiven transzendentaler und evolutionärer Ästhetik, München 2008, S. 40–41.
  50. 50Ebd., S. 41.
  51. 51Nach diesem System ist die Heidelberger Universität in Deutschland die Nr. 1. – So gelten etwa nach einer in Scientometrics veröffentlichten Studie Gutachter von Wissenschaftszeitschriften als Indikatoren von herausragender Bedeutung für die Bewertung von Universitäten. Siehe Tibor Braun, Ildikó Dióspatonyi, Erika Zádor, Sándor Zsindely, »Journal gatekeepers indicator-based top universities of the world, of Europe and of 29 countries – A pilot study«, in Scientometrics Vol. 71, Nr. 2, 2007, S. 155–178.
  52. 52Siehe Jürgen Habermas, Wahrheit und Rechtfertigung. Philosophische Aufsätze, Frankfurt a. M. 1999, S. 330.
  53. 53Und trotz Peer Reviewing hat Science die Dokumente mit den manipulierten Daten des Stammzellenforschers Hwang Woo Suk passieren lassen!
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Heft 5 (2010)
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