Direkt zum Inhalt | Direkt zur Navigation

Benutzerspezifische Werkzeuge
Anmelden
Bereiche
denkstroeme-heft9_berichte_schlott_1.jpg

Wege der Aufklärung in Deutschland. Die Forschungsgeschichte von Wege der Aufklärung in Deutschland. Die Forschungsgeschichte von ­Empfindsamkeit und Jakobinismus zwischen 1965 und 1990 in Experteninterviews 


Eingeleitet, bearbeitet, kommentiert und herausgegeben von Michael Schlott (Abhandlungen der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig; Philologisch-historische Klasse, Band 83), S. Hirzel, Stuttgart/Leipzig 2012, 842 Seiten, 22 Abbildungen, Hardcover mit Schutzumschlag


Der Band präsentiert 21 Interviews mit Historikern und Literaturwissenschaftlern, die sich durch ihre Lehr- bzw. Vortragstätigkeit und durch wegweisende Publikationen zur Aufklärungsforschung im weiteren Sinne sowie insbesondere zu den Forschungsfeldern ›Empfindsamkeit‹ und ›Jakobinismus‹ als Experten ausgewiesen haben. Sie haben die forschungsgeschichtlichen Entwicklungslinien zwischen 1965 und 1990 verfolgt und dabei auch die sozialen und politischen ›Steuerungselemente‹ der entsprechenden Wissenschaftsprozesse kritisch registriert und bisweilen kommentiert. Aufgrund ihres Wissens zu den sozialen (›externen‹) Bedingungen solcher Prozesse waren die Experten für die Zielsetzung der Interviews von besonderem Interesse: Das Vorhaben einer mit Instrumenten der qualitativen Sozialforschung gesteuerten exemplarischen Erkundung der »Wege der Aufklärung in Deutschland« in beiden deutschen Staaten im Zeitraum zwischen 1965 und 1990 verdankt seine Entstehung den speziellen methodologischen Vorgaben des ehemaligen DFG-Schwerpunktprogramms »Wissenschaftsforschung«, an dem eine Forschergruppe um Jörg Schönert (Hamburg), Lutz Danneberg (Berlin), Michael Schlott (Leipzig) und Friedrich Vollhardt (München) in den Jahren 1992 bis 1995 mit einem Forschungsprojekt »Germanistische Aufklärungsforschung« beteiligt gewesen ist. Der gewählte Untersuchungsansatz (Fallstudien) ist in einem umfassenderen theoretischen Kontext verankert und aus dem Vorhaben zu begründen, eine jüngere, in sich abgeschlossene Phase der Fachgeschichte der germanistischen Literaturwissenschaft zu rekonstruieren, die entsprechenden erklärungsstiftenden Hypothesen und Annahmen jedoch nicht in den Konstellationen einer immanenten Forschungslogik zu suchen, sondern die disziplinäre Binnenperspektive stets mit externen Faktoren zu korrelieren. Dazu wurde ein ›multimethodischer‹ Ansatz (Triangulation) gewählt, mittels dessen die theoretischen Vorannahmen sowie die vor-orientierenden Hypothesen über den zu untersuchenden Forschungsverlauf aus ihrem wissenschaftsinternen (rein ›sachlogischen‹) Begründungszusammenhang herausgelöst und mit wissenschaftsexternen (sozialen) Faktoren und ›Entdeckungszusammenhängen‹ in Verbindung gebracht werden sollten.


Die zentralen Bezugspunkte bilden die Forschungen zur Literatur der Aufklärung (von etwa 1720 bis 1800) in beiden deutschen Staaten zwischen 1965 und 1990. Zwei komplexe Fallstudien stehen im Mittelpunkt der Untersuchungen: die Forschungen zu den Themenkreisen bzw. den kulturellen Konstellationen von Empfindsamkeit und Jakobinismus, die als prominente, zeitweilig gar dominante Forschungsschwerpunkte in einer Epochengeschichte der Aufklärung galten.1

In den 1960er und 1970er Jahren wurden die Forschungen zur Literatur des (langen) 18. Jahrhunderts (1690–1815) in der Literaturwissenschaft der Bundesrepublik Deutschland, der deutschsprachigen Schweiz und Österreichs in deutlicher Weise intensiviert; hinausgehend über die ›Standard-Autoren‹ (wie Gottsched, Gellert, Lessing), durch die Aufwertung des Zeitraums 1720–1780 (sowie der Spätaufklärung) und aufwertend gegenüber den Literaturprogrammen von Sturm und Drang, Weimarer Klassik und Romantik. In der DDR setzte dieser Prozess bereits früher ein, u. a. durch die Akademie-Projekte von Werner Krauss sowie durch die Hallenser Schwerpunktforschung unter der Leitung von Thomas Höhle.2 Diese institutionell gesteuerten Prozesse hielten auch nach 1990 an und zeigten ihre Wirkungen etwa in der Gründung des »Forschungszentrums Europäische Aufklärung« (FEA) in Berlin (und seiner späteren Verlagerung nach Potsdam) sowie im Aufbau des »Interdisziplinären Zentrums für die Erforschung der europäischen Aufklärung« (IZEA) an der Universität Halle seit 1990. 1975 erfolgte die Gründung der »Deutschen Gesellschaft für die Erforschung des 18. Jahrhunderts«3 (und ihr Anschluss an die »International Society for Eighteenth-Century Studies«) mit ihren ­regelmäßigen Jahreskonferenzen und dokumentierenden Publikationen sowie ­einer Intensivierung der Forschungs- und Konferenztätigkeit in Wolfenbüttel an der Herzog August Bibliothek und an der Lessing-Akademie. Im Sommer 1978 wurde ein Forschungsschwerpunkt »Literatur der Spätaufklärung« an der Universität Bremen eingerichtet, der bis zum Ende der 1980er Jahre existierte. Auch die Aktivitäten von Verlagen sind in diesem Zusammenhang anzuführen, etwa das ›flächendeckende‹ Faksimile­angebot des Olms-Verlags oder die »Deutschen Neudrucke (Texte des 18. Jahrhunderts)« des Metzler-Verlags, durch die vergessene, wenig bekannte oder mindergewertete – ›unterschätzte‹ – Texte verfügbar gemacht wurden. 1981 wurde in Innsbruck die internationale Forschungsstelle »Aufklärung – Vormärz – 
Revolution« gegründet (mit einem entsprechenden Jahrbuch sowie einer regen Konferenz- und Publikationstätigkeit). 1985 war das Gründungsjahr der Zeitschrift Aufklärung. Interdisziplinäre Halbjahresschrift für die Erforschung des 18. Jahrhunderts und seinerWirkungsgeschichte; 1991 folgte das Lenz-Jahrbuch, zunächst als »Sturm-und Drang-Studien«, ab Band 15 (2008) mit neuem Untertitel: »Literatur – Kultur – Medien«. Ebenfalls in die 1990er Jahre fällt die Gründung der Reihe Kleines Archiv des 18. Jahrhunderts im Röhrig Verlag St. Ingbert: Weitere vergessene, wenig bekannte oder bis dahin ungedruckte Texte wurden der Forschung zur Verfügung gestellt.


Wichtige Impulse erhielt die germanistische Aufklärungsforschung aus den Nachbarwissenschaften, z. B. aus der Geschichtswissenschaft (Reinhart Koselleck) und der (Sozial-)Philosophie (Jürgen Habermas, Panajotis Kondylis) sowie durch die Wiederbelebung von Forschungsleistungen aus den 1920er und 1930er Jahren (z. B. Leo Balet, Walter H. Bruford und Fritz Valjavec). Die Literaturwissenschaft erfuhr in dieser Zeit eine Ausweitung ihres Gegenstandsbereichs (hinausgehend über die sogenannte Hoch-, Unterhaltungs- und Trivialliteratur sowie über den Kernbereich der ›schönen‹ Literatur) etwa zur Verhaltenstraktatistik und zu den Moralischen Wochenschriften. Parallel dazu wurde die Distributions-, Rezeptions- und Leserforschung (›tatsächlich‹ gelesene Literatur, Lesezirkel und Leihbibliotheken) stark aufgewertet.


In der Phase, in der die im vorliegenden Band präsentierten Interviews geführt wurden (1994 und 1995), hatte sich die dynamische Entwicklung seit den 1960er Jahren verstetigt;4 noch war die Schließung des Potsdamer Forschungszentrums nicht abzusehen … Während also mittlerweile bereits ein renommiertes Institut zur Erforschung der Aufklärung seine Tätigkeit eingestellt hat, befindet sich die forschungs- und fachgeschichtliche sowie wissenschaftstheo­retische Erschließung der Phase zwischen etwa 1960 und 1990 noch in den Anfängen.5 Das ist bemerkenswert: Denn die Aufklärungsforschung hat sich gerade in diesen drei Dekaden als besonders innovationsfreudiges Teilgebiet der Neueren deutschen Literaturwissenschaft erwiesen; sie bildet einige für das Fach insgesamt typische Entwicklungsverläufe ab. Hervorzuheben ist die Erweiterung des Gegenstandsbereiches durch die Einbeziehung sozialhisto­rischer Fragestellungen sowie eine – über die reine Textwissenschaft hinaus­gehende – Berücksichtigung kulturanthropologischer Zeugnisse (neue Formen der ›Beredsamkeit‹, die Geschichte des Körpergefühls, gender etc.), die bis dahin gültige Auffassungen über den Ursprung, die Bedeutung sowie den normativen Anspruch etwa der empfindsam-moralischen Literatur und Verhaltens­semantik modifizierte. Besonders aufschlussreich ist in dieser Hinsicht ein Blick auf die ›Kernphase‹ des Faches zwischen etwa 1975 und 1980. In diesem Zeitraum entwickelte sich in der Konkurrenz zu dem monoparadigmatischen, von der älteren marxistischen Literaturtheorie inspirierten Ansatz der DDR-Literaturwissenschaft die Sozialgeschichtsschreibung, die sich sowohl in einzelnen Sektoren der Spezialforschung6 als auch hinsichtlich der bald geforderten Integration neuer methodischer Konzepte bewährte.7 Möglich wurde dies vor allem durch den definitiven Verzicht auf geschichtsphilosophische Annahmen. Die politisierte Literaturwissenschaft der frühen 1970er Jahre mit ihrem eindeutig literatursoziologischen Schwerpunkt und der Funktionalisierung von Literatur als Instrument der politischen Bewusstseinsbildung wurde im Zuge dieser Entwicklung strategisch neutralisiert. So wurde beispielsweise das Internationale Archivfür Sozialgeschichteder deutschen Literatur (IASL) gegründet (dazu die wichtige Reihe Studien und Texte zurSozialgeschichte der Literatur), mit dem die ursprüngliche Politisierung schrittweise sozialgeschichtlich aufgelöst wurde als eine Fragestellung unter anderen im Pluralismus der Fragestellungen. Nicht zuletzt deswegen verloren die primär politisch und ideologiekritisch motivierten Forschungsansätze allmählich ihre einstige Bedeutung.


Vor diesem Hintergrund sind die literaturwissenschaftlichen Forschungsgegenstände ›Empfindsamkeit‹ und ›Jakobinismus‹ für die jüngere Wissenschaftshistoriographie in (mindestens) zweierlei Hinsicht bedeutsam. Beide Literaturströmungen gelten in der Forschungsgeschichte als besonders signifikante ›Phasen‹ bzw. Konstellationen der deutschen Aufklärung. Gemeint ist damit zum einen die – in sich widersprüchlich erscheinende – Konstitution einer bürgerlich-aufklärerischen Bewegung in der Mitte des 18. Jahrhunderts, zum anderen der Höhepunkt ihrer emanzipatorischen Bestrebungen und politischen Impulse am Ende des Jahrhunderts. Bei der Festlegung und Beschreibung dieser epochenspezifischen Zuschreibungen erwiesen sich die von ande-
ren Disziplinen ausgegangenen Impulse zu einer umfassenden kultur- und ­sozialgeschichtlichen Fragestellung als forschungsbestimmend, weil diese Fragestellung ausdrücklich Hypothesen zur Formation, Entwicklung, Wandlung und – im Zuge einer zunehmenden Politisierung des Faches in den 1970er Jah-
ren – zu den Bedingungen einer Umwandlung der bürgerlichen Gesellschaft einschloss. Der Forschungsverlauf zwischen 1965 und 1990 weist in beiden ­Gegenstandsbereichen analoge Merkmale auf: Verschiebungen in den methodischen Konzeptionen werden nur fallweise, nicht aber generell in einem ›zeitlichen Wechsel‹ mitvollzogen. Die Anerkennung neuer Konzeptionen hängt nicht unmittelbar mit der Konsistenz, der Leistungsfähigkeit oder dem intensiveren Gegenstandsbezug einer wissenschaftlichen Theorie zusammen: Ihre mögliche Durchsetzung wird nicht allein durch kognitive Faktoren (Wahrheitskriterien) gesteuert. Differenzierungen in der Theoriebildung bewirken nicht in jedem Fall eine Beschleunigung der Prozesse zur Problemlösung oder der Verarbeitung neuester Ergebnisse. Die breite und im Einzelfall rasche Übernahme innovativer Theoriemodelle kann zu einer Hemmung des wissenschaftlichen Fortschritts (gemessen an der innerdisziplinären Informationsvergabe) führen. Speziell das (politisch inspirierte) Konzept »Literarischer Jakobinismus« erwies sich als brüchig und anfällig, was zunächst mit den korrespondierenden Irritationen seiner historiographischen Rückversicherung in der Geschichtswissenschaft zusammenhängt: Der sogenannte deutsche Jakobinismus war trotz umfassender Quellenforschungen in seinen Protagonisten und agitatorischen Schriften nur punktuell dem programmatischen Jakobinismus in Frankreich kommensurabel. Folgerichtig ist in der literaturwissenschaftlichen Perspektive das Grundproblem einer differenzierenden Merkmalszuweisung zur Unterscheidung zwischen oppositionell-reformistisch orientiertem Liberalismus und revolutionärem Demokratismus (als Jakobinismus) ungelöst geblieben.


Der Band »Wege der Aufklärung« wird mit einer umfangreichen retro­spektiven Studie (213 S.) eingeleitet, in der die methodologischen und wissenschaftstheoretischen Grundannahmen expliziert und die aus den Interviews gewonnenen Erkenntnisse resümiert und appliziert werden. Befragt wurden folgende ›Akteure‹ des Wissenschaftsgeschehens (aufgeführt in alphabetischer Reihung): Hans-Dietrich Dahnke in Weimar, Franz Dumont in Mainz, Martin Fontius in Berlin, Walter Grab (†) in Hamburg, Georg Jäger in München, Hans-Wolf Jäger in Bremen, Axel Kuhn in Stuttgart, Eberhard Lämmert in Berlin, Gert Mattenklott (†) in Berlin, Peter Müller (†) in Berlin, Walter Müller-Seidel (†) in München, Gerhart Pickerodt in Marburg, Klaus-Georg Popp in Berlin, Helmut Reinalter in Innsbruck, Gerhard Sauder in Saarbrücken, Heinrich Scheel (†) in Berlin, Klaus R. Scherpe in Berlin, Harro Segeberg in Hamburg, Claus Träger (†) in Leipzig, Wilhelm Voßkamp und Nikolaus Wegmann in Köln, Peter Weber in Berlin.


Zusätzliche Informationen konnten durch weitere Gespräche mit Jörn Garber in Hamburg, Gerhart von Graevenitz in Tübingen, Hans Graßl (†) in München, Hellmut G. Haasis in Reutlingen, Bernd Lutz in Stuttgart, Wolfgang Martens (†) in München und Hans-Georg Werner (†) in Halle gewonnen werden. Auf Wunsch der Befragten sollten diese Interviews indes nicht veröffentlicht werden.8 Gleichwohl sind auch diese Informationen und Erfahrungen bei der Auswertung berücksichtigt worden, ohne die damit verbundenen Einsichten einem interviewten ›Akteur‹ zuzuordnen.


Die Einbeziehung der geschichtswissenschaftlichen Jakobinerforschung war unerlässlich, weil die entsprechenden Forschungen der germanistischen Literaturwissenschaft in ihren Anfängen erheblich von den Impulsen der Geschichtswissenschaft profitiert haben. In einigen Fällen war die Wahl der jeweiligen Gesprächspartner geradezu evident, da ihre Namen gleichsam als Programm für die zu untersuchenden Forschungsgebiete fungieren konnten: So wären beispielsweise Untersuchungen zur Verlaufsgeschichte der Fallstudie Empfindsamkeit ohne entsprechende Berücksichtigung der Rolle von Gerhard Sauder (*1938) ebenso wenig denkbar wie entsprechende Forschungen zur Geschichte der Jakobinerforschung, in denen nicht auf die Bedeutung von Heinrich Scheel (1915–1996) oder Walter Grab (1919–2000) eingegangen wird. Die hier vorliegende Konstellation der ausgewählten Akteure ist also (ungeachtet der zurückgezogenen oder abgelehnten Interviews) repräsentativ, insofern sie – zumindest bezogen auf die Verlaufsgeschichten zu den Schwerpunkten Empfindsamkeit und Jakobinismus – den weitaus größten Teil der wichtigen Akteure berücksichtigt hat. Nicht zuletzt galt es aber auch, aus forschungsökonomischen Gründen eine überschaubare Anzahl von Interviews anzuvisieren. Unter anderem deswegen bleibt das Auswahlverfahren punktuell anfechtbar, die Gründe dafür, dass der eine oder andere fehlende prominente Name als eklatanter Mangel empfunden werden mag, werden in dieser Perspektive indes nachvollziehbar; es sei daher erneut auf die bereits erwähnten Akteure verwiesen, die sich nicht zu einem Interview bereitfanden. Über die Auswahl der nach allgemeiner Einschätzung als Experten für die Geschichte des gesamten Faches eingestuften Gesprächspartner, wie etwa Walter Müller-Seidel (1918–2010), Eberhard Lämmert (*1923) und Claus Träger (1927–2005), ließe sich ernsthaft kontrovers vermutlich allenfalls unter der Frage ihrer Ersetzbarkeit durch andere, ebenso erfahrene und kompetente Fachvertreter diskutieren. Diejenigen Experten, die – in der Regel mit großem Interesse – kooperierten, haben die per Anschreiben vorab kommunizierten Forschungsinteressen nahezu ausnahmslos nachvollziehen können und mit hoher Kompetenz darauf reagiert. Beinahe alle Beteiligten zeigten sich bereit und in der Lage, im Horizont der oben ­skizzierten Bedingungen des Forschungsprojektes ihre eigene soziale und disziplinäre Situation zu reflektieren und über ihre Handlungsmotive, über Netzwerke sowie über ihre je eigenen Wahrnehmungen und deren Korrelation mit fachspezifischen Inhalten in ausführlichen und detaillierten Antworten Auskunft zu geben.


Durch die explorative Interview-Technik, die einleitende retrospektive Studie sowie durch die kommentierenden Erläuterungen wird wissenschaftsgeschichtliches Wissen für eine in sich abgeschlossene Periode der Wissenschaftsgeschichte in bereits strukturierter Weise gesichert, wie es durch die üblichen Auswertungen von Fachliteratur, Briefzeugnissen und autobiographischen Texten vermutlich gar nicht erst sichtbar werden würde. Es ist auf diese Weise ein exemplarisches Kapitel der Wissenschaftsgeschichte entstanden, das Fachinteressen, interdisziplinäre Konstellationen sowie Fachentwicklungen in Ost- und Westdeutschland nicht zuletzt im Bezugspunkt aufschlussreicher politischer und ideologischer Interessen verfolgt. Als begleitende institutionen- und personengeschichtliche bzw. biographische Handreichung sind am Schluss des Bandes in einem knapp kommentierten Glossarregister alle historischen natürlichen Personen, die im Haupttext und in referierenden Passagen der Fußnoten des Bandes genannt werden, verzeichnet. Für diejenigen Personen, die den Tätigkeitsbereichen der Wissenschaften zugeordnet werden können oder in unterschiedlichen Verbindungen dazu stehen, wurden die wichtigsten Ereignisse ihrer beruflichen (vorzugsweise wissenschaftlichen) Karriere zu ermitteln versucht (Jahr und Ort der Promotion bzw. Habilitation sowie nach Möglichkeit die Abfolge der wichtigen Dienstverhältnisse). Für alle anderen Personen werden in der Regel das Geburts- und ggf. das Todesjahr angegeben sowie ein (für die öffentliche Wahrnehmung) kennzeichnendes Schlagwort und die wichtigsten biographischen bzw. beruflichen Stationen.


  1. 1Vgl. dazu Jörg Schönert, »Konstellationen und Entwicklungen der germanistischen Forschung zur Aufklärung seit 1960«, in Holger Dainat und Wilhelm Voßkamp (Hg.), Aufklärungsforschung in Deutschland (Beihefte zum Euphorion 32), Heidelberg 1999, S. 39–48; Friedrich Vollhardt, »Aspekte der germanistischen Wissenschaftsentwicklung am Beispiel der neueren Forschung zur ›Empfindsamkeit‹«, in ebd., S. 49–77; Michael Schlott, »›Politische Aufklärung‹ durch wissenschaftliche ›Kopplungsmanöver‹. Germanistische Literaturwissenschaft und geschichtswissenschaftliche Jakobinerforschung zwischen 1965 und 1990«, in ebd., S. 39–97. Für einen exemplarischen Überblick vgl. Lutz Danneberg u. a., »Germanistische Aufklärungsforschung seit den siebziger Jahren«, in 20 Jahre DGEJ: Aufklärungsforschung – Bilanzen und Perspektiven (Das achtzehnte Jahrhundert. Mitteilungen der Deutschen Gesellschaft für die Erforschung des achtzehnten Jahrhunderts 19/2), Göttingen 1995, S. 172–192.

  2. 2Die entsprechenden Nachweise und Informationsquellen finden sich in der Einleitung sowie im kritischen und bibliographischen Apparat des Bandes.

  3. 3Vgl. Monika Neugebauer-Wölk, Markus Meumann und Holger Zaunstöck, 25 Jahre Deutsche Gesellschaft für die Erforschung des 18. Jahrhunderts. Zur Geschichte einer Wissenschaftlichen Vereinigung (1975–2000), (Das achtzehnte Jahrhundert, Sonderband), Göttingen 2000.

  4. 4Als Spätfolge könnte das seit 2007 laufende Datenbank-Projekt »Verzeichnis der im deutschen Sprachraum erschienenen Drucke des 18. Jahrhunderts« als eine geplante retrospektive deutsche Nationalbibliographie für das 18. Jahrhundert angeführt werden.

  5. 5Vgl. etwa Wilfried Barner, »Das 18. Jahrhundert als Erprobungsfeld neuer Forschungsansätze« [Erstveröffentlichung 1988], in ders., Pioniere, Schulen, Pluralismus. Studien zu Geschichte und Theorie der Literaturwissenschaft, Tübingen 1997, S. 353–364.

  6. 6Etwa in den Bereichen der Politischen Geschichte, der Gesellschafts-, Wirtschafts-, Bevölkerungs-, Familien- und Stadtgeschichte sowie schließlich auch in der Literatur­geschichte. Damit einher ging die Ausdifferenzierung der Gegenstände und Gegenstandsbereiche. Sozialgeschichte fokussierte in Einzeluntersuchungen beispielsweise auf die Untersuchungsobjekte Bauern, Adel, Bürgertum, Arbeiter, Juden und Judentum, Jugend oder Frauen.

  7. 7Etwa in der Verhältnisbestimmung zu Struktur-, Erfahrungs-, Begriffsgeschichte sowie zu Mentalitätsgeschichte und Psychohistorie.

  8. 8Das Interview mit Hellmut G. Haasis (*1942) konnte trotz mehrfacher Verständigungsversuche nicht veröffentlicht werden, weil sich der Interviewpartner mit seinem ­polemischen Temperament nicht zurückhalten wollte. Er traf Feststellungen, die aus Sicht des Herausgebers, der kooperierenden Kollegen sowie des Verlags justiziabel gewesen wären und somit das Gelingen der Gesamtpublikation erheblich behindert bzw. unmöglich gemacht hätten.
loading ....
Artikel Navigation
Heft 9 (2012)
Beiträge Diskussionen Berichte & Notizen
Footer - Zusätzliche Informationen

Logo der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig Sächsische Akademie
der Wissenschaften

ISSN:
1867-7061

Alle Artikel sind lizensiert unter:
Creative Commons BY-NC-ND

Gültiges CSS 2.1
Gültiges XHTML 1.1